#0 1
"Bitte.. Nein..", wimmerte ich. "Sie müssen das nicht tun." , flüsterte ich ihm gut ein.
Dieser Bastard hatte es nicht einmal verdient mit 'Sie' angesprochen zu werden. Und dennoch tat ich es, in der Hoffnung, dass er mich einfach gehen ließ. Doch er tat mir nur noch mehr weh und meinte, ich solle die Fresse halten. Fast hoffte ich, dass er mich umbrachte. Wenn nicht, würde ich es danach selbst tun.
Mich durchfuhr ein kalter Schauer, als ich mich an das erinnerte, was mir vor vier Jahren widerfuhr. Eigentlich war es mir egal, doch die Erinnerung konnte ich nicht aufhalten.
War ich glücklich ? Verdammt nein. Ich ging im letzten Semester auf die High School, wurde auf einem guten College aufgenommen, auf das ich nicht gehen wollte. Eins mit Drogensüchtigen und Suizidgefährdeten wäre wohl passender gewesen, aber vielleicht konnte ich mich mal zusammenreißen und mich nicht umbringen und mich stattdessen unter die Menge mischen.
Ich war von allem isoliert, denn Einsamkeit beschützte mich. Das hieß, ich hatte keine Freunde, doch damals hatte ich viele gute Freunde. Katy, die bis heute versuchte mit mir zu reden. Sie war meine beste Freundin gewesen und ich hatte sie einfach abgelehnt. Doch es war mir alles egal. Ich wollte nicht verletzt werden.
Ich fragte mich, wieso ich das verdient hatte. So meine Unschuld zu verlieren. Vergewaltigt zu werden.
Menschen finden es schlimm und das ist es, ja wirklich. Wenn es in den Nachrichten erwähnt wird, sind manche Zuschauer geschockt oder schauen es nur der Neugier wegen.
Doch als Betroffener, tja.. Da kam die Hölle doch ganz gut in Frage.
Damals war ich ein gutes Mädchen gewesen. Ich hatte alles getan, was man mir sagte. Ich war freundlich. Ich war wirklich hilfsbereit. Also wozu ?
Vielleicht war es eine Art Vorbestrafung. Denn heute war ich jemand, der es vermutlich verdiente.
Wenn etwas in deinem Leben nicht fair ist, dann tu etwas, was es fair macht.
Als würde dein Leben rückwärts verlaufen - du tust etwas schlechtes und bekommst deine Bestrafung, nicht andersrum.
Jedenfalls trug ich seitdem einen Tick mit mir - es war eigentlich eine psychische Störung, doch ich versuchte das zu leugnen. Ich hatte Angst, berührt zu werden. So schlimm war es wirklich nicht.
I
ch wusste, dass mir nicht wehgetan werden wollte. Aber ich konnte nichts gegen meinen Instinkt tun.
So oder so, ich fand mich ganz okay, wie ich war. Ich hasste alle Menschen und manchmal konnte ich Tiere auch nicht leiden, obwohl sie ganz süß waren. Pflanzen waren meine Freunde, und danke dem nicht existierenden Gott, wir hatten eine Garten. In dem ich nie war.
Die Mensa war brechend voll, aber das bekam ich nur im Hinterkopf mit. Es war interessant, wie ich mich gerade fühlte. Unzählbare Meilen weg von hier, an keinem bestimmten Ort, sondern in meinen Gedanken.
Was ich jedoch bemerkte war, dass hier neue Schüler waren. Wer wechselte im letzen Semester noch die Schule ? Die sollten sich verpissen. Ich konnte schon so nicht mit Menschen umgehen, jetzt bewarf mich das Schicksal oder der Zufall oder Karma oder was auch immer mit noch mehr Menschen. Als hätte ich keine soziale Angst gehabt oder sowas. Als sei es ein Geschenk gewesen.
Aber ich schweife ab. Ich sollte nicht so egoistisch sein und nur an mich denken, aber ich war die einzige Person die ich hatte und somit konnte ich nur an mich denken. Gut, da war noch Mum, die meinte, ich sollte zum Psychologen gehen, doch wie jede Depression in Person wollte ich mir nicht helfen lassen, denn ich kam gut klar. Damit meinte ich auch saufen und ab und zu - ja klar, 'ab und zu', mach dir nichts vor - Gras rauchen. So gut kam ich klar. Nicht leben zu wollen ist schon Standard und das hört sich jetzt wahrscheinlich an, als würde ich mich selbst bemitleiden, was definitiv der Fall war.
Aber ein Unterschied war, dass ich es still für mich tat, und nicht nach Aufmerksamkeit heulte wie eine Ratte. Das nervte.
Es gab Leute, die einfach keine Aufmerksamkeit von Zuhause oder was auch immer bekamen, war mir auch egal. Aber wenn ich das in der Schule sah. Dieses "Ach, garnichts ist los. Überhaupt nichts. Mir geht es gut, es ist ja nicht so als wäre ich jedem egal und blablablabla..."
Ich war wirklich poetisch. Das war mein einziges Talent. Ich hatte so viele Notizbücher unter meinem Bett verstaut und las sie regelmäßig durch, um mich zu erinnern, dass ich doch etwas konnte.
"Hi."
Mein Knie knallte gegen die Unterseite des Tisches. Ich hasste das. Aber ich hasste auch alles. Wie auch immer.
Ich drehte meinen Kopf in Richtung nervige Stimme.
Ein Mädchen stand vor meinem Tisch. Sie umklammerte ihr Tablet krampfhaft, so als wäre sie nervös gewesen.
"Hier ist alles so voll und dein Tisch ist ja ziemlich leer. Ich kann mich doch hinsetzen, oder ?"
Dafür, dass sie meine Angstreaktion hervorgerufen hatte, wollte ich ihr am liebsten den Tisch auf dem Kopf zerschmettern. Doch ich hatte keine Lust, fies zu sein.
"Mach doch.", meinte ich. Meine Stimme hörte sich fremd an. "Ich bin nicht immer so nett. Merk dir das."
Sie lachte kurz auf. Wie lange hast du nicht mehr gelacht ?
Ich sollte aufhören, so oft nachzudenken.
Ich lächelte knapp und es tat fast weh.
"Ich mag dein Shirt.", sagte sie und biss in ihr Sandwich. Sie würde bald merken, dass das Essen hier wortwörtlich zum Kotzen war.
Ich sah an mir hinab. My Chemical Romance war mein Leben.
Band-Shirts waren mein Leben.
"Danke.", lächelte ich und sah nebenbei auf ihr Shirt. Metallica.
Vielleicht konnte ich mich doch mit ihr verstehen.
"Ich mag deins auch."
Sie trug eine Militärjacke die ihr zu groß war. Ich trug eine Jeansjacke die mir zu groß war.
Sie hatte rote Martens, ich hatte schwarze.
Sie war mit mir die Einzige die so einen Style hatte.
D
as Mädchen spiele mit ihren Zöpfen. Ich beobachtete gerne Angewohnheiten von Menschen, da ich selbst eine hatte.
Ich drehte und kreiste meinen Pappbecher in meiner Hand. Kaffee war nicht so mein Ding, ich war ein Teetrinkter. Aber Kaffee war auch gut.
Sie stand auf, als sie eine Nachricht auf ihr Handy bekam. "Ich darf nicht mal aufessen.", brummte sie. Sie verdrehte ihre Augen. "Ich muss jetzt gehen, mein Bruder Brandon wartet draußen und wenn ich nicht bald rauskomme zerrt er mich raus. Wir sehen uns.", meinte sie genervt, während sie auf ihrem Handy tippte.
"Bis dann."
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