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„Sabris, du wechselst zur Einheit von Uzing hiddunth. Das ist deine letzte Chance einen Platz innerhalb der Bande zu finden. Wenn er dich nicht bändigen kann, dann ist dein Talent vergeudet. Denn immerhin hast du wirklich potenzial, aber wenn man es nicht zu nutzen weiß, ist es leider vergeudet", meinte der hochgewachsene Elbe mit seiner melodischen Stimme ernst. Widerwillig grummelnd nickte der junge Zentaur. Er wusste ja selbst, dass er etwas ändern musste.

Denn immerhin war dies nun schon die fünfte Versetzung in ein anderes Lager. Noch dazu ins Hauptlager und zu IHM. Besagter Mann war gerade einmal 14 Jahre, hatte sich aber vor gut einem Jahr bei einem großen und bedeutungsvollen Raubzug einen Namen gemacht. Er und sein etwas älterer Partner sind somit schnell aufgestiegen und nun stand eine kleine Eliteeinheit unter ihrem Kommando. Deren Spezialität das schnelle und lautlose Rein und wieder Raus aus Gebäuden war. Ihr Erfolg bei Aufträgen lag beinahe bei 100%. Natürlich hatte der Gagak Soleh ein wachsames Auge auf diese Einheit, doch er ließ ihnen große Freiheiten. Insgeheim wusste jeder, dass der Uzing hiddunth fast so etwas wie ein leiblicher Sohn für den Kopf der Bande war.

Na das konnte noch etwas werden.

Seufzend wandte er seine Aufmerksamkeit wieder zur rechten Hand seines Anführers. „Sonst noch etwas?"

„Benimm dich Bitte endlich und mach dem Jungen nicht noch mehr Schwierigkeiten. Auch wenn er zwei Jahre jünger als du bist, steht er in der Hierarchie über dir und ist somit eine Autoritätsperson. Du wirst sehen, ihr werdet perfekt zusammenpassen. Das wird schon!"

Sabris wusste genau, dass diese Worte nicht für seine Aufmunterung, sonders für die des Elben waren. Kopfschüttelnd verneigte er sich respektvoll vor ihm, ehe er sich umdrehte, um den kleinen Raum zu verlassen.

Er konnte es sich bereits denken wo sich seine neue Einheit im Moment aufhielt.

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Laute Befehle wurden über die kleine Lichtung tief im Wald gebrüllt und ein kleines Lächeln schlich sich auf die schmalen Lippen des Kaltblutes. Ja, er hatte recht gehabt mit seiner Vermutung. Nicht einmal so lange war es her, dass er genau auf diesem Platz gestanden hatte, um mit jemanden um eine höhere Position zu kämpfen. Ein breites Grinsen war auf seinem Gesicht zu sehen, als er daran zurückdachte. Zwar konnte er den Kampf schlussendlich nicht für sich entscheiden, doch hatte er sich gar nicht so schlecht geschlagen.

Vorsichtig, um in keine Flugbahn eines Pfeiles zu geraten, begab sich Sabris auf die offene Fläche, die von der Bande gerne als Trainingsplatz genutzt wurde. Instinktiv duckte er sich sogleich unter einer ausholenden Schwerthand, wirbelte um das kämpfende Paar herum, nur um anschließend dem Nächsten ausweichen zu müssen.

So kämpfte er sich seinen Weg zu einem kleinen hölzernen Turm in der Mitte, auf dem man einen guten Überblick über die Lichtung hatte. Zwei Personen lehnten am Geländer und hatten ein Auge auf das Trainingsgetümmel, wobei sie immer wieder irgendwas herumbrüllten.

Sabris stieß einen kleinen Seufzer aus. Durch die sengende Mittagssonne eines trockenen Sommers, konnte er leider nicht genau erkennen, wer dort oben stand und die ausdrucksstarken Stimmen waren schwer zuzuordnen.

Obwohl sich der Zentaur nicht wirklich körperlich angestrengt hatte, überzog ein leichter Schweißfilm seinen Oberkörper. Mit einem resignierten Blick nach Oben zu der Spitze des Turmes, begann Sabris den Aufstieg über die steile Rampe.

Zumindest waren die Raben so weit, dass sie darauf achteten, dass es für kein Wesen Hindernisse gab, doch was dachten sie sich. Er war doch keine Bergziege!

Leicht schnaufend kam das Kaltblut oben auf der Plattform an. „Gaweh", begrüßte er höflich die Beiden. „ich bin de..." „Du musst der Neue sein", fiel ihm sogleich Einer ins Wort und drehte sich zu ihm um. „Äh...ja... du bist aber ni...", stammelte Sabris verwirrt als er erkannte, wer vor ihm stand. Diesmal unterbrach ihn der Andere. „Ja, wenn du Uzing hiddunth suchst, dann bist du hier leider falsch."

Der Dunkelbraunhaarige nickte nur leicht überfordert und starrte die Beiden vor ihm an. Das waren nicht die zwei, die er gesucht hatte. Soweit er sich erinnern konnte, waren die Menschen, die vor ihm standen, Halfar Titz und Galdûr Savir, auch bekannt unter den Namen Das stille Duo. Die zwei, bereits ergrauten, Männer hatten ihren Ruhestand mittlerweile mehr als verdient und darum überraschte es Sabris sie hier anzutreffen.

Wobei so wirklich nun auch wieder nicht.

Immerhin konnten Halfar und Galdûr nicht still herumsitzen und nichts tun. Viel zu gerne brachten sie den jungen Mitgliedern etwas bei oder halfen im normalen Alltag aus.

Deshalb nickte der Pferdezentaur dankend und stellte sich neben dem grauhaarigen Halfar, um über die kleine Lichtung blicken zu können. Seine Augen brauchten nicht lange über die kämpfenden Paare zu schweifen, da hatte er bereits sein Ziel ausgemacht.

Etwas abseits der anderen stach eindeutig ein Kampf heraus. Dieser war geprägt von einer gefährlichen Eleganz und einer tödlichen Leichtigkeit. Sabris hatte diesen Kampfstil nur einmal flüchtig gesehen, doch er würde diesen überall wiedererkennen.

Gerade wich der Schwarzhaarige mit einer gradzielen Pirouette einen Schlag einer Axt aus, nur um im nächsten Moment bereits hinter seinem Gegner getänzelt zu sein und ihm die Beine unter dem Schwerpunkt wegschlagen zu wollen. Doch noch im letzten Moment rollte sich der Zentaur im Sturz ab und sprang sofort auf seine langen, dünnen Beine, um einer schnellen Folge an Tritten auszuweichen. Sogleich folgte der nächste Angriff. Es blieb von beiden Seiten aus keine Zeit für eine kurze Verschnaufpause.

So ging es immer weiter. Auf Sabris wirkte dieser Trainingskampf so als würde es hierbei ernsthaft um etwas gehen. Als würde dort wirklich das Leben der Zwei auf dem Spiel stehen. Jedoch waren die Bewegungen zwischen den Beiden so aufeinander Abgespielt und Harmonisch, dass es fast schon einem Tanz bei Hofe ähnelte.

Ja, die Beiden waren wirklich ein perfektes Team.

Uzing hiddunth und kijang gancang

Eine der gefährlichsten Kombination der Roten Raben.

Trotz ihrem jungen Alter waren sie Meister in ihrem Gebiet. Niemand will diese beiden ernsthaft als Gegner haben. Jeder wusste, dass sie es in naher Zukunft weit bringen würden und genau aus diesem Grund hat das Duo bereits aus eigenem Anliegen einen Decknamen angenommen.

Vielleicht wollten sie damit ihre Familien schützen, oder etwas anderes war der Grund dafür. Wer wusste das schon. Doch Sabris interessierte dies gar nicht, er war einfach nur von ihrem Kampfstil beeindruckt und je länger er ihnen dabei zusah, desto gieriger wurde er.

Das Kaltblut wollte auch einmal seine Kraft mit ihnen messen. Er wollte, genauso wie sie, es zu etwas innerhalb der Bande bringen. Er wollte auf gleicher Höhe mit ihnen an der Spitze der Räuberbande stehen und dieses verdorbene Land regieren und neu aufbauen.

„Schon schlimm, wenn man bedenkt, dass zwei unserer besten Krieger noch fast Kinder sind. In welcher Welt leben wir, dass Kinder überhaupt wissen müssen, wie man kämpft", seufzte der noch etwas jünger Wirkende der Beiden, ehe er die kampfhaltung eines Elben lautstark kritisierte.

„Aber es hat auch seine guten Seiten...", murmelte der andere Greis kaum hörbar. Sabris schüttelte nur fasziniert von diesen Sichtweisen den Kopf und begann den, nicht wirklich leichten, Abstieg von dem kleinen Turm, nachdem er sich von den beiden noch lebenden legenden verabschiedet hatte.

Unten angekommen hielt sich der Zentaur sogleich in die Richtung, in der die gesuchten Personen sein müssten. Es überraschte ihn, dass die Zwei selbst am Training teilnahmen. Eigentlich hatte er gedacht, dass die Beiden diejenigen waren, die am Turm standen und herumschrien.

Nach einem kurzen, aber beschwerlichen Weg kam das windfarbene Kaltblut am Schauplatz des Trainingskampfes an. Wobei man es als dieses nicht wirklich bezeichnen konnte. Denn es war eindeutig Mordlust zu verspüren und trotzdem lag eine gewisse Gelassenheit in der Atmosphäre. So als würden die Kämpfenden wissen, dass selbst, wenn sie ohne Zurückhaltung kämpften, sie sich nicht wirklich gegenseitig verletzen konnten.

So ein enges Vertrauen hätte Sabris auch gerne in jemanden.


Der andere Zentaur nagelte gerade mit seinem kurzem Geweih seinen Gegner zu Boden, als dieser mit einem breiten Grinsen das Horn umfasste, mit einem kräftigen Ruck drehte er den Kopf nach rechts, im gleichen Moment halfen seine Beine mit und in kürzester zeit war es der Halbmensch, welcher im sandigen Boden lag. Eine kalte Klinge wurde an die weiche Kehle des Hirsches gepresst und es blieb ihm nichts anderes übrig, als aufgebend drei Mal auf die Erde zu klopfen.

Nach einem triumphierenden Lächeln und einem freundschaftlichen Boxer gegen die Schulter stand Uzing hiddunth auf und half seinem niedergerungenen Gegner ebenfalls auf die Beine. Bei Beiden vermischte sich der Schweiz mit Staub und dem roten Blut aus kleineren Schürfwunden. Nichts Ernstes.

„Sabris, nicht wahr?", fragte sein neuer Vorgesetzter und sah auf ihn mit seinen durchdringenden, tiefblauen Augen herab, obwohl er mindestens einen halben Kopf kleiner wie der Zentaur selbst war. Ebenfalls war dieser ausgelassene und freie Ausdruck in seinen Augen, welcher er im Kampfgetümmel hatte, sofort verschwunden, nachdem er bemerkt hatte, dass sie nicht mehr alleine waren. Offenbar war der Kampf eine Art Ventil oder eine sichere Situation für ihn. Im Geschehen durfte er sich keine anderen Gedanken leisten, als sich auf den Kampf zu konzentrieren. Die beste Situation um ungewollte Gedankengänge aus dem Weg zu gehen.

„Ja, ich hoffe ich habe Sie nicht gestört", antwortete Sabris höflich und verneigte sich vor dem Jüngeren. Dieser schüttelte nur verneinend den Kopf. „Bitte bleib beim Du. Immerhin bist du nun in meiner Einheit. Du gehörst nun zur Familie, auch wenn ich gehört habe, dass du nicht ganz so einfach bist. Aber keine Sorge, ..."

„Unser Uzing hiddunth bringt in jedem sein Bestes zum Vorschein. Bis jetzt ist noch jeder in der Gruppe klargekommen. Ich bin übrigens Krim... ich glaube wir sind beide im Lager unweit von Trabi aufgewachsen, wenn ich mich jetzt nicht Täusche", der Zentaur sah den Anderen fragend an.

Dieser nickte nur hoch erfreut, als ihn die Erkenntnis traf. „Ja, klar doch! Du warst das Kind, welches schon früh zum Hauptlager beordert wurde, da du ziemlich viel am Kasten hattest", meinte Sabris, wobei seine Stimme etwas Provozierendes angenommen hatte. Gleichzeitig freute er sich jedoch sogar etwas, zumindest jemanden aus langer Zeit zu kennen. Immerhin hatten sie die gleiche Herkunft.

Krim ging sogleich auf dieses kleine Spiel drauf ein und schüttelte nur leicht den Kopf, während er ihn genauso herausfordernd anfunkelte. Offenbar hatte ihm die Niederlage gegen seinen Partner vorhin nicht gereicht. „Und du warst das Problemkind, welches das Lager so schnell wie möglich weiter haben wollte", scherzte der Hirschzentaur sarkastisch, wandte sich dann aber mit eher liebevollen Worten zu dem Schwarzhaarigen.

„So weit ich mich erinnern kann, ist er ganz ok. Man kann sich auf sein Können verlassen. Das Zwischenmenschliche ist nicht so seins. Genauso wie Teamwork und sich einer Gruppe anzupassen", klärte er seinen langjährigen Freund auf. Das Kaltblut verdrehte nur verachtend die Augen.

„Ah, wir werden aus dir schon einen Teamplayer machen, der gerne mit anderen zusammenarbeitet. Dass wird schon. Denn immerhin geht es ohne Zusammenhalt und gegenseitiges Vertrauen bei uns nicht. Krim! Nachdem du ihn ja schon kennst, wirst du sein neuer Partner. Schau das du ihn Stubenrein bekommst!", befahl der Großgewachsene und bahnte sich seinen Weg durch die Menge. Einmal mehr fiel dem Zentauren die überaus starke und mächtige Präsenz des Gestaltwandlers auf. Sabris und Krim schenkten sich nur einen flüchtigen Blick, ehe sie mit einem zynischen Lächeln zustimmend nickten.

Das konnte noch spaßig werden. Aber irgendwie freute er sich schon auf die Zukunft und wohin sie ihn führen wird.


Und so vergingen einige Monate. Sabris hatte anfangs noch schwer zu kämpfen, um in die Gruppe zu finden, aber mithilfe des Zentauren klappte es schnell und das Kaltblut fand schließlich seinen Platz innerhalb der Gruppe. Jeden Tag hatte der Zentaur versucht sein Können vor den Augen der Raubkatze unter Beweis zu stellen, doch der Schwarzhaarige ignorierte ihn gekonnt.

Es dauerte etliche Missionen und Monate bis er ihn anerkannte und noch einmal genauso lang bis die drei ein eingespieltes Team wurden. Doch nach guten zwei Jahren, hatte es Sabris schließlich geschafft. Er hatte sich das Vertrauen des berühmt berüchtigten Uzing hiddunth erarbeitet, der mittlerweile zum Stellvertreter aufgestiegen war. Vaith vertraute seinem neuen Partner schließlich seinen echten Namen an.

Nun hatte Sabris tatsächlich seinen Platz innerhalb der Bande gefunden. Der Zentaur hoffte inständig, dass diese neu gewonnene Freundschaft auch in Zukunft so bestehen bleibt.

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