D
Ich stieg schnell die Treppenstufen zu meiner Wohnung hoch. Ich kramte den Schlüssel aus meiner Jackentasche und schloss die Tür auf. Überwältigt von diesem wundervollen Abend ließ ich mich gegen die Tür fallen und schwelgte gedankenverloren in Erinnerungen. Noch nie war ich einem so überaus intelligenter und charmanter Mann wie Hannibal begegnet. Ich musste lächeln und bemerkte wie meine Wangen heiß wurden. Ich benahm mich ja wie ein junges Schulmädchen!
Müde platzierte ich meine Schuhe im Schuhschrank und hing meine Jacke auf. Den Blumenstrauß stellte ich in die Vase auf meiner Kommode. Trotzdem, irgendwie erschien mir Hannibal eigenartig. Nicht dieses komische, abstoßende eigenartig sondern dieses mystische, geheimnisvolle eben ganz auf seine Weise. Er schien irgendetwas vor mir zu verheimlichen oder war das nur seine Art, die ich noch nicht gut genug kannte? Wie in Trance blieb ich vor dem Foto meiner Familie stehen. Mama, Papa, Oma, Tante Mascha, Petja, Walodja und ich. Behutsam ich strich mit meinen Fingerspitzen über das Foto.
Tränen sammelten sich in meinen Augen und ein Kloß bildete sich in meinem Hals. Wütend schluckte ich den Kloß runter und blinzelte die Tränen weg. Ich durfte nicht weinen. Nicht jetzt.
Hannibal
Ich fand ihn attraktiv. Er war groß, wahrscheinlich 1,80m, denn er überragte mich um fast zwei Köpfe. Außerdem schlank , aber muskulös, jedenfalls waren es seine Unterarme, denn als er gekocht hatte, hatte er seine Ärmel vorher noch hochgekrempelt. Er war eine starke, selbstbewusste und dominante Persönlichkeit. Das war mir besonders heute während dem Umgang mit den Krankenschwestern aufgefallen. Besonders Maggie Jenkins schien ihm zu missfallen. Außerdem kam es mir so vor, als könne er jeden einzelnen Gedanken eines Menschen durchschauen.
Es war mir schon mehrfach aufgefallen, dass er zwar charmant war, aber er die Dinge trotzdem so lenken konnte, dass sie ihm in die Karten spielten. Und dieser Umstand sollte sich mit der Zeit auch immer mehr bewahrheiten.
Mir gefielen seine Augen. Sie waren etwas Besonderes. Braun mit rötlichen Sprenkeln. Das einzige was mich störte oder besser gesagt stutzig machte waren seine Worte:
"Ich denke wir teilen die gleiche Vergangenheit"
Waren seine Eltern auch gestorben?
Nachdenklich zog ich meine Augenbrauen zusammen und ging in das kleine, weißgeflieste Badezimmer. Ich zog mir schnell meine Klamotten aus, band meine Haare hoch und stieg in die kleine Dusche. Warmes Wasser prasselte über meinen Rücken. Ich wusch mich schnell und stieg entspannt aus der Dusche. Frierend band ich ein Handtuch um meinen Körper und putzte mir die Zähne. Dann hüpfte ich in mein Nachthemd und ging ins Bett.
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Unerbittlich klingelte mein Wecker. Ich betätigte den Stop-Knopf und rieb mir müde die Augen. Ich torkelte verschlafen aus dem Bett und streckte mich genüsslich. Beim Vorbeigehen schnappte ich mir meinen Bademantel und lief in die Küche. Ich machte mir Kaffee und Cornflakes. Den Kaffee goß ich in eine Tasse und in eine Thermoskanne für die Arbeit. Schnell frühstückte ich und machte mich auf den Weg ins Bad. Dort putzte ich Zähne, steckte meine Haare hoch und schminkte mich leicht. Ich wollte heute unbedingt gut aussehen. Fast fertig zog ich einen schwarzen Rock und eine beige Bluse an. Eigentlich war ich für die Arbeit immer etwas schicker angezogen, doch wie meine Großmutter immer zu sagen pflegte: An deiner Kleidung liest man was für ein Mensch du bist. Und sie hatte Recht.
Wenn man tollpatschig war, hatte man öfter mal Flecken auf dem Oberteil. Wenn man jedoch bequem war, war die Kleidung meist ungebügelt und faltig. Und falls man Motivation hatte oder sehr ehrgeizig war, dann spiegelte sich das auch meist in der Kleidung wieder.
Im Flur packte ich die Thermoskanne in meine Tasche, warf mir meinen Trenchcoat über den Arm und schnappte mir meine Autoschlüssel. Ich schloss die Tür und rannte die Treppen hinab zu meinem Auto. Es war ein roter etwas eingebäulter VW, der meiner Oma gehört hatte. Ich stieg ein und fuhr in die Klinik von Baltimore.
"Doktor Barker? BARKER! Hören sie mir überhaupt zu?!"
Ich erwachte aus meiner Starre und schaute Doktor Chester mit einem etwas verwirrten Blick an. Anscheinend hatte ich gar nicht gemerkt wie ich in Gedanken abgedriftet war. Normalerweise konnte er auch nett sein, doch heute schien er einen schlechten Tag zu haben.
"Entschuldigen sie mich, aber was haben sie nochmal gesagt?"
Genervt schüttelte er den Kopf.
"Sie werden mit Doktor Lecter zusammen diesen Patienten betreuen. Mrs. Duckson, erinnern sie sich?"
Ich nickte. Sie war eine Frau mittleren Alters und hatte als einzige einen Autounfall überlebt. Ihr Mann und ihre zwei Kinder waren in dem Fahrzeug ums Leben gekommen. Doktor Chester reichte mir die Akte.
"Ich will, dass sie sich die hier" , er zeigte auf die Akte, "Durchlesen und dann mit Doktor Lecter die Patientin besuchen"
Wieder nickte ich.
"Guten Morgen Doktor Chester"
Doktor Chester und ich drehten uns verwirrt um.
"Guten Morgen, Doktor Lecter"
Ich lächelte Hannibal an.
"Guten Morgen, Miss Barker"
"Ich lasse sie dann mal allein. Vergessen sie nicht Mrs. Duckson aufzusuchen!"
Schnellen Schrittes lief er den Korridor entlang und verschwand in einem Patientenzimmer. Ich schaute auf und blickte direkt in Hannibals wundervolle Augen. Er faszinierte mich. Wie in Trance stand ich vor ihm, unfähig mich zu bewegen.
"Miss Barker? Daria!" , er rüttelte an meiner Schulter und holte mich aus meiner Starre.
Verlegen schaute ich zu Boden.
"Entschuldigung...Ich wollte mich noch bei dir für den schönen Abend gestern bedanken", murmelte ich schüchtern.
Er sah mich interessiert an.
"Mit einem Essen bei mir...Ich kann zwar nicht so gut kochen wie du aber wenn...wenn es dir nichts aus macht dann könnten wir nächste Woche oder irgendwann anders, wann es dir passt nach der Arbeit zu meiner Wohnung fahren...also nur wenn du willst" , sagte ich weiter.
Ich hätte mich schlagen können für meine schüchterne Art und sein bohrender Blick schien das nur zu verstärken. Er lächelte mich aufmunternd an.
"Ich würde mich sehr freuen, aber wir dürfen Mrs. Duckson nicht länger warten lassen"
In einer geschmeidigen Bewegung ging er an mir vorbei und hielt mir die Tür auf. Ich lief zu ihm und ging in das Zimmer. Der Raum war weiß gestrichen und hatte zwei große Fenster. Gegenüber davon stand ein Krankenbett und ein Stuhl. In der Ecke befand sich eine Tür, die ins Bad führte. Eine braunhaarige Frau in einem weißen Nachthemd saß mit angewinkelten Beinen auf dem Bett.
"Guten Morgen, Mrs. Duckson. Ich bin..."
Vernichtend sah sie mich an.
"Verschwinden sie gefälligst!" ,zischte sie wütend.
Hannibal ging unbeirrt weiter und stellte sich hinter den Stuhl.
" Guten Morgen, Mrs. Duckson ich bin Dr. Hannibal Lecter, ihr behandelnder Arzt" , er winkte mich zu sich, " Und das ist meine liebenswerte Partnerin, Dr. Daria Barker"
Ich setzte mich auf den Stuhl. Hannibal legte seine Hände auf meine Schultern.
Tränen rannten ihre Wangen hinab. Ich konnte sie verstehen. Als meine Großmutter, meine letzte Verwandte starb, hatte ich genauso reagiert. Ich hatte gerade Prüfungen und konnte Trauer eigentlich nicht gebrauchen. Mein Studium durfte ich früher anfangen, weil ich früher mit der Schule fertig war und diese mit Bestnoten absolvierte hatte.
"Es tut mir leid", flüsterte ich leise.
"Ich brauche ihr Mitleid nicht!" , schrie sie aufbrausend.
"Ich kann sie verstehen",meinte ich traurig, "Ich habe genauso reagiert als meine Familie starb"
Sie blickte erschrocken auf. Doch dann nahmen ihre Augen wieder einen gleichgültigen Ausdruck an. Wie aus dem Nichts sprang sie plötzlich auf und warf ihre Tabletts vom Frühstück nach mir. Als wäre das nicht genug fing sie an wild umher zu schreien und weitere Gegenstände ziellos umher zuwerfen. Sofort entfuhr mir ein Schrei und ich versuchte, schützend die Arme über den Kopf haltend irgendwie auszuweichen.
Mrs. Duckson schien das wenig zu beeindrucken, denn sie griff nur nach mehr Gegenständen, die sie entweder auf mich oder Hannibal werfen konnte. Hilflos kauerte ich mich auf dem Boden hinter dem Bett zusammen und hoffte, dass Hannibal irgendwie an den Alarm-Knopf kommen würde. Noch immer geschockt, bemerkte ich gar nicht wie Hannibal unauffällig eine Spritze aus seiner Jackentasche zog und mit schnellen Schritten auf sie zu ging. Mit einer schnellen, aber gekonnten Bewegung rammte er ihr die Spitze in den Leib. Mrs. Duckson zuckte noch einmal kurz und befand sich, dann in einem tiefen Schlaf.
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