#2 6
3 Tage vorher
Pax
"Stabil.", sagte der Sanitäter. Ich war hergekommen, um den Typen umzubringen, der Wioleth so übel zugerichtet hatte. Die Polizei hatte ihn leider schon vor mir mitgenommen, aber meine Uhr hatte ich endlich wieder bekommen.
Ich fuhr mit Jason zum Krankenhaus. Noch nie hatte ich ihn so erschüttert gesehen, doch ich war selbst total fertig von allem.
Wioleth wurde aus dem Krankenwagen in das Gebäude geschoben. Sie lag so reglos auf dem Klappbett, dass ich mir Sorgen machte. Ich wusste nicht, ob sie in Lebensgefahr schwebte und was eigentlich so verletzt war.
Jason und ich saßen im Wartezimmer auf dem Boden, weil er so voll war. Es war traurig, dass hier so viele Menschen waren und zum ersten Mal dachte ich über die Verluste anderer nach.
Seine Mutter kam auch noch tränenüberströmt in den Raum und sie umarmten sich. Hätte ich bloß so eine Mutter gehabt. Wäre ich dann jemand anderes ?
Sie ließen mich nicht rein, nur die Familie. Und da ich sowieso nichts wichtiges im Leben zu tun hatte, saß ich so lange auf dem Boden, bis ich sie auch sehen durfte. Die ganze Nacht hatte es gedauert. Ich wollte sie unbedingt sehen. Nicht, weil ich in sie verliebt war oder sonst etwas, aber doch, ich fühlte etwas für sie.
Ich glaubte, dass ich ihr es schuldig war, sie wenigstens zu besuchen.
Ich schlich mich in den Raum, denn mir wurde gesagt, sie würde schlafen und ich wollte sie auf keinen Fall wecken.
Ihre Gesichtszüge waren angespannt, ihre schönen, rosane Lippen offen, als sie atmete. Es röchelte, ich konnte hören, dass es ihr wehtun musste, denn sie kniff immer wieder ihre Augen fest zusammen und wälzte sich im Bett.
Sie hasste mich. Ich wusste es. Doch wenn ich in ihre Augen sah, dann sah ich kleine Sternchen funkeln, ihre Sprenkler. Sie hatte so schöne Augen. Schade, dass sie sie jetzt so verstecken musste.
Ich setzte mich leise auf den Stuhl und sah meine Uhr an. Der Typ hatte sie an gehabt. Hatte sie es gesehen ?
Sie würde mich für ihn halten. Sie dachte, ich hätte sie verletzt. Mir wurde immer noch nicht gesagt, was genau los war, doch ich wusste, dass der Hurensohn sie ertränken wollte.
Ich war grausam, das sollte sie nicht wissen. Doch ich war grausam auf eine andere Weise. Ich würde ihr niemals wehtun wollen, aber ich wusste, dass ich sowas nicht merkte. Ich wusste nicht, wann ich ein Arsch war, wann ich jemanden verletzte. Sie schien so unnahbar, doch ich konnte nicht übersehen, dass ich nicht nur einmal enttäuscht hatte.
Meine Hand griff die ihre, sie war kalt. Ich wollte sie küssen, aber wenn sie aufwachte, würde sie direkt eine Herzattacke bekommen.
Jason kam in das Zimmer und setzte sich auf den Stuhl neben mir. "Was denkst du ?"
"Was meinst du ?", flüsterte ich, doch ich behielt sie ihm Auge.
"Sie denkt, dass du es warst."
"Ich weiß."
"Sie wird dich umbringen."
"Ich weiß.", knurrte ich mit Nachdruck. "Soll ich mich noch schlechter fühlen ?"
"Du hast nichts getan, Pax. Du bist ein Arsch aber ich bin nicht besser, richtig ?"
Ich zog meine Mundwinkel nur ein paar Millimeter hoch.
"Richtig.", bestätigte ich. Sie seufzte leise, aber ich war bereits auf den Beinen. "Sag ihr bitte nicht, dass ich hier war."
"Was ? Soll sie etwa denken, dass du es warst ? Pax, sie wird es doch sowieso rausfinden."
"Es ist mir egal. Sie wird dir nicht glauben."
"Jeder weiß, wer der Typ ist.", sagte Jason und runzelte seine Stirn in Abscheu. "Ich kann es ihr einfach zeigen und dann wird zwischen euch wieder gut."
Ich schnaubte und spielte mit meiner Uhr. "Es war nie gut zwischen uns. Vergiss es, Jason. Sag ihr einfach nichts davon."
"Wenn sie dich sieht, weiß sie, dass du es nicht warst. Bleib doch einfach hier."
"Damit sie ihren Verstand komplett verliert ? Lieber nicht. Schreib mir einfach, wenn sie wach wird und sag mir dann, wie es ihr geht.", seufzte ich und ging hinaus in die kalte Luft.
Ich machte so viel kaputt. Vielleicht, weil ich kaputt war. Ich funktionierte nicht richtig, mein Kopf spinnte. Ich hatte es ihr schonmal gesagt - ich wollte sie, aber ich konnte nicht. So egoistisch wollte ich nicht sein und trotzdem verhielt ich mich so.
Ich musste raus aus dieser Stadt. Es wurde mir schon zu viel. Diese ganzen Probleme, auch wenn sie immer da waren, egal wie weit ich lief.
Ich musste es aber versuchen. Ich wollte weg bevor ich starb.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top