Freund oder Feind?

Leise drangen Rufe in mein Bewusstsein.
Stöhnend öffnete ich die Augen, als sie sich immer mehr verstärkten und schließlich so imens laut wurden, dass ich Kopfschmerzen bekam.
Die Geräusche rissen mich aus der Ohnmacht.
Langsam wurde ich wieder wach. Direkt über konnte ich verschwommene grüne, gelbliche und rote,dicht beieinander liegende grüne Punkte ausmachen. Sie bewegten sich, vereinigten sich zu einem riesigen, wogenden Meer von hellen und dunklen Punkten. Mehrere Sekunden lag ich wie gefesselt von dem Anblick da. Dann erst wurde mir klar, dass er Blätter waren, die sich dort in den Wipfeln der Bäumen durch den sanft säuselnden Wind bewegten. Ich versuchte langsam den Kopf nach rechts zu drehen, doch ein plötzlicher, grauenhafter Schmerz in meiner Schulter ließ mich aufstöhnen.
Der Rest von meiner Benommenheit war vergessen, ich fokusierte mich wieder vollkommen auf die Umgebung, nahm die Geräusche des Waldes klar wahr.
Die Erinnerungen kamen so plötzlich, dass ich zusammen zuckte, als mein Schädel nur so zu dröhnen begann.
Ich erinnerte mich an den Scheiterhaufen, an den eiskalten Blick Uthers, an den beißenden Qualm in Nase und Mund.
Glasklar fühlte ich die Erleichterung, als die Verwandlung mich in energischen, vertrauten Wellen befiel und ich thriumphierend zu dem arroganten König aufsah.
Dann waren da unvohrstellbare Schmerzen, ich sah die Pfeile durch die Luft fliegen, den Innenhof weit unter mir verschwinden, bemerkte die klein wirkenden Ritter mit ihren roten Umhängen eilig zum Tor hinaus rennen. Dann Schwärze.
Mit zusammengebissenen Zähnen drehte ich mich auf die Seite.
Das Ziehen in meiner Schulter war graunvoll, einen Moment bewegte ich mich wieder auf dem schmalen Grat zwischen Ohnmacht und Wachbleiben.
Ich sah Sternchen, spürtewie der gefühlskalte Nebel mich einzulunnen begann.
Ich keuchte auf, mit aller Kraft spannte ich die Muskeln an, grub meine Fingernägel in den weichen mit Tannennadeln übersähten Waldboden.
Der Schleier legte sich.
Benommen lag ich schwer atmend auf der Seite. Zitternd fuhr meine Hand zu meinem Rücken, strich vorsichtig über meine nackte Haut. Ich spürte getrocknetes Blut und dann etwas seltsam Spitzes.
Ganz leicht stieß ich mit der Fingerkuppe an das gesplitterte Holz. Im selben Moment wollte ich aufschreien und vor Schmerzen und Pein bersten.
Es war der abgebrochene Schaft eines Pfeiles, der sich tief in meine Haut gegraben hatte.
Tränen stiegen mir in die Augen, als ich mir vorstellte dieses Ding allein herauszuziehen.
Das konnte ich nicht. Entweder würde ich bewusstlos im Wald liegen und verbluten, oder ich wäre danach zu geschwächt um noch einen vernünftigen Gedanken fassen zu können.
Der Pfeil musste stecken bleiben. Vorerst. Ein Knacken ließ mich all meine Qualen vergessen. Es war laut und sehr nah gewesen.
Viel zu laut für ein Tier.
Hatten mich nicht auch Rufe überhaupt erst wieder zurückgerufen. Panisch lag ich da und lauschte. Immer wieder knackte es, jemand sehr schweres schlich durch das Unterholz. Jemand der alles daran setzte nicht gehört oder auch nur gesehen zu werden.
Hastig sah ich mich um.
Ich lag auf weichem Moos, ein umgefallener Baumstamm lag rechts von mir, eine hohe Eiche ragte unmittelbar neben mir auf. Doch sie hatte aufgrund des nahe stehenden Winters bereits all ihre Blätter verloren und war nun nicht mehr als ein Gerippe aus Zweigen. Unter Schmerzen setzte ich mich auf, verspannte mich als sich die Musklen in meiner malträtierten Schulter bewegten. Ich musste die aufkeimende Übelkeit unterdrücken, starrte eingehend auf meine blassen Finger mit den dreckigen Nägeln, die sich dunkel und halbmondförmig von meiner sonst so blassen Haut abhoben.
Ich stutze. Noch immer konnte ich vereinzelte Schuppen ganz schwach auf meinen Knöcheln leuchten sehen.
Ich neigte den Kopf und blickte an mir herunter.
Mein gesamter Rumpf und ein kleiner Teil meiner Oberschenkel waren noch mit langsam verblassenden Schuppen überzogen.
Langsam verloren sie ihre Intesität, aber sie waren doch unbestreitlich noch vorhanden.
Ich schmunzelte trotz meiner präkeren Lage.
Mein lieber Drache hatte mich nicht im Stich gelassen.
Er war bei mir geblieben, hatte nach meinem Absturz über mich gewacht, hatte mich im richtigen Moment wieder aufschrecken lassen.
Andächtig hob ich die Nase, oder sollte ich eher sagen, meine immer noch ausgeprägten Nüstern, in den Wind und sog die frische Waldluft ein. Ein unverkennbarer menschlicher Geruch lag in der Luft, begleitet von dem stumpfen Duft noch kaltem Metall.
Über mir kreischte ein Vogel und suchte schleunigst das Weite.
Mein Herz machte einen Satz als ich den Warnruf des Tieres hörte. Ein Ruf der vor dem nahenden Feind warnen sollte.
Bringt euch in Sicherheit, schien er zu sagen.
Jetzt, bevor es zu spät ist! Ich rappelte mich auf, schwankte gefährlich, stützte mich an der rauen Rinde der Eiche ab, blinzelte die schwarzen, sich schnell ausbreitenden Punkte vor meinen Augen beiseite.
Ich musste hier weg.
Unbeholfen versuchte ich ein paar Schritte zu gehen.
Doch meine Beine waren schwach, durchgefroren von den niedrigen Temperaturen diesertage, sie trugen mich nicht weit. Am Rande registrierte ich, dass meine Knie auf weiches Moos und abgefallene, alte Blätter trafen, dass sich der graue Nebel erdrückend in meinen Gedanken auszubreiten begann. Ich war zu ausgelaugt.
Sie würden mich finden.
Ich konnte nicht entkommen. Mit letzter Kraft und grauenvoll pochender Schulter kroch ich auf allen vieren zu dem Baumstamm. Kaum hatte ich ihn erreicht, da brach ich auch schon zusammen. Meine Gedanken wurden träge, wie zähflüssiger Honig flossen sie dahin.
Eine eigenartige Gleichgültig beschlich mich. So viel hatte ich riskiert, so weit war ich gekommen.
Was hatte ich nicht alles aufgegeben. Nur um hier in einem herbstlichen, trostlosen Wald zu verenden.

Erneut knackte es. Es war als würde jemand mit ernormen Vergnügen einen Knochen in der Mitte entzwei brechen und sich an dem Geräusch ergötzen. Nun konnte ich auch den schnell gehenden Atem eines Mannes nur wenige Meter von mir entfernt aus dem Unterholz vernehmen.
Er schien allein zu sein.
Doch selbst einer war in meiner jetzigen Situation schon zu viel.
Ich war mit meinen Kräften am Ende, hatte zu viel Blut verloren. Schritte raschelten im Laub hinter mir.
Ich duckte mich hinter dem morschen Stamm, machte mich so klein wie ich konnte.
Ich war zu weggetreten um noch einen Fluchtversuch unternehmen zu können, ja überhaupt in der Lage dazu zu sein.
Der Mann näherte sich dem Stamm.
Ich hörte das Rasseln der einzelnen Glieder seines Kettenhemds, den gedämpften Nachhall seiner Stiefel auf dem Laubboden.
Alles war verstummt. Kein Vogel trällerte mehr sein frohes Lied, selbst die Sonne hatte sich hinter tröstenden Wolken verborgen und hüllte alles in teilnahmensloses Grau.
Die Schritte verstummten direkt neben meinem linken Ohr. Noch immer hielt ich die Augen geschlossen.
Ich wollte meinen eigenen Tod nicht mit ansehen. Ich wollte meinem Mörder nicht ins Gesicht blicken, wenn er mir mit einem einzigen, wohl geziehlten Hieb den Kopf von den Schultern trennen würde.
Ich dachte an Isley, an Cole. Meine Eltern tauchten lachend vor mir auf, ich sah Merlins Grinsen als Gwaine uns im Wald getroffen hatte. Ich hörte ihn für mich singen.
Die Zeilen prangten in meinem Gedächtnis. Was für ein schöner Gedanke um zu sterben. Glasklar rief ich mir jedes Wort ins Bewusstsein, jeden auch noch so kleinen Klang von Merlins Stimme tönte in meinen Ohren.
Es würde alles schnell gehen, es würde gleich vorbei sein, dachte ich mir. Dann würde ich meine Eltern wiedersehen.
Ich würde endlich frei vom Übel dieser unvollkommenen Welt sein. Ich begann zu lächeln. Es war ein schöner Gedanke.

"Skye?", hörte ich eine Stimme aus weiter Ferne fragen. Ich gab mich kurz dem Gedanken hin, sie könnte meinen Eltern gehören. Meiner Mutter und meinem Vater die gekommen waren um mir in diesen letzten Sekunden meines Lebens beizustehen, um mich sicher in den Himmel zu geleiten. "Skye?", fragte sie noch einmal. Dieses Mal energischer und wohlbekannt. Das waren nicht meine Eltern. Vorsichtig drehte ich den Kopf nach links, dort hin wo der Mann stand und öffnete die Augen.

Es war Arthur. Kurz fragte ich mich ironischerweise ob er nicht eine Begabung dafür hatte, mich in den unpassendsten Situationen überhaupt aufzuspüren. Ich blickte benebelt von den starken Schmerzen in seine klaren, hellen Augen, die mich von oben herab musterten. Seine blonden Haare klebten ihm vor Schweiß in der Stirn und er sah gehetzt aus. Anders als noch vor ein paar Stunden, oder waren es doch Tage gewesen, die ich hier hilflos gelegen hatte, trug er nun seine glänzende Rüstung und hielt sein Schwert fest umklammert in der Hand. Mein Blick fiel auf die silberne Klinge, die das wenige Licht einfing und die vereinzelten Blätter über mir doch so perfekt spiegelte. "Bist du gekommen um mich zu töten?", krächzte ich schwach hervor. Jeder Atemzug tat weh, stach in meinen Rippen wie Dornen und ich wollte mich einfach nur noch hinlegen und schlafen. Arthur sah mich erschrocken an, dann blickte er verstohlen über die Schulter, schien die Umgebung genau zu mustern. Schließlich wandte er seine Aufmerksamkeit wieder ganz mir zu. Sein Schwert fiel lautlos zu Boden, gab nur ein leises Rascheln von sich als es auf die abgestorbenen Blätter traf, die ihr Leben schon lange ausgehaucht hatten und nun als Schatten ihrer selbst auf den kalten Winter warteten, bis im nächsten Sommer nichts mehr von ihnen übrig war. Verwundert starrte ich die silbern, teilweise verdeckte Klinge auf dem Waldboden an. Arthur kniete sich neben mich, legte vorher seinen scharlachroten Umhang ab. "Hier", sagte er und streckte mir die Hand mit dem Umhang entgegen. Überrascht sah ich ihn nur an, reagierte nicht mehr. Arthur seufzte und hüllte mich schließlich selbst in den roten, erstaunlich warmen Stoff. Er stieß gegen den Pfeilschaft in meiner Schulter und ich zuckte zusammen. Erneut drohte eine gewaltige Schmerzenswelle mich zu überrollen, als all meine Sehnen und Nerven zu schreien begannen. Zutiefst beunruhigt musterte mich Arthur, dann schob er ganz vorsichtig den Umhang beiseite und legte mein kaputtes Schulterblatt frei. Ich schluchzte auf als er die Wunde ausversehen berührte. Ich hörte wie er überrascht beim Anblick des tief eingegrabenen Pfeiles die Luft ausstieß.
"Tja, das sieht ziemlich übel aus", sagte er mehr zu sich selbst als zu mir.
Ich nickte teilnahmslos. Soweit wusste ich auch schon bescheid.
"Skye, hör mir zu", setzte er nach wenigen Momenten wieder an, "du musst hier so schnell wie möglich weg."
Gleichgültig zuckte ich die Achseln.
Wie denn?
"Hast du mich verstanden? Skye! Komm zu dir. Du musst verschwinden. Schnell!", seine Stimme klang gehetzt und er blickte sich immer wieder nervös um.
"Warum hilfst du mir?", fragte ich rau. Ich wollte keinen Gedanken mehr an weglaufen verschwenden, ich wollte überhaupt nicht mehr denken, nur noch schlafen, mich ausruhen, diese ruhelose Welt vergessen.
" Das ist doch jetzt nicht so wichtig. Du musst hier weg! Verschwinde Skye.", überging er meine Frage.
"Nein, es ist wichtig", erwiderte ich matt, "warum hilfst du mir Arthur Pendragon? Welchen Grund hast du noch dazu?"
Arthur senkte den Blick und studierte den unheimlich facettenreichen Moosboden.
Dann sah er mich wieder an, undurchdringlicher den je.
"Mein Vater lässt Jagd auf dich machen", sagte er schnell," begreifst du denn nicht? Sie werden dich töten wenn sie dich finden?"
"Warum Arthur?", ich wusste nicht warum ich so auf die Antwort brannte.
Doch irgendwie spielte alles andere im Moment keine Rolle mehr, war mir gleichgültig geworden. Ich brauchte einen Grund ihm noch zu vertrauen.
"Verflucht nochmal Skye. Willst du denn sterben? Hau endlich ab!"
Ich schüttelte den Kopf.
Wohin sollte ich denn schon gehen?
Mein einzigstes Zuhause hatte ich verloren, ich würde Camelot nie wieder betreten können.
Was gab es denn für mich noch in einer Welt ohne Merlin?
Arthur stand auf, ging nervös auf und ab. Mutlos blieb ich sitzen.
Der Schmerz in meiner Schulter pochte gleichzeitig mit dem in meinem Kopf. Es war ein unaufhörliches Tuckern, dass mich schläfrig machte.

"Hör zu, in diesem Moment durchstreifen so gut wie alle Ritter Camelots die Wälder auf der Suche nach dir. Sie werden nicht zögern, wenn sie dich finden. Geh solange du noch kannst!"

"Warum Arthur?", flüsterte ich schwach. Der Kampf gegen den Schlaf der mich zu übermannen drohte wurde immer schwieriger. Endlich blieb er stehen und hockte sich vor mich hin. Unsere Augen waren auf gleicher Höhe. Doch seine waren wach, klar und voller Unruhe. "Ich tu das nicht für dich allein Skye. Ich mach das hier für Merlin. Ich möchte genauso wenig wie du das er leidet. Seine Liebe zu verlieren hat er nicht verdient. Ich habe heute gesehen, zu was du fähig bist. Doch ich will dich nicht als ein Monster sehen. Vielleicht ist mein Vater in seinem Hass blind geworden, aber ich bin es nicht. Ich kenne dich, ich weiß wer du bist, habe dein Herz gesehen. Du bist für mich eine Freundin. Und ich möchte nicht das dir etwas passiert."

Ehrlich verblüfft sah ich ihn an. Wer hätte das gedacht? Ausgerechnet Arthur Pendragon, Kronprinz von Camelot und Erbe seines Vaters, lehnte sich gegen königliche Anweisungen auf, beschützte seinen Diener und setzte alles daran dessen Geliebte vor dem Tod zu bewahren. Auch wenn er sie gesehen hatte, auch wenn er sie des Verrats verdächtigt hatte. Er war mir doch wahrhaftig ein echter Freund, der auch in schlechten Tagen an meiner Seite stand. Der mich nicht verurteilte für das was ich nun mal war und nicht ändern konnte. Und dafür war ich ihm dankbar. Gleichzeitig gab er mir auch wieder einen Grund, den frischen Willen der in mir nun heranwuchs, nicht aufzugeben. Weiterzumachen. Wie wusste ich im Moment noch nicht, doch ich würde nicht hier im Wald sterben, wurde mir plötzlich klar.

Er war mir doch wahrhaftig ein echter Freund, der auch in schlechten Tagen an meiner Seite stand. Der mich nicht verurteilte für das was ich nun mal war und nicht ändern konnte. Und dafür war ich ihm dankbar. Gleichzeitig gab er mir auch wieder einen Grund, den frischen Willen der in mir nun heranwuchs, nicht aufzugeben. Weiterzumachen. Wie wusste ich im Moment noch nicht, doch ich würde nicht hier im Wald sterben, wurde mir plötzlich klar. In dem Moment wo Gaius dabei gewesen war, mir die Wahrheit zu erzählen, hatte ich mir etwas geschworen. Es war nun schon Monate her, doch die Gedanken prangten noch so klar in meinem Kopf, als wäre es erst gestern gewesen. Ich hatte geschworen nicht klein bei zu geben, hatte fest entschlossen entschieden, dass ich kämpfen würde, wie schwer der Weg auch sein mochte, ich würde kämpfen. Und sollte ich doch scheitern, dann tat ich dies in dem beruhigendem Wissen es wenigstens versucht zu haben.
Ich würde für Merlin weitermachen, für Mutter und Vater, wollte ihnen zeigen, dass sie nicht umsonst gestorben waren.
Jetzt in diesem Moment aufzugeben, nach allem was ich erlebt und durchgemacht hatte erschien mir feige, ja, als Beleidigung ihres Andenkens. Ich war bereit gewesen dem Tod gegenüber zu treten, ohne zu zögern, ohne nachzudenken und es hatte einen wahren Freund gebraucht um mich wieder auf die wirklich wichtigen Dinge zu fokussieren.
Ich würde sie nicht enttäuschen.

Als Arthur mich weiterhin schweigend ansah, wusste ich, dass ich etwas sagen musste, ihm einfach für all die Gefahren danken musste, die er allein wegen mir, einem Drachenmädchen auf sich genommen hatte.
„Arthur", setzte ich immer noch recht sprachlos an, „Was soll ich sagen? Ich meine du hättest jedes Recht mich zu hassen, mich töten zu wollen. Doch du denkst immer nur an deine Freunde, siehst den Menschen hinter den Monstern. Ich fühle mich wahrlich geehrt dich getroffen zu haben."
„Und ich bin froh, dass wir dich damals im Wald gefunden haben Skye. Ehrlich. Aber selbst ich kann die jüngsten Entwicklungen nicht ignorieren. Ich glaube dir, und helfe dir jetzt auch unter einer einzigen Bedingung. Verlass Camelot und seine Ländereien umgehend, bring dich in Sicherheit."

Ich sah ihn verblüfft an, das hatte ich nun wirklich nicht erwartet, auch wenn das davor schon die reinste Überraschung gewesen war.
„Flieh. Jetzt. Und komm nicht nochmal zurück."
Arthurs Worte lösten in mir merkwürdige Gefühle aus. Natürlich war mir klar gewesen, was mich nach meiner Flucht vom brennenden Scheiterhaufen erwarten würde. Ich hatte gewusst, dass man mich jagen würde, es war nur logisch gewesen, dass ich im Schloss nicht mehr willkommen war.
Trotzdem konnte ich die Traurigkeit und das leise Gefühl des Verrats nicht unterdrücken. In meinen Träumen hatte ich mir immer vorgestellt eines Tages zurückzukehren. Zu Merlin. Zu Gaius, Arthur und Gwen. Ich hatte die ganze Zeit angenommen, dass wenigstens meine Freunde mich wieder mit offenen Armen begrüßen würden.
Arthurs nun offene Ablehnung bezüglich meiner Rückkehr ins Schloss verunsicherte mich. Unwillkürlich wich ich vor ihm zurück. Der Schmerz war vergessen, ich fühlte mich wieder aufgeweckt, in der Lage laufen zu können. Aber eine Einsamkeit war in mein Herz eingezogen, sodass ich mir bald die alles andere betäubenden Schmerzen zurückwünschte.
„Skye, bitte, versteh mich doch. Du wärst in Camelot nur in Gefahr, du gehörst nicht mehr ins Schloss. Es ist besser wenn du dir irgendwo weit weg ein neues Leben aufbaust, die Chance auf eine Zukunft hast.", meine Augen hatten sich mit Tränen gefüllt. Ich wusste, dass ich mich wie ein kleines, bockiges Kind benahm, doch es war mir egal.
„Außerdem denk doch an Merlin", fuhr Arthur eindringlich fort.
Ich hob den Kopf und sah ihn trotzig an.
„Was glaubst du, was ich die ganze Zeit schon tue? Er bedeutet mir alles, wirklich alles. Und jetzt sagst du mir das es das Beste wäre, ihn für immer zurück zu lassen?"
Gequält sah der Prinz mich an. Seine blonden Haare standen in alle Richtungen ab, nachdem er sich mit der Hand unruhig über den Kopf strich.
„Skye wir haben keine Zeit mehr. Sie werden jeden Moment hier sein. Bitte geh. Lass mich Merlin nicht das Herz brechen indem ich ihm deinen Tod verkünde. Geh."
Meine Mundwinkel zuckten. Er hatte ja Recht.
Doch ich war zu aufgebracht um es mir einzugestehen.

Schließlich nickte ich kapitulierend mit dem Kopf. Wie auch immer, in einem Punkt hatte mein Freund recht.
Ich musste hier weg.
Doch ich würdr zurück kehren.
Seufzend packte Arthur mich an den Armen und zog mich auf die Beine. Ich schlotterte und schwankte gefährlich, doch der neu entfachte Tatendrang in mir hielt mich aufrecht.
Ich schlang den roten Umhang noch fester um mich und tat vorsichtig ein paar Schritte. Sie waren wacklig, doch schon nach wenigen Metern, hatte sich die Bewegung in eine einprägsame Monotonie Verwandelt, die mich stetig vorwärts trieb.

Arthur ging neben mir, überwachte jedes meiner Straucheln, immer bereit mich notfalls aufzufangen. Einmal hielt er mich davon ab mitten in einen Suchtrupp hinein zu laufen. Wir versteckten uns hinter einer hoch gewachsenen Buche und warteten bis sie vorbei waren, dann wandte sich Arthur an mich.
„Hör zu, ich werde sie von deiner Spur ablenken. Ich schicke sie alle noch Nordwesten, du gehst nach Südosten. Lauf immer weiter, dann kommst du ganz sicher in Lots Königreich."
Ich nickte. Die Zeit war gekommen, sich zu verabschieden.
Ich hatte Arthur unheimlich viel zu verdanken, das wusste ich.
„Nichts zu danken", sagte er etwas verlegen, nachdem ich ihm alles gesagt hatte, was ich auf dem Herzen hatte.
„Versprich mir nur eins Skye", ich lauschte gebannt, als er mich kurz umarmte und mich dann losließ und ein paar Schritte zurück trat.

„Ich hab dir Gnade erwiesen, ich habe dir das Leben gerettet und damit gegen den Befehl meines Vaters verstoßen. Wenn ich dich das nächste Mal sehen sollte, kann ich für nichts mehr garantieren. Stell mich bitte nicht vor die Pflicht dich zu töten. Und vorallem, lass mich nicht bereuen, was ich getan habe."
Dann war er weg.

Ich lief und lief. Die Bäume wollten kein Ende nehmen, überall um mich herum ragten sie meilenweit sichtbar auf. Wie lange ich schon unterwegs war, wusste ich nicht. Stur und ohne Pausen lief ich in die Richtung, die Arthur mir gezeigt hatte. Meine nackten Füße waren wund gescheuert und von spitzen Ästen und Dornen aufgerissen. Meine Schulter pochte unaufhörlich und immer schmerzhafter. Es schien als würde sich die Pfeilspitze bei jedem Schritt, den ich mühevoll tat, nur noch tiefer in mein Fleisch graben. Der Tag senkte sich. Da die Sonnenstunden in dieser Jahreszeit sowieso begrenzt und knapp bemessen waren, verschwand der glühende Feuerball bereits am Nachmittag hinter den Wipfeln der mit prächtigen Farben geschmückten Bäume.
Ich lief immer weiter. Ich wusste nicht mehr wie lange ich das überhaupt noch durchhalten konnte, doch ich machte weiter.
Trotz aller Mühen brach ich schlussendlich am Rande einer Lichtung zusammen und konnte mich keinen Millimeter mehr rühren.
Ich war am Ende meiner Kräfte. Ich legte mich auf die Seite, versuchte meine qualvoll weh tuende Schulter zu entlasten und blickte hoch zu den langsam aufgehenden kalten Sternen.
Es erinnerte mich so sehr an die Nacht damals auf der Lichtung. Diese wenigen Momente, in denen ich Merlin beim Schlafen zugesehen hatte, erschienen mir im Nachhinein wie die glücklichsten und friedlichsten meines Lebens.
Meine Lider wurden schwer, die Erschöpfung kroch durch meine Knochen und der Schmerz wurde zu einem stummen, allgegenwärtigen Begleiter.
Gerade als ich dachte, jetzt sei alles aus, da ragte auf einmal ein dunkler Schatten über mir auf. Es war ein riesenhafter Schemen, der sich hühnenhaft zu mir herunter beugte.

„Na hallo Skye. Endlich sehen wir uns mal wieder", sagte eine leicht spöttelnde Stimme.
Ich kannte sie nur zu gut, während mich der Schlaf übermannte und ich ins Land der Träume glitt, ordnete ich diese Stimme ein.

Sie gehörte Cole.
Es war mein Bruder.
Ich spürte noch wie er mich wie eine Feder vom Boden aufhob, dann war da nichts mehr als gähnende Schwärze.

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So meine Lieben :D

Das wird erstmal das letzte Kapitel für ein paar Wochen sein, da ich auch in den Urlaub fahre. Natürlich werde ich, so wie ich Zeit und Lust finde, natürlich weiterschreiben, doch mit den Updates müsst ihr euch wohl diesmal ein wenig gedulden. In der Zwischenzeit könnt ihr ja eure geballte Vorfreude in den Kommis auslassen und lauter Vermutungen anstellen, wie es weitergeht.

Bis dahin wünsche ich euch Frohe Weihnachten und ein gesundes neues Jahr.

Bis bald <3





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