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Einige Tairusse zuvor


„Hey, ihr zwei! Ja ihr! Folgt Gagak Getih und seinem Freund! Bleibt aber auf Abstand und kommt ihm nicht in die Quere. Er hasst das. Er wird euch eh bemerken und falls es zu einem Kampf kommen sollte, setzt er euch schon so ein wie es ihm passt. Handelt also nicht zu sehr auf eigene Faust!", wies der Hirschzentaur zwei seiner Leute beim vorbeilaufen an, nachdem er gesehen hatte wie die zwei Raubkatzen im Wald verschwunden waren.

Auf der Lichtung herrschte nicht mehr ganz so ein Chaos wie vor wenigen Saris. Zum Großteil war dies Aino, Keith und Tithea zuzuschreiben. Sie wussten einfach wie man ihre Truppen zu Hand haben hatte. Vor allem Keith mit seiner langen Lebenserfahrung hatte schon etliche solcher Situationen gemeistert. Kurz schwoll Stolz in Krims Brust heran.

Ja, auf seine Leute war einfach verlass und er würde mit keiner anderen Gagak Piwûrûk tauschen wollen, auch wenn Ramura das zweit gefährlichste Königreich für die Roten Raben war.

Der Zentaur schüttelte kurz den Kopf um seine Gedanken zu klären. Jetzt war nicht der Moment um in Erinnerungen zu schwelgen. Schnell begab er sich zu den Anderen um dort zu helfen, die notdürftigen Lager so schnell wie möglich abzubauen. Einige würden noch einen langen Nachhauseweg haben.

„Alle die noch da sind, hört kurz her!", übertönte der Bärtige, nachdem ihm etwas Wesentliche beim Zeltabbau eingefallen war, die aufgebrachten Stimmen der Räuber. „Râthaer Jongul wird sich solch eine Chance sicher nicht entgehen lassen, passt also besonders auf ihn auf. Und keine wagemutigen Aktionen. Ich will keine unnötigen Verluste! Habt ihr mich verstanden?!"

Ein synchrones „Ai" kam als Rückmeldung, doch Krim wusste genau, dass diese Information so einige in noch mehr Angst und Schrecken versetzt hatte. Besonders die Neuzugänge und Küken, wie man die unerfahrenen Räuber so gern nannte, mussten bei diesem Namen erzittern.

Denn eine der ersten Lebensweisheiten, die man in der Bande lernte, war, bei diesem Namen so schnell wie möglich reis aus zu nehmen. Nur die wenigsten kamen gegen diesen kaltblütigen Hybriden an.

Erschrocken sah der Zentaur gen Himmel, als plötzlich die Luft elektrisch zu knistern begonnen und ein leichtes Beben die Erde erschüttert hatte. Sofort ging sein Blick in Richtung der Magier in der Hoffnung einen Augenkontakt mit einen der Vier herstellen zu können.

„Sie haben die Barriere erreicht und versuchen nun einzudringen! Es wird nicht mehr lange dauern bis sie ungehindert diesen Ort erreichen können", setzte ihn einer der Magier bei seinem fragenden Blick in Kenntnis.

Schneller als Erwartet!

Mittlerweile hatten sich die Meisten bereits auf den Weg gemacht und so befanden sich nur noch ein paar auf der Lichtung. Doch für Krim waren es immer noch zu viele, als plötzlich ein lautes Klirren die Luft erfüllte. Es hörte sich so an, als würde ein großer Spiegel zerspringen und es klang noch lange in den empfindlichen Ohren des Hirschzentauren nach.

Der Schutzzauber war überwunden.

Keinen Augenblick später wurde das Klirren vom Surren der herabsausenden Pfeile ersetzt. Auch wenn die Armee von Ramura noch einige hundert Meter von der Lichtung entfernt sein sollte, so schafften es bereits einige ihrer Pfeile ihren Weg hier her.

„Beeilung! Verschwindet von hier! Ich helfe noch den Letzten", rief Krim den Krähen und den Magiern zu, die neben sechs Anderen und ihm nur noch die Einzigen hier auf der Lichtung waren. Mit einem Nicken liefen die Drei zum Lager der Krähen um dort zusammen zu packen, denn sie durften auf keinen Fall irgendetwas zurücklassen. Schon der kleinste Hinweis auf sie, könnte fatale Folgen mit sich ziehen.

„Krim, alle haben die Lichtung verlassen, jetzt seit nur noch ihr Krähen hier. Und die Soldaten können jeden Augenblick aus dem Wald hervorbrechen!", ertönte plötzlich eine ihm nur allzu bekannte Stimme hinter seinem Rücken. Die rechte Hand des Anführers der Roten Raben hatte sich wenig später ebenfalls zu den anderen Krähen begeben um ihnen zu helfen. Denn da er nicht weit von diesem Versammlungsort wohnte, hatte er nur die nötigsten Gegenstände mitgenommen.

Erschrocken drehte sich der Zentaur zu dem jungen Elben um, der schwer atmend und mit schmerzverzerrtem Gesicht hinter ihm stand.

„Farlan! Was machst du noch hier?! Bist du nicht mit Rila und Lûnar gegangen?!", fragte er aufgebracht seinen Lehrling. Krim musste ihn im Trubel übersehen haben. Nach einem scharf musternden Blick, fiel dem Stellvertreter auf, dass sich der Elbe seinen linken Arm hielt.

„Wurdest du getroffen?", hackte er schärfer als gewollt nach und der Zentaur ballte seine Hände zu Fäusten um die aufkommenden Gefühle unter Kontrolle zu halten. Er musste Ruhe bewahren.

„Ja, ein Pfeil hat meine linke Schulter durchbohrt. Ich komme aber nicht dran, um ihn herauszuziehen", gab der Jüngere leise zu. „Rila, Lûnar und ich sind keine Küken mehr. Die beiden kommen schon alleine zurecht. Außerdem hat Aino gesagt, dass niemand alleine gehen sol...Argh", während Farlan seine Erklärung abgab, war der Rothirsch hinter seinen Schützling getreten und hatte den Pfeil relativ nahe am Körper abgebrochen. Denn jetzt stoppte die Pfeilspitze noch die Blutung, würde er ihn jedoch ganz herausziehen, könnte der Elbe auf ihren Weg nach Trabis ziemlich schnell und viel Blut verlieren.

„Ich weiß, dass jede Bewegung wehtun wird, doch es geht anders nicht. Schließlich will ich nicht, dass mein Lehrling unter meiner Aufsicht verblutet", kommentierte Krim seine Handlung nur trocken, ehe er den Elben vorsichtig an seinen Schultern zu sich umdrehte. „Und genau deshalb, da du mein Lehrling und nun mehr kein Küken bist, solltest du eigentlich am besten von allen wissen, dass ich ziemlich gut alleine klarkomme und dass man die Befehle einer Krähe nicht in Frage stellt!"

Eigentlich kannte der Stellvertreter den wahren Grund des Elben bereits und es ging dabei nicht, dass jemand alleine Heim ging. Nein, Farlan war aus einem ganz bestimmten Grund hiergeblieben und wenn Krim so darüber nachdachte, konnte er seinem Schützling eigentlich nichts vorwerfen. Der Schneiderlehrling wollte sich beweisen, er will zeigen, dass er etwas draufhat und dass man sich auf ihn verlassen konnte, wenn es hart auf hart kam. Jetzt wo er seinem Rang als Küken entkommen war, wollte er sich so schnell wie möglich innerhalb der Bande einen Namen machen und somit aufsteigen.

Farlan, Rila und Lûnar erinnerten den Zentauren an seine eigene Zeit mit Vaith und den Anderen als Küken und an den Weg danach. Dabei hatte der Elbe von den Dreien das meiste Potenzial zu einer Krähe aufzusteigen. Vielleicht würde er auch eines Tages seine Stelle als rechte Hand einnehmen.

Das war auch der Grund warum Krim ihn unter seine Fittiche genommen hatte. Zu sehr erinnerte er ihn an sich selbst und deshalb wollte er verhindern, dass der Jünger die gleichen Dummheiten anstellte wie er damals. Auf das Meiste musste der Elbe zwar schon selbst draufkommen, denn am Besten lernte man aus den eigenen Fehlern, aber man muss ja auch nicht alles selbst ausprobieren. Außerdem wollte er ihm auch ein halbwegs normales Alltagsleben ermöglichen.


Stillschweigend fochten Meister und Lehrling ein scharfes Blickduell aus, als plötzlich lautes, siegessicheres Brüllen von hinter dem kleinen Hügel ertönte. Erschrocken unterbrach Krim den intensiven Blickaustausch. Es würde nicht mehr lange dauern und die Soldaten würden auch hier ankommen.

„Wir verduften dann mal", rief ihm Aino zu, ehe er, nach einem kurzen verabschiedenden Nicken seitens Krim, mit den anderen Krähen die Lichtung verließ. Einen Großteil würden die Drei zusammengehen, bis sie sich ihre Wege trennten und jeder in sein eigenes Lager zurückkehrte.

„Wir sollten auch gehen", wandte sich der Rothirsch an Farlan nachdem er sich noch einmal flüchtig umgesehen, seinen Köcher und Bogen geschnappt hatte und lief ohne auf eine Antwort zu warten los. Mal sehen wie die Heimreise wird.



Weit kamen die beiden Schneider jedoch nicht, da hörte Krim bereits den ersten Soldaten durch das Unterholz stampfen.

Leiser ging es wohl kaum mehr.

Augenverrollend deutete der Zentaur mit seinem Wedel nach links, um dem Jüngeren hinter sich zu signalisieren, dass sie in diese Richtung dem Feind auswichen. Leise bahnte sie sich so ihren Weg durch das Unterholz, immer wieder führte der Andere, wenn dieser einen besseren Pfad gefunden hatte. Von weit weg hallten die Befehle der Soldaten durch den dichten Wald und Krim hoffte einfach nur, dass die anderen Bandenmitglieder ohne Zwischenfälle fliehen konnten.

Ein wohlbekanntes Surren ließ ihn sich sofort ducken und schützend die Arme über den Kopf verschränken. Farlan vor ihm tat dasselbe und sah anschließend wie erstarrt auf den Pfeil, der nur etwas neben ihm im weichen Waldboden steckte. Orange Funken stiegen von dem Pfeil auf und verglommen in der Nachtluft. Der Zentaur mit den braunen Haaren wusste sofort was Sache war und drehte sich in die Richtung um, aus der der Pfeil gekommen war. „Lauf! Ein Magier hat uns ins Visier genommen!", wies er den Elben harsch an und zückte ebenfalls Pfeil und Bogen. Mit scharfer Waffe musterte er die Äste.

Eigentlich war ein Kampf in der jetzigen Situation eher unklug, da vermutlich der gesamte Wald nur so von Soldaten wimmelte, aber man hat nie gerne einen Magier bei der Flucht im Nacken. Denn diese konnten ungemein hartnäckig in der Verfolgung sein.

„Hatte ich nicht gesagt du sollst verschwinden!", zischte Krim aufgekratzt, als er keine Schritte vernahm, die sich von ihm entfernten, sondern nur das leise Rascheln von Kleidung, als Farlan sich wieder lediglich erhob.

Diesen kurzen Moment der Unachtsamkeit nützte der feindliche Schütze sogleich aus und ließ in schneller Abfolge Pfeile auf sie herunter regnen. Krim reagierte sofort und konnte die Flugbahn von den Meisten mit seinen Eigenen ablenken. Doch nicht alle und so rechnete der Zentaur bereits mit dem eintretenden Schmerz, als sich plötzlich, in einer geschmeidigen Bewegung, eine Gestalt vor ihm schob und ein metallisches Klirren erklang.

„Na, froh, dass ich doch hiergeblieben bin, Gagak Handap?", fragte der Elbe mit einem überheblichen Unterton und Krim konnte sich das selbstbewusste Grinsen, welches das Gesicht des Jüngeren zierte, nur allzu gut vorstellen.

„Nein", murrte er deshalb nur trocken, um so seinen Lehrling vielleicht von dessen Hochmut wieder etwas herunter zu holen. Auch wenn Farlan kein blutiger Anfänger mehr war, sonst wäre er ja noch ein Küken, so überkam ihn bei jedem noch so kleinen Kampf die Euphorie. Der Schneidermeister wusste darum und auch, dass so etwas gefährlich war, wenn man sich und seine Fähigkeiten überschätzte.

Eine Eigenschaft die er nur zu gut von Vaith kannte. Wie oft hatte sich der schwarze Panther in scheinbar ausweglose Situationen verfrachtet, doch zum Unglauben aller anderen, hatte er es fast jedes Mal geschafft, sich selbst daraus zu holen. Bei manchen Aktionen wusste Krim bis heute noch immer nicht, wie sein Anführer das überleben konnte.

Ein lautes Surren direkt neben seinem Ohr ließ Krim zusammenzucken. Im nächsten Moment spürte er bereits den stechenden Schmerz. Nicht wirklich überrascht fasste sich der Zentaur an sein Ohr, nur um festzustellen, dass sich dort nun eine tiefe Kerbe befand, die noch dazu ordentlich zu bluten begann.

Dieser kleine Bastard von Magier!

Bei einem erneuten Mustern der Baumwipfel entdeckte er einen schwachen orangenen Schimmer zwischen den Blättern. Also hatte er sich vorhin doch nicht getäuscht. Der Magier mit dem sie es zu tun hatten, gehörte der Familie der Trafâr an. Sie sind spezialisiert auf Attentate und Verfolgungen, dabei basierten die Mehrheit ihrer Zauber auf dem Element Feuer.

Das hatte ihnen gerade noch gefehlt. Ihr Gegner würde sie so leicht nicht davonkommen lassen.

„Farlan, nimm dich in Acht! Der Magier bereitet bereits einen neuen Zauber vor!", warnte der Zentaur seinen Lehrling und legte ebenfalls einen Pfeil auf seine Sehne. Die letzten Pfeile waren nicht mit Magie gespeist worden, was bedeutet, dass dieser Pfeil nicht so leicht zum Abwehren wird.

„Komm schon, zeig dich endlich du räudiger Soldat!", kam es zähneknirschend von dem Elben, der neben Krim getreten war. Augenrollend konzentrierte sich der Zentaur auf seine Umgebung. Sofort ließen ganz feine, elektrische Ströme in der Luft den erfahrenen Räuber hellhörig machen.

„Weg hier!", schrie der Hirsch und im gleichen Moment, in dem er seinen Schützling zur Seite stieß, ging ein Ruck durch dessen massigen Körper und der Zentaur spuckte Blut.

Mit blanker Furcht in den haselnussbraunen Augen widerspiegelnd, sah Farlan zuerst die sich langsam zum Vorschein hervor kristallisierenden Pfeile, die nur wenige Meter vor ihm im Boden steckten. Danach wanderten seine, vor Schreck, weitaufgerissenen Augen langsam den Körper seines Lehrmeisters empor. Nur um feststellen zu müssen, dass der Zentaur die Pfeile mit voller Wucht abbekommen hatte. Blut floss aus einer Wunde an seinem menschlichen Torso und an seinem tierischen Rücken. Vor Schmerzen keuchend stützte sich die zweit wichtigste Person aus der Bande auf dessen Bogen. Die Wunden scheinen tief und vermutlich mindestens eine davon Lebensbedrohlich zu sein.

„Geht es dir gut?", presste Krim hervor und spuckte noch einmal Blut aus, welches sich noch in seinem Mund befunden hatte. Das leichte Nicken seitens Farlan, ließ ihn erleichtert ausatmen, als plötzlich ein schelmisches Kichern aus den Baumkronen ertönte.

„Glaubt ihr wirklich, dass das mein einziger Angriff war", höhnte eine helle Stimme und schneller als Krim oder Farlan reagieren hätten können, war der Elbe bereits in einen Kreis von sengend heißem Feuer umringt.

Hass brodelte in dem Zentauren auf und mit einem markerschütternden Brüllen, drehte er sich in die Richtung aus der er die Stimme vernommen hatte. Ohne einen Moment zu zögern ließ er die gespannte Sehne los und schickte seinen Pfeil auf den Weg zu dem Magier. Er durfte sich jetzt nicht von seinen Verletzungen kleinkriegen lassen.

Genugtuung machte sich in ihm breit als ein schmerzhafter Aufschrei erklang und wenig später ein zerbrochener Pfeil gen Boden fiel.

„Na wartet, dass werdet ihr noch Büsen, ihr Abschaum der Gesellschaft!"








Oranger Schimmer legte sich über den Ort des Kampfes und stach direkt in den Augen. Geblendet von dem merkwürdigen Nebel, vernahm er plötzlich einen lauten, schmerzerfüllten Schrei, der durch Mark und Bein ging, doch zu allem entsetzen konnte er sich nicht bewegen. Eine eiserne Kälte hielt ihn an Ort und Stelle fest.

Wenn er jetzt nichts unternahm, würde dies das Ende für sie Beide bedeuten!

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