Monster?
"Merlin... oh mein Gott...was ist mit dir....", meine Stimme war leise. Ängstlich.
"Oh mein Gott was ist mit dir passiert?"
Erst jetzt wo wir im Licht standen sah ich es. Dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen.
"Das war ich, oder?", meine Stimme klang rau.
Merlin nickte schwach.
Er sah mich einfach nur an.
Ich schluchzte auf. Tränen stiegen in meinen Augen auf.
Ich hatte ihn verletzt.
Ich hatte meinen Freund verletzt.
Behutsam berührte ich die Verbrennungen in seinem Gesicht und am Hals. Immer noch schienen sie vor Hitze nur so zu strahlen.
Seine gesamte rechte Wange und sein Ohr waren verbrannt, sahen schwielig und unnatürlich gerötet aus.
Ich hatte sie vorher nicht bemerkt. Erst das Licht enthüllte was ich getan hatte.
"Merlin...es...oh Gott", ich konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen.
Schuldgefühle prasselten wie ein wütender Schwarm Bienen auf mich ein. Sie erdrückten mich, zwängen sich in jeden Gedanken und ließen mich verzweifeln.
Ich presste mir die Hand vor den Mund um nicht erneut laut zu kreischen. Merlin sah mich einfach nur an.
"Oh Gott... es, es tut mir.... oh Gott Merlin es tut mir leid. Es tut mir so unglaublich leid."
Er griff nach meinem Arm.
Ich war inzwischen total aufgelöst, doch Merlin schien das alles nicht so nahe zu gehen.
Rational blickte er mich an.
Dann seufzte er tief und zwang sich ein winziges Lächeln auf die Lippen.
"Nicht hier. Komm.", dann zog er mich hinter sich her zu Gaius.
"Gaius bitte Ihr müsst mir glauben! Ich wollte das alles nicht, es tut mir so leid. Bitte sagt niemandem etwas, ich weiß nicht was da passiert ist. Gaius bitte...", der Hofarzt hob hastig die Hand um mich in meinem Redefluss zu unterbrechen.
"Skye. Bitte beruhige dich. Es ist alles in Ordnung. Niemand wird dich verraten."
Mein Verstand arbeitete auf Hochturen. Ich hatte mich auf soviel Gezeter von Gaius gefasst gemacht. Und nun das.
Das bewies erneut wie wenig ich doch die Menschen hier kannte.
Und trotzdem nannte ich sie meine Familie. Weil ich mich hier sicher gefühlt hatte und auch fühlte.
"Skye es ist alles gut so wie es ist.", sagte Merlin nun ebenfalls.
Er war auf dem Weg schweigsam gewesen. Unser Lachen über seine angeblichen Singkünste erstorben.
Ich drehte mich zu ihm um.
Er saß am Tisch, das Gesicht von Kerzenlicht erleuchtet, vor ihm ein riesiges aufgeschlagenes Buch.
In den Licht sahen die Wunden nicht mehr so böse aus. Nein, sie wirkten eher verschwommen und nicht wie die krassen Verbrennungen.
"Alles ist gut?!", fragte ich ihn ungläubig. Gaius schaute beim Klang meiner Stimme wieder interessiert von einem ebenfalls riesigem Wälzer auf.
"Nichts ist gut.", fuhr ich fort, "Ich hab mich in irgendein Monster verwandelt, weiß nicht wieso, weshalb oder warum und hab dich außerdem verletzt. Gaius hätte ich auch fast noch angefallen. Was geschieht mit mir Merlin? Was zur Hölle bin ich?!"
Merlin war aufgestanden und mit ernstem Blick zu mir getreten.
Ich konnte ihm nicht ins Gesicht schauen. Es tat mir so leid.
All das war zu viel für mich gewesen. Erst die Erkenntnis das meine Schwester noch lebte und mein Bruder auch. Dann das meine Mutter eine Hexe war und wir alle Zauberkräfte besaßen.
Mehr oder weniger.
Und nun das.
Ich hatte meinen Freund verletzt.
Und konnte mich in ein Monster verwandeln.
So langsam begann ich all dies zu begreifen.
"Komm mit", sagte Merlin mit rauer Stimme. Verwirrt sah ich auf und blickte in seine geheimnisvollen blauen Augen.
Was hatte er vor?
Er nahm mich bei der Hand und führte mich in sein Zimmer.
Ich war schon öfters hier gewesen, doch nie hatte ich es so bedrückend empfunden. Es war als könnte ich nicht richtig atmen, dabei war es hier eigentlich schön mit dem kleinen Bett dem verzierten Schrank und dem Fenster, durch welches man einen fantastischen Blick über die Unterstadt erhaschte.
"Setz dich, Skye."
Etwas nervös ließ ich mich auf dem weichen Bett nieder und sah wie Merlin nach einem letzten Blick auf Gaius die Tür schloss.
Er drehte sich zu mir um, immer noch an der Tür lehnend, und grinste.
"Wir müssen reden"
"Oh ja", sagte ich nur.
Ich seufzte. Wir saßen bestimmt schon eine halbe Stunde oder so hier in der gleichen Position.
Wie spät es wohl inzwischen war?
Jedenfalls mitten in der Nacht, soviel ist sicher, dachte ich.
Keiner von uns hatte bisher ein Wort gesprochen.
Merlin saß neben mir, den Blick auf den Fußboden geheftet.
Unsere Knie berührten sich nicht, doch sie waren so nah beieinander, dass ich mir einbildete seine Körperhitze fühlen zu können.
Was natürlich absoluter Quatsch war.
Ich war müde und ausgelaugt. Ich wollte einfach nur schlafen.
Doch selbst durch Schlaf würde ich vor dem hier nicht wegrennen können.
Schließlich war mir das Schweigen zu bedrückend.
"Glaubst du ich bin ein Monster?"
Merlin wandte den Kopf.
Verwirrt sah er mich an. Ich schluckte hart, es tat weh die Verbrennungen zu sehen. Tat tief in der Seele weh.
Langsam schüttelte er den Kopf.
"Nein", sagte er leise aber entschlossen, "Nein Skye. Du bist kein Monster und du darfst dir das niemals einreden."
"Aber was bin ich dann? Was passiert mit mir? Warum muss ich das alles immer durchmachen? Bitte ich muss wissen warum."
Meine Stimme klang so verzweifelt.
Und so fühlte ich mich in die Enge getrieben. Wie ein verzweifeltes Tier suchte ich einen Ausweg.
Doch es gab keinen. Hinter jeder Möglichkeit lauerte schlichtweg der Tod. Ja, genauso fühlte ich mich.
Merlin rutschte zu mir heran, sein Blick tief in meinen grünen Augen versunken.
"Skye du hast Zauberkräfte. Oder die Zauberei ist zumindest ein Teil von dir. Das ist aber nichts schlechtes", hauchte er leise.
Ich schüttelte traurig den Kopf.
"Nichts schlechtes? Du siehst es doch.", Tränen standen in meinen Augen.
"Sieh mich doch an Merlin. Sieh dir an was ich dir angetan habe!"
Langsam kullerten die salzigen Tropfen meine Wangen hinunter und hinterließen nasse Spuren.
Merlin hob mein Kinn sacht an.
Tränen landeten auf seinen Fingern und formten funkelnde Tropfen.
"Das tue ich.", flüsterte er sanft.
"Du bist kein Monster Skye. Du bist ein wunderschönes Mädchen mit einer großen Begabung. Du weißt nur noch nicht genau was es ist."
Unbeirrt fuhr ich fort. Die Tatsache das er mich 'wunderschön' genannt hatte ließ mein Herz ein paar Takte schneller schlagen, doch ein Blick in sein Gesicht genügte und ich hatte wieder andere Gedanken.
"Glaubst du das ich überhaupt noch ein Mensch bin?"
Merlin überlegte einen Moment.
"Ja, ich weiß das du noch ein Mensch bist. Denn was wirklich zählt ist das Herz. Ich weiß wir kennen uns noch nicht solange, doch ich kann mit Sicherheit sagen, dass du ein Mensch bist, in jeder Weise in der es drauf ankommt."
Erneut rannen mir Tränen die Wangen hinab.
"Aber was bin ich?", schluchzte ich.
"Wenn ich das wüsste", sagte Merlin sanft und legte seinen Arm um mich, "Gaius sucht schon den ganzen Tag nach einer Lösung. Wenn es irgendjemand schafft herauszufinden was du bist, dann er. Bis dahin", er lehnte meinen Kopf an seine Schulter und ich ließ es ohne Widerstand geschehen, "hör mir bitte auf mit weinen. Ich mag es nicht wenn du traurig bist."
Überrascht sah ich ihn an. Merlin grinste und fuhr mit dem Daumen sanft meine Wangen entlang und wischte die Tränen beiseite.
Ich kuschelte mich noch näher an ihn. Manchmal braucht es einfach nur einen guten Freund im Leben.
Müde schloss ich die Augen.
Nur eine Frage brannte mir noch auf der Zunge.
"Warum tust du das alles für mich? Gaius und du, ihr beiden bringt euch in Lebensgefahr. Sollte der König von mir erfahren und dann das ihr mir geholfen habt, dann wird er euch in seinem Hass keine Gnade gewähren. Also warum?"
Ich klimperte mit meinen Lidern.
Mein Körper schrie förmlich nach Schlaf, doch ich brauchte seine Antwort, ansonsten würde ich heute Nacht keine Ruhe mehr finden.
Merlin sah mir fest in die Augen.
Dann nickte er.
"Pass gut auf."
Verwundert sah ich auf seine Hand herab. Er hatte sie zur Faust geballt und ein wenig angehoben, so dass das Kerzenlicht sie beleuchtete.
"Fłøręôs", murmelte er.
Erschrocken setzte ich mich auf.
Nein, das konnte doch nicht sein.
Nein, nicht auch noch Merlin.
Doch er öffnete seine zuvor leere Hand.
Aber nun enthielt sie eine rubinrote Rose, deren Blütenblätter im flackernden Licht geheimnisvoll aufleuchten.
Wie Blut, dachte ich unwillkürlich.
Ein blauer kleiner Schmetterling kroch aus der Blume hervor und flatterte fröhlich durch das Zimmer.
Schließlich ließ er sich auf meiner Schulter nieder.
Mein Blick galt dem Schmetterling der mit weit ausgebreiteten, azurblau-schimmernden Flügeln auf meiner Schulter saß.
Meine Müdigkeit war wie weggeblasen. Ich fühlte mich wacher als je zuvor.
Merlin hielt den Atem an. Und wartete gespannt auf meine Reaktion.
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Tut mir leid das Skye's Geheimnis immer noch nicht gelüftet ist :)
Aber im nächsten Kapitel dann auf jeden Fall.
Vielleicht hat ja jemand schon Vermutungen.
Was meint ihr, Skye und Merlin ein Paar?
Kann das funktionieren?
Bin schon sehr gespannt.
Bis bald <3
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