18 ⚜ Zerstört

So fühlte es sich also an, um sein Leben zu rennen. Fest presste ich die Hand auf die Wunde an meinem Hals und eilte mit schnellen Schritten durch den Wald. Herabhängende Äste zerkratzten meine Haut und meine Sicht verschwamm mit jedem verdammten Schritt. Mir war schwindelig von dem hohen Blutverlust. Es fühlte sich viel schlimmer an als den altbekannten Zustand des betrunken seines.

Leider wusste ich nicht wohin ich sollte. Zurück ins Dorf kam nicht infrage, denn so sehr ich diese Hilfe benötigte... Ich brachte alle anderen auch in Gefahr.

Außerdem gewährte ich Rebekah vor Wochen freien Eintritt mein Haus und half ihr tagelang gegen das Werwolfgift. Und jetzt dankte sie es mir so...? Nicht einmal mein Haus diente nun als sichere Zuflucht und das war schrecklich.

Am meisten hasste ich es, dass sich die Mikaelsons nicht einmal Mühe gaben sich zu kontrollieren. Sie bissen einfach zu. Immer und immer wieder. Jedes Mal wenn ich einen Fortschritt sah, machten sie es in wenigen Sekunden wieder kaputt.
Mit jedem Tag wuchs die Familie enger zusammen und so wurden sie gefährlich. Unbesiegbar.
Die mächtigste Familie der Welt.

,,Eliza!", rief eine trällernde Stimme hinter mir. Rebekahs Stimme erkannte ich sofort und die Stimmlage klang einfach nur irre. Das Blut brachte sie um den Verstand und ich fühlte mich nicht wirklich bei Kräften. ,,Versteck dich nicht, ich kann ohnehin dein Blut riechen. Ich kann dein Herz schlagen hören. Ich kann deine Angst spüren."

Panisch rannte ich weiter. Der Wald wurde immer dunkler, aber Rebekah kam näher. Sie gab sich nicht einmal Mühe schnell zu rennen, mich einzuholen oder gar leise zu sein. Stattdessen jagte sie mich lieber wie eine richtige Beute. Sie wusste, dass sie nur gewinnen konnte.

Plötzlich verhakte sich mein Bein in einer Wurzel und ich stolperte. Erschrocken fing ich mich gerade noch an einem Baum und atmete tief durch.

Neben mir befand sich nur etwas allzu bekanntes, das mein Leben retten könnte. Der Höhleneingang. Es schützte uns vor Wölfen, also hoffentlich auch vor bissigen besten Freundinnen.

Hatte ich denn eine Wahl?

Eilig rannte ich hinein und versuchte mich in den dunklen Gängen zurechtzufinden. Es gab so viele Abzweigungen, dass man sich wirklich auskennen musste. Wie gut, dass ich die Gänge allgemein zuordnen konnte und mich nicht komplett verlief.

,,Eliza!", rief Rebekah wieder. Ihre Stimme hallte unheilvoll von den Wänden und der steinernen Decke wieder. Ich schauderte und versuchte nicht allzu angestrengt zu atmen. Am liebsten wollte ich mich hinsetzen.

Der Sprint zehrte an meinen Kräften und ich stolperte mit letzter Kraft in eine der Höhlen. Nun saß ich fest, denn es gab keinen Ausgang. Ich musste mich zwischen hierbleiben oder zurück zu Rebekah entscheiden. Eine leichte Wahl.

Schwer atmend ließ ich mich auf den Boden nieder und sah auf. Im Dunkeln erkannte man es kaum, doch ich war mir sicher, dass Klaus und Rebekah in diesen Teil der Höhle zum Spaß ihre Familiengeschichte verewigen. Sie ritzten sie an die Wände und stellten damit sicher, dass auch diese tragische Geschichte ewig am Leben bleiben würde.

,,Endstation, meine Liebe."
Eine dunkle Gestalt trat aus dem Schatten. Erschrocken zuckte ich zusammen und sah auf.
Rebekah.
In der Hand hielt sie eine Fackel, die ihr Gesicht golden schimmern ließ. Ernst sah sie mich an und leckte sich genüsslich über die Lippen. Diese schimmerten leicht rötlich und die Augen starrten mich ausdruckslos an.

Es gab kaum etwas, was mich noch retten konnte.

Entweder sie kam zur Vernunft oder ich musste die Magie verwenden, die ich ihr vorhin wegnahm. Ich musste ihre eigene Magie gegen sie verwenden.

Vorsichtig bewegte ich meine Hand und begann einen leisen Zauber zu murmeln. Ein Schutzzauber, der direkt an der Stelle entstand, an der Rebekah gerade stand. Sie versiegelte ich den Höhleneingang und hoffte auf die Hilfe der Ahnen.

Gerade als Rebekah einen schadenfrohen Schritt in meine Richtung machte, schloss ich den Zauber ab. Zusammengekauert beobachtete ich, wie die Fackel hell aufloderte und Rebekah den Zutritt zu diesem Teil der Höhe verweigerte.

Wie besessen hämmerte sie dagegen, doch die Ahnen standen auf meiner Seite. Ausnahmsweise. Normalerweise hassten sie Siphon-Hexen und halfen uns nicht.
Das bedeutete, dass sie Rebekah als noch größere Abscheulichkeit der Natur ansahen.

Erleichtert atmete ich auf, als sie nicht weiterkam und versuchte weitere Magie zu verwenden um mich zu heilen, doch es klappte nicht. Die Magie war aufgebraucht und reichte nicht mehr dafür aus.

,,Was ist das?", fragte sie wütend und starrte mich fassungslos an. Uns trennte eine unsichtbare Mauer, aber das reichte wohl nicht. Ewig konnte ich nicht hier bleiben.

,,Der Beweis, dass du wirklich ein Monster bist. Sie lassen dich nicht reinkommen", antwortete ich leise, aber durchaus bestimmt.

Rebekahs dunkle Augen fixierten mich, aber ich ließ mich nicht mehr einschüchtern. Nicht von ihr, nicht von ihnen. Das alles musste einfach aufhören.
,,Ich...", begann sie zu reden, doch dieses Mal durfte sie nicht ausreden. Sie leugnete es doch sowieso wieder. Wir drehten uns immer nur im Kreis.

Jetzt reichte es mir entgültig!

,,Sieh dich doch mal selbst an, Rebekah!", fuhr ich sie, so laut meine Stimme es zuließ, an. ,,Mein Blut klebt an deinen Händen. Wir sind seit unserer Kindheit beste Freundinnen und deshalb habe ich dir tausende Chancen gegeben, aber du hast keine einzige davon genutzt oder gar verdient! Nathaniel hatte Recht. DU bist Gift in meinem Leben. Es wäre besser du wärst einfach tot geblieben!"

Rebekah zuckte zusammen und Tränen bildeten sich in ihren Augen. Wieso tat sie mir schon wieder leid? Wieso konnte ich sie nicht einfach hassen?

Die Tränen machten mich jedoch auch umso wütender. ,,Du hast mich gebissen Rebekah und du würdest es wieder tun, wenn ich meine Hand von meinem Hals nehme und du reinkommen könntest!"

Rebekah nickte stumm. Sie wusste, dass das stimmte. Langsam sank sie ebenfalls zu Boden. Sie entschuldigte sich nicht einmal mehr, denn um ehrlich zu sein brachte das nichts. Nicht nach alledem.

Ich sah sie an. ,,Es tut mir leid, aber es ist jetzt genug."

Langsam kroch ich zu ihr hinüber und lehnte mich innerhalb des Schutzzaubers gegen die kalte steinwand. Mit jeder Sekunde fühlte ich mich schwächer und schwächer. Die Wunde unter meiner Hand heilte nicht und sie blutete immer noch. Rebekah hatte einfach zu fest zugebissen.

,,Ich will, dass du diesen Ort verlässt, Rebekah. Nimm deine Familie mit und geht einfach fort von hier. Du hast ein unsterbliches Leben vor dir und solltest es nicht damit verschwenden etwas aufrechterhalten, was für immer kaputt ist. Unsere Freundschaft ist kaputt, aber das habe ich erst jetzt begriffen. Es ist besser, wenn wir es hiermit beenden."
Ich drehte meinen Kopf in ihre Richtung und musste mich zwingen, meine Augen offen zu halten und sie anzusehen. ,,Du kannst alles sein. Zieh in ein Schloss und werde eine Prinzessin, such dir einen hübschen Prinzen und sei glücklich. Aber bitte... bitte zieh mich nicht auch in deinen Abgrund."

Rebekah starrte mich mir überraschter Miene an. ,,Eliza... sag das nicht... ich werde mich für dich ändern, aber bitte stoß mich nicht auch noch von dir weg."

Es fiel mir schwer, doch ich schüttelte den Kopf. Ich konnte es einfach nicht länger.

,,Ich liebe dich. Ich liebe dich wirklich und ich werde es immer tun, aber so ist es am besten."

Wir würden uns nur gegenseitig noch mehr verletzen und das wollte ich nicht. Manche Dinge waren einfach so kaputt, dass man sie nicht mehr reparieren konnte.

Mein Kopf sank zur Seite und es fiel mir schwer ihn wieder anzuheben. ,,Eliza, dir geht es nicht gut. Du hast nicht darüber nachgedacht..."

,,Nein, hab ich nicht. Aber ich will nicht mein Leben lang jemanden lieben, der sich selbst verloren hat. Das hier bist nicht du. Es ist nur das, was von dir übrig ist. Du hast vergessen zu leben. Stattdessen existiert du nur noch. Hol dir dein Leben zurück und werde glücklich. Bitte... Du kannst von vorn anfangen, Beki", flüsterte ich.

Rebekah schwieg eine ganze Weile, aber sie widersprach überraschenderweise nicht. Dafür klang ihre Stimme zitternd und etwas panisch.
,,Eliza, lass mich dir helfen... du bist wirklich schwer verletzt. Lass mich dir einfach helfen. Ein letztes Mal."

Sie wollte mir helfen? Nochmal Blut trinken?

Mein Kopf fühlte sich schwer an, doch ich brachte gerade noch so ein paar klare Gedanken zustande. Also wusste ich, dass ich starb wenn ich mir nicht helfen ließ.

,,Nein", murmelte ich widerspenstig.

,,Eliza, ich werde dich nicht sterben lassen. Nur noch einmal helfen"

Sie biss sich ins Handgelenk und steckte die Hand soweit aus, wie es die Schutzbarriere erlaubte. Langsam griff ich zögernd nach ihrer Hand und begab mich außerhalb des Schutzes.

Sofort griffen Rebekahs kalte Hände mein Handgelenk und sie zog mich zu sich. Ich wollte ihre Hand nehmen und das Blut trinken, doch bevor es meine Lippen erreichte sah ich Rebekah, die wie hypnotisiert auf meinen Hals starrte.

,,Bekah nein...", murmelte ich leise.

Ich sah wie sie mit sich selbst kämpfte. Dazu brauchte ich nur einmal in ihre blauen Augen zu sehen. Da begriff ich, wie viel Schmerz darin zu sehen war.

Sie verlor den Kampf trotzdem.

,,Es tut mir so leid"

Diese Worte waren das letzte, was ich in meinem benommenen Zustand hörte. Wieder gruben sich ihre Zähne in meinen Hals und saugten mir gierig das Blut aus den Adern. Viel war ohnehin nicht mehr übrig.

Ich wehrte mich nicht mal, spürte stattdessen wie meine Kraft immer weniger wurde und meine Beine gaben nach.

Hastig ließ Rebekah mich los und starrte mich entsetzt an.

,,Nein...", rief sie panisch.
Ich fiel zu Boden.
Mein Kopf knallte unangenehm an den Stein.
Eine Sekunde später spürte ich nichts mehr.

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