Kapitel 49
Mehrere Monate später wurde Theodwyns Sohn geboren. Er war klein und entzückend und der übernächste König von Gondor. Er hatte die Thronfolge, das Fortbestehen unserer Linie, gesichert. Nun wusste Aragorn das Reich in guten Händen und konnte beruhigt sterben, ich sah in seinem Gesicht, dass er so dachte.
Galadwen war mit ihrer Tochter und ihren beiden Söhnen bei uns und hatte Luthien bei der Geburt ihres Sohnes geholfen, der Aragorn so ähnlich sah wie aus dem Gesicht geschnitten. Es freute mich, so viele Kinder um mich zu haben, die mich an die Zeit erinnerten, als meine eigenen Kinder noch klein gewesen waren. Nun bewegte sich Eldarion stramm auf die Vierzig zu.
Es war seltsam. Manchmal fühlte ich mich, als sei seit meiner Hochzeit kein Tag vergangen, dann sah ich meine Kinder und Enkelkinder und fühlte mich so unendlich alt. Bald ging das alles hier zu Ende.
"Bitte kommt heute nach dem Mittagessen in mein Arbeitszimmer, Arwen, Tauriel, Legolas und Gimli", hatte Aragorn beim Frühstück gesagt, und jetzt bewegte ich mich unruhig vor dem Raum hin und her und wartete darauf, was passieren würde. Ich hatte Angst, dass er mir sagen würde, dass er morgen sterben würde. Dass ich mich von all meinen Lieben verabschieden musste. Ich wollte einfach nicht sterben.
"Ich frage mich ja, was er von uns will", begrüßte Tauriel mich, als sie an Legolas' Hand den Gang entlang geschlendert kam. Gimli ging neben den beiden. "Schließlich weiß ich schon, wie toll er mich findet, dass muss er mir nicht extra nochmal sagen."
"Und eingebildet bist du auch gar nicht." Mit einem liebevollen Blick drückte Legolas ihr einen Kuss auf den Haaransatz.
"Ganz genau." Sie strahlte ihn an, dann schloss sie mich in die Arme. "Das wird schon, Arwen. Es ist bestimmt nichts schlimmes."
Meine Augen füllten sich mit Tränen. "Was ist, wenn er uns gleich sagt, dass er bald sterben wird? Was soll ich denn dann machen? Die letzten Monate waren vielleicht die schönsten meines Lebens, alle waren da, die ich um mich haben wollte. Ich will sie alle aufwachsen sehen, nicht nur ihre Geburt miterleben. Sie sind doch meine Familie."
Die Drei sahen mich betroffen an und Tauriel strich mir über den Rücken. "So haben die Valar es gewollt, mellon. Und auch du hast es auch so gewollt, wenn ich dich daran erinnern darf. Einem Menschen ist es nicht immer vergönnt, seine Enkelkinder aufwachsen zu sehen."
"Ich weiß, dass du ein wunderschönes Leben verbracht hast", sprach Gimli sanft weiter. "Ein wunderschönes Leben mit einer großartigen Familie, einem liebevollem Ehemann, dem du mehr bedeutest als alles auf dieser Welt, und den besten Freunden, die man sich wünschen kann. Aber jetzt geht es zu Ende. Mit mir würde es auch zu Ende gehen, wenn die Valar mir nicht erlauben würden, mit Tauriel und Legolas nach Valinor zu segeln. Du hast dir gewünscht, dass es auf diese Weise zu Ende geht, damit hat Tauriel recht. Habe keine Angst vor dem Tod oder davor, was du verpasst. Alle deine Kinder und Enkel werden sich an dich erinnern und sie werden es schaffen, ohne dich und ohne Aragorn zu leben."
"Es tut weh, loszulassen, das wissen vermutlich alle hier." Legolas drückte meine Hand. "Aber es muss sein. Und dein Tod ist nicht das Ende, er wird dich wieder mit Aragorn vereinen. In Mandos' Hallen werdet ihr euch wiedersehen und dieses Mal trennt euch nicht die Frage von Sterblichkeit und Unsterblichkeit. Ihr werdet für immer zusammen sein."
Ich lächelte, berührt von der einzigartigen Unterstützung meiner Freunde, und wischte mir die Tränen weg. Sie hatten ja recht. Im Prinzip war der Tod nur der Beginn eines neuen, unbekannten Abschnitts. Danach würde ich glücklich sein, auch wenn ich eine ganze Welt hinter mir ließ, und diejenigen, die mein Leben ausgemacht hatten. Tauriel würde mit Galadriel so glücklich sein. Und irgendwann würde sie tatsächlich in der Lage sein, den Schmerz zu vergessen, den ich durch meinen Tod verursacht hatte, und sich nur noch an die schönen Seiten unseres gemeinsamen Weges erinnern. An die vielen Nachmittage in Lothlorien, an unsere Ausritte aus dem Wald heraus, an unseren Aufenthalt in Bruchtal und auch an die Zeit, die wir zusammen in Minas Tirith verbracht hatten. An die unzähligen halben Kuchen, die die Köche mit den Jahren an uns verloren hatten.
"Da seid ihr ja", meinte Aragorn, als sich die Tür seines Zimmers öffnete und er mit einem Lächeln heraustrat. Er sah die letzten Tränenspuren auf meinen Wangen und runzelte die Stirn. "Arwen. Bitte, weine nicht. Das macht es mir nur so viel schwerer. Kommt herein."
Mit zitternden Knien betrat ich den Raum und kuschelte mich neben Tauriel auf ein Sofa. Fürsorglich legte sie einen Arm um meine Schulter und warf mir einen beruhigenden Blick zu. Das wird schon, bedeutete sie mir dadurch, doch ich war mir nicht so sicher. Er wirkte so müde in letzter Zeit. Müde und erschöpft von dem, was er in seinem Leben hatte leisten müssen. Was, wenn es ihm jetzt zu viel war? Wenn er es jetzt beenden wollte? Sein Tod würde mein Tod sein. Wenn er starb, starb auch ich.
"Ich habe euch hierher gebeten, weil ich meine engsten Freunde und meine geliebte Frau bei mir haben will, wenn ich mein Testament mache", erklärte er ruhig und etwas in mir schien zu zerbrechen. Dann war es also so weit. "Wir haben zusammen so vieles durchgestanden. Tauriel, Legolas und Gimli, wir alle waren Mitglied der Gefährten und haben im Ringkrieg Seite an Seite gekämpft und gelitten. Wir waren füreinander da und passten aufeinander auf, was auch gerade um uns herum passierte. Arwen, selbst die Valar sind gegen unsere Liebe gewesen. Dein Vater hat mir deutlich genug zu verstehen gegeben, was er tun würde, wenn ich nicht aufhören würde, mit dir Kontakt zu haben. Aber gegen das Vorherbestimmte kann sich niemand stellen, nicht die Valar und auch nicht Elrond von Bruchtal. Wir haben den Widrigkeiten getrotzt und unser Leben gelebt- es war ein glückliches Leben. Ihr Vier kennt mich besser als irgendjemand sonst. Ihr Vier wart an meiner Seite, von Anfang an, jeder auf seine eigene Weise. Bitte seid auch bei mir, wenn ich es zu Ende bringe."
Durch den Schleier meiner Tränen sah ich, wie er vor mir niederkniete. "Ich habe dir nicht alles geben können, was ich wollte, galwen nin. Ich war nicht immer das, was du brauchtest und niemals werde ich sein, was du verdienst. Aber du bist meine Frau, und du hast für mich so viel aufgegeben. Dafür danke ich dir, denn als ich dich kennenlernte, hätte ich nichts von dem hier für möglich gehalten. Sei nicht traurig, melamin. Ich bitte dich, sei nicht traurig. Mein Leben hätte schöner und ereignisreicher nicht sein können. Allein du hast mich zu dem gemacht, der ich heute bin."
Er setzte sich an den Schreibtisch, griff nach seinem schönsten, besten Papier und einer langen Feder. Ich liebte diesen Mann so sehr. Er war alles für mich, er war meine ganze Welt. Ich konnte nicht leben ohne ihn. Und er hatte recht; wir hatten zusammen das schönste Leben gehabt, das wir hätten haben können. Niemand erinnerte sich an die traurigen Momente, wenn es so viele wundervolle gab, an die man ebenfalls denken konnte. Wenn ich auf mein Leben zurückblickte, dachte ich nicht an das Schiff, das meine Mutter aus Mittelerde fort trug, nicht an die Nacht, in der Ada meine ihrer Kraft beraubte Großmutter aus Dol Guldur brachte und nicht wusste, ob sie je wieder so sein würde wie vorher. Ich dachte nicht an meine Krankheiten oder an meinen großen Streit mit Tauriel, als wir gemeinsam in Bruchtal waren. Nicht an die schwierige Zeit zu Beginn des Vierten Zeitalters oder an all die Tränen, die ich wegen Maethril geweint hatte.
Ich dachte an die Schönheit Lothloriens und Bruchtals, an die goldenen Mallorn-Bäume und das Galadriels Lächeln. Ich dachte an den Tag, an dem ich Tauriel kennengelernt und sofort gewusst hatte, dass sie meine Freundin werden sollte, an mein erstes Treffen mit Aragorn. Ich dachte an die Hochzeit und an unsere vier wundervollen Kinder. An die wunderschöne Zeit als Königin Gondors.
In diesem Moment tat es nicht länger weh, dass ich sterben würde. Denn ich hatte gelebt.
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