Wiedersehen mit Freude
Mit wehenden Haaren und geschlossenen Augen stand ich an einer der vielen Steinküsten Schottlands. Ich hörte das tobende Meer unter mir gegen die Klippen preschen, roch den angenehmen salzigen Duft des Wassers und spürte mein Herz fest in meiner Brust schlagen. Instinktiv breitete meine Arme weit aus, als sei ich ein Vogel, der jeden Moment davonfliegen könne, um die Welt zu sehen. Für einen kurzen Moment fühlte ich mich frei, leicht und ohne jegliche Sorgen. Kurzzeitig trug ich keine Bürde oder Verantwortung. Ich musste mich nicht sorgen oder verstecken. Ich war stark, schön und frei.
Nur noch ein Schritt und ich würde fliegen und wahrhaftig frei sein. Eine Böe erfasste mich und wehte mir meine langen dunklen Haare ins Gesicht, was mich zum Lachen brachte. Ich war mir sicher, dass dies der richtige Augenblick war. Mein Herzschlag beschleunigte sich sofort, als ich einen Schritt nach vorne tun wollte, aber noch bevor mein Fuß das weiche grüne Gras unter mir berühren konnte, ertönte ein schrecklicher Lärm und alles änderte sich schlagartig.
Mit einem gequälten Stöhnen landete ich wieder in der Wirklichkeit.
Wie weggeblasen war, die wunderschöne Szenerie von eben. Nun spürte ich die harte Matratze unter mir, roch eine Mischung aus Kaffee sowie Rosen, hörte den quälenden Alarm meines Weckers und, noch schlimmer, spürte heftige Kopfschmerzen, die mich abermals aufstöhnen ließen. Mit der linken Hand tastete ich ungeschickt nach meinem Wecker und obwohl ich versucht war, ihn an die nächste Wand zu werfen, drückte ich ihn, zu seinem Glück, nur aus. Sehr langsam drehte ich mich auf die Seite, was mein Magen sofort mit einem sehr unguten Gefühl quittierte. Vielleicht hatte ich es gestern doch ein wenig übertrieben, dachte ich bei mir und mit einem Mal zog der gestrige Abend an mir vorbei. Ich erinnerte mich an alles, wie zum Beispiel an diesen ganz hübschen rothaarigen Muggel, den ich wahrscheinlich nie wiedersehen würde. Zu dumm auch, er hatte etwas an sich, dass mich immer noch faszinierte und mich innerlich ein wenig zum Schmunzeln brachte. Allerdings hatte ich keine Zeit, um über ihn nachzudenken, denn sobald mein Blick auf meinen Wecker fiel, stellte ich fest, dass ich, mal wieder, viel zu spät dran war und das an diesem Tag.
Einen Tag bei dem ich einen klaren Kopf dringend benötigte.
Heute würde ich zum Fuchsbau reisen, um meiner Cousine dort mit den Vorbereitungen für ihre Hochzeit zu helfen, wobei ich nicht nur starke Nerven, sondern für die vielen Namen der Personen, die ich kennenlernen würde, auch ein gutes Gedächtnis brauchte. Ich konnte nicht leugnen, dass ich mich freute sie nach all den Monaten wiederzusehen und endlich auch ihren Verlobten sowie dessen Familie kennen zulernen. Bisher hatte sie mir nur in den Briefen, die sie mir geschickt hatte, über ihn geschrieben oder eher vorgeschwärmt. Sie hatte wohl zu ersten Mal jemanden gefunden, den sie aufrichtig liebte und den sie nicht mehr loslassen wollte. Fehlte nun nur noch die Hochzeit. Apropos ...
Mit einem Schwung stand ich auf, nur um kurze Zeit wieder auf mein weiches Bett zu fallen. Für einen Moment drehte sich alles, um mich herum und fühlte mich, als sei ich in einem Karussell, wobei mich ich, sondern mein schlichtes Zimmer sich drehte. War es normal, dass mein Spiegel Kreise um mich drehte? Womöglich nicht. Ich schloss meine Augen und kurze Zeit später wagte ich einen zweiten Versuch. Der von Erfolg gekrönt war, denn endlich stand ich. Soweit so gut, denn jetzt musste ich nur noch schnell den Rest schaffen, ohne dass mein Kater die Oberhand gewann. Ich sah abermals auf meinen geliebten Wecker und schluckte. Ich hatte 90 Minuten Zeit, bevor mich jemand aus der Familie Weasley abholen und zum Fuchsbau bringen würde.
In einer überraschend schnellen Geschwindigkeit, ging ich duschen, trank einen starken schwarzen Kaffee, aß ein halbes mit Marmelade bestrichenes Brötchen und warf mir ganze drei Aspirin ein, um dem Kater den Kampf anzusagen. Innerlich betete ich dafür, dass die Tabletten schnell ihre Wirkung entfalteten, denn sonst würde ich den Tag nicht überleben. Glücklicherweise meinen magisch vergrößerten Rucksack schon gepackt und so musste ich mich darum nicht mehr kümmern. Ja, manchmal war ich ein kleines Genie und so musste ich nur noch zwei Sachen erledigen: das Schminken und Umziehen. Puh ...
Nachdem ich mich fertig geschminkt sowie meine schwarzen Haare gekämmt hatte und wieder vorzeigbar aussah, stand ich grübelnd vor meinem hölzernen Kleiderschrank, der beinah die Hälfte meines Schlafzimmers einnahm. Ja, ich hatte eine Menge an verschiedenen Klamotten, aber konnte ich mich deswegen schnell entscheiden, was ich anziehen sollte? Nein. Ich brauchte 20 Minuten bis ich endlich die passenden Sachen herausgesucht und über gezogen hatte. Ich knöpfte gerade meine dunkelblaue Bluse zu, die ich passend zu der schwarzen Jeans trug, als es an der Tür klingelte. Meine erste Reaktion war ein Grinsen, denn die Tabletten wirkten endlich und so löste das Klingeln keine starken Kopfschmerzen aus. Ich knöpfte den letzten Knopf zu und lief den kurzen Flur meiner Wohnung entlang, um die Tür zu öffnen. Was mich dahinter erwartete glich einem Schock für mich und ich hörte auf zu atmen.
Vor mir stand ein äußert attraktiver Mann, der mich zwei Köpfe überragte und in der verwaschenen blauen Jeans, dem grünen Flanellhemd, dass seine Arme vorzüglich betonte eine sehr gute Figur abgab. An seinem rechten Handgelenk hatte er ein paar Leder Armbänder und in seinem rechten Ohr hing ein Ohrring, der einem Zahn gleichen konnte. Das, für mich, erschreckende war aber nicht seine Kleidung oder die längeren roten Haare. Nein, sein markantes Gesicht, die leicht geöffneten Lippen und der überraschte Ausdruck in seinen blauen Augen, hatte mir die Sprache verschlagen.
Mit einem Mal saß ich wieder in der dunklen Bar an der Theke und sah in eben diese wunderschönen Augen, die mein Herz schneller schlagen lassen hatten. Ich hörte seine weiche Stimme wieder in meinen Ohren, roch seinen speziellen Geruch, der von ihm ausging und eine Mischung aus Feuer sowie Wald war, und fühlte seine weichen Lippen auf meinen.
Bei Merlin, was hatte ich getan?
Und während ich ihn so geschockt ansah, als stünde der dunkle Lord vor mir, fasste er sich. In seine Augen trat ein amüsiertes Funkeln und sein Mund verzog sich zu einem spitzbübischen Lächeln.
„Ich wusste gleich, dass wir uns wiedersehen würden und jetzt wirst du sogar die nächsten Wochen bei uns verbringen." Sprach er und ich wurde das Gefühl nicht los, dass ich so etwas wie Vorfreude in seiner Stimme hörte.
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