🌟Kapitel 30🌟
vor 500 Jahren
Kingsley starrte gelangweilt Löcher in die hohe Decke des Thronsaals, saß quer über dem goldenen Thron und baumelte abwesend die Beine. Die Krone auf seinem Kopf rutschte, weshalb er diese kurzerhand entgegennahm und musterte.
"Eure Hoheit!", einer der jungen Wachen platzte dramatisch in den Saal und eilte zu Kingsley, der bloß seufzte. "Was ist es diesmal?"
"Eure Untertanen, mein König! Mir kam zu Ohren, dass manche von ihnen einen Aufstand bei Nacht planen", sprach die Wache keuchend und kniete sich vor dem Thron wieder. "Erneut?", fragte Kingsley genervt, setzte sich die Krone wieder auf und erhob Sikh, wodurch seine steifen Knochen knacksten.
"Es scheint wohl so, Eure Hoheit", antwortete die Wache, "ich habe ein paar Bürger darüber reden gehört und wollte sofort Bericht erstatten."
"Welch ehrenvolle Tat, deinem König Bericht zu erstatten", grinste Kingsley und trat vor den Größeren, dessen blonde Locken im Gesicht klebten, "wie heißt du?"
"Harvey, mein König."
"Natürlich", schnaubte Kingsley, "ich werd dir jetzt mal einen ganz wichtigen, letzten Tipp geben, Harvey", er griff die Wache an der Schulter und grinste diesen an.
"Niemand mag kleine, dreckige Verräter und ich am wenigsten von allen", sprach Kingsley, das Grinsen wie aus dem Gesicht gewischt, als er seine Fähigkeit einsetzte und Harvey ohne zu zögern das Gehirn rausbrannte.
Die Zunge schnalzend ließ er den Körper achtlos auf den Boden fallen. "Nun zu den anderen Maden", Kingsley streckte sich ausgiebig als die Tore ein zweites Mal geöffnet wurden und eine weitere Wache hineinstürmte. "Was?!", keifte Kingsley genervt, "ist es dieser scheiß Aufstand?!"
"Nein, Eure Hoheit!", keuchte die Wache und hielt ihre Hand auf, "Es sind zwei Nachrichten eingetroffen! Eine von den Engeln von Akathen, der Rebellion und die andere von dem Orden des ewigen Lebens, mein König!"
"Was?", fragte Kingsley nach und griff nach den beiden Chips. Er hatte seit Urzeiten keine Nachrichten mehr der beiden Parteien erhalten. Zumindest nicht mehr, seitdem er eindeutig zu bekennen gegeben hatte, dass er keinerlei Interesse an beiden Seiten und dem dazuführendem Krieg hatte.
Er aktivierte die beiden Nachrichten, wodurch ein Hologram des Geschriebenen erschien.
"M-Mein König?", fragte die Wache unsicher, als Kingsley selbst nach mehreren Minuten kein Wort sprach. Kingsley prustete leise und zerdrückte beide Chips in seiner Hand, "eine letzte Schlacht soll den Krieg beenden und beide Seiten flehen um meine Hilfe. Wie amüsant."
"Was bedeutet das für uns, mein König?"
"Keine Ahnung", antwortete Kingsley und nahm seine prunkvolle Krone vom Kopf, "mir auch egal eigentlich", fügte er hinzu und warf die Krone achtlos hinter sich, weshalb die Wache vor Schreck zusammenzuckte. "A-Aber mein König! Was werden sie tun?"
"Ein altes Versprechen einlösen", antwortete Kingsley gelassen und stolzierte an der Wache vorbei, "tut, was ihr nicht lassen könnt, es interessiert mich kein Stück."
"I-Ihr werdet uns einfach so verlassen?! Nach all der Zeit?! Was wird aus ihrer Regentschaft?!"
"Exakt das werde ich tun", verkündete Kingsley grinsend, "keine Sorge, ich werde schon noch genug Leite zum Unterdrücken finden."
"Aber mein König!", die Wache eilte hinter Kingsley her, als dieser den Thronraum verließ, "sie wollten sich doch nie in die Angelegenheiten der beiden Organisationen einmischen!"
"Werd ich auch nicht", antwortete Kingsley ernsthaft, die Hände in den Hosentaschen, "ich werd nur ein uraltes Versprechen einhalten, was ich schon vor langer Zeit hätte tun müssen."
"Ein Versprechen?", hakte die Wache nach, weshalb Kingsley seufzend stehen blieb. "Ich an deiner Stelle würde jetzt was ganz schlaues machen, die Klappe halten und eiligst abhauen, verstanden?"
Die große Schlacht sollte in einem der Randgebiete stattfinden, nicht allzu weit weg von Kingsley's Reich aus, doch das änderte nichts an dem bereits grenzenlosen Friedhof, der sich vor ihm in der kahlen Talsenke bei Sonnenuntergang erstreckte.
"Verflucht", murmelte Kingsley fassungslos und trat weiter nach vorne, weshalb er beinahe auf der abgebrannten Flagge auf dem Boden ausrutschte. Seufzend nahm er seinen Fuß runter, musterte das Wappen mit dem ausgestreckten Engelsflügel.
Die qualvollen Schreie und Laser prallten an dem Weißhaarigen vollständig ab, stattdessen suchte er das Schlachtfeld nach einem Blondschopf ab wie die Nadel im Heuhaufen.
Unmöglich, das grenzte an das Unmögliche.
Eigentlich wusste Kingsley nichtmal, wie er sich das überhaupt vorgestellt hatte. Sein jahrhundertelanges aufgebautes Reich hinter sich zu lassen. Sonderlich viele Gedanken hatte er sich nicht drum gemacht. Er ging einzig und allein mit dem Ziel vor Augen mitten ins Kreuzfeuer um Harlow mit allen Mitteln da raus zu holen. Ob der Blonde nun wollte oder nicht, Kingsley würde ihn notfalls auch mit Gewalt mitnehmen.
Kingsley wich einem Laserstrahl geschickt aus, dieser flog weiter und traf stattdessen einen anderen ahnungslosen Soldaten, der leblos zusammensackte. Ohne zu zögern sendete er dem Ordensmitglied einen tödlichen Blitz als Gruß zurück, die selbst die dicke, schwarze Rüstung durchbohrte.
Dieses ganze Theater, in das Kingsley sich gestürzt hatte, war so unnötig und nervig. Tausende, Millionen Bändiger fielen um wie die Fliegen. Für ihn war dieser Krieg nichts weiter als eine dumme Rauferei. Beide Seiten könnten ihm nicht egaler sein, doch sein Fokus lag trotzdem auf den Engeln einzig durch Harlow.
Kingsley triezte bereits eine Idee im Hinterkopf. Aus dem Augenwinkel bemerkte er eine auf ihn gerichtete Waffe, weshalb er in dem Chaos einfach den nächstbesten Soldaten griff und ihn als lebendes Schutzschild den Strahl abfingen ließ.
"Nerviges Gesindel", murrte Kingsley, um ehrlich zu sein, hatte er gehofft, dass die Überbleibsel der kaputten Verbindung ihm ein wenig aushelfen würden, doch als er inmitten des Schlachtfeldes stand und beide Seiten gleichermaßen abwehrte, hatte er keinerlei Ansätze.
Bevor er sich weiter umsehen konnte, wurde sein Blickfeld gänzlich Weiß und ein schrilles Piepen erfüllte seine gequälten Ohren. Ein spezieller Granatentyp, den Kingsley noch aus seiner Akademiezeit kannte. Dieser raubte einem für wenige Sekunden jegliche Sinne, doch so stark hatte Kingsley diese nicht in Erinnerung. Es musste viel innerhalb der letzten Jahrhunderte passiert sein. Als die Sicht etwas klarer wurde und seine Sinne zurückkamen, bemerkte er, dass die Druckwelle ihn -und vermutlich alle im Umkreis- mitgerissen hatte und in einem der Gräben gelandet war.
"Verdammt ey, ich will doch nur meinen scheiß Frieden", grollte Kingsley, hielt sich den schmerzenden Hinterkopf und rappelte sich wieder halbwegs auf, während über ihm die Strahlen flogen und die Erde bebte. Schwer atmend wischte er sich den Schweiß und Dreck aus dem Gesicht und wischte sie an seiner ebenso schmutzigen und kaputten Kleidung ab. Neben ihm zog eine kleine Explosion seine Aufmerksamkeit an, weshalb Kingsley zusammenzuckte und ein paar Schritte nach hinten sprang.
Aus dem Rauchgeschwader entpuppte sich eine demolierte Drohne. Gut getarnt mit einer realistischen Hülle, die die eines Bändigers glich. Der rechte Arm sowie das linke Bein fehlten bereits und die abgerissenen Kabel brannten aggressiv, ein Stück des Kopf wurde ebenfalls durch einen glatten Durchschuss zerstört und präsentierte die massive, eiserne Innenseite.
Vorsichtig trat Kingsley näher ran und kniete sich vor den Roboter nieder, "welch schlechte Verarbeitung, billig, ja fast schon schlampig", schnaubte Kingsley abfällig. Der Kopf der Drohne hob sich, präsentierte das einstige, feminine Gesicht. Unbeeindruckt musterte Kingsley die Drohne mit prüfendem Blick, "dein Datenspeicher könnte allerdings nützlich sein", murmelte er zu sich selbst und fuhr mit den Fingerspitzen über den Brustkorb, um die richtige Druckstelle zu finden.
Abgehackt versuchte die Drohne sich aufzurichten, was bei dessen kaputten Zustand nicht mehr möglich war, "in etwa sieben Minuten wird deine Energiezufuhr nicht mehr genug liefern können und du wirst abgeschaltet, spar's dir also", kommentierte Kingsley gleichgültig, "wie komme ich nur unbeschädigt an deinen Datenspeicher dran?"
Ein leises Brummen, gefolgt von einer Vibration wurde ausgelöst, der Brustkorb verlor die Tarnung und öffnete sich durch einen mechanischen Werdegang. Kingsley prustete leise, "deine Sensoren müssen stark beschädigt sein, wenn du mich als vertrauenswürdig einstufst."
Gerade als Kingsley nach dem offengelegten Datenspeicher greifen wollte, hob sich der übrig gebliebene Arm der Drohne, weshalb der Bändiger stoppte und interessiert die stockende Bewegung beobachtete.
Die Drohne streckte ihre Hand aus, drei ihrer Finger berührten Kingsley hauchzart an der Schläfe. Bevor Kingsley den Mund aufmachen konnte, begann der Roboter die Tarnung zu wandeln. Die vorherige, dunkle Haut, beginnend bei den Fingerspitzen, wurde heller und mit Sommersprossen übersät. Hinauf bis zum Oberarm breitete es sich in alle Richtungen aus, die Schultern wurden breiter, das Gesicht kantiger. Das tiefblaue -als einziges übriggebliebene- Auge trübte sich in ein warmes, helles braun. Die kurzgeschorenen Haare wuchsen in Locken und färbten sich in ein angenehmes Blond.
Kingsley fiel resigniert vom hinhocken hinüber auf den Hintern, als er mit zusammengezogenen Augenbrauen in das altbekannte Gesicht starrte. Der Mund noch immer halb geöffnet.
Ein warmes Gefühl breitete sich in seinem Oberkörper aus, das ihm immer hitziger in den Kopf anstieg, bis er die Zähne aufeinander presste, aufschrie und mit einem gezielten Schlag das eigentlich so ersehnte Gesicht durchbrach, bis er am anderen Ende auf die Erdbarriere des Grabens stieß.
"Niemand macht sich über mich witzig!", knurrte Kingsley, verzog bei dem stechenden Schmerz seines nun gestauchten Handgelenks, "verdammt!" Verzweifelt unterdrückte er sich einen Schrei und zog stattdessen endlich den Datenspeicher aus dem bewegungslosen Körper.
Gestaltwandelnde Drohnen waren definitiv etwas Neues.
Der Chip sprang an, ein kleines Hologramm bildete sich als Interface, "komm schon, du hast doch bestimmt ein Ortungssystem über deine Soldaten. Sei zumindest für etwas gut", hoffte Kingsley, doch musste bitterlich feststellen, dass die meisten Informationen für ihn völlig unbrauchbar waren.
Seine letzte Anlaufstelle waren die Kriegsakten der Soldaten, die Kingsley durchsuchte und tatsächlich auch Harlow's vorfand, was ihn erleichtert ausatmen ließ.
Als erstes wurden ihm ein paar Momentaufnahmen des Blonden gezeigt. Das erste war eins in der üblichen Uniform der Soldaten, bei denen Kingsley laut pfiff, "na holla, also hätte ich vorher gewusst, dass dir Uniformen so gut stehen..." Bei dem zweiten und letzten handelten es sich um Bilder der Abschlussklasse von der Akademie, Kingsley erkannte sich selbst sogar noch darauf, und nochmal ein einzelnes Foto von Harlow, so wie Kingsley ihn damals zuletzt gesehen hatte.
Kingsley starrte vermutlich länger als nötig und angemessen auf die Bilder, kam dann aber schnell wieder bei einem lauten Knall oberhalb von ihm in die Realität zurück. Schnellstmöglich überflog er die Akte.
Name: Harlow
Alter: 1597
Herkunft: Akathen
Verbindung: unverbunden
Truppengattung: Infanterie
Kingsley schnalzte mit der Zunge und schüttelte den Kopf. Das 'unverbunden' ärgerte den Bändiger tief in seinem Inneren, aber es war immer noch besser, als zu erfahren, dass Harlow eine zweite Verbindung eingegangen war. Das würde ihm zusätzliche Arbeit ersparen. Was ihn jedoch beinahe mehr störte war der Fakt, dass die Altersangabe falsch war.
Erfolgte Tötungen: geschätzt auf 90.000
Kingsley fielen beinahe die Augen aus und blinzelte mehrfach um zu überprüfen, dass er sich die Zahl nicht eingebildet hatte oder schlichtweg eine Null zu viel las. "Süßer lieber Halo, der zum Militär geht, um alle zu retten... Das werde ich dir so hart unter die Nase reiben", nuschelte Kingsley, konnte nicht glauben, dass der Blonde ihn tatsächlich überboten hatte.
"Na da muss ich mich ja richtig ranhalten, wenn ich-", Kingsley stockte als er die Akte weiterlas. Der Datenchip in seiner Hand fiel runter auf den dreckigen Boden als würde sie urplötzlich Funken sprühen.
Status: verstorben durch einen Hinterangriff des Ordens der Unendlichkeit
Die Luft schien ihm mit einem Male zu entweichen, die Schreie im Hintergrund und das wilde Durcheinander prallten auf taube Ohren. Das Pochen in seinem Handgelenk war nichts im Vergleich zu dem durchbohrendem Schmerz, der sich in seinem Brustkorb festsetzte und sich wie eine Krankheit in ihm ausbreitete.
"Ich bin zu spät", hauchte Kingsley, konnte die Augen nicht von dem Chip wegreißen. Schnell wischte der Bändiger sich über die Nase und versuchte sich wieder zu fangen, indem er den Datenträger behutsam hochhob und dann in einer Hand zerbröseln ließ.
Der Dolch des Schmerzes in ihm fing sich an aufzulösen und verwandelte sich in einen juckenden Brandreiz, sein Herz begann zu rasen als die Trauer der Wut den Platz anbot. "Diese verrotteten Maden!", knurrte Kingsley, die Rachsucht spiegelte sich in einen glasklaren, blauen Augen wider, "Ich werd diesem verschissenen Kindergarten hier den Erdboden gleichmachen!"
Grob riss Kingsley die Schutzhülle der Drohne auseinander, um an den Energiekern ranzukommen. Die strahlend-blaue Hülle leuchtete noch im regelmäßigen Takt auf, ein Zeichen, dass noch genügend Energie gespeichert war, um Kingsley's Vorhaben zu vollführen.
Kingsley stieg aus dem geschützten Graben hervor und musste direkt zur Seite springen als er beinahe von einem Soldaten niedergeschlagen wurde, "ich hab keine Geduld für einzelne Fußsoldaten", murrte der Weißhaarige und brach dem Soldaten das Genick. Er achtete nichtmal auf das Wappen als er gleichgültig über den Körper schritt und die zitternden Hände zu Fäusten ballte.
"90.000 Tote innerhalb von 500 Jahren an der Front? Schwach", spuckte Kingsley heraus, visierte bereits einen Punkt am orange-roten Himmel an, "mal sehen, ob ich dich innerhalb von Minuten überbieten werde, alter Freund", er grinste breit, den Energiespeicher hoch gen Himmel geworfen.
Gezielt mit einem Finger visierte er die Kugel an, kalkulierte die benötigte Energie und schoss einen perfekten Blitz mitten durch. Kingsley lachte laut bei dem Erfolg, die Kugel zersprang als sie sich überdimensional groß ausbreitete und eine Explosion geführt von einer Druckwelle ausgelöst wurde, die das gesamte Feld in Schweigen legte.
Er wurde zurück in den Graben gedrückt, ein dumpfer Aufprall mit dem Rücken auf der festen Erde während über ihm der Himmel zu brennen begann, "perfekt", hauchte Kingsley, ein zufriedenes Grinsen auf den Lippen, sein Bauch kribbelte vor Aufregung, "nichts geht über eine gute alte Feuersbrunst und verkohlte Leichen." Sein Kopf schwenkte sich zur Seite, sein Lächeln erstarrte, als er die Überreste der Drohne musterte, die immer noch in der Harlow's Fassade feststeckte.
Ganz langsam blies Kingsley die Luft aus, die Realisierung sickerte in seinen Kopf.
"Es tut mir... so leid, Halo", sprach Kingsley, das aufregende Spektakel inklusive des feurigen Regens längst vergessen. Erneut wischte der Bändiger sich verdächtig übers Gesicht, "Ich habe mein Versprechen nicht halten können."
Ein sehr anstrengend Kapitel für mich zum Schreiben haha, hoffe natürlich, dass es euch trotzdem gefallen hat :)
Vik xx
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top