Fesseln
Kann es einem bestimmt sein zu leiden?
Ist da irgendjemand der die Fäden des Lebens fest in der Hand hält und der aus einer Laune heraus über dein Schicksal entscheidet?
Wie kann ein Mensch so viel Unglück erleben?
Oder besser gesagt, überleben?
Womit hab ich das verdient?
Immer mehr Fragen kreisen ruhelos durch meine Gedanken.
Sie verfolgen mich, zerren an meinem Bewusstsein, halten mich wach.
Wie Schatten kommen sie immer wieder angekrochen, stehlen sich in meinen ruhelosen Schlaf.
Warum?
Warum habe ich das nur getan?
Wie konnte ich nur so egoistisch sein?
Ich hätte sterben müssen, nicht sie.
Es ist meine Schuld.
Ich habe die die ich liebte zum Tode verdammt.
Ich allein.
Ich bin kein Mensch.
Ich bin ein Todesengel.
Schritte ertönten vor der Kerkertür.
Regunglos blieb ich liegen.
Sie kamen wieder.
Natürlich. Sie hatten immerhin nicht erreicht was sie wollten.
Sollten sie es doch versuchen, ich hatte nichts mehr zu verlieren.
Kein Schmerz konnte es mit dem aufnehmen, den ich in mir selbst spürte.
Macht doch was ihr wollt.
Die Tür wurde grobschlächtig aufgerissen.
Zuckendes Licht fiel in das sonst so dunkle Verlies.
Ich kniff die Augen zusammen um nicht in die grellen Fackeln blicken zu müssen.
Zwei Männer traten ein.
Ihre Schritte knirschten, als sie über das feuchte Stroh liefen.
Dann ein Klirren, als der eine ausversehen auf die Kette trat, die mich fesselte.
Mir stieg der stechende Geruch von Alkohol in die Nase, der wie eine Krankheit an ihnen haftete.
Sie blickten merkwürdig auf mich hinab, ich konnte es spüren.
Anscheinend waren meine Überlebensinstinkte doch noch nicht tot, denn mein Innerstes zog sich angstvoll zusammen.
Dieser Ausdruck mit dem sie mich musterten, ließ es mir eiskalt werden, auch wenn ich versuchte stark zu bleiben.
"Na", knurrte eine leise, klirrende Stimme über mir.
Ich kannte ihn. Er hatte meinen Vater niedergestochen. Es war seine eiskalte Stimme die mich verfolgte.
Er ging in die Knie.
Noch immer hielt ich die Augen fest geschlossen, versuchte mich nicht zu bewegen. Wie eine Maus die der Schlange reglos gegenüber steht.
Eine raue Hand fuhr mir über die aufgesprungene und von Tränen nasse Wange.
So fest ich konnte biss ich mir auf die Lippen, ich würde nicht wimmern, nicht vor denen.
Wo war bloß meine Gleichgültigkeit hin? Eben wollte ich noch sterben, jetzt hatte ich nur noch Angst.
"Komm schon, Süße,"er dehnte das Wort genüsslich in die Länge, "du solltest aufstehen. Uns ist langweilig. Wir haben Lust auf ein kleines Spielchen."
Sein Kopf war meinem so nah, dass ich seinen heißen Atem auf meiner Wange entlang kriechen spürte.
Der Horror packte mich. Ich wusste was kommen würde, ich wollte sterben. Jetzt, hier in dieser stinkenden, dunklen Zelle.
Alles war besser als das.
Aber wahrscheinlich hatte ich nichts besseres verdient.
Ein Tritt in die Rippen ließ mich aufkeuchen. Schmerz zuckte durch meine Adern und ich öffnete ruckartig die Augen.
Es kostete mich all meine Kraft nicht zu schreien.
Mein Atem ging flatternd und jeder Zug den ich machte, stach in meiner unteren Rippengegend.
Ich schmeckte Blut. Ich hatte mir wohl auf die Lippe gebissen, den ein kleines Rinnsal rann mein Kinn hinunter und benetzte meine trockene Haut.
"Sieh mal", sagte der zweite amüsiert.
"Sie ist ja doch wach. Wie schön."
Gehässig verzerrte sich sein Gesicht. Er war es der mich getreten hatte, das wusste ich.
Dann kniete sich der erste vor mich hin und zwang mich ihm in die Augen zu sehen, als er mein Kinn packte und sich seine spitzen Nägel in meine Haut bohrten.
"Die wird unser kleines Spiel gefallen. Ken hat es nur für dich erfunden."
Ich sah in diese kalten Augen. Die Augen die zufrieden zusahen wie mein Vater verblutete, wie unser aus zu Asche niederbrannte.
Unbändigender Hass brannte in meinen Adern. Hass auf ihn und auf mich.
Ein kleines Fünkchen Widerstand regte sich in mir, etwas von dem ich dachte es wäre längst erloschen.
Denn ich hatte schon lange aufgegeben mich zu wehren.
Er schob sein Gesicht so weit vor, das unsere Nasenspitzen sich fast berühten.
Mir stieg sein fauliger Mundgeruch vermischt mit Alkohol in die Nase und mein Magen hob sich fast.
Er drehte den Kopf und fuhr mit seinen Lippen meine Wange bis zu meinem Ohr entlang.
Ich zitterte bei der Berührung, wollte ihn wegstoßen, mich übergeben, einfach ohnmächtig werden.
Dann hauchte er mir ins Ohr und all meine Nackenhaare stellten sich kerzengerade auf.
"Die Regel ist einfach. Lauf."
Dann wurde ich auf die Füße gezogen und ein Sack wurde über meinen Kopf gestülpt.
..............
So meine Lieben, das erste Kapitel ist fertig. Was haltet ihr davon? Lasst mich eure Meinung wissen.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top