Shigechis letzte Ernte

Filler Episode Whoop Whoop!
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Zu erst hörte er wie die Tür aufgerissen wurde. Viel zu gewaltsam für seinen Vater oder Okuyasu. Also dachte er erst an Jotaro. Dann aber hörte er die Schritte, die ein bisschen nach Stiefeln mit Absatz klangen. Piraten Stiefel, ganz klar. Bereit für das was als nächstes passieren würde, zog Josuke sich die Bettdecke über den Kopf, ehe mit einem Ratschen der Vorhänge grelles Licht das Schlafzimmer flutete.
,,Raus aus den Federn, na los! Aufstehen! Wir müssen reden!"
Starke Hände packten das Ende seiner Bettdecke und zogen daran, doch Josuke klammerte sich an die Zipfel des anderen Endes, als würde sein Leben davon abhängen.
,,Sollten Bauern es nicht gewohnt sein früh aufzustehen?"
,,Sollten Piraten nicht Handelsschiffe überfallen und nicht die Betten von unschuldigen, müden Jugendlichen?"
,,Freibeueter, Josuke, wie oft noch? Ich. Bin. Freibeuter!" In das letzte Wort legte Capt'n Kakyoin so viel Kraft, dass er es schaffte Josuke die Decke weg zu reißen. Elegant, als ob er sie nicht wie eine diebische Elster geklaut hätte, faltete er sie schnell zusammen und hing sie über Josukes Stuhl.
,,Weißt du wo Ryoko steckt?"
,,Dürfte ich mich vielleicht noch anziehen, wenn du mich schon so früh rauswirfst? Wie spät ist es überhaupt?"
,,Halb fünf."
,,Halb fü- Du Monster!" Müde und verwirrt stand Josuke auf, griff nach seiner Kleidung und zog sich hinter seinem Raumteiler um. Er hörte die Schritte des Freibeuters und merkte jetzt, wo er langsam wach wurde, dass der Kerl hinter seiner vorwitzigen Schale unruhig war.
,,Ich habe sie zuletzt auf dem Ball gesehen", erklärte er und schlüpfte in sein Leinenhemd. ,,Sie hat mir Tricks mit ihrem Fächer gezeigt und dann haben wir uns aus den Augen verloren."
,,Tja, der Ball ist aber zwei Tage her. Wo ist sie jetzt?!"
,,Woher soll ich das denn wissen?! Sehe ich allwissend aus? Vielleicht ist sie bei Yukako oder sie versteckt sich irgendwo oder lauert männlichen Jungfrauen in Bibliotheken auf, um ihr Blut zu saugen. Ich weiß es nicht!"
,,Danke für die Bestätigung meines Verdachts, dass du Jungfrau bist, aber das bringt mich leider auch micht weiter!"
Entrüstet zog Josuke noch schnell seine Hose an, ließ die Schuhe aber weg und kam hinter dem Raumteiler hervor.
,,Sie ist ein Freigeist, Capt'n. Sie könnte überall sein und wiederkommen wann immer es ihr beliebt. Wie wäre es damit - Sollte ich sie gleich in der Schule nicht sehen können wir immer noch in Panik geraten."
Das war kein schlechter Einwand. Ryoko lag viel an der Bildung, für die ihre Freunde so gekämpft hatten. Es gab keinen Schultag den sie freiwillig verpasste.
,,Also schön... aber meine Panik steht in den Startlöchern."
,,Geht klar, Capt'n."

Okuyasu war an diesem Morgen besonders überrascht, als er an die Tür klopfte und sein bester Freund bereits fertig dort stand. ,,Du... du bist schon wach?!"
,,Frag. Einfach. Nicht. Komm, lass uns gehen, sonst verpassen wir Shigechi."
Er griff noch nach seiner Tasche und gemeinsam liefen sie los, einen kleinen Umweg zur Schule, wobei sie natürlich trotzdem Angelos Grab mitnahmen und ihm freundlich grüßten. Hinter den Friedhof, vorbei an Tonios Restaurant und den Geschäften, trennte eine große Wiese die Einkaufstraße vom Wald und hier war der Ort, wo sie ihren kleinen Freund finden konnten. ,,Guten Morgen, Shigechi. Wie geht es dir?"
,,Na hoppala, Josuke, Okuyasu! Das ist aber eine Überraschung, dass ich euch hier schon so früh antreffe. Aber dieses Grinsen kenne ich doch! Ihr wollt was von mir, gebt es doch zu!"

An ihren Unschuldsmienen mussten sie wirklich noch arbeiten! Josuke schüttelte den Kopf und legte eine Hand auf Shigechis Schulter. ,,Ach nichts besonderes. Wir haben uns nur gefragt, ob du uns ein paar Münzen leihen könntest. Essen fassen und so."
,,Ich euch Geld leihen? Habt ihr diese Ketzer Jäger nicht ausgenommen? Sagt bloß das habt ihr alles am Met Stand versoffen?!"
,,Versoffen ist ein sehr hartes Wort, Kleiner", klingte Okuyasu sich in die Diskussion ein, ,,Komm schon, wir geben dir das Geld auch wieder."
,,Und wer garantiert mir das? Ich will Pfand, ansonsten kriegt ihr gar nichts von mir!"

Die Jungs sahen einander an und schließlich nahm Josuke seine Ledertasche ab, die er Shigechi hinhielt. ,,Echtwildleder, ein Geschenk vom König, angefertigt in Frankreich. Du kannst sie als Pfand haben und sie nutzen, aber sobald wir dich ausgezahlt haben will ich sie zurück. Denk nicht Mal daran sie zu versetzen, du geldgieriger Schuft."
,,Das würde mir nicht im Traum einfallen! Also gut, wir kommen ins Geschäft!"
Selbstgefällig grinsend überreichte Shigechi seinen Freunden ein mit Münzen gefülltes Ledersäckchen und nahm im Austausch dazu Josukes Tasche an.
,,Ach ja, da ist auch meine Schiefertafel drin. Wenn du die Aufgabe darauf löst und sie mir vor der ersten Stunde zurückbringst wäre ich dir sehr verbunden! Ich kann sie auch bei dir abholen, hauptsache die Aufgaben sind erledigt!", rief Josuke noch und hob die Hand um sich zu verabschieden. Irritiert zog das Kind die Tafel aus der Tasche.
,,Hey, so haben wir nicht gewettet!... Aber andererseits bin ich voll gut im Alphabet. Hey Josuke, warte Mal-"
Doch Josuke und Okuyasu ignorierten ihn, also ließ Shigechi sich im Schneidersitz auf den Boden fallen und begann zu schreiben.

So früh waren sie wirklich noch nie auf den Beinen. Kakyoin sei Dank. Nur leider wurde es mach einiger Zeit auch etwas langweilig. ,,Hast du schon Mal Himmel und Hölle gespielt?", fragte Josuke seinen Freund. Okuyasu schüttelte den Kopf. ,,Nein und ich weiß nicht, ob ich das will. Klingt nach einem Spiel mit dem Teufel. Ähm was machst du denn da?" Verwirrt sah Okuyasu zu wie sein bester Freund Quadrate mit einen Stock in die Erde zeichnete. ,,Ach Quatsch, es ist ein Hüpfspiel. Auf der Erde startest du, die Hölle musst du überspringen, im Himmel darfst kurz verweilen und dann kehrst du zurück auf die Erde. Hölle ist das Feld, das du mit einem Stein triffst. Schau her." Josuke warf einen Stein, der im Dritten Quadrat liegen blieb und hüpfte so, wie die Regeln des Spiels es vorsahen. Auf dem Rückweg hob er den Stein auf einem Bein auf und hüpfte zurück in das letzte Feld, das die Erde markierte.
,,Siehst du?"
,,...ihr hattet nicht viele Spielsachen in Morioh, kann das sein?"
Vielleicht hätte er gekränkt über diesen Kommentar sein sollen, aber Okuyasu hatte ja nicht wirklich unrecht. Wer wenig hat wird erfinderisch, so war es halt schon immer. Herausfordern hielt er seinem Freund den Wurfstein hin. ,,Sagst du das, weil du Angst hast bei einem Hüpfspiel zu verlieren?"
,,Ach leck mich doch. Her mit dem Stein!"

Es war so einfach, ein dämliches Kinderspiel, doch es brachte ihnen so viel Spaß. Okuyasu, als unerfahrener Anfänger, legte sich das eine oder andere Mal hin, sehr zu Josukes Unterhaltung. Als der vernarbte Junge sich allerdings ein Drittes Mal in den Schlamm legte und er seinen Freund nur gehässig kichern hörte, hielt er es nicht mehr auf, stand auf und weitete die Arme einladend.
,,Das war lustig, Josuke. Und jetzt komm in meine Arme."
,,Vergiss es. Du bist voller Schlamm!"
,,Und wessen Schuld ist das?! Komm her!"

Okuyasu langte nach seinem besten Freund, doch der wich von ihm weg und lachte erheitert, als sein Freund im Schlamm ausrutschte und sich erneut lang legte. Die Freude währte allerdings nur von kurzer Dauer, als Okuyasu es schaffte Josuke an der Fessel zu packen und ebenfalls zum Sturz zu bringen. Mit dem Gesicht vorran in den matschigen Rasen hustete er erst Mal klebrige Grashalme und trat nach Okuyasu aus, der sich allerdings lachend weg rollte.
,,Du bist ein Idiot, Okuyasu Nijimura!"
,,Was? Ich kann dich nicht ganz ernst nehmen, solange du Gras frisst wie eine Schlachtkuh."
,,Oh, aber das Gras schmeckt fantastisch. Hier, wieso probierst du nicht?" Damit krallte Josuke ein Büschel Gras und Erde aus dem Boden und warf es seinem überraschten Freund ins Gesicht. Okuyasu prustete.
,,Sehr erwachsen, Josuke. Sehr. Erwachsen!"
,,Erwachsener als du."
,,...ok, jetzt bist du dran!"

Sie wälzten sich durch Dreck und Schlamm in ihrer Prügelei, als ob sie nicht in wenigen Stunden in der Schule sitzen müssten. Ein Ellenbogen in den Rippen und Josuke sah Sterne am helligten Tag.
,,Auszeit, Auszeit! Ich glaube du hast mir die Schulter ausgerenkt!"
Damit kam die kleine Schlacht zu einem jehen Ende und Okuyasu renkte seinem Freund erst Mal die Schulter wieder ein. ,,Du bist might der einzige, der was von Heilpraktiken versteht", murmelte er, ,,Wenn man seinem Bruder dabei helfen muss Antworten aus den Leuten "rauszukitzeln", lernt man viel über Anatomie. Wer Schultern mit Absicht ausrenkt, weiß auch wie man sie wieder einrenkt."
,,Machst du Witze? Du bist Folterknecht?!"
,,Na ja, eher Folterknecht Leihe. Ich habe nie eine richtige Ausbildung genossen. Aber ich weiß wie man Fingernägel in einem Ratsch ausreißt, also leg dich besser nicht mit mir an!"
Bei dem Gedanken wie eine Mini Version von Okuyasu einen von Keichos Opfern die Nägeln mit einer Zange rausriss, grauste es Josuke mehr als er zuzugeben wagte. Wieso bekam er nur immer das Verlangen Keichos Grab zu schänden, wenn er Okuyasu über seine Kindheit reden hörte?
,,Wir sollten langsam deine Hausaufgaben abholen, sonst kommen wir zu spät in den Unterricht. Vielleicht hat Shigechi ja auch was zum Beißen", riss Okuyasu ihn aus seinen Gedanken. Ach stimmt, da war ja was. Den Kleinen hätte Josuke fast vergessen. Er nahm Okuyasus Hand und ließ sich auf die Beine ziehen.

Shigechi saß tatsächlich gerade am Frühstückstisch, als Josuke und Okuyasu sich praktisch selbst einluden, als ob Shigechi ihnen nicht gerade erst Geld für Essen geliehen hätte. Seine Eltern waren bereits auf der Arbeit, also aßen die drei ungestört. Als der Kleine in die Küche tapste, um dem Eintopf von der Feuerstelle zu holen, griff Josuke nach seiner Schiefertafel und sah sich mit Okuyasu an, ob Shigechi ihm tatsächlich Arbeit abgenommen hatte oder er jetzt gleich noch schnell Hausaufgaben machen müsste.

Klong! Das war das Geräusch, das aus der Richtung von Josukes Tasche kam. Die Beiden Jungs schauten erst einander und dann die Tasche erstaunt an. Die Lederklappe saß schief, als hätte sie jemand geöffnet und dann nicht wieder richtig verschlossen.
Josuke griff über den Tisch hinweg nach der Ledertasche, doch ehe seine Finger nach dem Henkel greifen konnten, kam Shigechi ins Zimmer gestürmt.
,,Aha! Auf frischer Tat ertappt, würde ich sagen! Denkst wohl du kannst dir Geld leihen und um die Pfand Gabe herum kommen!"
,,Was redest du denn da? Was redet er da, Okuyasu?"
,,Keine Ahnung, aber Shigechi war doch schon immer ein wenig bekloppt. Schade um den Eintopf, aber wir sollten langsam los zur Schule!" Damit stand Okuyasu auf und nickte Shigechi zu. ,,Komm Mal wieder klar, Kurzer. Würden wir die Tasche wirklich haben wollen, dann würden wir sie auch kriegen!"
Damit verabschiedeten die beiden sich leicht bissig von Shigechi. Hätten sie gewusst welche Tragödie sich ereignen würde, dann hätten sie ihren kleinen Freund sicher nicht so leichtfertig aus den Augen gelassen.

Und trotz dieser Umwege saßen Josuke und Okuyasu schließlich pünktlich im Klassenzimmer. Okuyasu begann erneut Josukes Hausaufgaben zu kontrollieren und nickte langsam. ,,Wenigstens kann dieser Einfallspinsel das Alphabet. Kannst du so abgeben."
,,Na Gott sei dank!", stöhnte Josuke, der sich schon beim Hetz Abschreiben 2 Minuten vor Unterrichtsbeginn gesehen hatte. Das Klassenzimmer füllte sich und schon bald begann die erste Stunde. Die Zeit schien dahin zu schleichen und kaum zu vergehen, sehr zum Leidwesen der Schüler.
Dann auf einmal ging das Getuschel los.

,,Woah, habt ihr das auch gerade gehört?"
,,Die in der letzten Reihe sagen draußen gab es einen Knall."
,,Hey, Josuke, die Hinten sagen jemand hätte deinen Namen gerufen."
,,Sollten wir nachsehen gehen?"
,,Bloß nicht. Hinterher ist es die Pest."
,,Die Pest kann nicht schreien, du Idiot!"
,,Mein Vater sagt die Pest ist ein Reiter der Apokalypse und wer reiten kann, kann auch schreien, du Selber-Idiot!"

Josuke saß zu weit vorne. Er hatte gar nichts von draußen gehört, doch was seine Mitschüler tuschelten machte ihn nervös. Er sah zu dem Platz neben Yukako, der normalerweise von Ryoko besetzt war, doch der Platz war frei. Was hatte er Kakyoin noch gesagt? Gerate erst in Panik, wenn sie nicht in der Schule auftaucht.
Das ungute Gefühl beschlich Josuke in der selben Sekunde in der das kleine Käferartige Ding mit dem Schnabel im Gesicht blutüberstromt über seinen Tisch gehobst kam.
,,Ge...funden", brachte es noch zu Stande, ehe es einen Blutbefleckten Knopf vor Josuke fallen ließ. Okuyasus Hand krallte sich in seine Schulter und im nächsten Moment löste der Käfer sich einfach in Luft auf.
Josuke brauchte einige Sekunden um zu begreifen was gerade geschehen war, dann aber sprang er auf und brachte nicht nur das Gestuschel seiner Mitschüler, sondern auch den Redefluss seines Lehrers zu einem abrupten Ende.

Er hatte eine Theorie. Eine Theorie, die das Gefühl kalter Finger an seinen Adern, Ryokos Abwesenheit und was auch immer gerade passiert war miteinander verknüpfte und so logisch es ihm auch erschien, diese Theorie gefiel ihm ganz und gar nicht. Also tat er das Letzte was ihm noch übrig blieb und rief nach seinem kleinen Freund, in der stummen Hoffnung eine Antwort zu bekommen.
,,Shigechi!"

Eine Antwort blieb aus und würde für immer ausbleiben.

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