🌟Kapitel 8🌟
Harlow stürzte nach vorne an den Rand und wollte nach ihm greifen. Kingsley hielt seine Hand aus, in vollem Vertrauen und Wissen, dass der Blonde ihn abfangen würde. Ihre Händen fanden zueinander, Kingsley hing über wie ein Ertrinkender über dem tiefen Abgrund, "Natürlich musstest du es sein", sprach er und ließ sich von Harlow wieder nach oben ziehen.
"Kingsley", Harlow umgriff seine Hand fester, als hätte er Angst, dass Kingsley sie wieder los lassen würde, "du hattest immer die Wahl, selbst jetzt! Dein Ende ist noch nicht vorherbestimmt."
"Es ist doch schon längst geschehen, wir beide werden alleine sterben, alter Freund."
"Werden wir nicht!", widersprach der Blonde laut, "du warst alles, was ich jemals wollte! Dich bei mir zu haben, hat mir gereicht! Kein Erobern, keine Schlachten, keine Kriege, kein Machtgelüste! Es hat mir damals gereicht und jetzt auch. Komm mit mir. Wir können zusammen einsam sterben. Nur wir beide."
Kingsley schwieg und hielt den Augenkontakt. Er schien ruhig, nachdenklich, Hoffnung keimte in Harlow auf. Deshalb fuhr der Blonde fort: "es gab immer nur dich. Ich hätte und würde alles für dich aufgegeben, also bitte sag mir, dass es dir genauso geht."
Ein Zögern, die stillen Sekunden brachten Harlow zum Durchdrehen. Kingsley öffnete seinen Mund, als er plötzlich die Stirn kräuselte und einen Seitenblick nach rechts wagte.
"Achtung!", schrie er und griff nach Harlow, als es bereits zu spät war. Ein Schuss erfüllte die kühle Nachtluft. Kingsley riss Harlow mit sich hinter einen der Lüftungskästen, der groß genug war, dass sie beide sich hinter ihm verkriechen konnten.
Harlow krümmte sich vor Schmerz und hielt sich die Stelle oberhalb seiner Rippen. "Verdammt, ich hab den scheiß Schützen zu spät bemerkt! Dieses nervige Gesindel ist auch überall!", fluchte Kingsley und hielt nach dem besagten Schützen Ausschau. "E-Er hat meine Lunge getroffen...", brachte Harlow heraus und presste sich an die Wand hinter ihm, seine Augen waren vor Schmerz zusammengekniffen. "Zeig her!", verlangte Kingsley, kniete sich vor den Größeren und zog seine blutüberströmte Hand weg.
"Kein Durchschuss", konnte Kingsley erkennen, als er Harlow's Mantel beiseite schob und sein Hemd zerriss. "Merk ich!", keifte Harlow. "Deine Heilung ist also unbrauchbar. Es ist auch keine Schussfraktur. Konzentrier dich auf's Atmen. Das wird wohl kaum deine erste Schussverletzung sein. Dein Körper wird sich schnell um den Blutverlust kümmern. Sag mir, wo ich die Schutzzone finde."
"D-Das hättest du wohl gerne!" zischte Harlow. "JA!", patzte Kingsley, "weil ich die primitiven Ärzte der Menschen garantiert nicht an dir rumschnippeln lassen werden! Du wolltest doch eh, dass ich mitkomme, also los!"
"Nicht SO!", antwortete Harlow und schrie unterdrückt auf, sein Atem stockte und wurde unregelmäßiger. Ein lauter Knall ertönte, die Tür zum Dach wurde aufgestoßen und vier bewaffnete Soldaten traten ins Bild. "Hier hat man ja keine Ruhe", grollte Kingsley, "du bleibst genau hier. Ich kümmere mich um diese Ratten."
"Töte sie... nicht", keuchte Harlow, der sich an seinem eigenen Mantel festkrallte. "Oh Harlow", seufzte Kingsley, "du solltest inzwischen wissen, dass ich nach meinen eigenen Regeln lebe", antwortete er, "außerdem sind meine Fähigkeiten dank dir unbrauchbar m, also kann ich dir nicht auch noch einen Gefallen tun. Tut mir echt leid, Prinzessin."
Kingsley knackste mit seinen Fingern und rollte mit den Schultern. Einer der Soldaten lief gerade an dem Lüftungskasten vorbei, Kingsley nutzte die Chance und kam aus seinem Versteck heraus, indem er sich den Soldaten von hinten griff und ihm mit einem festen Zug das Genick brach.
Die beiden anderen Soldaten zielten sogleich auf ihn, doch Kingsley nutzte die Leiche als persönliches Schutzschild, wehrte somit die auf ihn fliegenden Patronen ab. Kingsley entzog dem leblosen Körper die Pistole und landete ohne Probleme zwei Kopfschüsse. Dem letzten Soldaten verpasste er zwei Kugeln in die Beine, ließ ihn somit bewusst am Leben.
Kingsley ließ den Körper zu Boden sacken, der letzte Soldat schrie vor Schmerzen und krümmte sich auf dem Boden, was den Bändiger jedoch kalt ließ. Stattdessen stand er wie versteinert auf der gleichen Stelle direkt vor dem Lüftungkasten, fast schon wartend. Die Kugel des Schützen sauste auf ihn zu, doch unbeeindruckt wich Kingsley mit dem Kopf nach rechts aus, die Patrone hinterließ nur einen feinen Schnitt an Kingsley's rechter Wange.
"Da bist du also", schnaubte Kingsley belustigt, hatte endlich die genaue Position des Schützen ausgemacht, dieser befand sich oberhalb von ihnen auf dem Dach eines der umliegenden Gebäude. Harlow unterdrückte bei bestem Willen den Schmerz und lugte hinter dem Kasten hervor, betrachtete niedergeschlagen das Massaker auf dem Dach, bemerkte jedoch den letzten Soldaten, der sogleich nach seiner eigenen Waffe griff.
Zitternd richtete Harlow seine Hand nach ihm aus und zog die Waffe mit seiner Telekinese zu sich heran, außer die Reichweite des Soldaten. Kingsley entweder bemerkte oder ignorierte es, zielte gleichgültig auf den Schützen und landete einen dritten Kopfschuss an diesen Abend. Leblos sackte der Schütze neben seinem Gewehr zusammen. "Jämmerlich", gab Kingsley abfällig von sich, ließ die Waffe einfach zu Boden fallen.
Ein lauter Schrei von Harlow brach die kalte Abendluft. Kingsley zuckte unbemerklich zusammen, rollte mit den Augen und sah nach dem anderen Bändiger. Dieser war bereits kreidebleich und schwitzte sich regelrecht die Seele aus dem Leib. "Es ist noch nur eine Kugel, komm schon Harlow, wir haben schon Schlimmeres überstanden", meinte Kingsley kühl, Harlow presste die Lippen aufeinander und schüttelte den Kopf. "Irgendwas stimmt nicht. M-Mein Herz...", keuchte er unter Schmerzen. Kingsley zog die Augenbrauen nach oben und musterte seinen Freund dann.
Er legte seinen Handrücken an Harlow's glühende Stirn. "Fieber, Schweißausbrüche...", murmelte er nachdenklich und kniete sich zu ihm runter, fuchtelte mit seinen Händen vor seinen Augen herum, "Bewusstseinsstörungen, Atemlähmung, Krämpfe...", zählte er weiter auf und überprüfte dann seinen Puls, das Blut in seinen Adern gefror ihm, "du stirbst mir hier nicht weg, Harlow!", knurrte Kingsley und sah sich nach einer Waffe der Soldaten um.
Er fand die herbeigezogene Waffe, griff danach und musterte den Lauf. Er brummte nachdenklich und roch dann einmal dran. Ein deftiger, bitterer Geruch kam ihm direkt entgegen, weshalb er die Nase rümpfte. "Uh, das ist nicht gut", meinte Kingsley, "giftige Patronen. Die wollten wohl sicher gehen, dass du draufgehst", Kingsley roch ein zweites Mal dran, verzog sein Gesicht dabei, "Blauer Eisenhut aus den Alpen, Stechapfel aus Asien... die müssen ja wirklich Angst vor dir haben, wenn sie dir so ne Portion verpassen. Menschen würden in unter zwei Minuten der Dosis erliegen. Ich gebe dir maximal zwei Stunden schätzungsweise."
Harlow hatte die Augen bereits geschlossen und seinen Kopf an der Lüftung angelehnt. Kingsley schmiss die Waffe weg und kniete sich wieder vor ihn. "Sag mir jetzt sofort wo die scheiß Schutzzone ist, Harlow"; grollte er ernst, Harlow schüttelte sanft mit dem Kopf und murmelte ein 'nein'. "Aber du wolltest mich doch überreden, mit dir zu kommen! Jetzt hast du deine scheiß Möglichkeit!"
"N-Nicht so", keuchte Harlow, "ich kann dich nicht aufhalten... im-im Notfall."
"Du stirbst garantiert nicht wegen irgendwelchen mickrigen Menschen, Harlow!" wurde Kingsley nun laut und ergriff ihn am Mantel, Harlow öffnete seine Augen und sah in die von Kingsley.
"Dann tu's. Töte mich."
Kingsley verharrte in der Bewegung, "Witzbold", keifte er und fuhr sich durch die Haare, "du stirbst also lieber als mir zu vertrauen?"
"Ja!", entkam es laut aus Harlow, "unsere Heimat, unsere Leute, a-alles ist weg wegen dir!"
"Harlow, ich meins ernst. Ich werd dir diese dämliche Kugel wenn nötig auch mit meinen dreckige Fingern rausziehen, wenn es sein muss. Sag mir. Wo. Die. Schutzzone. Ist."
"Nein!", brüllte Harlow und krümmte sich elendig. Kingsley würde sich am liebsten die Haare raufen. "Na schön!", erwiderte er giftig, "dann hab ich halt keine andere Wahl", Kingsley atmete tief durch und schloss seine Augen, seine Hände wanderten zu Harlow's Schläfen. "Wag es dich nicht, Kingsley!", knurrte Harlow wütend, kniff die Augen zusammen und schwang seinen Kopf wild hin und her, "r-raus aus meinem Kopf!"
"Ich will doch nur diese eine kleine Erinnerung, wie du zur Schutzzone kommst", murmelte Kingsley konzentriert, doch, obwohl Harlow so stark verletzt war, war seine Psyche zu stark ausgereift, um einfach so auf seine Erinnerungen zugreifen zu können, "komm schon, Harlow, einmal! Gib einmal nach! Nur dieses eine, beschissene Mal!"
Harlow wehrte sich weiterhin, weshalb Kingsley versuchte, ihn ein wenig durch seine mentale Anwesenheit zu beruhigen. Sein Atem wurde tatsächlich ein wenig kontrollierter, das Zappeln stoppte. "Sie sind alles was ich habe....", brabbelte Harlow erschöpft, Kingsley lehnte seine Stirn an die des Blonden. "Ich weiß", seufzte Kingsley leise, seine Hände ruhten sanft an Harlow's Hals.
"Nur dieses eine Mal, Halo", murmelte Kingsley, "vertrau mir nur dieses eine Mal", bat er hauchdünn, als keine Antwort kam, öffnete er perplex die Augen. Harlow's Augen waren weiterhin geschlossen, der Kopf im Nacken, sein Mund ein Stück weit geöffnet. "Harlow?", fragte Kingsley nach, "Harlow, werd nicht bewusstlos! Wenn du jetzt in Ohnmacht fällst, kann ich nichtmal mehr auf deine Erinnerungen zugreifen! HARLOW!"
Kingsley verpasste ihm eine Ohrfeige, keine Reaktion. Ein weiteres Mal fanden seine Hände ihren Platz an Harlow's Schläfen, rutschen dann hinunter zu seinen Wangen, als Kingsley keine weitere Alternative Fans. "Kingsley", Harlow's Stimme war zwischen nicht mehr als ein Hauchen, seine Augen öffneten sich unter größer Anstrengung, "was tust du?"
"Na, was wohl?", kam als Gegenfrage zurück, ein leichtes Lächeln auf Kingsley's Lippen. Kingsley fuhr seine Barrieren herunter, akzeptierte seine bodenlos verstauten Gefühle, ließ sich von seinen Emotionen überkommen. Harlow's Atem brach kurz ab, seine Hand griff zitternd nach Kingsley's Oberteil. Kingsley sah ihm in die Augen, erkannte den Schmerz, aber vor allem auch die Unsicherheit, die Angst wieder. Nach Jahrhunderten fühlte er diese tiefe, intime Bindung. Die rohen, unterbewussten und ehrlichen Gedankengänge des Größeren.
Diese brandneue und dennoch uralte Empfindung, die sich in seinen Hinterkopf setzte, als Harlow ihm innerlich entgegenkam, seine ausgestreckte Hand annahm und Kingsley somit ein stilles Fürwort zukommen ließ.
Kingsley lehnte sich schließlich nach vorne, überwand die letzte Wand aus Sauerstoff und verband ihre Lippen miteinander. Harlow erwiderte nur ganz leicht, doch es war der letzte Stoß, die letzte Eingebung für den Link, der sich in ihren Köpfen ausbreitete.
Kingsley wurde überflutet mit der Menge an Gefühlen, die von Harlow wie eine Flut rübengeschwemmt wurden. Die Furcht, das Leid, die Hoffnung, die Zuneigung. Sein Kopf schmerzte bei den vielen, zusätzlich zu verarbeitenden Informationen.
Der Kuss war dennoch nichts Spektakuläres. Harlow konnte seine Lippen kaum bewegen, es vergingen ein paar Sekunden, ehe sie sich wieder voneinander lösten. Trotzdem keuchten beide bei der Trennung, Kingsley Stirn legte sich wieder an Harlow's. "Alles wird gut, Harlow", versuchte Kingsley ihn zu beruhigen, dein Zeigefinger fuhr die Struktur von Harlow's Wangenknochen entlang, als er nach der Erinnerung suchte, "es ist ja ein reinstes Chaos in deinem Dickschädel."
Ich wurde auch angeschossen teilte Harlow ihm wütend per Link mit, da seine Lippen sich bereits wie Blei anfühlten. "Pssshhh", säuselte Kingsley, "du musst einfach loslassen, Harlow. Ganz ruhig. Es ist alles in Ordnung. Aaaah, genau so, perfekt. Gib einfach nach", ein fettes Grinsen breitete sich auf Kingsley Lippen aus, als er endlich die Informationen zur Schutzzone bekam, "oh du kluger, kluger Junge", konnte er sich nicht unterdrücken.
"Bitte tu ihnen nichts, Kingsley...", murmelte Harlow, der bereits kurz vor der Bewusstlosigkeit stand. Kingsley löste sich wieder von Harlow's Verstand, ihr Link nun stets aktiv. "Ruh dich aus, Harlow. Schlaf schön", antwortete der Kleiner und gab ihm den letzten Stoß, um das Bewusstsein zu verlieren. Kingsley musterte ihn für einen Moment und atmete tief ein und aus, ehe er sich aufstellte.
Sein Blick wanderte zu dem letzten, lebenden Soldaten. Mit ruhigen, stetigen Schritten stolzierte er auf ihn zu, ergriff ihn am Kragen und zog ihn nach oben. "Du wirst mir jetzt ganz genau zuhören, Mensch", entkam es ruhig und kühl aus Kingsley, der Soldat starrte ihn aus ängstlichen Augen an und nickte eilig.
"Wenn du zu deiner mickrigen, kleinen Organisation angekrochen kommst, wirst du deinen Chefs ganz genau berichten, was eben passiert ist. Aber vor allem-", Kingsley zog ihn näher zu sich, ohne den Augenkontakt zu unterbrechen, "wirst du Ihnen sagen, dass von jetzt an ein anderer Wind hier herrscht und ich eure erbärmliche Gemeinschaft binnen Minuten in Schutt und Asche legen kann."
Kingsley atmete kurz aus, um sich davon abzuhalten, den Typen nicht einfach zur Strecke zu bringen, "diese nervtötenden Feen sind eine Sache", dröhnte es dann tief aus ihm, "aber sehe ich auch nur einen einzigen von euch, der sich mit seinen dreckigen Griffeln an ihm vergreift, werde ich keine Sekunde zögern, euch umzulegen", Kingsley machte eine kurze Pause und trat auf den Kopf des toten Soldaten neben ihm. Dieser zersprang wie eine Wassermelone in alle Richtung, "und zwar genau so. Er gehört zu mir. Er gehört mir, niemand von euch wird ihn anpacken und erst recht nicht töten, denn diese Ehre gebührt ganz allein mir."
Der Soldat schluckte schwer, bei Kingsley tollkühnen Blick. Mit einem Knall landete der Junge wieder auf dem Boden. Kingsley wischte seine Hände an seinem Pullover ab, "ach ja", fiel ihm dann noch etwas ein, "ich sollte mir vielleicht schonmal einen Namen etablieren, dem du dann deinen Chefs ins Ohr legen wirst", er dachte kurz nach, schnaubte belustigt und beugte sich zu ihm runter, "sag Sinistre, dass der König auf dem Vormarsch ist", prophezeite er mit diesem freudigen Unterton, der den Soldaten zum Zusammenzucken brachte, "und dass alle, die sich ihm widerstreben, gnadenlosen niedergestreckt werden."
Ich hoffe, es gefällt euch soweit! :)
Vik xx
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