26 | hugh & jack | harry

vibe des kapitels: only the brave - louis tomlinson
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Es ergab Sinn. Erst war ich absolut verwirrt gewesen und hatte es für einen komischen Zufall gehalten, dass das Tomlinson Anwesen, wo Louis anscheinend hingeschickt wurde, so nah am Haus meiner Großeltern war, aber es ergab absolut Sinn.

Wenn die Styles und die Tomlinsons sich seit Jahrzehnten hassten, dann mussten sie sich ja auch kennen. Und demzufolge aus den gleichen Orten, den gleichen Dörfern sogar, kommen.

Ich bezahlte den Taxifahrer, bedankte mich und stieg aus. Das Haus meiner Großeltern sah noch genauso aus wie ich es in Erinnerung hatte, nur die zwei kleinen Bäume auf der Veranda wirkten etwas vertrocknet. Und das Licht war überall aus.

Aber ich hatte nicht besonders viel Zeit, es ausgiebig zu begutachten, weil es ziemlich heftig regnete. Ich lief schnell die drei Stufen unter das Dach der Veranda und stellte meine Sporttasche auf den Boden. Ich klopfte meine Hosentaschen ab und kramte dann in der vorderen linken nach dem Schlüssel. Kurz darauf sperrte ich die Tür auf, griff wieder nach meiner Tasche und trat ein. Als ich das Licht einschaltete, flackerte es ein paar Mal, funktionierte dann aber einwandfrei. Es roch ziemlich muffig, weshalb ich erstmal durchs Haus lief und einige Fenster aufriss.

Dann ließ ich mich kurz auf die Couch im Wohnzimmer fallen und atmete tief durch. Ich wollte sofort zu Louis. Ich hatte mich auch vom Taxi aus dem einzigen Grund hierhin fahren lassen, dass Grandma mir immer erzählt hatte wie schnell sich Gossip in diesem kleinen Ort rumsprach und ich wollte jetzt nicht unbedingt, dass meinem Vater das nächste Mal, dass er kam direkt erzählt wurde, dass sein Sohn den Tomlinsons einen Besuch abgestattet hatte.

Deshalb wollte ich das alte Fahrrad nehmen, was in der Garage stand und mithilfe von meiner Karten-App den Weg zu Louis finden. Das einzige was den Plan vielleicht ein bisschen schwierig gestaltete war das Wetter. Es regnete ziemlich stark und war zudem auch ziemlich dunkel draußen. Aber das würde ich schon schaffen. Ich musste zu ihm.

Deshalb blieb ich nur fünf Minuten auf dem Sofa sitzen, um meine Kräfte zu sammeln und stand dann wieder auf. Ich steckte den Schlüssel in meine Hosentasche und machte mich dann auf den Weg zur Garage.

Meine Großeltern hatten sie ein paar Monate bevor sie gestorben waren bauen lassen und sie war viel zu modern, sie passte absolut nicht zum alt aussehenden Äußeren des Hauses, auch wenn das erst vor einigen Jahren eine absolute Runderneuerung hinter sich gebracht hatte.

Bis auf die Bibliothek, die wollte mein Vater nicht berühren, damit die „Magie seiner Kindheit" nicht verloren ging und ganz ehrlich, das konnte ich verstehen. Ich liebte die Bibliothek auch, Grandma hatte mich dort früher immer die Bücher aussuchen lassen, die sie mir dann zum Einschlafen vorgelesen hatte. Und manchmal hatte ich sie überreden können da zu bleiben und den Geschichten zwischen den unzähligen Büchern lauschen dürfen, bis ich auf dem Sofa eingeschlafen war und mein Vater mich hoch in mein Bett getragen hatte.

Bei dem Gedanken musste ich lächeln, obwohl er eher ein traurigen Nachgeschmack mit sich brachte. Ich vermisste meine Großmutter. Meinen Großvater auch, aber zu ihm hatte ich nie so eine enge Bindung gehabt. Gemma dafür umso mehr.

Ich griff nach dem Fahrrad, das in der sonst ziemlich leeren Garage stand (abgesehen von zwei mit Schrott gefüllten Regalen und alten Autoreifen und Kisten) und prüfte den Reifendruck. Wie erwartet war es ziemlich platt und ich musste erstmal nach einer Pumpe suchen.

Zum Glück fand ich ziemlich schnell eine im Regal rechts von mir und atmete auf. Jetzt auch noch unnötige Zeit mit suchen zu verbringen, hätte mir echt Nerven gekostet.

Wenige Minuten später lag die Pumpe wieder im Regal und ich öffnete das Garagentor, um loszufahren. Beim Blick in die Dunkelheit und den Regen hätte ich zwar fast einen Rückzieher gemacht, schüttelte dann aber den Kopf. Ich wollte wirklich zu Louis, da würde mir jetzt nicht ein bisschen Wasser in die Quere kommen, wenn ich schon nach Nebraska geflogen war.

Ich versuchte also mein Handy mit zwei Haargummis, mehr oder weniger fest, an den Lenker zu binden und gab die Adresse ein, die Niall mir geschickt hatte.

Und dann fuhr ich los und drückte noch auf den Knopf, mit dem das Garagentor sich wieder schloss.

Sobald die ersten Tropfen auf meine Haare trafen bereute ich es, nicht wenigstens eine Mütze mitgenommen zu haben. Ich würde komplett nass werden.

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Ich verfuhr mich zwei Mal, fand den Weg dann aber und stand vor einem schlicht aussehenden Haus, das ziemlich im Nirgendwo lag. Nicht besonders weit vom Haus meiner Großeltern, aber inmitten von Wiesen und etwas weiter weg meinte ich einen Wald in der Dunkelheit auszumachen.

Kurz stand ich tatenlos im Regen, dann stieg ich schnell ab, zog mein Handy aus der „Halterung" (aus der es übrigens bei der Fahrt zwei Mal fast rausgefallen war) und lehnte das Fahrrad ans Geländer der Veranda. Dann lief ich schnell die paar Stufen hoch zur Haustür und atmete auf als ich endlich nicht mehr nass geregnet wurde.

Es brannte Licht hinter den seidigen Gardinen im Erdgeschoss und ich holte tief Luft und klopfte. Dann trat ich wieder einen Schritt zurück. Wenn das die richtige Adresse war, dann würde ich Louis jetzt wiedersehen, konnte ihn umarmen, ihn küssen und ihm sagen wie sehr ich ihn liebte und dass ich die Sachen im Krankenhaus nicht so harsch gemeint hatte, wie sie aus meinem Mund gekommen waren.

Die Tür wurde nach wenigen Sekunden schon geöffnet und eine Frau erschien im Licht der Lampe hinter ihr.

Sie war blond und etwas kleiner als ich, wickelte ihren Cardigan um sich als die kühle Luft von draußen zu ihr hereintrat und sah etwas verwirrt zu mir hoch. Dann klappte ihr Mund auf, was mich wiederum verwirrte.

„Bin ich hier richtig bei Cathrin Tomlinson?", fragte ich und biss mir auf die Unterlippe.

Die Frau starrte mich mit offenem Mund an und blinzelte. „Shreed, ich hab geheiratet."

„Oh", sagte ich. „Ähm..." Ich strich mir eine nasse Strähne aus dem Gesicht und räusperte mich. „Ja, also ich-"

„Bist du Harry?", unterbrach sie mich aber und ich runzelte überrascht die Stirn. Louis hatte ihr von mir erzählt?

„Die Ähnlichkeit ist wirklich erstaunlich", sprach sie weiter, was mich ein bisschen aus dem Konzept brachte. Ähnlichkeit? Was? Zu wem denn? Louis? Das würde ja gar keinen Sinn ergeben.

„Äh", begann ich, aber sie schien die erste Überraschung abzuschütteln, denn sie setzte ein nettes Lächeln auf und trat einen Schritt zur Seite.

„Komm erstmal rein, du armer Junge bist ja ganz durchnässt."

Als ich mich nicht bewegte, griff sie sanft nach meinem Arm und zog mich über die Türschwelle, um mir die Jacke abzunehmen. Mir fiel jetzt erst auf wie unglaublich kalt mir tatsächlich war und ich lächelte ihr nur zu und ließ mir aus dem schweren Stoff helfen.

„Sekunde, ich hol dir eben ein Handtuch", sagte sie und verschwand mit dem Mantel hinter einer Tür, die vom Wohnzimmer hier abführte. Ich sah mich kurz um. Das Haus wirkte ziemlich gemütlich. Ich musste lächeln, als ich mir vorstellte wie Louis auf dem Sofa saß und in den Kamin starrte, in dem gerade ein Feuer brannte.

Seine Tante kam kurz darauf wieder und drückte mir ein Handtuch in die Hand. Ich begann dankbar meine Locken ein bisschen trocken zu rubbeln und sie seufzte.

„Also...nicht, dass ich mich nicht freue dich kennenzulernen", sagte sie. „Aber was machst du hier?"

Ich runzelte die Stirn. „Äh...ich wollte...ich wollte Louis sehen", erklärte ich und biss mir auf die Unterlippe. Sie sah eigentlich ziemlich nett aus, aber ihr Gesichtsausdruck machte mich irgendwie unsicher.

„Das hab ich befürchtet", meinte sie und ich runzelte die Stirn noch tiefer.

„Was?"

„Schätzchen, dein Mann hatte die gleiche Idee. Er hat sich gestern auf den Weg gemacht. Zu dir."

Ich hatte gar keine Zeit, mich zu wundern, dass sie anscheinend wusste, dass wir verheiratet waren, denn die Bedeutung ihrer Worte sickerte sofort zu mir durch.

„Nein", hauchte ich. „Ernsthaft?" Das konnte doch jetzt nicht wahr sein. Wieso hatten Louis und ich eigentlich immer so viel Pech?

Sie nickte mitleidig. „Ja. Und sein Handy ist kaputt, das heißt, erreichen kann man ihn erst wieder wenn er sich ein Neues gekauft hat. Das hat er zwar vor, aber ich weiß nicht, wann er dazu kommt. Außerdem hat man hier keinen Empfang, weil der Funkturm letztens beim Sturm eingestürzt ist. Der ist zwar in Reparatur, aber ich weiß nicht wie lange das noch dauert. Der einzige Weg wäre also übers Internet und ich glaube Louis wollte sich nur so ein zehn Dollar Tastenhandy kaufen."

Ich seufze, vergrub mein Gesicht in den Händen und musste mich zwingen, mich zusammenzureißen und nicht anzufangen zu weinen. Ich war wirklich fertig und wollte einfach nur Louis umarmen. Aber der war immer noch extrem weit weg.

Seine Tante tätschelte mir etwas unbeholfen die Schulter und ich sah wieder auf.

„Vielleicht hilft es ein bisschen wenn ich dir einen Pulli von ihm gebe? Er hat das Meiste hier gelassen und du siehst sowieso aus als ob dir kalt wäre."

Ich nickte sofort und sie lächelte. „Dann komm mal eben mit."

Ich schlüpfte noch aus meinen Schuhen, weil die auch ziemlich nass waren und folgte ihr dann die Treppe hoch. Eine Stufe war aber komplett kaputt und hohl. Verwirrt übersprang ich sie und runzelte die Stirn.

„Das mit der Stufe erklär ich dir gleich", sagte Cathrin als hätte sie meine Gedanken gelesen und ging die nächste Treppe hoch. „Das betrifft dich auch."

Okay, das verwirrte mich nur noch mehr. Ich beschloss einfach erstmal keine Fragen zu stellen.

Vor dem Dachzimmer im obersten Stock stoppte sie und öffnete die Tür. Als wir eintraten konnte ich sofort sehen, dass mein Mann hier gewohnt hatte. Das ungemachte Bett und Chaos aus Kleidung auf dem Fußboden schrie förmlich Louis. Ich musste lächeln. Cathrin fischte einen Pulli vom Boden und hielt ihn mir hin. Es war einer der an Louis ein bisschen oversized war, mir also ganz gut passte, ich hatte ihn schon einige Male bei ihm angehabt. Lächelnd zog ich ihn mir über und es ging mir sofort besser als ich die Nase im Stoff versenkte und seinen himmlischen, vertrauten Geruch ausmachen konnte.

Ich liebte ihn wirklich.

Cathrin beobachtete das mit einem Lächeln und bedeutete mir dann mit einer Kopfbewegung ihr wieder zu folgen. Die Treppen runter ins Wohnzimmer durch eine andere Tür und dann standen wir in einer Bibliothek. Sie erinnerte wirklich stark an die im Haus meiner Großeltern und ich beobachtete wie Cathrin zum Sofa in der Mitte ging und sich hinsetzte. Vor ihr auf dem Glastisch lagen einige Bücher und Briefe.

Sie hob etwas auf und sah dann zu mir. Und zurück auf das Papier in ihrer Hand. Und wieder zu mir.

„Echt unglaublich", meinte sie dann und ich runzelte die Stirn.

„Was?"

Sie klopfte neben sich aufs Sofa und hielt mir dann hin, was sie in der Hand hielt.

Ich ließ mich etwas unschlüssig neben sie sinken und ergriff das Foto, wie ich jetzt erkannte.

Und wow.

Ich ließ mich aufs Sofa sinken. Das meinte sie also mit „die Ähnlichkeit ist wirklich erstaunlich."

Es war als ob ich mir selbst entgegenstarrte.

Der Mann rechts im Bild sah aus wie ich. Und das war nicht übertrieben. Er sah wirklich genauso aus wie ich, nur vielleicht ein paar Jahre älter und...na ja...wie aus einer anderen Zeit.

Was er ja auch war. Auf dem Foto stand September 1826.

1826? Ach du heilige Scheiße.

Ich schluckte und sah zu Louis' Tante hoch, die nur nickte und sich auf die Unterlippe biss.

„Was..." Ich stockte, sah nochmal auf das Bild und runzelte die Stirn. „Wer ist das?"

„Ich nehme an einer deiner Vorfahren, anders kann ich mir das nicht erklären", sagte sie. „Und Louis auch nicht."

Als sie seinen Namen sagte sah ich sofort wieder zu ihr hoch und sie seufzte leise. „Als er gestern losmusste ist er mit dem Fuß in die Treppenstufe gekracht, die war schon länger ziemlich morsch. Und darin waren dieses Foto und dieser...Hut hier." Sie streckte sich, um etwas aufzuheben, was neben dem Sofa auf dem Boden lag und hielt mir dann einen braunen, wirklich sehr alt aussehenden Hut entgegen.

„Du hast vermutlich dreitausend Fragen, aber Harry ich glaube ich kann dir keine einzige davon beantworten", sagte sie bedauernd. „Ich hab mindestens genauso viele. Und Louis auch."

Ich blinzelte nur. „Der andere Mann auf dem Bild", sprach sie dann weiter und deutete auf den, der seinen Arm um den Typen gelegt hatte, der aussah wie ich. „Das ist Jack Tomlinson."

Sofort schoss mein Blick zu ihr hoch. „Jack Tomlinson?", fragte ich und holte tief Luft. „Aber das Bild ist doch von 1826, da waren wir doch schon längst-" Ich atmete aus.

Sie nickte. „Ganz genau. Deshalb sind Lou und ich so verwirrt."

„Das kann nicht sein", flüsterte ich und strich mit dem Finger über das Papier.

„Und doch hältst du dieses Bild in der Hand."

Ich schluckte und musterte die beiden Männer. Sie lachten beide so in die Kamera, dass man fast das Gefühl hatte die gute Laune spüren zu können. Sie sahen glücklich aus.

Und sehr vertraut. Vielleicht sogar ein bisschen zu vertraut.

Die Hand von Jack Tomlinson auf der Taille von meinem...na ja vermutlich Ururururgroßvater oder so, sah unglaublich natürlich aus. Die Berührung wirkte so gewohnt, für beide, dass ihnen kaum auffiel, dass die Hand dort lag.

„Denkst du auch, dass...also..." Ich schluckte und seufzte. Cathrin schien mich aber zu verstehen.

Sie nickte. „Ich hab's am Anfang nicht gesehen", sagte sie. „Aber dann meinte Louis, wie vertraut sie aussehen und dass er irgendwie so ein Gefühl hat. Und je länger ich das Bild ansehe, desto mehr stimme ich ihm zu."

Ich nickte. Ich konnte mir vorstellen, dass Louis das sofort gesehen hatte. Dass er sofort das gleiche Gefühl bekommen hatte wie ich, dass dieses Foto...dass es unglaublich wichtig war. Dass alles anders sein könnte.

„Ich hab leider kaum was rausfinden können", sagte Cathrin dann. „Ich bin die ganze Bibliothek, so gut das in einem Tag geht, durchgegangen und hab alles was ich über Jack gefunden habe hier auf den Tisch gelegt."

Ich warf einen Blick zu dem Glastisch, auf dem nur ein paar Briefe und ein Buch lagen.

„Er ist natürlich in den Stammbäumen, aber abgesehen davon...3 Briefe, das war's. Darin erfährt man noch ein bisschen was über sein Leben, aber sonst..." Sie seufzte. „Nichts."

Ich musterte sie kurz, mein Blick schweifte über die Briefe und das Buch, dann zu dem Hut.

„Ist das eigentlich...ist das derselbe Hut, wie der auf dem Bild?"

Sie zuckte mit den Schultern. „Ich schätze."

Cathrin schien zu merken, dass ich ein bisschen ratlos war und nahm das Buch vom Tisch. „Hier", sagte sie und schlug eine Seite auf. „Das ist ein anderes Bild von ihm." Sie zeigte auf ein Foto und ich runzelte die Stirn, denn er sah komplett anders aus. Sein Gesichtsausdruck wirkte gezwungen, sein angedeutetes Lächeln fake und auch seine Körperhaltung, zumindest den Teil seines Körpers den man sehen konnte, schien sehr angespannt. Und dann sah ich auch den Grund dafür.

„Das ist seine Frau", meinte Cathrin und ich seufzte leise. Ich meine...natürlich hatte er eine Frau, wenn er ein Vorfahre von mir war, denn wenn es anders wäre würde ich nicht existieren. Aber das unterstützte meine und Louis' Vermutung nur noch mehr, denn um ehrlich zu sein, ich hatte das Gefühl ich sah ähnlich gezwungen aus, wenn ich mit Taylor fotografiert wurde.

„Was steht so in den Briefen?"

„Kaum irgendwas, ehrlich gesagt", meinte Cathrin, legte das Buch wieder hin und nahm einen der Briefe. „Nur irgendwas mit einem Geschäftspartner, dann ist einer von seiner Frau als sie verreist war, in dem sie sagt wie sehr sie ihn vermisst und der letzte ist nur irgendwas zu Steuern oder sowas, keine Ahnung."

Sie zeigte es mir, ich überflog ein paar der oberflächlichen Zeilen und verzog nachdenklich das Gesicht.

„Dann müssen wir zu mir."

„Was?" Cathrin sah mich verwirrt an und ich nickte.

„Also...zum Haus meiner Großeltern, in unsere Bibliothek. Wenn wir nichts über Jack finden können...dann ja vielleicht was über ihn." Ich deutete auf den Anderen.

Louis' Tante musterte mich eine Sekunde dann nickte sie. „Okay. Okay, ja, das...das ist eine gute Idee." Dann zögerte sie. „Aber ähm...willst du erst noch was essen, oder so? Du bist schließlich gerade erst aus dem Regen und-"

„Danke, aber nein", unterbrach ich sie und lächelte. „Das hier ist mir jetzt viel wichtiger." Ich merkte wie schnell mein Herz schlug und warf noch einen Blick auf das Foto. Es war wirklich krass, wie sehr dieser Typ aussah wie ich.

Cathrin nickte wieder. „Okay...okay. Aber wir nehmen mein Auto, ich lass dich nicht nochmal durch den Regen radeln."

Ich nickte und seufzte erleichtert. „Das klingt gut."

„Gut." Cathrin stand auf und ich tat es ihr gleich, das Foto fest in der Hand.

Sie nickte nochmal und dann verließen wir die Bibliothek. Cathrin drückte mir den Autoschlüssel in die Hand und sagte ich sollte mich schonmal reinsetzen, sie würde noch meinen Mantel aus der Garderobe holen.

Ich verließ das Haus, die Nase wieder tief in Louis' Pulli vergraben und lief auf der Veranda ums Haus, weil ich auf der Auffahrt vorne kein Auto sah, aber man konnte hintenrum fahren.

Cathrin hatte einen großen, schwarzen Pick-Up und ich drückte auf den Knopf am Schlüssel, um ihn aufzumachen und lief dann gebückt unter dem schützenden Dach hervor und schnell zur Beifahrertür. Ich stieg ein, schloss die Tür wieder und ließ meinen Kopf gegen den Sitz fallen.

Der Regen prasselte melodisch aufs Fahrzeugdach und ich nahm mir eine Sekunde einfach mal durchzuatmen. Irgendwie passierte gerade alles so schnell, mein Leben hatte sich in wenigen Wochen um hundertachtzig Grad gewendet und ich kam langsam nicht mehr hinterher.

Eine Minute später hörte ich ein Geräusch und drehte mich verwirrt um, nur um zu sehen, dass Louis' Tante mein Fahrrad auf die Ladefläche des Pick-Ups hievte und dann nach vorne kam und die Fahrertür öffnete.

„Ich dachte wir können dein Fahrrad einfach mitnehmen."

Ich lächelte. „Vielen Dank."

„Ach." Sie winkte ab und warf meinen Mantel auf den Rücksitz, bevor sie einstieg und die Tür zuzog. „Nicht dafür." Sie schnallte sich an und startete den Wagen. „Du musst mir nur sagen wo lang."

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Auf dem Weg herrschte eine angenehme Stille und ich sah einfach nur raus in die Dunkelheit, gab ab und an Weganweisungen, drehte an meinem Ring und vermisste Louis.

Und dann hielt Cathrin vor unserer Garage und wir flohen schnell ins Haus (das jetzt wieder einigermaßen gut roch), weil der Regen wohl nicht vorhatte mal aufzuhören.

Ich schloss alle Fenster wieder, bis auf das im Wohnzimmer und bedeutete Cathrin dann mir in den ersten Stock zu folgen.

Sie lächelte und sah sich interessiert um. „Das scheint alles ziemlich neu zu sein", sagte sie und ich nickte.

„Ja. Also die Chance, dass man hier was in der Treppe findet ist gleich null", antwortete ich. „Das einzige was unberührt ist, ist die Bibliothek."

Ich öffnete die Tür zum dunklen Raum und musste lächeln. Ich hatte so viele schöne Erinnerungen an dieses Zimmer.

„Na wie gut, dass wir da dann eh hinwollten."

Ich nickte, wir traten ein und ich betätigte den Lichtschalter. Sofort durchflutete ein warmes Licht den Raum und die unzähligen Bücherregale bis zur hohen Decke kamen zum Vorschein.

„Wow." Cathrin sah nach oben. „Die ist noch deutlich größer als unsere. Und schöner."

Ich musste lächeln. Es sah wirklich aus wie aus einem Märchenschloss, mit den dunkelbraunen Regalen, den Gemälden, dem blau weiß verschnörkelten Fliesenboden und dazu passenden Sofas hier und da. Außerdem war die Bibliothek auch der größte Raum des Hauses und im hinteren Teil standen die Regale so im Raum, dass Gemma und ich stundenlang hatten verstecken spielen können.

„Wir haben auch nicht nur die ganzen Stammbäume und so hier. Die machen nur einen kleinen Teil aus, da können wir direkt hin. Der Rest sind irgendwelche Schriften, alte Romane, verschiedenste Bibeln und so viel mehr, ich hab wirklich keine Ahnung. Würde mich nicht überraschen, wenn wir hier irgendwo ein Buch mit Zaubersprüchen oder so finden würden." Ich ging zielstrebig in die Ecke, die der Familienliteratur (oder wie auch immer man das nennen wollte) gewidmet war.

In den drei Regalen hier fand man alle Stammbäume, Briefe die sich meine Vorfahren geschrieben hatten und alles andere was irgendwie damit zu tun hatte. Eine Truhe stand hier auch, mit Gegenständen, die irgendwie aufgehoben waren. Fast zerfallene Kleidungsstücke, Schwerter (oder so) im Familienbesitz und andere Sachen (bei manchen wusste ich nicht mal so richtig was es war).

„Alles sortiert", sagte ich und ließ meine Hand an ein paar Büchern entlanglaufen. „Also so gut es möglich ist."

Cathrin nickte und kam zu mir.

„Achtzehnhundert, achtzehnhundert...", murmelte ich leise, während mein Finger weiter suchend über die Buchrücken fuhr. „Hier. Wenn das Foto von 1826 ist, dann müsste das hier das Richtige sein."

Ich zog den richtigen Stammbaum aus dem Regal und Cathrin und ich setzten uns auf ein Sofa. Ich schlug das Buch auf.

„Also die sind deutlich ausführlicher als bei uns", kommentierte Cathrin, als ich durch die Seiten blätterte und ich warf ihr einen kurzen Blick zu und zuckte dann nur mit den Schultern.

Gesicht um Gesicht und dann war da plötzlich der Typ. Der Typ, der aussah wie ich.

Gut, auf diesem Bild war es nicht so besonders krass,  er war deutlich älter und vermutlich war es Zufall, wie sehr er mir auf dem Bild aus der Treppe ähnelte, aber man sah deutlich gleiche Gesichtszüge und es war definitiv der gleiche Mann.

Mein Blick flog zum Namen.

Hugh Styles.

„Hugh Styles", flüsterte ich.

„Ja", meinte Cathrin. „Das wird er sein, oder?"

„Hugh Styles", wiederholte ich.

Louis' Tante sah mich an und runzelte die Stirn.

„Hugh Styles." Ich hob den Blick. „Irgendwas klingelt da bei mir." Ich drückte ihr das Buch in die Hand, stand auf und lief in die hinterste Ecke der Bibliothek, mit dem Erker, in dem ich so oft gesessen hatte und eingeschlafen war, als Grandma mir vorgelesen hatte.

„Harry?" Cathrin folgte mir, aber ich ging nicht auf sie ein, sondern kniff die Augen zusammen und suchte das Regal ab.

„Nein...nein...nein", murmelte ich vor mich hin und dann landete mein Finger auf dem dünnen Buch mit dem vertrauten dunkelgrünen Einband.

Ich zog es zwischen den anderen Büchern hervor und schlug es auf.

„Ich wusste es." Ich drehte mich zu Cathrin und zeigte mit dem Finger auf die Seite. „Märchen und Geschichten von H. Styles, zusammengeführt von Olivier Styles."

Cathrin runzelte die Stirn. „Da steht nur H. Styles. Sorry, aber das könntest genauso gut du sein."

„Ganz genau", sagte ich. „Meine Großmutter hat mir sehr oft aus diesem Buch vorgelesen, weil es im Gegensatz zu den anderen alten Märchen und Moralgeschichten und so nicht so grausam war. Und ich fand es immer toll, dass die Person die sie geschrieben hat fast so hieß wie ich. Deshalb meinte Grandma, dass sie rausfinden wird wer damit gemeint ist. Und dann..." Ich atmete langsam aus. „Ich kann nicht fassen, dass ich es vergessen habe."

„Was?"

„Sie hat mir erzählt, dass sie hier alte Notizbücher gefunden hat, mit Auszügen. Die Originale aus denen dieser Olivier die Geschichten zusammengeführt hat. Dass der Autor Hugh Styles hieß. Ein Urururururgroßvater von mir. Sie hat gesagt, sie hat die alle für mich zusammengesucht und wollte sie mir zeigen, aber dann..." Ich schluckte.

Cathrin legte mir sanft eine Hand auf die Schulter. Ich seufzte. „Dann ist mein Großvater gestorben und ich hab das alles komplett vergessen. Als ich das nächste Mal da war war es für die Beerdigung und nur einige Tage später ist Grandma auch gestorben. Nach der zweiten Beerdigung war ich nicht mehr so oft hier."

„Das tut mir Leid", meinte Cathrin und klang wirklich aufrichtig. Ich lächelte ihr etwas traurig zu.

„Schon gut, ich...ich komm damit klar", sagte ich und das war die Wahrheit. Ich hatte den Tod meiner Großeltern eigentlich ziemlich gut verarbeitet.

„Nur...wo glaubst du hat sie die Sachen hingetan, ich-"

Ich stockte, denn in dem Moment fiel ein Umschlag aus dem Buch in meiner Hand. Verwirrt runzelte ich die Stirn, bückte mich und hob ihn auf.

„Für Harry?", las ich die zwei Worte darauf und Cathrin lachte leise.

„Na, das war ja jetzt einfacher als gedacht."

„Ja", murmelte ich abwesend, drückte ihr das Buch in die Hand (schon wieder, jetzt hatte sie zwei Bücher im Arm) und machte den Umschlag vorsichtig auf.

Der Brief war so gut wie neu, hatte nicht mal eine eingeknickte Ecke oder so. Aber das ergab eigentlich ja auch Sinn, er war schließlich immer im Buch gewesen.

Es waren nicht viele Zeilen, aber die paar Worte reichten schon, um mich emotional und aufgeregt zugleich zu machen.

Hey Harry. Ich wollte dir das eigentlich vor ein paar Wochen schon alles zeigen. Ich meine es ist unglaublich was ich alles rausgefunden habe, nur weil du wissen wolltest, wer eigentlich der Mann war der die Geschichten geschrieben hat.
Aber du warst noch nicht da seitdem und jetzt ist Keith gestorben und ich...ich weiß nicht wieviel Zeit ich noch habe. Alles ist in den letzten paar Tagen so viel schwieriger geworden, ich glaube ich bin bald wieder bei ihm.
Deshalb schreibe ich diesen Brief und werde ihn in unser Geschichtenbuch tun, damit du ihn vielleicht irgendwann findest. Die ganzen Notizbücher, Tagebücher und alles was ich zu Hugh Styles gefunden habe ist in dem alten Lederkoffer unter der Couch (die beim Erker). Ich hoffe du findest das hier, denn irgendwer muss das alles einfach herausfinden. Ich hab dich sehr lieb, mein Großer und auch wenn ich bald vielleicht nicht mehr hier bin, um dir das zu sagen, du solltest immer an dich glauben. Du bist stark, du kannst alles schaffen (und nerv deine Schwester nicht zu sehr)
Grandma Beryl

Wow. Sie hatte etwas Großes rausgefunden. Sie hatte gewusst, dass sie bald sterben würde. Sie hatte mir einen Brief hinterlassen.

Cathrin hatte Recht. Das war wirklich ein komischer Zufall, dass ich ausgerechnet jetzt diesen Brief von meiner Großmutter fand. Ausgerechnet jetzt, wo ich der ganzen Sache auf die Spur kommen wollte.

Es war fast als...als sollte es so sein. Als würde das Universum wollen, dass ich jetzt alles herausfand. Was auch immer dieses Alles sein sollte. Und was auch immer Jack Tomlinson damit zu tun hatte.

Ich drehte mich zum Sofa und sah tatsächlich einen Lederkoffer darunter liegen. In zwei Schritten war ich dort und ließ mich auf den Boden sinken. Ich wagte kaum zu atmen als ich den Koffer hervor zog und die beiden Schnallen aufschnappen ließ.

Cathrin setzte sich neben mich, hielt aber ein bisschen Abstand und ich sah zu ihr auf.

Sie lächelte nur und nickte aufmunternd. Ich nickte und öffnete dann den Koffer.

Darin lagen Briefe, ein paar Bücher und andere Dokumente, wie Zeitungsausschnitte aus uralten Zeitungen.

Ich griff nach dem ersten Buch, das ich in die Finger bekam und schlug es auf. Eine geschwungene Handschrift hatte die Seiten mit Worten gefüllt. Die ersten paar Dinge, die ich las erinnerten mich an Stellen aus den Geschichten aus dem Buch, dann schien es aber ein Tagebuch zu werden. Es standen Daten vor den nächsten Abschnitten und nach ein paar Minuten war ich komplett in den Worten, Zeitungsabschnitten und Briefen versunken.

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Tagebuch, H. Styles
03. März 1825

...Ich habe Gefühle, die ich nicht habe sollte. Jack, er...er ist anders. Ich bin anders wenn ich bei ihm bin. Er macht mich so viel besser, ich fühle mich so viel stärker bei ihm. Er unterstützt mich, er ist der einzige Mensch, der irgendwie keine Erwartungen an mich hat.

Wenn er mich berührt erweckt er ein Feuer in mir. So war das noch nie. Ich kann an nichts anderes denken als an ihn. Und an das was er in mir auslöst, die Dinge, die ich tun will. Es sind Gedanken, die ich habe und nicht haben sollte.

Aber ich weiß, dass er dieselben hat.

Wie kann sich etwas so Falsches so richtig anfühlen?

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Tagebuch, H. Styles
07. September 1826

...Ich weiß, dass ich Gott verdammen sollte. Dafür, dass ich so falsch bin, dafür, dass ich Jack liebe, dafür, dass ich gefangen bin und nicht entkommen kann.

Aber ich bin einfach nur dankbar. Dankbar für ihn. Dankbar, dass ich ihn gefunden habe. Jemanden, der mich nicht auf dem Scheiterhaufen verbrennen lassen will, sondern jemanden, der meine Liebe erwidert. Jack liebt mich. Und das ist das größte Geschenk meines Lebens.

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Tagebuch, H. Styles
06. Oktober 1826

Fire on fire
Would normally kill us
But this much desire, together we're winners
I know that we're out of control
I know that we're sinners
but I won't let that ruin our beautiful rhythms
Because when you unfold me and tell me you love me and look in my eye
You are perfection
My only direction
It's fire in fire

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Tagebuch, H. Styles
23. April 1828

...Mary ist nett. Und freundlich. Und perfekt. Aber ich kann sie einfach nicht fragen, ob sie mich heiratet. Ich weiß meine Eltern haben Erwartungen an mich. Ich weiß Marys Eltern haben Erwartungen an mich. Ich weiß sie hat Erwartungen an mich.
Aber es geht nicht.
Jack. Jack ist derjenige, den ich liebe.
Auch wenn wir niemals zusammen sein können.

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Tagebuch, H. Styles
02. Februar 1829

...Wir wurden fast erwischt. Die Menschen werden argwöhnischer. Jack hat eine Idee. Ich wünschte es gäbe einen anderen Ausweg, aber ich zweifle...

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Zeitung
05. Mai 1829

...Hugh Styles und Jack Tomlinson verursachen durch Schlägerei Schaden auf dem gesamten Marktplatz, Hugh behauptet Jack have Vieh von ihm gestohlen, Jack streitet das ab und nennt ihn einen Lügner,...

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Tagebuch, H. Styles
13. Mai 1829

...Es wird niemand mehr auf die Idee kommen, dass Jack und ich uns eigentlich lieben. Es war die einzige Möglichkeit. Ich erzähle Menschen, dass Jack mir Vieh gestohlen hat, Jack erzählt ihnen, dass ich Lügen über ihn verbreite. Wenn wir uns zufällig in der Öffentlichkeit über den Weg laufen, schlagen wir uns.

Ich habe ihn schon so viel verletzt, dabei liebe ich ihn so sehr. Es macht mich kaputt, aber es geht nicht anders. Das Dorf kam uns auf die Schliche, wir wären gestorben, wenn sie wirklich von unserer Liebe erfahren hätten. Es ist die beste Möglichkeit, auch wenn es mich so von innen zerreißt.

Aber falls uns noch mal jemand mit Blutergüssen und keinem Atem sieht, wird er nur davon ausgehen, dass wir uns mal wieder fast zu Tode geschlagen hätten.

Ich bin also ein Lügner und Jack ein Dieb. Dabei ist das einzige was Jack mir jemals gestohlen hat mein Herz. Und das kann er behalten. Für immer.

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Zeitung
16. Dezember 1829

...Die Fede zwischen Hugh Styles und Jack Tomlinson treibt einen Keil zwischen das Dorf und erlangt neuen Höhepunkt als Hugh Jack Stichverletzung am Arm zuführt. Alle im Dorf entscheiden sich nach und nach für eine Seite, die Auseinandersetzungen werden immer handgreiflicher, Sheriff Gree muss immer mehr dazwischen gehen, damit es zu keinen Leichen kommt.

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Brief an H. Styles
22. Dezember 1829

...Bitte hör auf ein schlechtes Gewissen zu haben. Es war nicht deine Absicht, Catarina sorgt dafür, dass es heilt und so habe ich immerhin für immer eine Narbe, die mich an dich erinnert. So kann ich dich überall hin mitnehmen.

Ich liebe dich, Hugh, ich liebe dich so sehr. Ich weiß manchmal ist es schwer daran zu glauben, aber es ist die Wahrheit. Die einzige Wahrheit in dieser verdrehten Welt.

Halt durch, My Love. Halt durch.

Für immer dein
Jack

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Einladung

Jack Tomlinson + Catarina Shelly feiern ihre Liebe und laden das Dorf zur Hochzeitszeremonie ein.
03. Juni 1832, 15:30, an der Kirche

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Brief an H. Styles
05. Juni 1832

...Aber stattdessen will ich nur dich in meinen Armen halten.

Für immer dein
Jack

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Tagebuch, H. Styles
29. September 1832

...Das war der Abschied. Wir können uns nicht weiter schreiben. Es ist zu riskant, zu gefährlich, ich sollte auch alle diese Schriften eigentlich verbrennen.

Er ist so nah und so fern und ich liebe ihn mehr als alles andere.

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Zeitung
12. Oktober 1832

† Henry & Mary-Anne Tomlinson
Umgekommen in Kutschenüberfall

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Tagebuch, H. Styles
13. Oktober 1832

...Ich kann nicht mal für ihn da sein.

Es tut mir so weh, ich habe das Gefühl ich vergesse wie man atmet.

Die Welt hat keinen Sinn, wenn ich ihn nicht bei mir habe.

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Brief, H. Styles
16. November 1832

Ich weiß nicht, warum ich diese Briefe immer noch schreibe. Ich kann sie dir ja nicht schicken. Ich darf sie eigentlich nicht mal schreiben, weil ich uns beide damit in Gefahr bringe. Aber du kennst mich, du weißt, dass ich die Dinge irgendwie aus mir herauslassen muss. Und schreiben war schon immer der beste Weg.

Und einer der ungefährlichsten.

Ich sollte nicht mehr an dich denken, ich sollte alles tun, um dich zu vergessen, so wie du es willst, aber ich kann einfach nicht.

Ich heirate diese Woche. Und so gerne ich sagen würde, dass ich Mary aus tiefstem Herzen liebe, ich kann einfach nicht. Du hast mein Herz, Jack.

Ich werde dich, mit allem was ich bin, für immer lieben.

Und ich hoffe einfach, dass es irgendwie, irgendwo eine Welt gibt, in der das geht. In der wir zusammen sein können. Vielleicht werden wir irgendwie frei sein, Jack. Vielleicht wenn wir sterben.

Ich habe irgendwie aufgehört an die Hölle zu glauben. Es kann gar nicht schlimmer sein als so zu tun, als würde ich dich nicht lieben. Ich weiß, dass es der einzige Ausweg war, aber ich wünschte wir hätten anders enden können.

Ich werde heiraten. Du bist schon längst verheiratet.

Das ist die bittere Wahrheit. Die Realität, in der ich nicht leben will. Ich glaube, auch wenn du es versucht hast, du hast nie so ganz verstanden, warum ich Geschichten schreibe, warum ich in Poesie versinke und nicht zurückkomme.

Das ist der Grund, Darling. Keine Realität ohne dich kann die wahre sein. Also denke ich mir andere aus. Damit es weniger weh tut.

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Tagebuch, H. Styles
25. Oktober 1876

...Die Wahrheit kommt immer ans Licht. Wenn Leute sagen, dass sie ihr Geheimnis mit ins Grab nehmen, dann heißt das nicht, dass das Geheimnis mit ihnen stirbt. Es heißt nur, dass es durch sie nicht mehr an die Oberfläche geraten kann. Aber irgendwie kommt alles früher oder später raus.

Jack und ich werden unsere Liebe mit in unser Grab nehmen. Aber ich hoffe, ich wünsche mir aus tiefstem Herzen, dass irgendwann irgendwer von uns erfährt. Und ich glaube, auch wenn er immer das Gegenteil behauptet, dass es Jack genauso geht.

Er will genauso wie ich, dass unsere Liebe immer existiert. Und das wird sie. Ich weiß es einfach, das wird sie.

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Irgendwann hatte ich angefangen zu weinen und ich wusste nicht genau wann.

Cathrin ging es glaub ich ähnlich.

Ich hatte keine Ahnung wie lange wir schon hier auf dem Boden saßen und durch diese ganzen Sachen lasen. Es könnten Stunden sein. Alles ergab nach und nach ein Bild und es tat mir weh.

Wir schwiegen. Dann nach einer Ewigkeit brach ich das Schweigen.

„Das...das tut auf einem anderen Level weh."

Cathrin holte tief Luft. „Meinst du weil...weil es dich so an dich und Louis erinnert?"

Ich schüttelte den Kopf. „Nein, das meine ich nicht. Was wenn...wenn das hier-" Ich zeigte auf den Zeitungsartikel in meiner Hand und die Tagebücher auf meinem Schoß.

„Wenn das hier der Ursprung des Hasses zwischen unseren Familien ist? Diese...Lüge, die die beiden...die sie gedeckt hat?"

„Aber Harry, das..." Cathrin biss sich auf die Lippe. „Das hab ich auch kurz überlegt, aber der Hass geht doch schon viel weiter zurück."

„Ja, nur..." Ich kratzte mir an der linken Augenbraue. „Tut er das wirklich?"

Cathrin runzelte die Stirn. „Was meinst du?"

„Na ja, was wenn...ich meine, ein Gerücht wird ja oft mit jeder Person, die es weitererzählt immer krasser oder übertriebener und ist immer weiter entfernt von der Realität. Und die Sachen, die meine Eltern mir damals gezeigt haben, die den Hass bezeugen, gingen nie weiter zurück als...1845 oder so. Und in diesen ganzen Schriftstücken scheint das Styles-gegen-Tomlinsons-Prinzip ziemlich neu zu sein." Ich zuckte mit den Schultern. „Was wenn es einfach immer fälschlicherweise für viel älter gehalten wurde als es war? Was wenn das alles gar nicht weiter zurückgeht als 1827?"

„Du meinst..." Cathrin holte tief Luft. „Du meinst es hat wirklich mit den beiden angefangen? Und der ganze...der ganze Hass zwischen unseren Familien beruht auf einer Lüge?"

„Nein." Ich schüttelte den Kopf und schluckte. Neue Tränen stiegen in meine Augen. „Nein, der ganze Hass unserer Familien beruht eigentlich..."

Ich biss mir auf die Lippe. „...auf Liebe."

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sorry, dass es so lange gedauert hat :/

ich hatte so eine krasse schreibblockade bei diesem kapitel, ich konnte immer nur mit extrem viel mühe weiterschreiben und mochte das dann meistens nicht, warum auch immer, denn eigentlich wusste ich genau was passieren sollte...aber keine sorge, ich werde das buch definitiv zu ende schreiben (es sind eh nur noch 5 kapitel)

wie sind eure ferien so?

ich werde in ein paar tagen 18 und kann es irgendwie nicht so ganz glauben haha. aber andererseits bin ich SEHR glücklich darüber. ich bin generell gerade ziemlich glücklich, ich hoffe euch geht es ähnlich.

ach und falls irgendwelche sachen in diesem kapitel unrealistisch sind (ich hab keine ahnung ob es überhaupt möglich ist, dass eine zeitung so lange überlebt...und alles was ich übers die 1820er weiß, weiß ich aus back to the future 3) dann tuts mir leid, ich kenn mich da nicht so mit aus, aber wir tun einfach mal so als wäre das alles total logisch (ist schließlich fanfiction, ich kann machen was ich will, oder? ich meine es gibt ffs da ist einer nach hundert kapiteln plötzlich ein vampir oder so)

nochmal sorry für die lange wartezeit :) ich hoffe ihr seid mir nicht allzu böse

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