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"Sie müssen ihm unbedingt zuhören und versuchen sie ernst zu bleiben. Er hasst es, wenn man zu oft lächelt" ,erklärte sie entschuldigend.
Mit einem Nicken klopfte ich an die milchige Glasscheibe.
"Herein!" ,befahl eine tiefe Stimme.
Ich öffnete die Tür und trat kerzengerade und selbstbewusst in einen weiß gestrichenen Raum. An der linken Wand hingen drei große Bilderrahmen in denen verschiedene Auszeichnungen und Urkunden hingen. Vor mir stand ein schwarzer Glastisch an dem ein älterer Mann saß.
Die Jahre und die viele nervenaufreibende Arbeit hatten an seinem Gesicht Spuren hinterlassen. Seine Augen waren umringt von kleinen feinen Falten genauso wie seine Mundwinkel. Sein Gesicht wies einen ernsten Ausdruck auf, der durch die tiefen Furchen auf seiner Stirn nur verstärkt wurde. Er hob seinen Kopf von den Unterlagen und setzte seine schwarze Lesebrille ab.
"Sie müssen also Doktor Lecter sein"
Doktor Chester faltete seine Hände und stützte sein Kinn auf den Handrücken ab.
"Daschinka sei doch so lieb und schließ bitte die Tür", befahl er.
Mit einem Nicken widmete sie sich der Tür.
"Hier drin steht sie kommen ursprünglich aus Litauen und sind sogar adelig!", bemerkte er leicht spottend, "Lebte zwei Jahre in einem Waisenheim, dann zu seinem Onkel nach Paris gezogen, begann dort am medizinischen Institut sein Studium. Und was bringt sie hierher nach Baltimore?"
Ich brachte ein charmantes Lächeln auf.
"Mein Professor, Monsieur Dumas empfahl mich hierher. In Paris wären meine Fähigkeiten fehl am Platz, genauso wie ich"
Doktor Chester nahm einen nachdenklichen Gesichtsausdruck an und nahm seine Unterlippe zwischen Daumen und Zeigefinger.
"Ich verstehe...François hat sie also hierher geschickt. Dann müssen sie wohl einer der besten Studenten am Institut gewesen sein...In Ordnung! Sie fangen heute an. Daria sei so lieb und zeig Doktor Lecter die Garderobe und hilf ihm sich zurecht zu machen. Sie werden ab heute in der Chirurgie tätig sein, dabei werden sie genauso wie Daria mir und Doctor Blackwood assistieren"
Ich nickte zufrieden und drehte mich schon zum Gehen um.
"Ach und Doktor Lecter? Ich dulde Diskretion, Respekt und Zuverlässigkeit in meinem Krankenhaus!", bemerkte er.
Mein Mundwinkel hob sich leicht bei seinen Worten und ich nickte wieder. Daria stand die ganze Zeit über vor der Tür die Hände in den Taschen ihres Kittels vergraben. Sie öffnete die Tür und zusammen verließen wir das Büro. Ich schloss die Tür.
"Er scheint wirklich beeindruckt von ihnen zu sein", bemerkte sie lächelnd.
"Bist du dir da sicher? Ich denke seine ganze Sympathie galt voll und ganz dir. Und außerdem nenn' mich bitte Hannibal"
Ihre Wangen färbten sich leicht rot.
"Er behandelt Menschen immer so, besonders am Anfang. Mich behandelt er sonst nicht anders, dass war nur als Show. Er hat versucht dich damit zu provozieren. Glaub mir, dass macht er jedesmal. Du bist einer der ersten bei dem all seine Provokationen und Anspielungen keine Wirkung gezeigt haben"
Sie lächelte mich glücklich an wobei ihre Augen anfingen zu strahlen.
"Komm mit ich zeige dir die Garderobe. Danach können wir in die Chirurgie", sie nahm meine Hand und zog mich den Flur entlang zu einem Aufzug.
Wir fuhren wieder runter und landeten im ersten Stock. Dann liefen wir eine lange Treppe hinab in den Keller, wo sich auch die Kühlräume und Vorräte befanden.
"Hier lang", rief Daria und zeigte in den rechten Flur.
Wir blieben vor einer massiven Tür stehen. Sie zog einen kleinen Schlüsselbund aus ihrer Tasche und schloss die Tür auf.
"Jeder Mitarbeiter bekommt seinen eigenen Schlüssel für die Garderobe und die Vorratskammer. ich schätze du bekommst sie irgendwann im Lauf der Woche", erklärte sie.
Vor uns erstreckte sich eine lange Wand an der mehrere Kleiderhaken befestigt waren. Außerdem standen in den hinteren Ecken mehrere Spints.
"So hier ist noch einer frei", Daria zeigte auf einen der obersten, "Zieh dein Jackett schon einmal aus. Ich suche solange nach einem Kittel und Schuhen. Welche Schuhgröße hast du?"
"43, dass müsste .... sein"
Mit einem Lächeln verabschiedete sie sich von mir. Ich streifte das Jackett von meinen Schultern und faltete es sorgfältig um es ordentlich in den Spint zu legen. Dabei bemerkte ich, dass man seinen Namen neben das Schloss schreiben musste. Ich musste Daria später unbedingt nach einem Stift fragen. Mich wunderte es noch immer wieso Doktor Chester so liebevoll mit ihr umgegangen war, denn ehrlich gesagt glaubte ich ihr nicht, dass er mich dadurch 'nur provozieren' wollte. Aber ich konnte mir auch nicht vorstellen, dass beide verwandt oder liiert waren. Nein, da musste irgendetwas anderes sein.
"Es gab nur noch Schuhe in 44, aber ich denke sie werden eh kleiner ausfallen", meinte Daria und reichte mir dabei ein paar weißer Schuhe sowie einen weißen Kittel, "Ich hoffe der Kittel passt. Ich war mir nicht ganz sicher wegen der Größe"
"Danke Daria", erwiderte ich mit einem Lächeln während ich mir die Schuhe anzog.
Sie hatte Recht. Die Schuhe fielen wirklich kleiner aus. Ich richtete mich auf und zog den Kittel an. Erstaunlicherweise passte er wie angegossen.
"Du scheinst einen guten Augensinn zu haben"
Ihre Wangen färbten sich wieder leicht rot und sie kicherte leicht.
"Mag sein. Ach! bevor ich es vergesse! Hier damit kannst du deinen Namen auf den Spint schreiben", sie reichte mir einen schwarzen Stift.
Dankend nahm ich ihn an und schrieb schnell meinen namen auf das weiße Schild.
"In Ordnung. Jetzt können wir in die Chirurgie", verkündete sie.
Dabei schielte sie leicht auf ihr Handgelenk und seufzte kaum hörbar.
"Wie lange arbeitest du schon hier?", fragte ich sie neugierig.
"Nächsten Monat sind es zwei Jahre", antwortete sie, wobei sie ein Gähnen unterdrücken musste.
"Und wie lange arbeitest du schon heute?"
"Seit...seit gestern um neun, aber das ist hier normal. Eigentlich wäre meine normale Schicht schon um acht zu Ende. Wir haben jetzt zehn", bemerkte sie mit einem müden Lächeln.
Ich erwiderte dies und zusammen gingen wir wieder die Treppen hoch in die OP-Säle. Hier zeigte mir Daria wo sich die Kleidung befand und wie sich hier auf die Operationen vorbereitet wurde.
"Dascha? Was machst du noch hier?", hörte ich Doktor Chester rufen.
Vorwurfsvoll sah er sie an während sie sich die Hände desinfizierte.
"Ich zeige Mister Lecter unsere Abteilung", erklärte sie.
"Zieh dich um und setz dich in den Warteraum. James fährt dich nach Hause. Du bist viel zu müde um selbst zu fahren"
"Aber Doktor-", fing sie an.
"Ich dulde keine Wiederrede!",zischte er und zeigte auf die Tür.
Mit gesenktem Kopf wünschte sie mir noch einen schönen Tag und verließ dann den OP- Vorbereitungsraum.
"So und jetzt zu Ihnen!"
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