Kapitel 45
Mit leuchtenden Augen sah Luthien zu, wie Aragorn ihre Hand in die Artamirs legte. Nun heiratete also auch mein drittes Kind, nun blieb mir nur noch Maethril wirklich. Eldarion und Theodwyn leisteten uns lediglich beim Abendessen Gesellschaft, weil ich darauf bestanden hatte, und lebten ansonsten ihr eigenes Leben als Ehepaar, wenn sie auch beide im Palast arbeiteten. Galadwen hatte vor anderthalb Jahren ihr erstes Kind, eine kleine Tochter, zur Welt gebracht und fühlte sich wahnsinnig wohl in Rohan. Und nun verließ uns auch noch Luthien. Nachdem Artamir im Palast eine steile Karriere hinter sich gebracht und ein kleines Vermögen angesammelt hatte, hatte er ein hübsches, kleines Häuschen erstanden, im Zentrum von Minas Tirith, und dort würden sie zu zweit wohnen. Ich hatte nur noch Maethril.
Luthien sah zu mir und ich lächelte ihr zu. Lange hatte sie auf diesen Moment gewartet, vermutlich seit sie mir von Artamir erzählt hatte. Und ich freute mich ja auch, das sie glücklich war. Sie hatte schon mit 16 Jahren gewusst, dass sie eines Tages diesen jungen Stallburschen heiraten würde, während Eldarion jahrelang gesucht hatte, bis er in Theodwyn seine Gefährtin fand. Es lag wahrscheinlich an ihrem Namen; es war ihre Bestimmung, jemanden zu heiraten, der vom Stand her geringer war als sie. Aber es machte ihr nichts, mir war es auch gleich und Aragorn hatte sich immerhin damit abgefunden.
"Jetzt bist du ganz alleine, meine Süße", flüsterte ich Maethril zu und ihr Lächeln war wehmütig. Nach der Entdeckung, dass sie die Gabe der Voraussicht hatte, war es nicht einfacher mit ihr geworden, aber wie wir hatte auch sie sich Mühe gegeben, damit wir uns nicht so häufig stritten.
"Ich weiß genau, wie froh du bist, dass ich noch da bin", grinste sie. "Verstell dich nicht, es ist zwecklos."
"Ich verstelle mich gar nicht, du freches Ding. Das würde ich bei dir ohnehin nicht schaffen."
"Keine Sorge. Ich habe nicht vor, mich demnächst zu verheiraten. Mich würde doch keiner nehmen, Mama."
"Da bin ich mir nicht so sicher." Zart strich ich ihr eine Haarsträhne hinters Ohr und hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn. Sie war nicht mehr das schlaksige, kindliche Mädchen, das sie einmal gewesen war, sie war wie ihre Geschwister hochgewachsen und schlank, ihre Augen waren groß, durchdringend und blaugrau wie die meinen. Ihr Haar, das in verspielten Locken weit über ihre Schultern bis zur Mitte ihres Rückens fiel, war beinahe schwarz wie das meines Vaters. Eines Tages würde sich ein Mann für sie interessieren, das konnte niemand bestreiten. Doch langsam fragte ich mich, wie viel ich davon noch miterleben würde- Aragorn war alt, der Sommer seines Lebens längst vorüber, und eines wusste ich: Sein Tod würde der meine sein.
"Sie macht eine großartige Figur da vorne", lobte Tauriel, als sie sich neben mich stellte. "Und mein Kleid steht ihr ausgezeichnet."
"Nicht wahr?" Glücklich sah ich sie an. Zuerst hatte sie wie Galadwen mein Hochzeitskleid nehmen wollen, doch dann hatte Tauriel ihr die Geschichte ihres eigenen Kleides erzählt und die Sache war beschlossen gewesen. Die Stickereien, meine wunderschönen Stickereien, waren so gut erhalten wie am ersten Tag und die silbrige Spitze schimmerte in der Nachmittagssonne. "Heute ist ihr Tag, und sie fühlt sich schön. Das ist das Wichtigste, denke ich. Aber du hast recht, sie ist bezaubernd."
"Artamir ist ein glücklicher Mann."
"Ganz genau so glücklich wie unsere Männer", scherzte ich und Tauriel nickte gespielt ernst. "Die können sich wahrlich glücklich schätzen."
Die Braut und der Bräutigam saßen am Kopf eines riesigen Tisches, rechts von Luthien saß ich und mir gegenüber Aragorn. Er lächelte breit und erholt; ich wusste, dass er solche Feierlichkeiten liebte. Viele aus der Bevölkerung waren gekommen, um diesen seltenen Anlass zu feiern- einer von ihnen heiratete eine von uns- und er badete in der Anerkennung, die er bekam. Nicht jeder König hätte so etwas gestattet, das wussten die Leute.
"Es ist wundervoll", meinte er mit einer honigwarmen Stimme. Ich spürte, dass ich errötete wie ein junges Mädchen. Aragorn und ich waren jetzt beinahe ein Menschenleben miteinander verheiratet und kannten uns noch länger, doch wann immer er mir Komplimente machte, war ich Wachs in seinen Händen. Ich hatte mit ein wenig Hilfe von Tauriel monatelang die gesamte Feier perfekt durchgeplant und mir Gedanken über jedes einzelne Detail gemacht- selbst die Farbe der Glasur des Kuchens hatte eine Bedeutung- und davor hatte Aragorn höchste Achtung.
"Ich freue mich, dass es dir so gefällt. Dass es anstrengend war und Mühe gekostet hat, kann ich nicht leugnen." Besorgt strich er über die dunklen Ringe unter meinen Augen. "Aragorn", flüsterte ich eindringlich, "Wir sind in der Öffentlichkeit. Alle können uns sehen."
"Das ist mir egal", wisperte er zurück und wickelte eine meiner Haarsträhnen um seinen Finger. "Weißt du, in letzter Zeit denke ich häufig an die Anfänge. An unser Kennenlernen in Bruchtal, wie wir uns Lothlorien wiedergesehen haben... Es tut mir leid, dass ich dir nicht mehr bieten konnte, nicht so viel bieten konnte, wie du verdienst. Denn du verdienst die Welt, Arwen. Du verdienst die Unsterblichkeit und vier unsterbliche Kinder. Du verdienst einen unsterblichen Ehemann. Es tut mir leid, dass ich dir nicht mehr geben konnte."
"Sag so etwas nicht", entgegnete ich mit erstickter Stimme, "Ich bin immer sehr glücklich gewesen, das weißt du doch. Und ich habe meine Entscheidung keine einzige Sekunde bereut, auch nicht, wenn wir uns gestritten haben oder ich unglücklich war. Ich bin äußerst froh, dass ich meine Unsterblichkeit für ein Leben mit dir aufgegeben habe. Du hast mir alles gegeben, was ich brauchte." Ich sah den Zweifel in seinen Augen. "Weißt du, Großmutter hat mir einmal etwas gesagt. Sie erklärte mir, dass die Lebensspanne der Menschen kurz ist und sie in dieser kurzen Zeit das erreichen müssen, was die Elben bis in die Unendlichkeit erreichen können. Du hast mir ein Leben voller Leidenschaft geschenkt, Aragorn. Als Elbe saß ich den ganzen Tag verträumt herum und habe gelesen oder genäht- Reitausflüge mit Tauriel waren die interessanteste und gewagteste Abwechslung, die es in meinem Alltag gab. Als Mensch dagegen hast du mir gezeigt, was es heißt, wirklich zu leben. Ich habe gelebt, die Zeit genossen, ich habe das Gefühl, dass ich alles getan habe, was ich tun wollte. Wenn ich sterbe, dann kann man von mir sagen, dass ich nicht umsonst gelebt habe."
"Du bist wundervoll", stieß er hervor, "Und ich bin froh und ich bin stolz, dass du mich gewählt hast. Dass du glaubst, dass ich dein Leben zu einem besonderen Leben gemacht habe. Le melin."
"Le melin."
Kurz sahen wir uns an, dann zwinkerte er mir zu, wir standen auf und verließen die Tafel. Ich spürte, wie sich neugierige Blicke in meinen Rücken brannten, doch ich nahm Aragorns Hand und es machte mir nichts. Kichernd liefen wir in unser Schlafzimmer, er öffnete schwer atmend den Verschluss meines Kleides und dann sagten wir erst einmal eine Weile nichts mehr, sondern versanken in einer Höhle aus Seide und Satin.
Hallo meine Lieben,
wie ihr vielleicht merkt, neigt sich meine Geschichte langsam dem Ende zu 😞 Um euch die Wahrheit zu sagen, es bleiben nur noch wenige Kapitel. Das tut mir weh, weil mich die HdR-Fanfictions mehr als zwei Jahre lang begleitet haben, aber es macht mich auch sehr glücklich, weil ich für die beiden "Bücher" so viel positive Resonanz erhalten habe.
In den letzten Wochen habe ich von vielen Kommentare und Privatnachrichten bekommen, in denen ihr Vorschläge für Szenen gemacht und vor allem um weiter Szenen zwischen Legolas und Tauriel gebeten, von denen es, wie ich selbst gestehen muss, echt nicht viele gibt. Für euch habe ich auch Tauriel-Kapitel geschrieben, doch mir ging es hauptsächlich um Arwen. Daher würde ich euch bitten, dass ihr die Szenen, um die ihr mich gebeten und die ihr mir vorgeschlagen habt, selbst schreibt! Jeder kann so viele beitragen, wie er möchte, und es kann um alles gehen, was ihr euch vorstellt. Ich würde mich wahnsinnig freuen, wenn mich ganz viele schöne Kapitel (Länge egal) erreichen, die ich mit eurer Erlaubnis nach meinem Epilog veröffentlichen werde.
Ich hoffe, viele machen bei dieser Sache mit und freue mich auf schöne Bonuskapitel!
LG Arwen999
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