2 | wir müssen dem entgegenwirken | harry

vibe des kapitels: scripted - zayn

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Mit der Musik laut in meinen Kopfhörern starrte ich aus dem Fenster nach draußen. Das Wetter war okay, es regnete nicht, aber sonnig war es auch nicht und der Himmel war eher grau. Aber weil es langsam anfing zu dämmern und immer mehr Lichter angingen sah es trotzdem ziemlich schön aus.

Das brauchte ich jetzt. Ich saß im Schneidersitz auf dem Boden vor der riesigen Glasscheibe und kaute nervös auf meiner Unterlippe herum. In meiner rechten Hand hielt ich eine ausgerissene Doppelseite aus einer Boulevardzeitschrift und zerknickte sie immer mehr, weil sich meine Finger darum verkrampften. Aus meinen Kopfhörern drang Freddie Mercurys Stimme. There are plenty of ways you can hurt a man and bring him to the ground. Ich seufzte.

Von meinem Fenster hatte ich Blick auf das Hochhaus der Tomlinson Corp. Es war nördlich von uns, also links von meinem Fenster aus, aber ganz gut zu sehen wenn man sich rechts ans Fenster stellte.

Die Tomlinsons waren unsere „Erzfeinde". Laut meinem Vater. Ich fand das Wort einfach nur übertrieben.

Uns - beziehungsweise meinen Eltern - gehörte das erfolgreichste Pharmaunternehmen der Welt (Ich wollte gar nicht wissen, was das vermutlich für ein schreckliches Unternehmen war. Ich hatte eh nicht vor es zu weiterzuführen. Das könnte schön meine Schwester übernehmen) und die Tomlinsons beziehungsweise deren Unternehmen Tomlinson Corp (genauso origineller Name wie Styles und Sohn, ich weiß) waren uns schon immer dicht auf den Fersen gewesen, in letzter Zeit sah es aber tatsächlich so aus als würden sie uns bald eingeholt haben.

Das war es aber noch nicht mal was meinen Vater die Tomlinsons so verabscheuen ließ. Diese Rivalität, dieser Gedanke, dass sie bald besser waren, das könnte ich ja noch nachvollziehen...

Aber nein. Mein Vater hasste die Tomlinsons einfach so. Weil unsere Familie seit Generationen, seit Hunderten von Jahren die Tomlinsons hasste. Diese Feindschaft, dieser unbändige Hass, das alles war tatsächlich in uralten Aufzeichnungen, Tagebüchern und anderen Dingen zu finden. Die Styles gegen die Tomlinsons.

Dad hatte in unserem Landhaus in Nebraska, wo meine Großeltern gewohnt hatten noch eine riesige Familienbibliothek, die anscheinend auch super wertvoll war, und da gab es eine Menge dieser ganzen Bücher. Früher hatte Grandma mir daraus vorgelesen wenn ich zu Besuch gewesen war und nicht hatte schlafen können. Allerdings hatte sie mir die schönen Geschichten vorgelesen. Wie mein Ururgroßvater meine Ururgroßmutter kennengelernt hatte, irgendeinen Roman, den mein Onkel geschrieben hatte als er acht war und Märchen, die sich mein Urururururgroßvater für seine Tochter ausgedacht hatte.

Mein Vater nervte mich langsam ziemlich mit diesem Familienhass. Ich meine, es konnte doch auch sein, dass die heutigen Generationen der Tomlinsons voll okay waren. Nur weil vor 500 Jahren irgendein Tomlinson sich mit einem Styles gestritten hatte hieß das doch nicht, dass ich die alle hassen musste, oder?

Das war aber noch nicht mal mein größtes Problem.

Ein Vater, der mich mit einem Familienhass auf die Tomlinsons nervte, damit kam ich klar. Das ignorierte ich einfach.

Mein größtes Problem war die öffentliche Aufmerksamkeit, die meine Familie bekam. Durch das Unternehmen. Denn deswegen war mein Vater unglaublich aufs Image fokussiert.

Und der Sohn der Familie des erfolgreichsten Pharmaunternehmens der Welt durfte nunmal nicht schwul sein.

Dad wusste nicht mal, dass ich wirklich schwul war. Die einzige Person, bei der ich mich geoutet hatte war meine Schwester (und mein bester Freund, aber das eher unfreiwillig. Er konnte mich einfach lesen).

Aber es reichten die ganzen Gayrumours, die sich über die letzten Jahre häufiger mal angesammelt hatten. Ich war in der Nähe eines Gayclubs gesehen worden (in dem ich nicht mal gewesen war), ich war (auf den Fotos zwar schlecht zu erkennen, aber die Spekulation reichte) mit einem Typen händchenhaltend rumgelaufen, ich trug manchmal etwas extravagante Anzüge zu Events. Und die Boulevardzeitungen schlachteten das natürlich aus.

Was meinem Vater ganz und gar nicht gefiel.

Ich ließ meinen Blick zu den glänzenden Seiten in meiner Hand gleiten.

Die Spekulationen um Harry Styles' Sexualität nehmen wieder zu, nachdem er mit einem heißen Kellner gesichtet wurde. Was denkt ihr? Ist der Hottie und Millionenerbe schwul? Und sogar vergeben?

Ich könnte kotzen. Was ging die das denn überhaupt an? Außerdem war es nicht gerade ein schönes Gefühl von jeder Klatschzeitschrift an meinen Ex-Freund erinnert zu werden.

Ich zückte das Feuerzeug, dass Zayn hier vergessen hatte (seitdem war es meins. Ich fand den Aufdruck niedlich, ein kleiner rauchender Drache) und begann die Seite anzukokeln. Langsam fraß sich das Feuer durchs Papier und ich beobachtete nur wie ein Buchstabe nach dem anderen schwarz wurde und verschwand.

Als fast alles weg war pustete ich die kleine Restflamme aus und ließ dann den letzten Fetzen auf den Boden fallen.

Jake war ein Arschloch gewesen, ich sollte ihm nicht hinterherweinen. Aber irgendwie tat es trotzdem weh. Und dann überall zu sehen, wie die Klatschpressen das ausschlachteten...machte das Ganze auch nicht besser. Vor allem weil ich mir bei ihm fast vorstellen könnte, dass er die Geschichte verkaufen würde. Das war nämlich alles was er gewollt hatte. Geld.

Und es war zwar jetzt nicht so, dass ich ihn krass geliebt hatte oder so, aber wir hätten etwas Schönes sein können. Etwas Gutes.

„Another one bites the dust", tönte es aus meinen Kopfhörern und ich lächelte müde. Tja. Mit dem war's dann auch vorbei. Er war zwar nicht tot, aber für mich war Jake trotzdem gestorben.

Plötzlich ertönte ein Klopfen, das so laut war, dass ich es durch die Kopfhörer hören konnte. Ich zuckte zusammen, zog sie aus meinen Ohren und drehte mich um.

Meine Schwester steckte ihren Kopf in mein Zimmer.

„Dad will dich sehen", meinte sie und lächelte mitleidig.

„Geht es um-"

Sie nickte nur. Ich seufzte, stand auf und ging zu ihr.

„Nimm es ihm nicht zu übel. Er weiß es halt nicht besser."

„Das ist ungefähr als würdest du sagen Boys will be Boys, Gemma." Ich seufzte nochmal.

Sie seufzte auch, zuckte mit den Schultern und legte mir eine Hand auf die Schulter. „Sorry. Und das mit Jake..." Sie senkte die Stimme. „Er hat dich eh nicht verdient."

Ich schluckte und nickte dann leicht. „Danke."

Sie lächelte nochmal. „Dad ist im Büro."

Ich nickte und setzte mich in Bewegung.

Kurz darauf klopfte ich an seine Tür und hörte ein „Herein."

„Oh Harry. Gut, dass du da bist." Mein Vater stand auf, kam um den Schreibtisch herum und seufzte. „Hast du zufällig die neueste Schlagzeile von der Glamourette gesehen?"

Ich seufzte, sah auf den Boden und nickte. Mein Vater setzte sich auf die Ecke seines Schreibtisches und nahm die Zeitschrift neben ihm. „Ich verstehe nicht, warum diese Gerüchte ständig wieder auftauchen..." Er blickte auf die Zeitschrift. „Jedenfalls hab ich mir schon was überlegt. Wir müssen dem entgegenwirken."

Ich presste die Lippen fest aufeinander. Dann schloss ich kurz die Augen und schluckte. „Und was genau stellst du dir darunter vor?"

Mein Vater nahm seine Brille ab und massierte seinen Nasenflügel. „Na ja...", begann er. „Ich denke es würde helfen, wenn du mit einem Mädchen gesehen werden würdest."

Alarmiert stellte ich mich gerader hin. „Was für ein Mädchen?"

Er hob den Blick und sah mich gerade an. „Ich wollte das eh schon eine Weile vorschlagen, weil es einfach sehr gute Publicity wäre, aber jetzt ist es natürlich etwas dringlicher..."

„Was denn?" Ich sah ihn fragend an.

„Du kennst doch meinen Freund Scott."

„Ja. Was ist mit dem?"

„Nun ja, wir wollten eh mal öffentlich darstellen, dass wir eine gute Beziehung zueinander haben, also, dass sich unsere Firmen öffentlich unterstützen und dafür wärst du die beste Möglichkeit."

„Dad, red Klartext, was meinst du?"

„Du kennst seine Tochter?"

Ich zuckte mit einer Schulter. „Vom Sehen."

„Nun...Scott und ich sind zu dem Schluss gekommen, dass es sehr gut für unser beider Firmenimage wäre, auch um eine größere Kundschaft zu erlangen, wenn ihr miteinander in Verbindung gebracht werdet."

Ungläubig starrte ich meinen Vater an. „Also anders gesagt, du willst, dass ich eine Fake Beziehung eingehe?"

„Nicht direkt eine Fake Beziehung. Fürs Erste reicht es, wenn ihr zusammen auf ein paar Dates gesehen werdet. Und wer weiß, vielleicht springen die Funken ja wirklich..."

„Zwischen mir und Taylor?" Ich denke eher nicht.

Mein Vater nickte. „Ja. Sie ist für deinen Geburtstag in zwei Tagen schon als dein Date organisiert."

„Du hast das alles schon längst klargemacht?" Entsetzt musterte ich ihn. „Einfach so, hinter meinem Rücken?"

„Na ja...schon, aber Harry, es ist das Beste für die Firma. Und das Beste für dich. Ich meine, du findest es doch bestimmt auch nicht gut, dass immer mehr Fake News über dich verbreitet werden." Kurz sah er sich nochmal das Foto an. „Wie kommen die überhaupt immer darauf, dass du das bist? Das könnte doch jeder sein! Sogar eine Frau, ich meine, die Haare sind doch sogar länger als deine..."

Ich war schließlich auch letzte Woche beim Friseur gewesen.

Mein Vater tat mir nicht absichtlich weh. Es kam ihm einfach nicht mal der Gedanke, dass ich tatsächlich schwul sein könnte.

Ihm fiel nicht auf, wie verletzend er manchmal war.

Ich war nunmal schwul. Und er tat mir weh.

Aber das wusste er nicht. Er war einfach ein bisschen naiv was das Ganze anging.

Er war nicht direkt homophob. Eher...ignorant. Und sein Denken so sehr in Scheuklappen, dass er, wie gesagt, nicht mal auf die Idee kam, dass ich vielleicht möglicherweise auf Männer stehen könnte.

Ich zuckte nur mit den Schultern.

„Also. Du gehst auf ein paar Dates mit Taylor? Ich meine, sie ist doch wirklich eine nette, junge Dame." Ich könnte kotzen. Konnte er bitte aufhören, so über sie zu sprechen? Sie war keine junge Dame. Sie war einfach ein Mädchen, von mir aus eine junge Frau. Aber keine Dame. Dame war generell ein irgendwie von der Zeit überholtes Wort, dass nur Männer wie mein Vater benutzten. In genau solchen Kontexten.

Es war nicht so, dass ich Taylor nicht mochte. Von dem was ich wusste fand ich sie ganz nett. Aber ich kannte sie kaum, ich hatte nicht unbedingt das Verlangen mehr Zeit mit ihr zu verbringen und in sie verlieben würde ich mich auch erst können, wenn ihr plötzlich ein Schwanz wuchs.

Ich schnaubte. „Wieso fragst du überhaupt noch? Ich muss doch eh. Ich meine...du hast mir jetzt einfach für meinen Geburtstag...ein Date besorgt. Und ich muss damit klarkommen." Ich war fast schon sprachlos. Das Ganze nahm echt neue Ausmaße an.

„Ja. Für dich...und für die Firma. Das würde uns wirklich helfen...und das Beiseiteräumen der Gerüchte ist ein hübscher Nebeneffekt. Die Tomlinsons kommen immer näher und...bitte. Du willst doch nicht dafür verantwortlich sein, falls sie uns überholen."

Na toll. Jetzt schob er die Schuldschiene. Ich holte tief Luft. Ich liebte meinen Vater ja, aber in letzter Zeit machte er es mir wirklich schwer.

„Für den Anfang reicht es wie gesagt wenn ihr auf Dates gesehen werdet. Eine Bekanntmachung der Beziehung oder so über Instagram...sowas kann später kommen."

Ich starrte ihn einfach nur sprachlos an.

„Guck nicht so, Harry. So schlimm ist es jetzt wirklich nicht. Publicity Beziehungen sind Gang und Gäbe in der Welt des öffentlichen Lebens, das weißt du doch."

Ich schnaubte nur. „Ach mach doch was du willst", meinte ich dann bitter, presste die Lippen aufeinander und machte auf dem Absatz kehrt.

„Harry!" Der Ton meines Vaters wurde ein bisschen ungemütlicher.

„Ich muss den Kopf frei kriegen. Ich geh joggen." Und damit verließ ich das Büro, stürmte in mein Zimmer und zog mich um.

Und kurz darauf lief ich wirklich durch den Park in der Nähe unseres Wohnorts. Ich musste meinen Frust rauslassen. Meine Verzweiflung. Weil ich nicht wusste ob ich jemals genug Mut finden würde mich vor meinem Vater zu outen. Als der zu leben, der ich wirklich war und das nicht mehr zu verstecken. Ich hatte einfach zu viel Angst.

Ich hatte meinem besten Freund noch geschrieben und lief deshalb zu unserem Steg.

Und da saß er auch schon. Schwarze Haare, schwarze Lederjacke, Zigarette. Ganz das Klischee.

Das war Zayn.

Wir kannten uns schon Ewigkeiten, seine und meine Eltern waren befreundet und wir waren sozusagen miteinander aufgewachsen. Er war für mich wie ein Bruder.

„Hey Harry", meinte er lächelnd, als ich mich neben ihn setzte und bot mir seine Zigarette an (wie jedes Mal), aber ich lehnte ab (wie jedes Mal).

„Hi."

„Also. Was ist dein großes Problem?"

„Mein Vater will, dass ich Taylor Swift date", fiel ich sofort mit der Tür ins Haus. Dann seufzte ich und vergrub mein Gesicht in meinen Händen. Das wurde mir alles zu viel. Vor allem dieser Geburtstag. Das war doch eh viel mehr eine Gala meines Vaters, als wirklich mein Geburtstag.

Zayn zog nur die Augenbrauen hoch und überlegte. „Lass mich raten: Fürs Firmenimage?"

Ich nickte. „Natürlich. Und der ‚hübsche Nebeneffekt'", zitierte ich meinen Vater. „Ist, dass die Gayrumours um mich wieder gedämpft werden." Ich seufzte. „Ich weiß nicht, ob du es schon gesehen hast, irgendwer hat mich mit Jake fotografiert."

Zayns Gesicht verfinsterte sich. „Dieser Wichser", murmelte er und zog an seiner Zigarette.

Ich lächelte nur sanft. Zayn war niedlich, wenn es um sowas ging. Da verhielt er sich wirklich wie ein beschützerischer älterer Bruder.

„Ist schon okay", meinte ich und sah auf das Wasser. „Ist ja nicht so als hätte ich ihn wirklich krass geliebt oder so. Aber wir hätten halt wirklich was Schönes sein können, weißt du?"

Zayn schüttelte den Kopf. „Du hast Besseres verdient als diesen Hurensohn."

„Wieso muss eigentlich eins der gängigsten Schimpfwörter mal wieder eine Frau beleidigen, die nicht im Fokus der Beleidigung stehen sollte?", fragte ich seufzend.

Zayn verdrehte die Augen. „Sorry, ich sollte mir das ja abgewöhnen."

Ich seufzte. „Schon okay. Ist ja nicht deine Schuld, sondern die der Gesellschaft." Ich seufzte nochmal. „Und da ist eh einiges verkorkst."

Ohne dass ich es wollte spürte ich wie mir Tränen in die Augen stiegen. Ich wollte nicht weinen, aber ich konnte nicht anders. Diese Scheiße mit dem Image der Kackfirma und meiner Sexualität und meine Streits mit meinem Vater, den ich eigentlich liebte...das war einfach alles zu viel für mich. Dazu kam noch Jake, dieser Idiot und ich konnte mich nicht mehr zusammenreißen.

Leise schluchzte ich auf und spürte sofort Zayns Arm um meine Schulter. „Ach Hazza", seufzte er und drückte mir einen Kuss gegen die Schläfe. „Es tut mir so Leid, dass die Welt ein so schlimmer Ort ist."

Ich lehnte mich in seine Umarmung und vergrub den Kopf an seiner Schulter. So konnte ich nur mit Zayn sein. So verletzlich und offen. Er drückte die Zigarette aus und legte auch den anderen Arm um mich.

„Aber ich werde immer alles versuchen, sie dir einfacher zu machen. Das weißt du doch."

„Ja, ich weiß", schniefte ich. „Danke, Zayn."

„Immer doch, Harry."

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hallöchen. wie geht es euch?

mir geht's echt gut, denn ich hab ferien! endlich!

wie fandet ihr das kapitel? was denkt ihr über harry?

ich wünsche euch noch einen schönen sonntag und falls ihr auch ferien habt schöne ferien :)

💕

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