11. Chapter
~ LENNOX ~
Der Knall der Explosion hallte noch lange in der Schlucht nach, während ich mich aufrappelte und zu Jay rannte.
„Jay!" Ihn hatte es weitaus schlimmer erwischt als mich und ich konnte gerade noch seinen Oberkörper auffangen, bevor dieser ebenfalls auf den Boden knallte.
Anschließend legte ich einen seiner Arme um meinen Rücken und hievte ihn dann hoch. Er war schwerer als er aussah, aber wahrscheinlich lag das alles auch nur an meinen Verletzungen, dass ich ihn nicht richtig tragen konnte.
Er war zwar etwas nervig mit seiner kindlichen Weltansicht, aber ich hatte ihn liebgewonnen und er war der Einzige, den ich noch hatte. Ich würde ihn also auf keinen Fall hier zurücklassen. Nur über meine Leiche!
Ich zählte schon gar nicht mehr mit, wie lang und wie weit ich ihn neben mir herzog. Ich wollte ihn nur noch in Sicherheit bringen und dann meine Rache ausüben, koste es was es wolle. Der Rest war mir egal. Sollte Bana mich doch töten, aber ich würde ihn ganz sicher mit in den Tod nehmen! Damals hatte er es auch nicht geschafft, also würde er es dieses Mal auch nicht.
Der Schlucht kamen wir immer näher und ich konnte bereits von hier die dicken Rauchschwaden erkennen, die zum Himmel emporstiegen. Was auch immer dort passiert war, die Explosion kam wohl nicht von Bana, denn ihn hatte es ebenfalls erwischt. Der Gedanke daran, dass Eric Bana noch weitere Feinde hatte und wir hoffentlich neue Verbündete hatten, motivierte mich.
Eine Bewegung aus dem Augenwinkel ließ mich kurz stoppen. Jay schlug langsam die Augen auf und brummte etwas Unverständliches. Doch ansonsten gab er kein weiteres Zeichen und bewegte sich auch nicht.
„Jay? Kannst du mich hören?"
Doch der Blonde reagierte nicht und wirkte ziemlich benommen. Seine Augen waren nur noch halb auf und fokussierten sich nicht. Ich konnte ihn also unmöglich mitnehmen. Daher suchte ich einen möglichst sicheren Platz aus, der trotzdem nicht allzu sehr entfernt war. Ein großer Stein versperrte die Sicht auf die Nische im Felsen und bot somit ausreichend Schutz.
Die letzten paar Meter trug ich ihn dort hin und setzte ihn schlussendlich ab. Seinen Rücken lehnte ich an die Wand hinter ihm und als ich ihn losließ, kippte er ganz leicht nach vorne.
Ein letztes Mal sah ich ihn an. Es könnte das Letzte mal sein, dass ich ihn sah. Mittlerweile hatte er seine Augen wieder geschlossen, doch sein gleichmäßiger Atem beruhigte mich. Er lebte noch und die Kopfverletzung war nicht allzu schlimm.
Gedankenverloren und mit einem aufmunternden Lächeln klopfte ich ihm ein letztes Mal auf die Schulter, ehe ich mir seine Waffe nahm und aufstand. Auf der einen Seite fühlte ich mich schlecht, weil ich ihn allein zurückließ, und auf der anderen Seite wusste ich, dass ich das Richtige tat.
Kurz drehte ich mich noch mal um und sah ihn an, wie er dort saß. Dreckig, schwach und verwundbar. Ich brannte mir das Bild so ein, wie das aller Kameraden, die ich verloren hatte. Insbesondere Killian. Ich wollte ihren Anblick vor Augen haben, wenn ich Bana tötete. Es sollte mir Kraft geben und mir zeigen, wofür ich das alles tat. Dann wandte ich mich ab. Vermutlich für immer.
Jetzt lag es wohl allein an mir.
Bestärkt und mit neuer Kraft lief ich zur Schlucht und sah an den hohen Felsen hinunter. Ein kleiner, aber ziemlich gefährlicher Pfad führte hinunter. Doch was ich sah, ließ mich kurz erstarren.
Das gesamte Lager war verwüstet und überall waren kämpfende Männer. An vereinzelten Stellen brannte es und der Rauch wurde immer dichter. Schreie und Schüsse durchschnitten die Luft und Sand und Dreck wurden immer wieder aufgewirbelt. Pferde liefen frei herum und Autos lagen verkehrt herum auf den sandigen Boden. Ein schreckliches Bild.
Wer auch immer Bana angegriffen hatte, war mir sofort sympathisch und ich würde das Gewusel mit Sicherheit ausnutzen. Mein Griff um Jays Waffe wurde stärker und ich schlidderte hinab zu den Kämpfenden. Bana musste schließlich noch irgendwo hier sein.
Während ich so durch die ganzen kämpfenden und schreienden Männer lief, achtete ich auf jedes noch so kleine Anzeichen, was auf Bana hindeutete und versuchte die Tatsache, dass es immer weniger Männer wurden zu ignorieren. Banas Leute waren eindeutig in der Mehrheit und töteten immer mehr der feindlichen Truppen.
Und Ich? Naja, ich gehörte zu niemanden, sondern wollte nur meine langersehnte Rache.
Plötzlich blieb ich wie angewurzelt stehen und starrte auf die Person, die nun in 50 Meter Entfernung vor mir stand. Es schien, als ob die Zeit stillstand. So als gäbe es nur uns beide. Nur Wir. Nur dieser Moment. Das letzte Mal hatte ich so gefühlt als Killian in meinen Armen gestorben war.
Sein Grinsen machte mich fast irre. Dennoch hatte ich eine gruselige Ruhe in mir. Fast schon automatisch hob ich meine schwarze M4A1 und richtete sie auf Bana. Seine dunkelbraunen Haare waren vom Wind zerstört und an seinem Bart klebte Blut. Seine eisblauen Augen trafen auf meine dunklen.
„Ein Soldat? Das ist Alles?", lachte er hämisch, ehe er einen Schritt auf mich zumachte.
„Für deinen Tod ausreichend!", entgegnete ich entschlossen.
Wieder grinste er und sah mich belustigt an. „Irgendwoher kenne ich dich. Aber das ist unmöglich, wir haben noch nie einander gesehen", meinte er nachdenklich.
„Oh wir haben uns schon mal getroffen! Vor drei Jahren an der Ostküste der Sahara. Dort wo du meinen Trupp ausgelöscht und Killian getötet hast, wofür du bezahlen wirst!"
Jetzt war ich es, der leicht lachte und ihn höhnisch ansah. Für einen Moment sah er mich geschockt an und vernachlässigte seine kalte Maske. Dann fasste er sich wieder und seine Augen sahen mich hungrig an.
„Ah, ich erinnere mich. Dann bist du der, der mir damals entkommen ist", sagte er mit rauer Stimme und kurz schloss er seine Augen. Mit fast schon genießendem Blick sah er hinauf zum Himmel und atmete tief durch. Als er dann seine Augen wieder öffnete und mich ansah, trieften sie vor Aggressivität. „Dich wollte ich damals eigentlich auch töten, nur bist du mir entwischt. Aber das passiert mir kein zweites Mal."
„Ich wollte dich auch schon lange töten und jetzt habe ich endlich die Chance dazu!", knurrte ich und wollte schon schießen, doch eine Granate schlug wie letztes Mal neben mir ein und trennte uns beide.
Wir flogen beide einige Meter weiter weg und landeten auf den Boden. Meine Waffe verlor ich dabei und für einen kurzen Moment auch meinen Mut.
Doch ein kurzer Gedanke an diejenigen, die ich verloren hatte, und schon war meine Entschlossenheit zurück. So schnell ich konnte stand ich auf und wollte zu meiner Waffe, doch wurde von jemanden zur Seite gestoßen. Bana kniete über mir und schlug auf mich ein. Aus Reflex hob ich meinen Arm und schützte so mein Gesicht vor seinen Schlägen. Dann erhob ich mich und schlug ihm ins Gesicht, nutzte die Gelegenheit seiner Unachtsamkeit, um den Spieß umzudrehen und nun auf ihn einzuschlagen.
Das ging noch eine ganze Weile hin und hier, jeder teilte aus und jeder kassierte auch eine Menge. Bis er auf einmal ein langes Messer zückte und es mir in die Brust drücken wollte. Mit beiden Händen hielt ich seine Arme fest und versuchte meinen sicheren Tod zu verhindern. Ich durfte noch nicht gehen. Noch nicht! Nicht vor ihm!
Plötzlich drehten wir uns wieder. Jetzt war ich derjenige der das Messer hielt und als wir ein weiteres Mal über den Boden rollten, schrie er auf und wir hielten plötzlich inne. Er lag nun über mir und das Messer steckte bis zum Griff in seiner Brust. Seine Augen sahen mich geschockt an und er spuckte Blut, ehe er auf mir zusammenbrach.
Schwer atmend schob ich ihn von mir herunter und betrachtete ihn. Er lag nun neben mir und fing an zu röcheln und sich zu verkrampfen. Mit einem Ruck zog ich das Messer aus ihn, was ihn auf keuchen ließ.
„Ich sagte dir doch, dass du dafür bezahlen wirst!", raunte ich noch, ehe ich das Messer erneut in seine Brust rammte, nur dieses Mal direkt ins Herz.
Bana schrie gequält auf und ich drückte es so lange hinein, bis er tot war und sein Körper nicht mehr zuckte.
„Das war für Killian und alle anderen, die du auf dem Gewissen hattest", sagte ich noch, bevor ich mich erhob und meinen Blick auf seine leblosen Augen legte.
Doch irgendetwas stimmte nicht. Ich verspürte keine Genugtuung und keine Freude. Sein Tod hatte absolut nichts geändert. Wie Jay gesagt hatte.
Nur das spielte jetzt keine Rolle mehr. Denn als ich meinen Blick hob sah ich die wenigen Leute, die von Bana übriggeblieben waren. Sie hatten die Eindringlinge getötet und sahen nun geschockt zu mir und ihrem toten Anführer. Dann veränderte sich ihre Mimik und mir war klar, dass das ein Kampf werden würde, aus dem ich nicht mehr lebend herauskam. Doch das musste ich auch nicht. Ich hatte meine Rache, auch wenn sie mir nichts gebracht hatte.
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