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Râthaer Jongul

Ein Hybrid aus Riese und Magier, wobei der Anteil an Riese überwog. Jeder kannte und fürchtete den Söldner, der es besonders auf Mitglieder der Roten Raben abgesehen hatte. Daher rührte auch sein allbekannter Rufname:

Râthaer der Rabenhenker.

Nur die wenigsten hatten ein Aufeinandertreffen mit ihm überlebt und die, die noch einmal mit ihrem Leben davongekommen waren, konnte man an zwei Händen abzählen.

„Na wen haben wir denn da. Den berühmten schwarzen Panther der Jäger. Das trifft sich ja gut, immerhin haben wir beide noch eine Rechnung offen!", ertönte die tiefe Stimme des Hybriden dunkel über die kleine Lichtung. Lust flackerte in seinen dunklen Knopfaugen auf. Lust Blut zu sehen. Vaiths Blut.

Denn der Schwarzhaarige durfte sich zu den wenigen zählen, die ein Aufeinandertreffen mit dem Halbriesen überlebt hatten. In diesem Kampf, der schon ein paar Jahre her war, mussten beide Parteien gehörig etwas einstecken und so dürstete es insgeheim auch Vaith nach Rache, aber auch nach einem Kräftemessen.

"Wie ich sehe, hattest du noch einmal Glück gehabt", gab Râthaer gehässig von sich und sprach damit, die tiefe Narbe im Gesicht der schwarzen Raubkatze an, die von ihm stammte. Dieser zuckte nur unberührt mit den Schultern und widmete seinem Gegner daraufhin ebenfalls einen musterten Blick.

Auch wenn es der falsche Zeitpunkt für Schadenfreude war, so erlaubte er sie für einen kurzen Moment bei dem Anblick des Resultats, welches er dem Hybriden vor einiger Zeit zugefügt hatte.

Nur noch drei Finger seiner linken Hand umfassten den kunstvoll geschnitzten Stiel einer stählernen Axt. Ebenfalls schien sein rechtes Bein merklich versteift zu sein, dass mit großer Wahrscheinlichkeit auf eine große und tiefe Wunde aus vergangener Zeit zurückzuführen scheint.

Zufriedenheit machte sich in Vaith breit. Râthaers Job als Kopfgeldjäger schien nach ihrem Zusammentreffen deutlich erschwerter geworden zu sein. Doch das hatte der Kolossal nun mal davon sich mit dem Anführer der Roten Raben anzulegen.

Gerade noch im letzten Moment schaffte es der Panther zur Seite zu springen und so der vorbeifliegenden Axt auszuweichen. Die Waffe blieb hinter ihm im Waldboden stecken. Wäre er nicht im letzten Augenblick ausgewichen, hätte ihn die messerscharfe Axt in zwei geteilt.

Mit einem zornigen Fauchen drehte sich Vaith zu dem Hybriden um, der bereits mit bebendem Schritt auf ihm zu kam. Die Raubkatze wich dem gezielten, aber schwerfälligen, Schwerthieb geschmeidig aus, glitt unter der langen Klinge hindurch und sprang außer Reichweite.

Aufgrund seiner Größe waren die Bewegungen langsam und schwerfällig, ein Vorteil für den wendigen und schnellen Panther. Jedoch durfte man den Hybriden nicht unterschätzen. Er führte seine Waffen mit äußerster Präzision und Wucht, sodass schon oft ein Treffer das Ende bedeutete. Dazu kam noch, dass er zum Teil auch Magier war, bedeutete, Vaith darf Râthaer auf gar keinen Fall die Zeit geben, einen Zauberspruch auszuführen.

Der Halbriese hatte sich mittlerweile wieder seiner Axt angenommen, musste dabei jedoch feststellen, dass er mit langsamen, lauernden Schritten des Gestaltwandlers umkreist wurde. Vaith war nun an der Reihe anzugreifen. Sein guter Freund, der Blutrausch, begann allmählich sämtliche Gedanken, die nichts mit diesem Kampf zu tun hatten, aus seinem Kopf zu verdrängen. So auch die Sorgen um Ciels Sicherheit.

Dankend gab er sich diesem hin. Er konnte den Schneeleoparden auf keinster Weise mehr wahrnehmen und so brauchte sich der Panther nicht den Kopf darüber zu zerbrechen, wie sein Gefährte reagieren würde, wenn er ihn so sehen würde, geschweige musste er sich Sorgen um seine Sicherheit machen.

Solange man den Apotheker nicht in seiner Gegenwart vorfinden würde, war er überall vor den Soldaten sicher.

Unerwartet preschte nun die schwarze Raubkatze auf den Halbriesen zu. Erneut wich er dem Einhänder aus, sprang nach links, duckte sich unter der herabsausenden Axt weg und rannte an seinem Gegner vorbei. Abrupt stoppte Vaith, drehte sich um und sprang auf ihn zu, Krallen und Zähne bereit sich in den ungeschützten Rücken zu graben. Kurz bevor er sein Ziel erreichte, traf ihn plötzlich mit einem kehligen Kriegsschrei die flache Seite der Axt an seiner Flanke und schleuderte ihn mit aller Kraft gegen den nächstbesten Baum.

Bei der Wucht des Aufpralls wurde ihm seine gesamte Luft aus den Lungen gepresst und er viel unsanft auf den Boden. Für einen kurzen Moment wurde es schwarz vor seinen Augen. Schnell schüttelte Vaith seinen Kopf um diesen zu klären, ehe er sich nach Luft ringend und vor Schmerz ächzend aufrappelte. Mindestens eine, wenn nicht sogar zwei, Rippen hatten unter dieser Aktion leiden müssen, ob Gebrochen oder nur Geprellt konnte der Panther nicht feststellten. Jedenfalls sorgte der hohe Adrenalinspiegel dafür, dass er den Schmerz nur als dumpfes Pochen war nahm.

Mit zusammengekniffenen Augen und noch etwas leicht unsicheren Stand musterte er jede Bewegung des näherkommenden Hybriden. Dieser schien sichtlich amüsiert darüber zu sein, dass sein lebender Pfeil sein Ziel getroffen hatte. „War das schon alles Kätzchen?", provozierte der Halbriese und man konnte deutlich ein Lächeln unter dem dichten Vollbart, welcher das vernarbte Gesicht zierte, erkennen.

Die Schnurrhaare des Panthers zuckten nur belustigt bei diesen Worten. Dieser Halbriese glaubte doch nicht ernsthaft, dass Vaith bereits alles gegeben hatte. Nein, jetzt fängt der Spaß erst richtig an.

Adrenalin, Furcht, Euphorie, dass alles war wie ein Rausch. Ein Verlangen nach mehr. Nach Blut. Aber auch Sieg und Freiheit.

Das Krachen einer Klinge, die sich nur wenige Zentimeter von seinem Kopf in das Holz des Baumes bohrte, holten Vaith wieder ins hier und jetzt. Blaue Blitze entluden sich in Luft und Holz. Die Klinge war verzaubert worden.

Sich dadurch nicht aus der Fassung bringend, preschte die schwarze Raubkatze wieder auf den Halbmagier zu. Dieses Mal sprang der Panther rechts an der herabsausenden Klinge vorbei, balancierte sich mithilfe seines langen Schweifs aus und schlüpfte schneller als der Riese reagieren konnte unter dessen Füße hindurch. Dabei bohrte er lange, scharfe Krallen etwas Oberhalb des Knies in das Fleisch des Gegners und zog sie einige Zentimeter durch Fleisch und Stoff. Noch bevor der Söldner schmervoll und wutentbrannt aufschrie, war der Panther bereits außer Reichweite gesprungen.

Der dunkelgrüne Stoff färbte sich noch dunkler, als das Blut in die Hose sickerte. Vaith setzte sogleich zu einem erneuten Angriff an. Er durfte dem Hybriden keine Zeit zum Sammeln oder Nachdenken geben. Dieses Mal nahm er sich erneut den Rücken seines Gegners zum Ziel.

Seine Krallen bohrten sich schmerzhaft in das sehnige Fleisch, welches hauptsächlich aus stählernen Muskeln bestand, nachdem er erneut dem Einhänder nur knapp entkommen war. Der Hybrid passte sich langsam seinen Bewegungen an.

Vaith hatte Mühe sich auf den Rücken des Hybriden zu halten, als dieser begann sich wild im Kreis zu drehen. Doch der Gestaltwandler blieb standhaft und während er den Rücken weiter mit seinen Krallen bestmöglich malträtierte, versenkte er seine spitzen Zähne in die linke Schulter Râthaers um diesen durch den Schmerz zu bewegen, das Schwert fallen zu lassen.

Plötzlich spürte der Panther wie sein Schweif gegen etwas Festes stieß und noch bevor er realisieren konnte, dass er zwischen einem Baum und dem breiten Rücken des Hybriden eingesperrt war, wurde er gegen den Stamm gepresst. Der Halbmagier lehnte sein gesamtes Gewicht gegen den Baum. Abermals wurde Vaith die gesamte Luft aus den Lungen gepresst und er wusste, dass seine Knochen diesen Druck nicht allzu lange standhalten würden. Schon gar nicht die angeschlagenen Rippen.

Den einzigen Ausweg darin vermutend, legte er all seine Kraft in seinen Kiefer und biss noch stärker zu. Es gab ein hässliches Geräusch, als sich plötzlich Haut und Muskeln voneinander trennten und Vaiths Kopf flog, aufgrund des fehlenden Wiederstands, mit einem kräftigen Ruck nach hinten. „Scheiß Bastard!" Blut spritzte nur so aus der großen Fleischwunde und der Hybrid taumelte einige Schritte nach vorne. Das Schwert hatte er fallen gelassen. Erleichtert atmete die schwarze Raubkatze auf, als der Druck verschwunden war und er nicht mehr drohte, zerquetscht zu werden.

Doch die Erleichterung dauerte nicht lange, da wurde er bereits an seinem linken Hinterlauf gepackt, vom Rücken gezerrt und einmal durch die Luft geschleudert, ehe er gen Boden segelte. Bei dem dumpfen Aufprall blieb dem Panther erneut die Luft weg und er spuckte den Fleischklumpen und sein eigenes Blut aus. Reglos blieb Vaith am Boden liegen. Lange würde sein Körper das nicht mehr mitspielen. Noch einmal so ein Aufprall und er würde höchstwahrscheinlich nicht mehr Aufstehen können.

Mühsam zwang er sich seine Augen zu öffnen. Es war noch nicht vorbei. Noch war der Kampf nicht entschieden.

Ein dunkler Schatten legte sich über Vaith und der Panther brauchte erst gar nicht aufzuschauen, um zu wissen, dass der Bärtige über ihn gebeugt stand. Der linke Arm hing kraftlos neben seinem Körper herunter. Eine tiefe Wunde klaffte dort wo der Hals in die Schulter überging und trotz dem vielem Blut, war die Wunde leider nicht lebensgefährlich. Das wusste selbst Vaith.

„Das wirst du Büsen, schwarzer Panther!", zischte der Halbriese und zückte einen Dolch. Eine menschliche Kreatur, würde diese Waffe jedoch eher schon als Kurzschwert bezeichnen.

Woher hatte er jetzt den?!

Vaith konnte sich nicht mehr rechtzeitig wegrollen und so verfehlte der Dolch zwar sein eigentliches Ziel, schlitzte aber dennoch die Haut zwischen Vaiths Vorderbein und unteren Bauch auf seiner rechten Seite auf. Die Waffe blieb im weichen Waldboden stecken. Blut quoll aus der Wunde und sickerte in das pechschwarze Fell. Vereinzelt tränkten auch ein paar Tropfen den Waldboden mit der roten Flüssigkeit.

Mit einem schmerzvollen Fauchen kommentierte der Panther die Wunde und versuchte aufzustehen. Der Hybrid würde nicht lange auf einen erneuten Angriff warten. Er zischte frustriert und ein klein wenig panisch auf, als er es nicht gleich auf Anhieb schaffte, sich aufzurappeln. Jeder einzelne Knochen und Muskel in seinem Körper ächzte und schrie vor Schmerz, weigerte sich in Bewegung zu setzen. Plötzlich drang der unmissverständliche Geruch Ciels in die feine Nase des Panthers. Für einen kurzen Moment erstarrte Vaith.

War Ciel etwa wieder zurückgekommen?

Er hatte ihm doch ausdrücklich klar gemacht, dass er nicht hierbleiben konnte.

Doch Vaiths Nase irrte sich nie. Ciel war hier irgendwo und beobachtete sie beim Kampf. Von dem Geruch seines Gefährten abgelenkt, hatte der Panther seinen Gegner ganz vergessen. Ein überaus schmerzhafter Schlag beförderte ihn nicht nur zurück in die Realität, sondern auch einige Meter über den Boden. Schnell bohrte er seine Krallen in die feuchte Erde um einen erneuten Zusammenstoß mit einem Baum zu verhindern.

Nun da er wusste, dass Ciel in der Nähe war, musste die schwarze Raubkatze das Ganze hier schnell beenden, ehe sich der Schneeleopard dazu entschloss ebenfalls ins Geschehen einzusteigen.

Mit neuer Entschlossenheit erhob sich der Panther. Ignorierte alle Warnsignale seines Körpers, da bereits wieder Adrenalin durch seine Venen gepumpt wurde und dass den Schmerz zum Großteil verschwinden ließ.

Mit einem herausfordernden Brüllen, dass man sicher noch Kilometerweit im Wald hörte, stand er erneut dem Hybriden Gegenüber. Beide Parteien waren mittlerweile ziemlich angeschlagen, wobei es Vaith womöglich schlimmer getroffen hatte.

Doch dieser würde nicht mehr länger nur frontal angreifen, dass hatte er heute und in der Vergangenheit schmerzlich am eigenen Leib erfahren müssen, dass er damit nicht weit kommen würde.

Es hatte sich zu damals wohl nichts geändert. 

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