🌟Kapitel 25🌟
Kingsley konnte sich gerade wirklich hunderte Orte vorstellen, an denen er lieber wäre, als in Griffon's Wohnzimmer neben Harlow auf dem Sofa zu sitzen und abzuwarten, bis dessen Kind geboren werden würde. "Wieso sind wir überhaupt hier?", fragte Kingsley genervt stöhnend. "Also wir sind hier, weil wir seine Freunde sind", erklärte Freya, die vor ihm im Raum stand "und du, weil man dich nicht alleine lassen kann."
"Oh Gott, ich kann es gar nicht fassen, dass es schon so weit ist!", rief Griffon und raufte sich die Haare, während er hektisch auf und ab lief, "ist es merkwürdig, dass ich mir bereits ein zweites Kind wünsche? Ich mein, unser erstes ist ja noch nicht einmal da! Ist das beunruhigend? Bin ich zu voreilig?"
"Bestimmt nicht. Ich bin mir sicher, dass Maeve auch noch ein Kind will", versuchte Freya ihm zu helfen, "ein Geschwister zu haben, ist doch immer toll. Ich fand es immer schade, keine Brüder oder Schwestern zu haben."
Griffon nickte und wippte mit den Füßen auf und ab, "das stimmt. Ich wüsste auch nicht, was ich ohne meinen Bruder machen würde. Aber was ist, wenn sie sich nicht verstehen werden? Oder wir uns nicht gut genug um sie kümmern werden?! Können wir uns überhaupt um unser erstes Kind gut kümmern?!"
"Beruhig dich", redete Freya amüsiert auf ihn ein und klopfte ihm auf die Schulter, "warte es erstmal ab. Außerdem werden sie sich schon bestimmt verstehen. Geschwister sind was gutes", Freya blickte kurz zu Harlow, damit dieser sie unterstützen konnte, "stimmt's, Harlow?"
Der Blonde blickte überrascht auf und nickte dann, "sicher", murmelte er als seinen einzigen Beitrag. Weshalb die beiden Feen sich einen fragenden Blick zuwarfen. "Und ehm...", warf Griffon zögerlich ein, versuchte ein wenig vom offensichtlichen Thema abzulenken, "hast du- hattest du auch Geschwister, Harv?"
Harlow fuhr sich durch die Haare und starrte Löcher in die Zimmerdecke, "sieben. Ich hatte sieben Schwestern." Kingsley musterte den Blonden für einen Moment von der Seite, ehe er sich auf die Unterlippe biss und wegsah. Freya und Griffon hingegen fielen beinahe die Augen aus dem Kopf, "sieben?", fragte der Schwarzhaarige nach, "wow, das ist-"
Unterbrochen wurden sie schließlich von dem Arzt, der bis eben bei Maeve im Schlafzimmer war, "Griffon? Sie können nun zu Maeve, ihr geht's gut soweit, das Kind sollte bald kommen." Sofort war Griffon natürlich zur Stelle und hetzte am Arzt vorbei und zu seiner Verlobten.
"Ich hoffe wirklich, dass alles gut geht", wechselte Harlow blitzartig das Thema, nachdem auch der Arzt das Wohnzimmer wieder verließ, "ungewöhnlich, dass Maeve und Griffon unbedingt das Kind bei sich zuhause und nicht im Krankenhaus bekommen wollten." Freya zuckte mit den Schultern, "Sie wollte lieber in einer vertrauten Umgebung sein. Glaubst du, es wird ein Mädchen oder ein Junge?"
"Keine Ahnung, Hauptsache es wird er und ihr gut gehen", erwiderte der Blonde und zog sich seinen Mantel aufgrund der Wärme aus, um ihn über die Armlehne des Sofas zu legen. Kingsley seufzte, "also bitte, es wird ein Mädchen. Den aufdringlichen Östrogenzuschuss riech ich ja bis hier."
Freya verzog angewidert das Gesicht, "du riechst das?"
"Kingsley!", zischte Harlow wütend, weshalb der Kleinere seinen Kopf zu ihm drehte. "Was denn? Es stimmt doch! Jetzt tu nicht so als würdest du es nicht auch riechen."
"ich wollte die Überraschung vielleicht nicht vorwegnehmen?", stellte Harlow in den Raum. "Warte, also stimmt es?", fragte Freya neugierig, "ihr könnt sowas wahrnehmen?"
"Na klar", blieb Kingsley gelassen, "ich weiß wirklich nicht, warum Harlow sich immer so dumm stellt." Der Genannte verdrehte nur die Augen und schüttelte wortlos den Kopf.
"Harlow?", kam Griffon plötzlich ins Zimmer geschossen, seine Haare durcheinander und der Puls hochgeschraubt. "Ist das Kind schon da?", fragte der Bändiger sofort und sprang vom Sofa auf. "Nein, noch nicht", gab Griffon bekannt, "aber Maeve wird immer nervöser und möchte dich sehen. Kannst du sie vielleicht irgendwie beruhigen?"
"Ich glaub, er müsste dich erstmal beruhigen", gab Kingsley von sich, "deine Schweißausbrüche gleichen ja einem Weltrekord."
"Kingsley!", schenkte Harlow ihm einen Seitenhieb und wendete sich dann an Griffon, "natürlich, helfe ich."
Griffon lächelte erleichtert und verschwand wieder im Schlafzimmer. "Benimm dich", forderte Harlow vom Kleineren und blickte ihn fordernd an. Kingsley murrte und verdrehte die Augen, antwortete allerdings nicht weiter drauf. "Ich pass auf ihn auf", meinte Freya, "geh du nach Maeve sehen." Harlow zögerte für einen Moment, musterte noch kurz den anderen Bändiger, ehe er sich abwendete und hinter Griffon her eilte.
Kingsley legte seine Arme auf die Rückenlehne und ließ seinen Kopf seufzend in den Nacken fallen. Als er wieder nach vorne blickte, starrte Freya ihn mit einem nachdenklichen Blick an. "Was?", fragte Kingsley grob. Freya presste die Lippen aufeinander, als würde sie etwas abwägen, doch winkte dann ab. "Ach nichts", murmelte sie und ließ sich auf die andere Seite der Couch fallen.
"Und das soll ich dir jetzt einfach so glauben?", hakte Kingsley weiter nach. Freya strich sich ihre Locken aus dem Gesicht und drehte sich mehr zu dem Bändiger um, "erinnerst du dich an alles Vergangene aus deinem Leben?"
"Natürlich", kam es selbstverständlich zurück, "wir Bändiger besitzen ein stark ausgeprägtes Gedächtnis. Das ist immerhin auch nötig bei-"
"-einer Lebensspanne von 5000 Jahren?"
Kingsley musterte Freya prüfend, ehe er zögerlich nickte, "exakt."
"Und du bist gerade mal 2000 Jahre alt stimmt's? Also noch sehr jung, umgerechnet vielleicht ein bisschen älter als Griffon und ich", warf Freya weiterhin mit Fakten um sich.
"2110. Was versuchst du damit zu bewirken?", wollte Kingsley von der Fee wissen.
Freya seufzte und holte aus, "ich versuche dir zu beweisen, dass ich würdig bin, eine ehrliche Antwort von dir zu bekommen. Harlow schweigt stehts über seine Vergangenheit."
Kingsley musterte anwesend seine Fingernägel und zuckte unbeteiligt mit den Schultern, "Harlow hasst es eben, wenn Dinge enden. Ist nichts persönliches. Also, was willst du so unbedingt wissen?"
"Einiges", murmelte Freya nachdenklich über ihre erste Frage und holte Luft, "was hat den Krieg ausgelöst damals?"
Kingsley blies bei der Frage laut die Luft aus und versank tiefer im Polster, "wer weiß schon, was wirklich der Auslöser war. Die offizielle Kriegserklärung kam ein paar Jahre nach unserem Abschluss von der Akademie."
Freya leckte sich über die trockenen Lippen, "aber es muss doch vorher Anzeichen gegeben haben, oder?", stichelte sie tiefer, bis die gewünschte Antwort endlich eintrat: "Akathen wurde angegriffen. Ein Drittel dem Erdboden gleichgemacht."
"Muss schrecklich gewesen sein."
"Für Harlow definitiv", Kingsley schien für einen Moment zu zögern, doch dann setzte er wieder an: "seine Familie starb dabei. Mutter, Vater und seine sieben Schwestern. Er hat es erst Tage später durch einen Brief herausgefunden. Wir durften aus Sicherheit nicht das Gelände verlassen, weshalb er nicht bei der Beerdigung dabei sein konnte."
Freya bereute es sofort, das Thema aus reiner Neugierde angesprochen zu haben, "oh... das... das wusste ich nicht", stotterte sie bei der plötzlich aufkommenden, unangenehmen Stimmung.
"Sprich ihn niemals darauf an, verstanden? Niemals", befahl Kingsley ihr eindringlich, "ich musste ihm damals schwören, das Thema nie wieder anzusprechen. Nach dieser Sache im Garten der Akademie."
Freya verzog das Gesicht erneut, "ew."
Kingsley grollte und verdrehte die Augen, "nicht so eine Sache, du Ameisenhirn. Dort sind wir damals das erste Mal eine Verbindung eingegangen."
"Kurz nach dem Tod seiner Familie? Wie... romantisch."
"Es war kein guter Zeitpunkt, ich weiß", seufzte Kingsley und rieb sich die Schläfen, bei den aufkommenden Erinnerungen, "wir waren zu jung. Offiziell durfte man erst eine Verbindung nach der Vollendung des eintausendsten Lebensjahr eingehen, somit nach Abschluss der Akademie. Erst dann sind die Gehirne voll ausgereift und können die Verbindung besser verarbeiten. Deswegen traten ein paar... Nebenwirkungen bereits kurz danach auf."
Freya lehnte sich interessiert weiter nach vorne, "was denn für Nebenwirkungen?"
"Du steckst deine Nase auch wirklich in alles rein, oder?", seufzte Kingsley, als er bemerkte, dass er Freya so schnell nicht leise kriegen würde, "am Nervigsten waren die überlappenden Gefühle. Das hat sich aufgeschaukelt bis zu einem Punkt, an dem ich nicht mehr wusste, ob sie zu Harlow gehörten oder zu mir. Genau das selbe passierte mit gewissen... Charaktereigenschaften. Harlow's rebellische Phase war nervenaufreibend. Einmal hat er sich die Haare fast gänzlich abrasiert und glaub mir, ich hab in 2110 Jahren noch nie etwas Schlimmeres gesehen. Die Nebenwirkungen ließen zum Glück mit der Zeit nach."
Freya hörte ihm stillschweigend zu, saugte währenddessen neugierig die vielen neuen Informationen in sich auf. Schließlich nickte sie verständlich, "ich glaube, ich würde diese Verbindung niemals eingehen", sprach sie ehrlich. Kingsley zuckte mit den Schultern und platzierte seine Füße auf dem Tisch, "jedem das seine. Vor Harlow hab ich genauso gedacht."
"Ich... hab einfach kein Interesse an sowas."
"An was? Anderen Personen?", kam es amüsiert zurück. Freya schnalzte mit der Zunge und fuhr sich durch ihre Locken, "ich meine Partnerschaften. Beziehungen. Von mir aus auch Sex und das alles. Es... interessiert mich halt einfach nicht. Hat es noch nie. Ist das... unnormal?"
Kingsley stieß einen zweiten Seufzer aus, "was weiß ich schon was normal ist und was nicht. Gibt es wirklich nichts, zu dem du neigst?"
Freya überlegte leise Brummend, "nun, ich mag Katzen."
"Dann hol dir ne Katze. Obwohl nein. Nicht, solange wir uns diese Bruchbude teilen. Wehe, mir kommt so ein Fellbüschel vor die Füße."
"Ist ja gut", antwortete Freya prustend , bei Kingsley's Abneigung gegenüber Haustieren, "aber ansonsten lag meine Priorität immer bei der Schutzzone. Sie ist mir das Wichtigste im Leben. Ich würde sterben, wenn all die Feen hier dafür in Sicherheit sind."
Die Tür zum Schlafzimmer wurde ruckartig aufgerissen, Harlow kam strahlend herein, "sie ist da!", verkündete der Bändiger, "Griffon's Tochter ist gesund und munter da!"
"Wirklich?! Schon?!", kam es von Freya aufgeregt zurück, die auf die Beine sprang, "darf ich zu ihnen?!"
"Klar, Griffon und Maeve verlangen sogar nach dir", antwortete Harlow und winkte die Fee zu sich, die direkt ins Schlafzimmer eilte.
"Kingsley", rief er dann den Kleineren, der verwirrt aufsah. "Was denn?"
"Komm jetzt!", verlangte Harlow und hielt ihm die Hand. "Ich soll da rein?", kam es angewidert zurück. "Ja!", blieb der Blonde stur, "du sollst sie auch sehen!"
"Ich bezweifle, dass die einen Massenmörder zwischen ihrem Gesülze haben wollen."
"Du meinst, abgesehen von mir?", kam es zügig zurück, "rein da jetzt."
Kingsley ächzte und gab sich geschlagen. Widerwillig erhob er sich vom Sofa und stapfte wie ein trotziges Kind an Harlow vorbei, dessen Grinsen breiter wurde und ein Arm sich um Kingsley's Seite schlang.
Ein wenig eingeengt im Schlafzimmer versammelten sich alle um das Doppelbett, in dem sich die erschöpfte Maeve befand, während der Arzt seine letzten Sachen packte und verschwand. Ihre orange-roten Haare fielen in zwei grobgeflochtenen Zöpfen von ihren Schultern, umrahmten das schmale Gesicht mit den Sommersprossen, die Kingsley sehr an Harlow von früher erinnerten.
Sie strahlte eine unheimliche Ruhe und Wärme aus, dass selbst Kingsley nicht anders konnte, als seine straffen Schultern zu entspannen und sich mehr an dem anderen Bändiger anzulehnen.
Griffon saß neben ihr auf dem Bett und musterte überglücklich das schlafende Kind in Maeve's Armen, das in einem Seidentuch gewickelt war.
"Ich freu mich so für euch", sprach Freya ehrlich und stützte sich am Bettende ab, "habt ihr schon einen Namen für sie?"
"Bei einem Mädchen haben wir uns auf Juna geeinigt", sprach Maeve, ihre Stimme sanft und brüchig. "Klingt wunderschön. Welchen hättet ihr bei einem Jungen gewählt?", fragte Freya weiter nach. Maeve lachte, während Griffon sich am Nacken kratzte und auf die helle Bettwäsche blickte. "Wir haben uns monatelang darum gestritten", erklärte Maeve schließlich, "weil Griffon unbedingt wollte, dass wir ihn nach Harlow benennen. Am Ende hatten wir uns für Erin geeinigt."
Harlow kopierte direkt Griffon's Geste mit seiner freien Hand, "oh, das... ist nett", sprach er verlegen. Kingsley rollte mit den Augen. "Süß", kommentierte Freya schmunzelnd, "viele benennen ihre Kinder nach ihren Kindheitshelden."
Griffon grollte vor Peinlichkeit auf und vergrub sein Gesicht in den Händen, "können wir unsere Aufmerksamkeit bitte wieder auf meine Tochter lenken?"
"Unsere Tochter" korrigierte Maeve ihn. Griffon lächelte und nickte, "unsere, ja", wiederholte er noch einmal und lehnte sich nach vorne, um Maeve einen Kuss auf die Lippen zu geben.
"Wie lange müssen wir noch bleiben?", flüsterte Kingsley genervt dem Größeren zu, der ihn daraufhin in die Seite pikste. "Stell dich nicht so an und genieße den Moment doch einfach."
"Was gibt es hier zu genießen? Hurra, eine weitere Biene im Bienenstock?!", kam es gereizt zurück, ehe er bemerkte, dass er wohl etwas zu laut war.
Freya rollte nur genervt mit den Augen, Griffon erdolchte ihn wütend mit Blicken, doch Maeve blieb ruhig und brachte sogar ein leises Lachen zustande. "Schon gut", sprach sie belustigt, "man hat mich bereits vor dir gewarnt. Ich entschuldige mich, dass du in unsere private Angelegenheit gezogen wurdest, Kingsley."
Kingsley öffnete seinen Mund und stolperte sogleich über seine Wortwahl, "schon... gut", entkam es ihm endgültig, sein Blick wanderte prüfend über die Frau, die sich wieder zu Griffon wandte. "Wolltest du Harlow nicht noch etwas fragen, Schatz?", stupste sie ihn an und nickte zum Blonden.
"Oh ja!", kam es von Griffon wie aus der Pistole geschossen. Er sprang vom Bett und nahm Maeve stillschweigend das Kind aus dem Arm. Nervös trat er vor Harlow, der ihn konfus musterte. Leise räusperte sich der Schwarzhaarige, "ich- also eigentlich wir- also Maeve und ich, meine ich damit-"
"Niemand versteht dich so, Liebling", kam es von Maeve.
"Harlow, würdest du gerne Juna's Pate sein?", fragte Griffon geradewegs heraus, hinterließ einen geplätteten Harlow. Kingsley holte tief Luft und griff nach Harlow's Oberarm, "ich muss kurz mit ihm reden", erklärte er, bevor Harlow einen Ton rausbringen konnte und zog ihn zurück ins Wohnzimmer.
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