Kapitel Neun



Kapitel Neun

Oben Darkthrone „In the claws of time"

Pretenders of Sorrow
Elder Perserverance Learns
Fakers of Deathyearns
Killed by Tomorrow

Nathan

Die Kids des Musikpogramms waren aufgeschlossen und voller Elan. Und froh das sich jemand erbarmte die ganze Sache zu leiten. In einigen von ihnen erkannte ich mich selbst wieder.
Ich setzte mich an den Flügel und stellte mich den gut zwanzig Schülern vor. Oder zumindest versuchte ich es. Denn wie sich herausstellte saß einer meiner größten Fans vor mir.

„Oh mein Gott Nathan Erikson der Gitarrengott himself." ein schlaksiger Teenager mit schulterlangem brünetten Haar und einer überquellenden Jeansjacke mit Dutzenden Bandaufnähern, die den ursprünglichen Stoff nur noch erahnen ließen. War kurz davor ohnmächtig zu werden vor Aufregung.

„Kneif mich." murmelte er seinem Kumpel zu. Der peinlich berührt seinem Freund nicht allzu sanft in den Unterarm kniff.

„Es ist kein Traum, wow." Saß er staunend vor mir und betrachtete mich als wäre ich aus dem Nichts plötzlich erschienen. Amüsiert betrachtete ich mein junges Publikum, die die ganze Aufregung nicht verstanden.

Doch dann besann sich mein „größter Fan" und begann mir eine Frage nach der anderen zu stellen. Dies war mehr ein Verhör als ein kennenlernen.

„Was hat dich zu diesem Monsterriff in the Abyss inspiriert? Ich habe ewig gebraucht um das zu lernen." fragte er voller Eifer und zeigte mir seine schwieligen Hände.

„Ich habe als Teenager viel Black Metal gehört. Bis zu meinem fünfzehnten Lebensjahr, bin ich in Norwegen zur Schule gegangen." erläuterte ich für den Rest der Gruppe. „Die Winter sind dort lang kalt und dunkel. Da hatte ich genügend Zeit Gitarre zu üben." grinste ich ihn an. „Und mein Onkel ist in einer der größten Black Metal Bands Norwegens. Das hat sicher auch geholfen." antwortete ich mit einem Zwinkern.

„Sind sie kein Amerikaner?" fragte mich der blonde Lockenkopf, der mein amouröses Abenteuer mit Luka so unrühmlich beendet hatte. Doch er schien mich nicht wieder zuerkennen. Und trotzdem empfand ich eine natürliche Abneigung gegenüber den ahnungslosen Teenager, die ich mir nicht wirklich erklären konnte. Schließlich hatte er mich vor einem immensen Fehltritt unwissend bewahrt.

„Nur zur Hälfte, mein Vater hat an der amerikanischen Botschaft in Oslo gearbeitet und meine Mutter in dieser Zeit kennengelernt." erläuterte ich so  knapp wie möglich meine komplizierten Familienverhältnisse.
Es behagte mir nicht über meine Eltern zu sprechen die ich seit Jahren nicht mehr gesehen hatte.

Und so liefen die restlichen zwei Stunden ab, die Kids tauten nach und nach auf und stellten ihre Fragen. Wie das Leben als Vollzeit Musiker war. Leider musste ich sie enttäuschen, das es bei weiten nie so glamourös war wie es die Medien gern darstellten.
Es war harte Arbeit, oft bis zur Erschöpfung. Aber jeden Abend auf der Bühne zu stehen und tausende Fans vor sich zu haben die deine eigenen Songs mitsangen. War all die Mühe, Schweiß und Tränen wert. Wenn das Publikum deine Worte, die du in einsamen Stunden zu Papier gebracht hattest, genauso sehr fühlten wie deine eigene geschundene Seele.
War das Lohn genug.

Ich diskutierte noch eine Weile den Plan, den ihre Musiklehrerin für dieses Jahr ausgearbeitet hatte. Weder die Kids noch ich wurden mit dem von ihr vorgeschlagenen Thema richtig warm. Sie sollten mehrere Gruppen bilden und Broadwayhits neu interpretieren und zu einer Show zusammen fassen.

Wie sich dabei herausstellte waren mein größter Fan Hunter und seine beiden Kumpels nicht freiwillig hier. Sondern als Strafe für ungebührliches Verhalten während des letzten Homecomingballs. Dir drei hatten die Party gecrasht mit einer bunten Collage der besten Death Metal Hits. Fluteten sie die Anlage und der angeheuerte DJ hatte nach einer halben Stunde des hilflosen rum probierens, das Handtuch geworfen.

*

Nach dem doch sehr erbaulichen Nachmittag mit den Kids. Suchte ich Mike auf dem Sportplatz heim. Der trainierte mit seinem Leichtathletikteam in der heißen Septembersonne. Im Hintergrund hörte man den Footballcoach brüllen, dessen Mannschaft ebenfalls auf dem Feld war.

„Na wie war dein erster Tag?" fragte er mich mit einem ehrlichen Lächeln. Er war ein gutaussehender Mann mit seinem kurzen dunkelblonden Haar und dem übermütigen funkeln in seinen Haselnussbraunen Augen. Ohne darüber nachzudenken erwiderte ich sein Lächeln und stützte mich neben ihm auf das Geländer.

„Die Kids sind cool. Aber Mollys Planung ist wie soll ich sagen, speziell." Ich hob hilflos die Schultern.

„Yep ihr Musikpogramm beglückt uns jedes Jahr mit zwei Stunden verschwendeter Lebenszeit. Es ist nicht so das die Schüler untalentiert sind. Aber sie zwingt sie immer diese eingestaubten Songs zu singen." seufzte er und schaute auf die Stoppuhr in seiner Hand. „Komm schon Luka zieh an." Feuerte er den Teenager lautstark an.

Ich folgte seinem Blick, auch wenn ich mir geschworen hatte, Luka zu ignorieren. Doch mein Blick fand ihn immer wieder mühelos, als wären wir zwei Magneten. Der Teenager lief stoisch an uns vorbei ohne Mike und mich überhaupt wahr zunehmen. Da hatte wohl jemand den selben Entschluss gefasst wie ich.

„Wow der Junge hat Talent." murmelte der Sportlehrer und starte auf die Zeit. „Ich schwöre Northwood kann einpacken wenn ich Luka Fox aufstelle." grinste er zufrieden.

„Northwood?" fragte ich irritiert.

„Highschool aus dem Nachbardistrikt." erläuterte er und feuerte den Rest seines Teams an.

Luka lief noch eine Runde auf der roten Bahn in gemäßigtem Tempo, um sich abzukühlen. Mein Blick folgte ihm, ich konnte einfach nicht wegschauen. Schweiß ran ihm übers Gesicht und feuchte Strähnen seines dunklen Haares klebten an seinen Schläfen.
Und dann geschah es, einer der Footballspieler warf absichtlich den Ball nach dem ahnungslosen Teenager und traf ihn hart am Oberarm. Genervt drehte Luka sich um und trat nach dem Ball.
Der massige Spieler der geworfen hatte, ging sofort auf die Provokation ein und baute sich drohend vor dem schlanken Jungen auf.

„Hast du ein Problem Fox?" blaffte das Muskelpaket angriffslustig. Der Typ sah von weiten so aus als hätten der Hulk und the Rock ein Baby bekommen.
Aber Luka zeigte keinerlei Angst und reckte angriffslustig sein Kinn. „Ja mit deinen schlechten Würfen. Wenn du so weiter machst verlieren wir ein weiteres Spiel."

Der Footballspieler nahm seinen Helm ab und entblößte ein bösartiges Neandertaler Grinsen. Dann trat einen weiteren bedrohlichen Schritt auf den furchtlosen Jungen zu. Mein Körper spannte sich bei der Szene an, ich wollte nicht das Luka verletzt wurde. Mein Instinkt schrie mich an dazwischen zu gehen und den Streit zu unterbinden. Doch ich bezweifelte das der Spieler sich etwas von mir sagen ließ. Und Luka wäre sicherlich auch nicht sehr erbaut, wenn ich ihm wie eine Jungfrau in Nöten zur Hilfe kam. Und wo war der verdammte Footballcoach?

Der Kerl mit der Nummer dreizehn auf dem Trikot stieß Luka hart vor die Brust. „Was hast du da gerade gesagt Schwuchtel?" knurrte er nun nicht mehr grinsend. Ich ballte bei dem abwertenden Wort die Hand zur Faust.

„Das du sicherlich nicht wegen deinem Talent im Team bist. Sondern wegen dem Geld deines Vaters." erwiderte Luka lapidar. Der Junge hatte echt Eier. Ohne mit der Wimper zu Zucken bot er dem einen Kopf größeren Spieler die Stirn.

„Wenigstens hat mein Vater nicht meine Mutter sitzen gelassen mit drei Kindern. Es geht das Gerücht um weil er keine Schwuchtel als Sohn akzeptiert hat." antwortete dieser mit einem höhnischen Grinsen im unattraktiven Gesicht.
Unverhohlene Wut blitzte in Luka's hellblauen Augen auf. Von hier an konnte die Situation nur noch in einer absoluten Katastrophe enden.

„Mike würdest du endlich dazwischen gehen." stieß ich den Sportlehrer an, der so im Gespräch mit einem seiner Schützlinge vertieft war.

„Wo dazwischen, was ist los?" fragte er unwissend. Ich deutete auf Luka und den Testosteron geschwängertem Höhlenmenschen vor ihm. Andere Spieler des Footballteams hatten sich um die Beiden Streithähne bereits gesammelt.

„Oh Scheiße, was hat das Arschloch jetzt schon wieder vor?" knurrte Mike übel gelaunt und stürmte quer über das Spielfeld. Er stellte sich schützend vor Luka und schirmte ihn mit seinen breiten Schultern vor der aggressiven Meute ab.
Nun hielt es auch der in die Jahre gekommene Footballcoach für angebracht einzugreifen.

„Was ist hier los Collins? Warum stören Sie mein Training?" schob er nun die Schuld auf den Sportlehrer.

„Dein Spieler Williams" anklagend deutete Mike auf den Neandertaler. „provoziert grundlos meine Schüler."

„Dann solltet ihr nicht unser Training stören." gab dieser kaltschnäuzig zurück.

„Willst du das wirklich schon wieder ausdiskutieren Dick?" erwiderte Mike unbeeindruckt. „Beschwer dich bei Direktor Coffin und bring deinen Spielern lieber FairPlay bei."

Ohne eine weitere Antwort abzuwarten schob Mike einen schlecht gelaunten Luka vom Spielfeld und schickte ihn unter die Dusche.

„Läuft das immer so ab?" fragte ich Mike besorgt.

„Herzlich willkommen in der Highschool wo Testosteron gesteuerte Idioten denken mit Papas Geld sind sie unantastbar." knurrte er angewidert.

*

Andächtig ließ ich meine Finger über die Seiten streichen und entlockte der Akustikgitarre einen sanften Klang. Es war eine gute Fingerübung und so begann ich meine Gefühle in Noten auszudrücken.
Betroffenheit überkam mich beim Gedanken an Luka. Die immer wieder zu dieser unheilschwangeren Situation zurückkehrten. Es war offensichtlich das der Footballspieler ein Problem mit der sexuellen Orientierung des Teenagers hatte. Ich konnte es nicht fassen das heutzutage noch immer solche Vorurteile herrschten. In all den Jahren hatte sich nichts geändert.

Adriana gesellte sich nach einiger Zeit zu mir und griff ebenfalls nach ihrer Akustikgitarre. Sie hörte mir einige Sekunden lang zu, dann stieg sie in den Song mit ein. Sie verstand was ich mit dem Lied ausdrücken wollte und begleitete mich als aus der simplen Harmonie ein Refrain wurde.

Wir spielten nur um des Spielens Willen. Weil Musik für uns ebenso wichtig war wie die Luft zum Atmen.
Max hatte mir diese Freude genommen, weil er meine Musik immer als Keil zwischen uns betrachtet hatte. Oft warf er mir vor das ich meine Musik mehr liebte als ihn. Was völlig irrational war. Er war meine große Liebe gewesen. Aber sein mangelndes Selbstbewusstsein und die schlechten Einflüsse seiner sogenannten Freunde. Hatten sein Vertrauen in mich zerrüttet.

Ich legte meine Hand auf die Seiten um sie zum schweigen zu bringen. Meine Schwester schenkte mir ein aufmunterndes Lächeln. „Das war wunderschön." flüsterte sie gerührt.

„Aber nichts für ein neues Album." seufzte ich.

„Das vielleicht nicht. Aber für ein neues Projekt hätte es definitiv Potenzial. Für einen Neuanfang Nate." sagte sie sanft und ließ ihre zierliche Hand auf meiner Schulter ruhen.

„Willst du mir durch die Blume sagen das du mich aus der Band wirfst?" zog ich sie auf.

„Nein dafür habe ich einen Anwalt." grinste sie selbstgefällig und strich sich ihr langes rabenschwarzes Haar schwungvoll aus dem elfenhaften Gesicht.

„Danke das du mich aufgenommen hast." erwiderte ich ernst. „Ich kann im Moment einfach nicht in Kalifornien leben. Es ist als würde es mich ersticken. Alles ist negativ und mit dunklen Erinnerungen gepflastert. Mein Zuhause entzieht mir jegliches Glück, als wäre ich gefangen." Flüsterte ich leise, ich wusste nicht wo dieser plötzliche Gefühlsausbruch herkam. Adriana war schon immer gut darin gewesen meinen Scherbenhaufen aufzukehren. Nur bei ihr getraute ich mir meine waren Gefühle bloß zu legen.

Wir spielten noch eine Weile auf den Akustikgitarren und brüteten noch die ein oder andere Idee für eine Melodie aus. Die hoffentlich zu neuen Songs wachsen würden. Meine Schwester überraschte mich noch mit zwei kompletten Texten und Gitarrenriffs für das nächste Album. Wann sie dafür die Zeit fand, war mir schleierhaft. Aber ich genoss die gemeinsame Zeit mit ihr. Es erinnerte mich an früher. Wo es nur uns gab, gegen den Rest der Welt.

Wir beendeten unsere kleine Session zufrieden und kehrten nach oben zurück. Ich mochte das kleine Studio welches Adriana im Keller ihres Hauses eingerichtet hatte. Es war so viel intimer als das große Studio welches wir für die Aufnahmen für unsere letzten beiden Alben genutzt hatten.

Meine Schwester nahm ihre kleine Tochter glücklich von Luka entgegen, der wieder als Babysitter eingesprungen war. Und brachte sie gemeinsam mit einem murrenden Raven im Schlepptau ins Bett. Jace kümmerte sich während dessen um seinen ältesten Sohn.
Und so stand ich plötzlich allein mit Luka vor der doppelflügligen Eingangstür. Er wirkte noch immer sehr geknickt. Und irgendwo tief in mir regte sich mein Beschützerinstinkt. Adriana hatte recht er war ein guter aufrichtiger Junge. Der hart arbeitete und ehrgeizig seinen Weg suchte.
Mike hatte mir erzählt das ihm ein Leichtathletik Stipendium winkte. Er war einer seiner besten Läufer. Und hoffte somit in die Boston Vet School zukommen. Der Junge hatte sich in den Kopf gesetzt Tierarzt zu werden.

„Ist alles okay mit dir?" fragte ich ehrlich besorgt.

Irritiert musterte er mich einen Moment lang. Dann setzte er ein falsches Lächeln auf, was ihm aber nur halb gelang. „Ja alles bestens." bügelte er meine Frage schulterzuckend ab.

„Passiert das häufiger?" bohrte ich weiter und spielte auf die Situation auf dem Spielfeld an.

Er seufzte genervt. „Es gibt überall homophobe Arschlöcher. Du hast sicherlich selbst genug kennengelernt."

„Ja durchaus, deswegen habe ich mir abgewöhnt Kommentare zu lesen." lächelte ich ihn aufmunternd an. Und auch wenn er nicht wollte ein kleines Schmunzeln zog an seinem rechten Mundwinkel. Sofort schweiften meine Gedanken zurück an diesen verhängnisvollen Abend als ich diese weichen Lippen kosten durfte. Es war ein Wahnsinns Kuss gewesen, voller Hingabe. Und mich hungerte nach einer Wiederholung.

„Soll ich dich nach Hause fahren?" platzte ich heraus ohne vorher darüber nachzudenken.

Luka starrte mich einen Moment lang ratlos an. Ich konnte seine stumme Debatte förmlich hören. Die sich wie ein offenes Buch auf seinem hübschen Gesicht abspielte.

„Nein schon gut. Ich werde mit dem Rad fahren." murmelte er unsicher und zerzauste sein bereits wildes Haar. Fenris kam zu uns getrottet und überbrückte das peinliche Schweigen. Luka kniete sich vor meinen Husky und streichelte ihm zärtlich durch das dichte Fell. Seufzend erhob er sich. „Ich werde dann mal los machen."

Ich nickte stumm und ließ den Teenager ziehen. In Gedanken versunken lehnte ich mich gegen den Türrahmen und sah Luka nach wie er die Einfahrt hinab fuhr. Es war falsch ihn so anziehend zu finden. Ich musste damit aufhören, das ganze konnte nur im Chaos enden.

Wird Nathan erneut bei Luka schwach werden? Ihre Wege kreuzen sich immer wieder sie können sich nicht wirklich aus dem Weg gehen.

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