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Ich wusste nicht wo ich war. Irgendwie hatte ich das beklemmende Gefühl, dass irgendetwas schlimmes geschehen sein musste so wie Hannibal mich ansah. Wieso liefen mir Tränen über die Wangen? Orientierungslos schaute ich mich in dem Raum um. Was war denn passiert? Ich erinnerte mich nur noch daran, dass ich unbedingt zu Dr. Chester wollte um ihm etwas zu erzählen. Hannibal strich sanft über meine Wange. Ich genoss das Gefühl bis es mich plötzlich wie ein Schlag traf. All die Erinnerungen an die letzten zwanzig Minuten schossen auf mich ein. Es tat so weh, dass ich laut schluchzte als seine Hand sich von meinem Gesicht löste.
Plötzlich sah ich wieder all das Blut und die Leichen. Kurz und fetztenhaft schlichen sich immer mehr der schlimmen Erinnerungen in meinen Kopf. All die Erinnerungen, die ich so schmerzlich verschlossen gehalten hatte. Tief in meinem Inneren, das wusste ich, waren sie besser aufgehoben. Nur nebenbei nahm ich war, dass Hannibal wegzugehen schien. Ich wollte nicht wieder alleine sein. Ich schreckte hoch und schrie wieder. Leider bekam ich keinen richtigen Ton raus, denn davor hatte ich ja auch schon geschrieen. Es war mehr ein Wimmern und lautes Schluchzen. Ich sah wie Hannibal und Dr. Chester auf mich zu liefen.
Immer noch weinend vergrub ich mein Gesicht in meinen Händen. Die aufkommenden Erinnerungen taten so weh, dass es sich anfühlte als schnitten hunderte von Messern auf mich ein. Sie hinterließen tiefe Narben, von denen ich mir sicher wahr, dass sie nie heilen würden. Ich spürte warme Hände, die meine umfassten und zusammen schlossen. Mit einem tränenverschmiertem Blick hob ich meinen Kopf nur um wieder in das besorgte Gesicht von Hannibal zu sehen. Ich wollte etwas sagen, doch das einzige was meine bebenden Lippen verließ, waren immer noch tonlose wimmernde Laute.
Hannibal drückte mich an sich und ich genoss diese plötzliche Nähe und aufkommende Wärme. Ich wollte nicht mehr alleine gelassen werden, denn ich wusste, dass ich es nicht mehr durchstehen könnte so wie das letzte Mal. Damals als ich die Therapie hatte. Unentwegt strich er über meinen Scheitel um mich zu beruhigen. Erst jetzt merkte ich wie müde ich doch eigentlich war und wie sehr ich mich nach meinem Bett und erholsamen Schlaf sehnte. Am liebsten hätte ich so Stunden verweilt, aber plötzlich löste sich Hannibal wieder von mir. Ich erwiderte das mit einem Wimmern, denn ich wollte wieder schreien, doch ich war immer noch heiser. Nur am Rande hörte ich wie Magda auf mich einredete, dass doch alles wieder gut werden würde, dass Dr. Chester schon was einfallen würde, doch das wollte ich nicht hören.
Am liebsten hätte ich sie angeschrien, dass sie verschwinden sollte. Ich wollte nur noch seine Umarmungen spüren, nur noch seine Worte hören. Ich wusste nicht wie viel Zeit noch verging, wie viel dummes Geschwätz ich mir noch von ihr anhören musste, denn ich saß die ganze Zeit neben ihr mit meinem Kopf, welchen ich in meinen Händen versteckt hatte. Irgendwann spürte ich, dass sie aufstand und jemand anderes neben mir den Platz einnahm. Ich erkannte ihn an seinem Geruch. Komischerweise merkte ich auch erst in diesem Moment wie sehr mir dieser Geruch gefiel. Eine Mischung aus Sandelholz, Zitrus und Safran. Ich hob wieder den Kopf nur um mich dann wieder einmal in seinen tiefbraunen und etwas rötlichen Augen zu verlieren.
Ich wusste nicht wie lange uns wir so ansahen, doch nach einer Zeit legte Hannibal seine Hände an meine Wangen und zog mein Gesicht zu seinem. Ganz sanft und vorsichtig und wahrscheinlich immer noch einen Widerstand von mir abwartend, legte er seine Lippen auf meine. Wie aus einem tieferen Reflex näherte ich mich ihm so gut es ging und drückte meinen Körper an ihn. Ich registrierte wie er seine Arme um mich schlang und mich einfach festhielt. Er gab mir den Halt, den ich jetzt so sehr brauchte. Sofort verblassten die aufkommenden Erinnerungen und machten Platz für ein wohliges warmes Gefühl in meinem Bauch. Etwas unbeholfen klammerte ich mich an ihn nur um ihn in seinem Handeln zu bestärken.
Jegliche Nebengeräusche blendete ich aus. Ich wollte einfach nur diesem Moment mit all meinen Sinnen auskosten und mich darin verlieren. Als Hannibal Anstalten machte sich von mir zu lösen, verstärkte ich nur meinen Griff und klammerte mich noch mehr an ihn. Es tat etwas weh als er sich mehr oder weniger von mir losreißen musste um etwas Distanz zwischen unsere schwer atmenden Körper zu bringen. Ich öffnete meine Augen und erkannte ein leichtes Grinsen auf seinen rötlichen Lippen. Er strich mir eine Strähne aus dem Gesicht und verschränkte dann seine Hände hinter meinem Rücken.
"Ich wollte dir keineswegs weh tun, Kleines", hauchte er an mein Ohr als er sein Kinn auf meiner Schulter absetzte, "Ich will mich nur vergewissern ob du schon bereit bist darüber zureden oder ob du noch warten willst", erklärte er und hauchte einen Kuss auf meinen Hals.
Eigentlich wollte ich überhaupt nicht reden. Schon gar nicht über diese schmerzlichen Erinnerungen, die sich wieder tief in meine Seele gegraben hatten. Es würde nur die Wunden aufreißen, wenn ich wieder darüber reden musste. Und das hatte ich schon beim letzten Mal so weit es ging zu vermeiden versucht. Ich schüttelte also den Kopf und wollte mich ihm wieder entgegen strecken, doch er ließ es nicht zu. Leise seufzend reckte er sein Kinn, sodass ich durch meine Größe einfach nicht an seine Lippen heran kam.
"Du weißt, dass du darüber reden musst", tadelte er mich, "Und ich denke, du weißt auch tief in deinem Inneren, dass es dir dadurch besser gehen wird, wenn du dich endlich jemandem öffnest. Ich weiß nicht wie lange du diese Erinnerungen schon in dir verschlossen hältst, aber langsam frisst es dich auf und das will ich nicht. Dr. Chester hat mit mir geredet. Du wirst dich ab sofort mit Magda um die Akten kümmern bis ich ihm von deinen Fortschritten berichten kann", erklärte er.
"Und was soll ich dafür tun?", fragte ich leise mit gebrochener Stimme.
"Öffne dich mir, Kätzchen"
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