🌟Kapitel 5🌟


Kingsley war in eine dunkle Hose gehüllt, die ihm wohl etwas zu groß war, da sie an seinen Lederschuhen Falten schlug. Dazu eine schwarze Jeansjacke mit Kapuze und ein weißes Oberteil darunter. So, wie Harlow ihn kannte, war alles vermutlich gestohlen.

Erleichtert seufzte er leise und senkte seine ausgestreckte Hand. Kingsley lachte rau und rappelte sich angeschlagen auf, "ich hab dich wohl unterschätzt, alter Freund. Hast es immer noch gut auf dem Kasten. Kein Wunder, dass du zum Militär abgehauen bist."

"Ich bin nicht-", Harlow ertappte sich dabei, wie er mal wieder versuchte, sich zu rechtfertigen. Es war sinnlos bei ihm, das musste Harlow einsehen, "was hast du hier zu suchen?", fragte er stattdessen.

"Soll ich dir die Frage jedes Mal beantworten, wenn wir uns begegnen?"

"Wir werden uns also noch öfters sehen?"

"Wird das jetzt zu einem Spiel, in denen wir uns gegenseitig Fragen stellen, ohne eine Antwort zu bekommen?"

"Vielleicht."

Kingsley entspannte seinen Nacken und ließ sich auf die Kiste hinter ihm fallen. Harlow sah es als gutes Zeichen, doch schwor auf nichts, blieb deshalb in einer großzügigen Reichweite. "Was hast du mit Sinistre am Hut?", wollte er von Kingsley wissen. "Ach, das Übliche", kam zurück, "sie haben versucht, mich zu schnappen und jetzt läuft der Spieß andersherum. Ganz lustig eigentlich. Eine schöne Abwechslung, zu meinen sonstigen Hobbys."

"Und von welchen anderen Hobbys sprichst du gerade? Leute foltern und töten?"

"Ich fand Gärtnern eigentlich immer ganz hübsch."

"Lügner."

Kingsley grinste schief, "erwischt", er setzte sich wieder auf, seine Beine baumelten herunter, "aber ich meine mein Hobby, hinter dir her rennen zu müssen. Seit eben anscheinend sogar wortwörtlich."

Harlow verdrehte bei der Dramatik die Augen.

"Die Schutzzone", wechselte Kingsley das Thema, seine Mimik wurde wieder seriös, "wo ist sie?"

"Welche Schutzzone?", entgegnete Harlow kühl. Kingsley lachte laut und vor allem ausgelassen, als hätte Harlow den Witz des Jahrhunderts gebracht. "Ich wusste, dass du das sagst", gab Kingsley endlich amüsiert Auskunft und sprang vom Behälter ab, "aber wir wissen beide, dass du alles andere als dumm bist, also warum überspringen wir nicht einfach das hirnlose Vorgeplänkel?", fügte er noch hinzu und ging auf Harlow zu, dieser nahm weiterhin Abstand.

"Die Schutzzone", began Kingsley erneut, diesmal eindringlicher, " ich finde sie nicht und das bedeutet schon eine MENGE. Das muss heißen, dass du in den letzten Jahrhunderten nicht untätig warst. Hast dir dein kleines Reich voller Feen aufgebaut und äußerst gut versteckt, das muss ich dir lassen."

Harlow entschloss sich, die zweite Alternative zu ergreifen und einfach schweigsam zu bleiben. Kingsley's Grinsen verzog sich, seine Zähne blitzten hervor, "ich liebe es, wenn ich recht habe. Das ist gut, denn ich habe unverhältnismäßig oft recht. Na komm, Halo, wir wissen beide, was als nächstes kommt. Es ist immer das selbe mit mir."

Harlow schüttelte unmerklich mit dem Kopf, "ist es nicht."

"Ach, wirklich?", ärgerte Kingsley ihn, "dann los, schlag mich, töte mich, renn weg."

"Das ist nicht fair."

Kingsley stürzte auf ihn, packte ihn am Kragen und presste ihn an die Metallträger eines Regals, "Das ist es nie! Es ist nie fair! Verstehst du das nicht?!", knurrte er wütend und schlug Harlow gegen das Metall, "du lebst schon so lange auf diesem dreckigen Planeten, solltest du nicht langsam mal begreifen, dass es niemals gerecht ist?! Alles, was passiert ist, was passieren musste?!"

Kingsley wollte seine Hand nach Harlow's Gesicht greifen, doch der Größere packte sein Handgelenk und schlug es weg. "Es muss nicht so sein, Kingsley", versuchte Harlow es. "Drückst du dich immer noch um den Kosenamen? Was bringt es dir? Willst du keine alten Wunden aufreißen?"

"Den Job übernimmst du schon zu genüge."

"DANN WAS?!", schrie Kingsley plötzlich erbost, stieß ihn erneut gegen das Regal, weshalb Harlow auszischte, als das spitze Metall sich in seine Haut rammte. Ein Moment der Stille verging. "Ist es sie?"

"Nein", antwortete Harlow sofort, Kingsley knirschte verbittert. "All die Zeit", murmelte Kingsley verbittert und ließ seinen Kragen los, "und auf einmal warst du wieder da, doch natürlich hat sich nichts verändert."

Nun fletschte Harlow wütend die Zähne, "du nahmst mir alles, was ich hatte. Meine Heimat und meine eigenen Leute."

"Weil SIE mir alles genommen haben!", verteidigte Kingsley sich brüllend, "einfach ALLES! All der Schmutz und dieser endlose Hass! Sie nahmen mir jegliche Möglichkeiten zu leben, sie nahmen mir DICH!", geblendet von der Verbitterung schleuderte Kingsley ihn mit einem Schlag meterweise nach hinten, die Regale krachten um ihn herum ein, der Boden vibrierte kraftvoll.

Harlow grollte vor Schmerzvoll und versuchte, sich aufzurichten, als Kingsley's Fuß auf seinem Oberkörper platz nahm, "du wurdest schon immer wie eine Motte von ihrem falschen Licht angezogen, Harlow", meinte Kingsley, "und selbst jetzt versuchst du die schreckhaften Dinge zu verdrängen."

"Genozid war nicht die Lösung!", platzte es aus Harlow heraus, Kingsley kniete sich zu ihm runter, ihre Gesichter nah bei einander. "Ich hatte nichts zu verlieren", gab der Blauäugige von sich, "ich hab nach dir gesucht, weißt du? Damals. Auf dem letzten Schlachtfeld. Du warst nicht da."

"Wie gesagt, ich war verschollen. Vergraben, um genau zu sein. Es gab einen Hinterhalt in einem der begehrten Erzminen, alles ist eingestürzt. Ich hab ganze zwei Jahre gebraucht. Alles war weg, jeder war fort, ich war gänzlich allein."

Kingsley schüttelte wortlos mit dem Kopf und stellte sich wieder auf. Harlow nutzte die Chance, riss mit seiner Fähigkeit ein Stahlrohr vom Regal und schlug es Kingsley gegen sein Knie.

Der Weißhaarige schrie auf und strauchelte, Harlow konnte sich aufrappeln und seine ausgestreckte Hand ergreifen, aus diese bereits bedrohliche Funken sprühte. "Ich würd ganz genau aufpassen, was du tust, Harlow", grollte Kingsley, seine blauen Augen leuchteten auf. "Es muss nicht so sein, Kingsley. Das ist deine letzte Chance. Komm mit mir", antwortete Harlow bloß, "denn ich werde dich jedes Mal aufhalten, wenn du etwas planst. Sämtliche Menschen und Feen hier stehen unter meinem Schutz."

"In deiner Position würde ich nochmal über die großmütigen Sprüche nachdenken. Dein ewiges Heldengetue kotzt mich an", sprach Kingsley, "ich werde niemals zu einer deiner Puppen in deiner kleinen, perfekten Feenwelt", sein Blick wurde düster, ein Knistern erfüllte die Spannung zwischen den beiden, als er seine Fähigkeit verwendete und Harlow mit Elektrizität in die Knie zwang.

"Kingsley!", schrie Harlow mit zusammengebissenen Zähnen unter Schmerzen, doch anstatt zu versuchen, seine Hand von Kingsley's loszuwerden, schloss er sie fester um sein Handgelenk. "Gib's auf, Harlow", säuselte Kingsley, "wir wissen beide, dass ich stärker bin. War ich damals schon und das werde ich auch immer bleiben."

"Sicher?", erwiderte Harlow, auf zittrigen Knien stand er langsam auf, die Blitze schossen immer noch wie Kugeln durch seinen Körper, seine blonden Haare standen bereits zu Berge. Kingsley's Augen vergrößerten sich bei dem unbeschreiblichen Augenblick, als Harlow selbst bei verschärfter Kraft nicht nachgab und seine Fingernägel sich tiefer in Kingsley's Haut gruben.

"Es tut mir... so leid", keuchte Harlow hauchdünn, doch Kingsley verstand es klar und deutlich. "Was-"

Harlow unterbrach den Kleineren, als er ihn an sich heranzog und seinen Arm um Kingsley's Nacken schloss. Sein Kopf presste sich an Kingsley's Schulter, er hielt ihn eisern fest, als seine freie Hand in die Tasche seines Trenchcoats griff. "Was soll das werden, du-", keifte Kingsley, als es auch schon zu spät war.

Die Spritze drang in seine Halsschlagader ein, die purpurfarbene Flüssigkeit geriet in seinen Blutkreislauf. Kingsley stieß ihn weg und tastete nach der Stelle, während Harlow sich bemühte, nicht zu stolpern. Seine Knie zitterten noch von der restlichen Energie der Elektrizität.

"Was hast du gemacht?!", schrie Kingsley und stürzte auf ihn, Harlow konnte knapp entkommen.  Der zweite Schlag traf Harlow am Kiefer, schleuderte ihn gegen das nächstgelegene Regal, welches durch die Wucht nach hinten kippte. Harlow ächzte und rollte sich schnell zur Seite, als Kingsley erbost auf ihn zu sprang, seine Faust traf den Boden, was eine kurze Erschütterung verursachte. "Du wirst es in spätestens in einer Stunde bemerken", antwortete Harlow schwer atmend daraufhin, er bemerkte, wie auch Kingsley's Atem drückender wurde.

"Ich hätte dich damals auf dem Schrottplatz töten sollen", spuckte Kingsley, wollte nach Harlow greifen, doch dieser eilte schnell außer Reichweite. "Vielleicht hättest du das", kommentierte der Blonde, fand das Gefühl in seinen Beinen wieder und zog eine große Holzkiste zwischen sie beide, als Kingsley seinen Blitz auflud.

Die Kiste zersprang, Holzspäne und Nägel flogen in der Luft herum, von Harlow keine Spur. "FEIGLING!", brüllte Kingsley, "glaub ja nicht, dass ich dich erneut gehen lassen werde!", prophezeite er und drehte sich wild im Kreis.

Harlow musste irgendwie hier herauskommen, das gestaltete sich jedoch schwieriger als vermutet. Wie ein Wahnsinniger tyrannisierte Kingsley alles, was ihm irgendwie in die Quere kam. Zum ersten Mal war er unbegreiflich wütend, Harlow konnte es ihm nicht verwerfen.

"Du wirst hier noch alles zum Einstürzen bringen, Kingsley!", rief Harlow zwischen den Reihen entlang, suchte nach einem Ausgang. "NA UND?!", bekam er zurück, Kingsley Worte dröhnten in jeder Ecke des Raumes. Harlow fand endlich die Tür, zu die er anfangs auch reingekommen war, als er jedoch auf sie zu rannte, sprang Kingsley von einem der Regale ab und blockierte ihm den Weg.

"Ich hab seit 600 Jahren nichts mehr zu verlieren", sprach Kingsley ruhig, Harlow ging ein paar Schritte zurück. Der Weißhaarige hob seine Hand, doch nicht in Harlow's Richtung sondern gen Decke. Harlow kräuselte die Stirn, sein Kopf legte sich in den Nacken, als er die riesigen Rohre entdeckte, die über das gesamte Lager verliefen.

"Kingsley, STOP!", rief Harlow entsetzt und hastete auf seinen ehemaligen Freund zu. "Wenn ich dich nicht haben kann, dann soll es niemand", entkam es verbittert aus seiner Kehle. Der Blitz löste sich ein letztes Mal von ihm und schlug direkt in eines der Gasrohre ein.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top