Wahrheit
Für alle, die mich jedes Mal mit ihren Kommis zum Lächeln bringen. Ihr seid diejenigen, die mir immer wieder Motivation geben.
Danke für eure großartige Unterstützung.
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Langsam sah ich auf. Der Schmetterling flog von meiner Schulter. Das Rascheln seiner Flügel flatterte durch den Raum und bahnte sich tief in meine Gedanken.
Es schien als wären Ewigkeiten vergangen. Die Kerzen waren herunter gebrannt und es wurde dunkel im Raum. Flackernd begannen sie eine nach der anderen zu erlischen.
Merlin starrte auf seine Hände, das Gesicht in den Schatten verborgen.
Seine Gedanken ließen sich unmöglich erraten, doch ich konnte mir ohnehin denken worum es ging.
Man offenbart schließlich nicht alle Tage, dass man ein Zauberer ist.
Was ich von ihm dachte?
Was ich von ihm denken sollte?
Ich fing auf einmal an zu schmunzeln.
Das Ganze war so komisch. Zu komisch um genau zu sein.
Dieser ganze Tag war eigentlich unglaublich.
Das Lachen brach aus mir heraus.
Ich konnte nichts dagegen tun.
Es war wie ein starker Sturm, den ich so lange zurück gehalten hatte, doch der schließlich trotz aller Bemühungen über mich hereinbrach und mich unter dich begrub.
Erleichtert atmete ich auf, als meine Mundwinkel nicht mehr steif herunterhingen. Sie fühlten sich regelrecht befreit.
Was so komisch war?
Komisch war, das ich heute wirklich erfahren hatte, dass alle Menschen die mir etwas bedeuten Zauberkräfte besitzen aus was für Gründen auch immer und dass ich mich in irgendein Biest verwandle und den Menschen der mein Herz schneller schlagen lässt, angegriffen habe.
Aus meiner Sicht war ich ein Monster. Die Menschen sollten Angst vor mir haben, sollten weglaufen oder versuchen mich zu töten. Wäre das nicht die natürlichste Reaktion?
Die normalste?
Nein, irgendwie erzählten und offenbarten meine Freunde mir, dass sie alle so waren wie ich. Mehr oder weniger.
Dass sie mir alle vertrauten, bedingungslos.
Dass sie mich immer noch liebten, trotz allem was passiert ist.
Menschen mit Herzen vom gleichen Schlag.
Merlin sah mich verwirrt an als ich ihn laut lachend an mich drückte.
So etwas hat er wohl nicht erwartet.
Die Überraschung stand ihm ins Gesicht geschrieben.
Ich umarmte ihn fest. Nach wenigen Sekunden löste sich seine Verspannung und auch er legte die Arme um mich.
Lächelnd vergrub ich den Kopf an seiner Schulter.
Ich konnte seinen Herzschlag an meinem Ohr vibrieren hören, ein stetiger Rhythmus der mich langsam schläfrig machte.
"Du scheinst das ja nicht allzu schlecht aufzunehmen, Skye.", sagte er vorsichtig.
Ich hob den Kopf und sah ihm tief in die dunklen Augen, sie spiegelten das wenige Licht im Raum mit unglaublicher Intensität, strahlten mich an wie gefallene Sterne.
Seine Arme veharrten verschränkt um meine Schultern.
"Du glaubst auch nicht, dass ich ein Monster bin, oder? Warum sollte ich schlecht von dir denken, nur weil du Zauberkräfte hast?"
Merlin lächelte gequält.
"Na es gibt da manche Menschen die Vorurteile haben könnten."
Ich bewegte meinen Kopf im selben Moment hin und her, um ihm zu zeigen, wie falsch der da bei mir lag.
"Es gibt auch Menschen, die ein geflügeltes Etwas sofort mit dem Schwert aufspießen würden, anstatt loszugehen und den Menschen dahinter zu suchen. Die denken, ich wäre ein Monster."
"Wie oft soll ich dir noch sagen, dass du kein Monster bist. Ich hab dich beobachtet als du zum ersten Mal mein Gesicht gesehen hast. Ich hab es extra so gelassen um deine Reaktion zu beobachten.
Du warst geschockt, total aufgelöst, ja fast hysterisch. Du bist kein Monster. Wärst du eins hätte es dir nicht leid getan.
Das unterscheidet dich von so vielen anderen. Du hast so viel Böses erlebt, das Übel der Welt gesehen. Niemand würde dir einen Vorwurf machen, wenn dich der Hass zerfressen würde.
Doch noch immer versuchst du der Mensch zu sein, mit dem du leben kannst. Versuchst deine Entscheidung mit dem Herzen zu treffen. Warum sonst hätte ich dich sonst auf dem Weg zurück nach Camelot getroffen? Du hättest fliehen können, das hier alles hinter dir lassen können. Doch du hast dich dagegen entschieden, weil dir deine Freunde hier nicht egal sind.
Du bist selbstlos Skye, du sorgst dich um andere. Du bist ohne zu Zögern deiner Schwester zu Hilfe gekommen, hast auf die Konsequenzen gepfiffen. Du bist viel, aber definitiv kein Monster."
Dann lehnte er im inzwischen komplett dunklen Zimmer seine Stirn gegen meine.
"Danke", wisperte er.
"Wofür? Ich habe doch nichts getan."
"Dafür das du mir so eine unerschütterliche Freundin bist. Dafür, dass du mich nicht wegstößt, wenn andere es getan hätten. Für dein Verständnis.
Und...", er schien kurz unsicher über seine nächsten Worte, "dafür, dass du mich zum Lachen bringst."
Meine Wangen schienen auf einmal zu strahlen und die kleinen Fältchen in meinen Augenwinkeln fühlten sich einfach so gut an.
Das Schmunzeln auf meinen Lippen wollte einfach nicht vergehen.
Ich spürte seinen ruhigen Atem über meine Haut streichen.
Gänsehaut bildete sich auf meinen Armen und ich begann zu zittern.
"Ist dir kalt?", fragte er sanft und griff schon nach einer Decke.
Ich schüttelte den Kopf.
Ich bekam immer noch kein wort heraus, oder besser fürchtete das nur dummes merkwürdiges Gegluckse herauskommen würde.
Seine Erleichterung und Ehrlichkeit brachte mich immer noch aus dem Konzept.
Danke.... Danke..., echote es in meinen Gedanken.
So viel Dankbarkeit für jemanden wie mich. Jemanden der es nicht verdiente.
"Skye?", fragte Merlin verdutzt, eine Antwort auf seine Frage suchend. Ich hatte wohl den Kopf nicht so offensichtlich geschüttelt.
Ich machte den Mund auf. Wie befürchtet stotterte ich fürchterlich, rettete mich jedoch mit einem gewaltigen Gähnen.
"Nein, ich... naja bin nur müde, gääähn, und naja...", konnte es denn wirklich sein? Ich war mir nicht sicher. Vielleicht war alles Einbildung. Der Tag war immerhin lang gewesen, voller ungeahnter Überraschungen. Da denkt man manchmal merkwürdige Sachen.
Doch ich konnte es ihm nicht sagen. Was dachte ich hier eigentlich. Das könnte alles zerstören.
"Was naja. Du kannst es mir sagen. Du kannst mir alles sagen.", bohrte Merlin nach.
Ich sah wieder zu ihm. Es war toll, zu wissen, dass er für mich da sein würde. War beruhigend zu wissen, dass ich einen wahren Freund gefunden hatte, jemand der mich verstand.
Es war erleichternd, dass ich nicht sinnlos zurückgekommen war, nicht mein Leben für nichts riskierte.
Ich war gerührt. Zum ersten Mal nach meiner ganzen Flucht, nach der Erkenntnis das Isley noch lebte, nach allem, fühlte ich mich geborgen. Es war als hätte ich ein neues Zuhause gefunden.
Ich war zur Ruhe gekommen.
Ich musste nicht jede Minute über meine Schulter gucken, aus Angst Verfolger zu entdecken.
Ich konnte wieder ich selbst sein.
Auch wenn ich nicht wusste was genau das eigentlich war.
Doch was auch kommen würde, ich würde das Ganze nicht alleine durchmachen müssen.
"Danke das du für mich da bist.", murmelte ich, versuchte all meine Gefühle in diesen einen simplen Satz zu packen.
Er grinste schief. Dann nahm er meinen Kopf in seine Hände und hauchte mir bevor ich überhaupt irgendetwas realisieren konnte, einen sanften Kuss auf die Stirn.
"Du solltest jetzt schlafen, der Tag war sicher anstrengend für dich. Den Rest können wir morgen in Ruhe besprechen. Es gibt immer noch soviel, was nicht gesagt wurde."
Ich nickte. Und ob es da viel gab.
Er hatte recht. Meine Augen waren wirklich kaum noch offen zu halten.
Schwungvoll hob er mich hoch und legte mich auf sein Bett.
Ich lächelte unsicher und etwas verlegen. Wo sollte er dann schlafen?
Mein Blick streifte über seine Züge.
"Es tut mir so leid mit deinem Gesicht. Wirklich, ich wollte dir nie wehtun. Ich fühl mich so schlecht, ich..."
"Ich weiß das es dir leid tut. Ich hab den Ausdruck auf deinem Gesicht gesehen. Du bist kein Monster oder Ungeheuer. Und außerdem", sagte er sanft aber bestimmt, "ist sowas kein Problem für Leute wie uns."
Er fuhr sich mit der Hand über das Gesicht, murmelte zischende Worte.
Seine Augen leuchteten kurz golden auf, der einziger Lichtpunkt in der Dunkelheit.
Einen Moment versank ich in dem wiegenden, warmen einladenden Gold. Es ummantelte mich sanft und ich fühlte mich getragen. Dann war es vorbei.
Ich streckte die Hand aus und berühte Merlins Gesicht. Keine Spur mehr von irgendwelchen Verbrennungen, Narben.
Die Haut war glatt wie vorher. Keine Spur zeugte mehr von dem was noch vor wenigen Sekunden da gewesen war.
Vergessen war was ich getan hatte.
"Nein", murmelte ich müde grinsend, "für Leute wie uns ist das kein Problem."
Ein Kitzeln an meiner Nase weckte mich aus sanften Träumen.
Verschlafen öffnete ich die Augen.
Es war früher Morgen.
Die ersten Sonnenstrahlen fielen durch Merlins Fenster und ließen winzige Teilchen im goldenen Licht fröhlich tanzen.
Suchend blickte ich mich um. Keine Spur von Merlin.
Er musste gegangen sein, nachdem ich eingeschlafen war.
Ich schälte mich aus der Decke, öffnete Merlins knarrende Tür und ging die Stufen zu Gaius hinunter.
Ich lächelte als ich beide wohlbehalten am Tisch sitzen sah. Sie waren in ein ernstes Gespräch verwickelt, die Schüsseln mit dem Haferbrei vor ihnen unberührt.
Als Gaius mich dort in der Tür stehen sah, verstummte er.
Merlin drehte sich um. Das Lächeln in seinem Gesicht als er mich erkannte, hob meine Stimmung gewaltig.
Es war als würde die Sonne wieder aufgehen.
Bevor ich wusste wie mir geschah, hatte ich auch schon die letzten Meter überwunden und ihm durch die kurzen schwarzen Haare gewuschelt.
"Hey?!", maulte er empört, konnte das Zucken seiner Mundwinkel allerdings nicht verbergen.
Ich kicherte.
Es sah so lustig aus wie er mit den Fingern versuchte seine abstehenden Haare wieder zu glätten.
"Morgen erstmal", grinste ich fröhlich.
Dann blickte ich zu Gaius.
Auch er lächelte und sah uns mit diesem typischen Ausdruck an. Er wusste mal wieder mehr als wir.
"Guten Morgen, Gaius.", sagte ich bedachterweise.
Irgendetwas lag in der Luft.
Er nickte mir zu.
Seine Hände lagen gefaltet über einem großen in Leder gebundenen Buch. Es sah ungeheuer alt aus.
Auf meinen fragenden Blick hin, begannen seine Finger auf den Umschlag zu trommeln.
"Ja Skye. Das ist die Antwort. Die Antwort auf eine Frage die bis dahin nie gestellt wurde. Die Antwort auf die Frage was du bist."
Meine Augen wurden groß.
Ich schluckte hart. Da lag sie also. Die Furcht vor der Wahrheit kroch durch meinen Körper.
Wollte ich das wirklich wissen?
Gaius blickte mich aus unergründlichen grauen Augen an.
Da lag sie nun, die Antwort.
Direkt vor mir.
So nah.
Ich hatte Angst, auch wenn ich versuchte mir einzureden, dass das Quatsch war.
Trotzdem.
Was auch immer es war, es würde meine Zukunft verändern.
Es würde die Dinge erklären, die niemand anders mir zu sagen vermochte.
Endlich würde jemand die Schatten erleuchten, in denen mein Geheimnis verborgen lag, doch was das Licht hervor bringen würde, dass ließ sich nun wirklich unmöglich sagen.
Der Preis dafür war mein bisheriges Leben, mein altes Ich, alles was ich geglaubt hatte über mich zu wissen.
Die Skye die ich kannte, die ich jeden Morgen im Spiegel sah.
Doch spielte das überhaupt noch eine Rolle?
War das wirklich noch ich, das unbeschwerte Mädchen von früher, dass so gerne mit seinen Geschwistern im Kornfeld gespielt hatte und die roten Mohnblümen gepflückt hatte und anschließend ihrer jüngeren Schwester in die wallenden braunen Haare geflochten hatte?
Nein, ich war genauso auf dem Hof gestorben wie Isley und Cole.
Manche Entscheidungen sind einfach, andere bleiben für immer.
Ich nahm allen Mut zusammen.
So weit war ich gekommen, soviel hatte ich durchgemacht, ich würde jetzt nicht weglaufen.
Ich konnte nicht mehr weglaufen.
Dafür war es schon lange zu spät.
Ich hatte meine Wahl getroffen.
"Was bin ich Gaius?", meine Stimme klang erstaunlich fest.
Ich betrachtete Merlin, der meinen Blick standhaft erwiderte.
Was auch kam, er stand hinter mir.
Die Frage war endgültig. Gaius nickte, nichts anderes hatte er erwartet. Er kannte mich wohl doch besser als ich mich selbst,so hatte es zumindest den Anschein.
Kein Geräusch war zu hören. Nicht einmal ein Atemzug. Selbst die Vögel vor dem Fenster waren verstummt.
Wir alle hielten den Atem an. Die Stille lastete schwer auf unseren Schultern.
Dann...
"Du bist ein Drakir."
Ich schloss die Augen. Das war ich also. Ein Drakir.
Abgesehen davon, dass ich keine Ahnung hatte, was das eigentlich sein sollte, bekam ich eine plötzliche Gänsehaut. Es klang so mächtig.
Drakir. So geheimnisvoll. Drakir. Und irgendwie interessant.
Drakir.
Und gefährlich.
Doch das war nur das Wort. Was stand dahinter?
Was für ein Wesen verbarg sich hinter diesem Namen, der soviel verheißen konnte.
"Gaius. Was genau ist ein Drakir?"
Ich klang distanziert. Ich war nicht mehr das kleine hilflose Mädchen, welches vor ein paar Wochen noch wehrlos im Wald gelegen hatte.
Ich war jemand.
Ich war Skye.
Gezeichnet von Verlust und Lügen. Von Grauen, vom Kämpfen und Geheimnissen.
In einem einzigen Tag war meine Welt auf den Kopf gestellt wurden, mein altes Leben mit Füßen getreten wurden.
Doch mein Herz schlug immer noch den gleichen Takt.
Ich hörte immer noch auf den gleichen Namen.
Und ich würde weiterkämpfen.
Egal gegen wen, egal wie lange, oder wie hart.
Die Wahrheit würde sich zeigen.
Genau wie die Tatsache wie es wohl um mein Herz stand.
Ich war kein Feigling.
Ich war bereit.
Bereit jede Herausforderung anzunehmen.
Soviel wusste ich.
Und ich wusste, dass ich ein Drakir war.
Ein mysteriöses Wesen mit Flügeln, Schuppen und einer unglaublichen Hitze, die in mir wohnte.
Ob das etwas Gutes war oder nicht, vermochte ich noch nicht zu sagen.
Das konnte nur die Zeit zeigen.
Gaius setzte zu seiner Erklärung an.
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