Kapitel 2 - Suiting you becomes my love, tied to my reflection
Na ihr Nudeln.!
Willkommen zu einem neuen Kapitel von Perfection. <3 Ich hoffe euch hat die Wartezeit nicht zuuuu sehr gestört, oh mann. Tut mir ja auch Leid :(( aber ich bin gerade am Umziehen, und vielleicht wissen einige von euch wie stressig sowas ist :'/
Naja, es geht ja jetzt weiter, hoffentlich auch flüssiger! SO und das Kapitel ist wieder ein bisschen länger geworden, aber ich denke die nächsten werden noch ein bisschen länger :D
Das stört sicher nicht ;)
Dann VIELEN DANK an die süßen Kommentare, ich freue mich wirklich jedes Mal wenn ich welche lese! Und auch DANKE an die Votes, und DANKE an die Leser <3
Viel Spaß dann beim Kapitel <3
xx. Sarah
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Die Sache war die, es gab Zeiten in denen ich wusste, dass es falsch war. Dass es ungesund war, dass es mich zerstören würde. Dass ich mich verändert hatte. Doch trotzdem war ich fett, und das wusste ich auch. Ich wusste, dass wenn ich wieder richtig essen würde, dass ich weiter dick werden würde, weiter gehasst werden würde, und mein Problem mit den Rasierklingen, würde sich erst Recht nicht verflüchtigen.
Klar wollte ich manchmal einfach nur normal sein, ein normales Gewicht haben, normal aussehen, normal essen, mich einfach normal benehmen. Aber für mich war normal nicht möglich. Ich würde immer an den Klingen gebunden sein, immer daran festhalten müssen, die Kontrolle zu behalten. Ich musste einfach über eine Sache Kontrolle haben, und wenn das nun mal das Hungern war, dann musste es halt so sein.
Denn wenn ich die Kontrolle verlieren würde, wäre alles bloß noch schlimmer. Wer wusste ob ich das dann überleben würde? Hätte ich dann überhaupt noch einen Grund, mein Leben weiterzuleben? Zurzeit war mein Grund nämlich dünn werden. Ich wollte dünn werden, und konnte deswegen noch nicht sterben.
Außerdem hatte ich noch nicht den kleinsten Hoffnungsschimmer aufgegeben, dass ich dieses Ziel erreichen würde. Wenn ich doch einfach nur noch ein bisschen weniger essen würde… vielleicht würde ich dann mein Lebensziel endlich erreichen? Nach all den Jahren?
Ich war sowieso langsam auf dem besten Weg. Wenig essen, so viel Sport wie möglich, keine Bekanntschaften, keine Ablenkungen. Ich würde es schaffen, ganz sicher. Und wenn es mich alles kosten würde.
Müde blinzelten mir meine blauen Augen aus dem Spiegel entgegen. Wieder stand ich davor, wieder beobachtete ich, wie leicht man das Fett an meinem Bauch entdecken konnte. Und wieder lief Blut an meinem Arm herunter.
Seufzend nahm ich mir meinen roten Pullover von der Stuhllehne und zog ihn mir über den Kopf, bedacht darauf nicht die Arme zu sehr zu streifen. Zum Glück hatte ich nur weite Pullover, in denen man mein ganzes Fett nicht zu gut sehen konnte.
Meine Beine umhüllte ich mit eine engen, schwarzen Jeans, die allerdings nicht zu eng war. Sie kaschierte wie oben rum, mein ganzes Fett. In den Jahren hatte ich gelernt mich anzuziehen, ohne dass man mein Fett sehen konnte. Wenigstens etwas was ich konnte, außer die Kontrolle zu haben.
Auch wenn ich von der Kleidung her relativ gut aussah, das konnte ich mir sogar eingestehen, zerstörte mein Gesicht wieder alles. Es reichte nicht dass meine Nase zu groß war, meine Lippen zu dünn, meine Augen zu einfältig… nein, natürlich hatte ich noch mit die dunkelsten Augenringe die ich jemals an mir entdeckt hatte.
Wütend auf mich, und meine fehlende Kontrolle über mein Aussehen, schloss ich meine Hände zu zwei kleinen Fäusten. Mit den Fingernägeln stach ich mir aggressiv in die Handflächen, nachdem ich mich wieder einigermaßen beruhigt hatte öffnete ich meine Hände wieder sorgsam.
Langsam blickte ich an mir herunter, meine eine Handfläche hatte angefangen ganz leicht zu bluten.
Ich lief mir kurz Wasser über die Wunde laufen und seufzte wieder nur. Wie war das alles passiert? Und warum?
Zumindest hörte das leichte Bluten, schon kurz später auf. Erleichtert machte ich den Wasserhahn zu und verließ das Badezimmer. Schwankend lief ich in den Flur, griff nach meiner Beanie die ich mir, wie fast immer, unordentlich auf die Haare setzte. Ohne drauf zu achten schlüpfte ich einfach in irgendwelche Schuhe, und verließ ohne Jacke meine Wohnung.
Wie immer brauchte ich eine halbe Stunde bis ich die Treppen unten war, und trotz dass ich so langsam gelaufen bin, war mir schwindlig wie sonst was. Alles drehte sich wie verrückt, meine Sicht wurde verschwommen, ich musste mehrmals blinzeln, damit ich noch einigermaßen die Umrisse meine Umwelt sehen konnte.
Ich wusste nicht warum, aber irgendwie zogen mich meine Füße wieder zu der kleinen Gasse in der ich erst den Tag zuvor war. Harry war mir die ganze Nacht nicht aus dem Kopf gegangen, wollte er wirklich dass ich wieder zurückkam? Eigentlich war es unmöglich, aber diese kleine Hoffnung überzeugte mich dazu, einfach mal nachzuschauen. Vielleicht würde er mich wieder wegschicken, aber was hatte ich schon zu verlieren?
Etwas bestellen müsste ich mir nicht, und selbst wenn, ich konnte es auf den Weg zurück immer noch wegkippen. Oder irgendeinem Obdachlosen geben, der würde sich darüber freuen.
Also, ohne weiter zu wissen was ich machen würde, zog ich die schwere Tür die ins Starbucks hereinführte auf und sah mich unauffällig nach dem braunhaarigen Lockenkopf um. Und tatsächlich, da stand er, mit seinem großen Grinsen und bereitete Kaffee zu. Ich bemerkte nicht wie mir ein kleines Lächeln auf die Lippen rutschte, aber es war ja auch egal.
Mit bedächtigen Schritten, mein Schwindel war noch immer nicht verflogen, begab ich mich zu ihm. Still hoffte ich, dass er mich von alleine bemerken würde, und ich ihn nicht ansprechen müsste. Doch anscheinend mochte das Schicksal mich nicht, denn Harry hatte die Augen geschlossen, summte laut und tanzte herum, während er Leuten ihren Kaffee machte.
Laut schluckte ich den großen Klos in meinem Hals herunter. Komm schon Louis, das würdest du schaffen.
„H-hey…“ Gab meine leise Stimme allerdings nur brüchig her, trotzdem hatte Harry mich gehört und öffnete abrupt seine Augen. Sein ohnehin schon breites Grinsen, schien noch größer zu werden und wenn ich mich nicht irrte strahlten seine grünen Augen plötzlich. „Louis!“
Rief er aus und warf das Handtuch, welches er in den Händen hielt, nach hinten. Ein blondes Mädchen, das von gestern wie ich erkannte, riss ihre Augen auf und grinste breit. Sie winkte mir zu und schüchtern hob auch ich meine Hand. „Harry du hast jetzt Pause, Jill wird dann jetzt übernehmen, okay?“ Harry nickte schnell und zog sich die rote Schürze aus, bevor er in seiner ganzen Größe vor mich trat.
„Ich hätte ehrlich gesagt nicht gedacht, dass du wiederkommen würdest.“ Lächelte er und schob mich leicht zu einem freien Tisch. „I-ich… eigentlich… also…“ Stotterte ich und verpasste mir in meinem Kopf eine Ohrfeige. Konnte ich mittlerweile nicht einmal mehr normal reden, oder was?
„Alles gut, Lou! Ich freue mich, dass du wieder hier bist.“ Charmant ließ er sich auf einen Stuhl sinken und bedeutete mir mich gegenüber von ihm zu setzen. Langsam ließ auch ich mich nieder, zum Glück konnte ich sitzen. Lange hätte ich es nicht mehr ausgehalten zu stehen.
„W-wieso wolltest du d-dass ich heute k-komme?“ Harry zuckte mit den Schultern und zwinkerte mir zu. „Ich habe doch gestern schon gesagt, dass ich deine Augen toll finde.“ Meine Wangen wurden leicht rot und beschämt senkte ich meinen Blick zum Boden. Leise fing Harry an zu lachen, weshalb ich nur noch roter wurde. „Das muss dir doch nicht peinlich sein!“ Grinste er worauf ich nur nickte.
Ich bezweifelte zwar, dass Harry das ernst meinte, aber eine gute Erklärung dafür, dass ich wiederkommen sollte, fiel mir auch nicht ein.
„Okay, Lou… wie wärs wenn wir uns ein bisschen besser kennenlernen, huh?“ Wie schaffte Harry es so selbstbewusst zu klingen? Klar, früher hatte ich auch Selbstbewusstsein, ich war immer lustig drauf und konnte auf jeden zugehen. Aber das hatte sich geändert, und ich wünschte mir dass es das nicht hätte. „Ja k-klar…“
Nicht einmal mein Stottern konnte ich kontrollieren! Ich konnte froh sein, wenigstens mein Essen kontrollieren zu können.
„Wie alt bist du?“ Fing er an und ich musste leicht lächeln. Vorsichtig hob ich meinen Blick wieder, und schaute ihm einige Sekunden direkt in die grünen Augen. „Ich bin 22. Und du?“ Harry grinste breit und lehnte sich ein bisschen nach vorne. „19.“ Gab er knapp von sich, hörte aber nicht auf zu grinsen.
Als er nichts weiter sagte wurde ich panisch. Erwartete er, dass ich jetzt eine Frage stellen würde? Aber was? Was könnte ich ihn fragen, oh mein Gott.
„Hast du Geschwister?“ Platzte es aus mir raus, und ja. Es war eine totale Klischee Frage. Aber mir fiel einfach nichts anderes ein. Der Lockenkopf lachte und nickte. „Ich habe eine ältere Schwester, Gemma. Wir haben eine echt gute Verbindung zueinander. Hast du welche?“ Ich nickte leicht und verfluchte ihn ein wenig.
Nie sprach ich mit jemand gerne über meine Familie. Ich hatte seit Monaten nicht mehr mit ihnen gesprochen, was einfach daran lag, dass ich nicht wollte, dass sie bemerkten wie es mir ging. Früher hatten sie schon immer Zweifel daran gehabt, dass es mir gut ging. Aber sie sollten es nicht mit jemand aushalten müssen, mit einem wie mir zusammen zu sein.
„Ehh… ja. F-fünf kleine Schwestern… ehrm. Lottie, Fizzy und die Zwillinge sind mütterlicherseits, und dann Georgia… sie ist von meinem Vater… aber ich habe nicht v-viel Kontakt z-zu ihnen.“ Ich musste leider zugeben, dass ich mich ziemlich traurig anhörte. War das aber nicht normal? Schließlich waren es meine kleinen Schwestern.
Interessiert nickte Harry und verschränkte seine Arme auf dem Tisch miteinander, lehnte dann sein Kinn darauf.
„Wieso hast du nicht viel Kontakt zu ihnen?“ Fragte er leise und seine Augen strahlten solch ein Verständnis aus, obwohl er mich nicht einmal richtig kannte. „Ehh… sie w-wohnen weiter weg… und U-unistress.“ Harry lächelte mitleidig und streckte eine seiner Arme aus, um mir sanft über die Schulter zu streichen. „Das tut mir Leid, Lou.“
Zwanghaft lächelte ich und erwischte mich wie ich das Gefühl von seinen Bewegungen genoss. Es war anders, sonst interessierte sich niemand für mich… und dann kam Harry und schien mich zu verstehen. Aber das würde er auch nur so lange machen, bis er von meinen Geheimnissen erfahren würde. Danach würde er mich wegstoßen. Wer wollte schon solch einen Freund haben?
„A-aber… ist schon okay.“ Versuchte ich das Thema abzuschließen, und Harry schien es zu verstehen, denn er lächelte einfach nur. „Was hast du gestern noch so gemacht?“ Murmelte Harry und grinste wieder breit. Konnte es sein, dass dieser Junge langsam Schmerzen in den Wangen bekam? Es musste doch so sein, so wie er die ganze Zeit grinste!
„War i-in meinem K-kurs und h-habe gelernt…“ Leicht lächelte ich ihn an als er interessiert nickte und seinen Arm wieder zurückzog. „Und du?“
„Ach, nichts interessantes. Ich war noch eine Stunde hier, bin dann nach Hause und hab mit meinem Mitbewohner rumgehangen.“ Er grinste und seine Grübchen wurden erneut sichtbar. Ich konnte nichts dafür, es passierte einfach, aber plötzlich erwischte ich mich dabei wie ich ihm mit meinem Zeigefinger in ein Grübchen pikste.
Er kicherte und schüttelte seinen Kopf, sodass seine Locken hin und her flogen. Meine Wangen erröteten wieder leicht und ich spürte wie sich auch meine Mundwinkel bei dem Anblick anhoben. Es sah einfach nur niedlich aus. Harry wirkte nicht wie neunzehn, eher wie vierzehn.
„Hazza! Ich ruf dich seit zwanzig Minuten an, du wolltest doch eigen… oh… hi.“ Erschrocken drehte ich mich um, und begegnete mit meinem Blick einem dünnen Jungen, mit dunklen Haaren, braunen Augen und einem Schmunzeln auf den Lippen. Harry lachte laut und stand auf. „Lou das ist Zayn, Zayn das ist Louis.“ Zayn grinste breit und biss sich auf die Lippe. Ich nickte ihm nur still zu und stellte mich langsam auf.
Sofort überfiel mich der verschwundene Schwindel wieder, und ich schwankte gefährlich schnell nach rechts. Doch Zayn schien es wohl bemerkt zu haben, denn er griff sanft nach meinem Arm und rettete mich somit vorm Fall. Besorgt schauten seine braunen Augen direkt in meine, doch ich schüttelte langsam den Kopf und lächelte ihn nur an. „Alles gut, Bro?“
„K-klar… nur etwas zu schnell auf-aufgestanden.“ Er nickte, aber trotzdem durchbohrten mich seine Blicke noch. Harry hatte das alles nicht bemerkt denn er grinste mich einfach nur breit an, ich lächelte leicht zurück. „Aber um wieder zum Thema zurückzukehren… Harry wir wollten uns in deiner Pause in der Bäckerei treffen!“ Harry riss seine Augen weit auf und nickte.
„Tut mir Leid Zayn! Aber Louis kam und ich wollte mich mit ihm ein bisschen unterhalten…“ Entschuldigte er sich und zeigte zu mir. Was wenn Zayn mich jetzt hassen würden? Ich war schließlich der Grund weshalb Harry ihn sitzen gelassen hatte. Ich würde es verstehen, wenn er mich jetzt wie alle anderen auch beleidigen würde.
Doch anders als erwartet, nickte Zayn nur lächelnd und legte mir eine Hand auf die Schulter. „Dann gehe ich jetzt mal… aber du kommst nach deiner Schicht noch zu mir, oder?“ Harry nickte und umarmte Zayn leicht, der sanft sein Arm um den Größeren legte. Nachdem die beiden sich gelöst hatten, warf Zayn mir einen letzten besorgten Blick zu, und verschwand dann wieder nach draußen.
Entschuldigend schaute Harry zu mir.
„Tut mir Leid wegen der Unterbrechung und Zayn. Aber ich muss jetzt wieder arbeiten, willst du vielleicht was essen oder trinken?“ Sanft strahlten mich seine Augen an. Ob ich was essen oder trinken wollte? Nein danke, es sei denn es hat keine Kalorien.
„Ein Glas Wasser?“ Überrascht nickte Harry und ging vor mir wieder hinter die Verkaufstheke. Er flüsterte der Blonden etwas zu die nickend in den Hinter raum ging. „Sie holt dir ein Glas.“ Und kaum hatte er es mir gesagt, kam die Blonde wieder zurück und überreichte mir breit grinsend das Glas. Dankend lächelte ich sie an und trank einen kleinen Schluck.
Auch wenn Wasser nicht dick machte, konnte mein Magen oft auch das nicht ab. Ich musste mich oftmals übergeben, sobald ich irgendwas im Bauch hatte. Selbst wenn es nur Wasser war… also hatte ich mich einfach dran gewöhnt langsam und in kleinen Zügen zu trinken.
„Bleibst du noch ein wenig hier?“ Fragte Harry und schaute mich fast schon traurig an. Irrte ich mich oder klang er auch etwas niedergeschlagen? Hatte ich was falsch gemacht? Hatte er seine Pause doch lieber mit Zayn verbringen wollen?
Durch die ganzen Fragen, die durch meinen Kopf schwirrten, vergaß ich ganz zu antworten und ließ Harry einige Zeit so stehen.
„Lou? Bist du noch da?“ Er grinste ein wenig und ich wurde wieder rot. Warum war ich so weg? Ich hatte nicht einmal mitgekriegt wie die Blonde gegangen war und Harry bereits die ersten Bestellungen machte. „Ehh… ja.“
„Ja für du bist noch da, oder für du bleibst?“ Harry lächelte mich wie ein kleines Kind an, seine Augen strahlten hoffnungsvoll. Wie hätte ich da nein sagen können?
„Ich bleib n-noch.“ Und kaum hatten die Worte meinen Mund verlassen sprang Harry halbwegs über die Theke und seine Arme hatten den Weg um meine Schultern gefunden. Vorsichtig drückte er zu und malte mit seinen Fingerspitzen kleine Kreise über meinen Rücken. Verunsichert legte ich meine Arme um ihn, darauf bedacht ihn nicht zu sehr zu berühren.
Meine Arme bekamen nach nur wenigen Augenblicken eine Gänsehaut. Ob davon, dass mir ziemlich kalt war, oder von Harrys Berührungen, wusste ich aber nicht. Ich hätte mir wirklich eine Jacke mitnehmen sollen. „Lou? Du zitterst ja…“ Murmelte Harry leise und warme Luft wurde gegen meinen nackten Nacken gepustet.
„Ehh… mir… ist k-kalt.“ Harry schmunzelte, ließ mich los und verschwand ganz kurz im Hinter Raum. Als er wieder rauskam, hatte er eine schwarze, dicke Jacke in der Hand und grinste breit. „Zieh die an…“ Ich murmelte leise einen Dank und zog mir schnell seine Jacke über. Sofort stieg mir sein Duft in die Nase und meine Arme erwärmten sich augenblicklich, auch wenn es trotzdem noch kalt war.
Leider musste ich zugeben, dass mir die Ärmel seiner Jacke viel zu lang waren und auch so war sie viel zu groß. Doch gerade das gefiel mir.
„Bis w-wann hast du Schicht?“ Harry antwortete nicht gleich, da er erst mal einen Kunden bedienen musste. Er beeilte sich aber und kam direkt wieder zu mir. Seine grünen Augen funkelten mich fröhlich an und sein Grinsen verriet mir, dass er noch immer gut gelaunt war. „Eine Stunde noch. Dann übernehmen Jill und Haley ganz.“
„Ok…“
„Wenn du willst kannst du nachher mit zu Zayn gehen?“ Fast schon bettelnd schob Harry seine Unterlippe vor und machte große Hundeaugen.
Ich würde gerne, wirklich gerne. Aber wenn ich mitgehen würde, wäre die Chance sehr hoch, dass sie dort etwas essen würden. Und ich könnte nicht sagen, dass ich keinen Hunger habe, denn Harry hat genau gesehen, dass ich die ganze Zeit über nichts gegessen hatte.
Also würden die beiden aufmerksam werden, mich vielleicht sogar dazu zwingen etwas zu essen.
So wie meine Familie es gemacht haben. Deswegen bin ich erst dazu gekommen, alles wieder auszukotzen.
„Ich würde echt gerne Harry, aber ich muss dringend noch lernen für meinen Kurs.“ Verstehend nickte Harry und bereitete einen Kaffee zu.
*
Die ganze Stunde verbrachten wir damit uns weiter kennenzulernen. Ich hatte von ihm erfahren, wo er früher wohnte. Was er studierte, was er später machen wollte, wer seine Freunde waren, was er in den Semesterferien machen würde. Da hatten wir uns übrigens dazu entschlossen, eine Zeit zusammen irgendwo hinzufahren.
Von mir allerdings hatte er nur das wichtigste erfahren. Wo ich früher gewohnt hatte, was ich studierte und was ich in den Ferien machen würde. Auf Fragen zu meiner Vergangenheit antwortete ich entweder gar nicht erst, oder wich gut aus und fragte dafür Sachen zu ihm.
Und Harry fiel drauf rein.
Egal wie sehr ich mir innerlich wünschte, dass er es bemerken würde. Nein, er ließ sich täuschen. Wie sich auch so viele vorher von mir getäuscht haben lassen. Wie ich meine Mutter darin getäuscht hatte, dass es mir gut ging und ich schon Freunde an der Uni gefunden hatte.
Vielleicht stimmte das jetzt. Vielleicht konnte ich Harry bereits als Freund bezeichnen? Doch ich wollte ihn noch nicht als Freund betiteln. Denn es bestand noch immer die Möglichkeit, dass er mich gar nicht mochte. Dass er nur aus Mitleid mit mir rumhing. Dass er eigentlich total genervt von mir war, und darauf hinfieberte, dass ich gehen würde.
Vielleicht wollten das ja wirklich alle… dass ich gehe.
„Bis dann Harry…“ Nuschelte ich in den schwarzen Stoff seiner Strickjacke. Er hatte mich in seine Arme gezogen und da ich seine Jacke erst mal behalten sollte, hatte er sonst nur seine Strickjacke an.
Harry grinste mich breit an und nickte froh. „Krieg ich vielleicht deine Handynummer?“
Ohne weiter darüber nachzudenken, schrieb ich ihm mit einem Kugelschreiber meine Nummer auf den Arm. In der Hoffnung er würde sich wirklich mal melden, verabschiedete ich mich und machte mich auf den Weg nach Hause.
Und zum ersten Mal seit einer langen Zeit, hatte ich einen Tag Spaß.
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