45 ⚜ Abschied aus Italien
ELIZA
Rebekah sah friedlich aus, als sie leblos in meinen Armen lag. Friedlich, aber tot. Ihre Haut hatte einen gräulichen Farbton angenommen und das Schlagen ihres Herzes blieb aus. Kaum durchbohrte der Pfahl ihr Herz, verschwanden auch die Stimmen und Alexander. Die ungewohnte Stille machte mich fast wahnsinnig.
In der kleinen italienischen Stadt, drehten sich alle Köpfe in meine Richtung. Manche tuschelten miteinander, andere wandten sich schnell ab.
Wir mussten hier weg. Die Fünf formierten sich neu und würden Jagd auf uns machen. Sobald sie wieder zu fünft waren, ging alles von vorne los. Um mich zu retten hatten wir zugelassen, dass der Feind wieder an Macht gewann.
Plötzlich schnappte das Mädchen in meinem Arm nach Luft und riss die Augen auf. Ich zuckte so stark zusammen, dass ich Rebekah fast auf den Boden fallen ließ. Ihre Haut hatte immer noch einen ungesunden Farbton, aber das aufgeregte Pochen ihres Herzens ließ mich erleichtert aufatmen.
Ich ließ sie runter, wo sie mich fast überfiel, weil sie sich in meine Arme warf und mich fest an sie drückte. Ohne ein einziges Wort zu sagen, erwiderte ich die Umarmung und genoss ihre Nähe. Manchmal waren keine Worte nötig, um auszusprechen, was man fühlte.
Rebekah lockerte die Umarmung nach einer halben Ewigkeit wieder und sah verlegen auf den Boden. ,,Ich habe mit Alexander gesprochen, als ich tot war."
Jeder andere hielt sie nach einer solchen Aussage für verrückt, aber nachdem ich viele Tage mit ihrem Ex verbringen musste, glaubte ich es sofort. ,,Verzeihst du ihm etwa?"
Auch das hielt ich für möglich und würde es einfach so hinnehmen. Es lag nicht in meinem Interesse, wieder mit ihr über Alexander zu streiten. Der Mann erschuf eine Kluft zwischen uns, die niemals hätte entstehen dürfen.
Rebekah schüttelte den Kopf. ,,Nein, niemals. Er hat mir nur ein bisschen auf die Sprünge geholfen."
,,Womit?"
Rebekahs kühle Hand strich über meine Wange und klemmte mir eine rote Strähne hinters Ohr. Ehe ich mich fragen konnte, was in ihren Todeshalluzinationen vorgegangen war, küsste sie mich. Kaum berührten ihre Lippen die meinen, verwarf ich die Möglichkeit, sie sei verrückt geworden. Die Gründe für diesen Kuss interessierten mich nicht. Es zählte nur, dass sie es tat. Meine ständige Sehnsucht nach diesen einladenden Lippen wurde wieder geweckt. Verlangend erwiderte ich den Kuss, zog sie an der Hüfte näher und kostete jeden Moment aus.
Atemlos löste sie sich wieder von mir. Wie immer war ich ein wenig enttäuscht und fühlte den bitteren Beigeschmack in meinem Mund, dass sie mich nie küsste, weil sie dasselbe fühlte. Meistens gab es einen anderen Grund. ,,Hör auf mit meinen Gefühlen zu spielen, Beki. Es tut weh."
,,Das war echt", unterbrach sie mich und zauberte mir mit ihren Worten ein Lächeln ins Gesicht.
Die nächsten Stunden über schwebte ich auf Wolke sieben. Den ganzen Rückweg über hingen meine Gedanken bei Rebekah. Sie versprach mir hoch und heilig, dass der Kuss echt gewesen sei. Hundert Jahre lang wartete ich darauf, dass sie endlich dieselben Gefühle für mich entwickelte und das Warten hatte sich gelohnt! Diese verrückte Blondine gehörte mir.
Ich dachte an meinen Bruder Nathaniel zurück, der mir ständig einredete, dass Rebekah meine Gefühle nie erwiderte. Wie gerne wollte ich ihm von den neusten Entwicklungen erzählen, aber mein Häretikerbruder kam vor vielen Jahren bei einem Feuer ums Leben - jedenfalls erzählte man sich das. Seither hörte ich nie wieder ein Wort von ihm.
Leider nahm mein Glück ein zerbrechliches Ende. Kaum betraten Rebekah und ich Hand in Hand das Zuhause der Familie Mikaelson, fiel mir zuerst das Gepäck ins Auge, das am Fuß der Treppe stand. Die wichtigsten Besitztümer der Mikaelsons waren in große Stofftaschen gepackt worden, die neben dem edlen Marmor fehl am Platz wirkten. Aus einer der Taschen ragten die Dolche, mit denen die Vampirjäger die Urvampire vernichten wollten. Am meisten Aufmerksamkeit erregte jedoch der Sarg, auf den jemand ein großes "F" anbrachte. Finn. Hatte Klaus seinen Bruder nicht wieder aufgeweckt?
In aller Eile stürmte Kol die Treppe hinunter und warf einen weiteren Stoffbeutel zu den anderen Gegenständen. ,,Da bist du ja endlich, Schwester! Unser Schiff geht in einer halben Stunde."
Schiff? Alarmiert sah ich zu Rebekah, die verwirrt ihre Augenbrauen zusammenzog.
,,Wovon sprichst du?"
,,Alexander und seine Vampirjäger haben Aufmerksamkeit erregt. Mikael ist auf dem Weg."
Kol joggte schon wieder die Treppe nach oben, kaum dass er die Worte aussprach. ,,Rebekah ist hier!", brüllte er seinen Geschwistern zu.
Rebekah stand unter Schock, aber für sah die Lage klar aus. ,,Mach dir keine Sorgen, ich komme mit euch... egal wohin es geht."
Ich beugte mich vor, sodass meine Lippen sanft Rebekahs berührten. ,,Alles wird gut."
Rebekahs Anspannung wurde weniger, aber die Angst vor Mikael stand ihr ins Gesicht geschrieben. Glücklicherweise widersprach sie mir nicht und nickte erleichtert über mein Angebot. Ich wollte die Urvampirin nie wieder alleine lassen.
Es dauerte eine Weile, bis das ganze Gepäck im Hafen auf das Schiff verladen wurde. Trotz einiger manipulierter Helfer dauerte es ewig, bis Finns Sarg über den schmalen Steg auf dem riesigen Schiff stand, das uns an einen Ort weit weg von Italien brachte. Die Sonne strahlte heute eine unangenehme Hitze aus, die die Hafenarbeiter ins Schwitzen brachten. Das Schiff lag friedlich im Hafenbecken, hatte einen hohen Masten und schwankte leicht in den Wellen. Genüsslich sog ich den salzigen, frischen Geruch ein und schloss die Augen. Mein Kopf lag auf Rebekahs Schulter. Sie hatte einen Arm um mich gelegt und beobachtete, wie unsere Abreise immer näher rückte.
Klaus und Elijah gaben den Hafenarbeitern Befehle, Kol machte es sich zur Aufgabe, Rebekah und mich zu nerven und einen der Arbeiter auszusaugen. Daraufhin schickte Elijah ihn aufs Schiff und warnte seinen jüngeren Bruder davor, die ganze Besatzung zu töten. Wir brauchten sie noch, um Italien zu verlassen.
Das einzige was mir nicht gefiel, waren die Blicke, die Klaus Rebekah und mir zuwarf. Unsere traute Zweisamkeit schien ihm ein Dorn im Auge zu sein. Seit dem Vorfall mit Alexander wirkte er wütend auf seine kleine Schwester. Da er deswegen von vier Vampirjägern heimgesucht wurde, verstand ich es ein bisschen. Dennoch nervte es mich.
Kurz vor der Abreise baute er sich vor uns auf. ,,Du kommst nicht mit."
Wie bitte? Seit einer Stunde half ich den Mikaelsons, so schnell wie möglich ihre Reichtümer und Särge auf dieses Schiff zu stellen und jetzt ließ Klaus seinen Beschützerinstinkt spielen?
,,Sie wird mitkommen", antwortete Rebekah mit fester Stimme. ,,Eliza gehört zu uns... zu mir."
Der Wind wehte durch Klaus blondes Haar. Seine Augen funkelten wütend und fixierten Rebekah. ,,Es ist nur so, kleine Schwester, dass deine Romanzen uns umbringen. Offensichtlich hast du wieder mal den Ernst der Lage nicht begriffen. Vater ist hinter uns her!"
,,Ich werde euch doch nicht an Mikael verraten!", zischte ich dem Urhybriden zu. ,,Du kennst mich schon ewig, Klaus."
,,Deine Angst vor Vater lässt dich paranoid werden. Eliza würde uns niemals verraten!", stand Rebekah mir bei und drückte meine Hand fester.
,,Ich versuche nur, dich zu beschützen! Wir fliehen als Familie und nach dem Desaster mit den Vampirjägern bist du die allerletzte, die mir widersprechen darf."
Ich fand Klaus Argumente weder valide, noch sinnvoll. Er verwendete seine Paranoia und seine Wut auf Rebekah gegen mich. Um seinen Entschluss zu unterstreichen, packte er den Arm meiner besten Freundin und zerrte sie hinter sich her. Ihre Hand entglitt mir. Sie sah wütend aus, wütend und unglücklich. ,,Lass mich los", fauchte sie ihren Bruder an. Die beiden rangelten miteinander, aber Klaus gab nicht nach. Also folgte ich den beiden.
,,Ich lasse Rebekah nicht alleine gehen!", schrie ich den Urvampir an. Er hatte kein Recht, das zu entscheiden. Er durfte nicht so mit seiner Schwester umgehen!
Von Wut und Verzweiflung angetrieben, setzte ich den ersten Fuß auf das Schiff, mit dem die Urvampire fliehen wollten. Ich sah gerade noch, wie Klaus seiner Schwester das Genick brach, sodass sie leblos zusammensackte und auf der Reling liegenblieb. ,,Niklaus!", hörte ich den aufgebrachten Elijah rufen.
In Vampirgeschwindigkeit versperrte Klaus mir den Weg. ,,Ich werde nicht zulassen, dass Rebekah denselben Fehler wieder begeht. Sie kann sich nur auf einen verlassen und das bin ich."
,,Ich bin nicht wie Alexander!", fuhr ich den sturen Urhybriden an. ,,Das weißt du! Du hast nur Angst, dass ich ihr eines Tages wichtiger bin als du! Wir sind schon ewig befreundet und ich habe sie immer gut behandelt. Wenn du uns trennst, wird sie dich hassen!"
Mit gewaltiger Stärkte schubste Klaus mich rückwärts. Taumelnd stürzte ich auf den harten Steinboden am Hafen.
Wütend sah ich Klaus an.
,,Ich liebe deine Schwester. Das habe ich immer getan!"
Klaus Augen färbten sich pechschwarz. ,,Davor rette ich sie. Vor der Liebe, die uns zerstören wird, wie Alexander. Die Rettung der Familie steht an erster Stelle."
,,Du wirst deine Familie zerstören!"
Klaus hörte nicht auf mich. Seine Hände packten meinen Kopf, gruben sich durch die vielen roten Haare. ,,Ich liebe meine Familie mehr als alles andere. Für immer und ewig."
Mit diesen Worten brach er mir das Genick und schickte mich in einen traumlosen Schlaf.
Als ich aufwachte, gab es kein Schiff mehr. Die Mikaelsons waren verschwunden.
Vielleicht verschwanden sie für immer und ewig aus meinem Leben
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