10:43
Meine Lippen ruhten vor dem Mikrofon. Ich öffnete den Mund, doch... Ich konnte meine Stimme einfach nicht aufnehmen, da ich keinen Ton aus mir raus bekam. Auf dem Bildschirm des Computers tat sich somit auch nichts. Während ich auf die volle Seite meines Collegeblockes sah, die mir eine Unterstützung für die Verfassung meines Songtextes sein sollte, fing ich bereits an zu schwitzen. Die Wahrheit war nämlich, dass ich hier bereits über eine Stunde saß und... Absolut gar nichts tat. Das, obwohl all die anderen bereits an ihren Demos arbeiteten. Ich hörte teilweise die Stimmen von den Jungs, dabei waren die Kabinen, in denen wir uns aufhielten, voneinander abgetrennt.
Apropos.
Intuitiv spitzte ich die Ohren. Gerade hörte ich Vernon und Namjoon. Vielleicht nahm ich auch Marks Stimme wahr, aber das tat nichts zur Sache!
Fakt war, dass alle arbeiteten, nur ich nicht. Das wirkte sich ziemlich deprimierend auf mich aus. Nur... Was sollte ich tun? Ich konnte doch nichts dafür, dass alle talentiert waren, bloß ich nicht.
Ich seufzte auf.
Ob ich mich etwas umsehen sollte, um Inspiration zu sammeln? Die Frage war... Konnte ich überhaupt inspiriert werden?
Die durchsichtige Plastiktür zu meiner Kabine weckte meine Aufmerksam. Neugierig blickte ich auf, um zu sehen, wer mich besuchen kam.
Wenn ich ehrlich sein durfte, erwartete ich nicht, dass es Changbin war, der eintrat und hinter sich die Tür schloss. Ich erkannte ihn, trotz der braunen Kapuze, die zu seiner Reißverschlussjacke gehörte und der schwarzen Cap, die seine Augen bedeckten. Aber Changbin würde ich immer erkennen. Sein dunkler Kleidungsstil verriet ihn jedes Mal.
Ich blinzelte verdattert, als ich sah, wie er sich in schweren Lederboots zu mir drehte und die Arme ineinander verschränkte.
Ohne es kontrolliert zu haben, deckte ich automatisch die offene Collegeblockseite mit meinen Unterarmen ab. Daraufhin setzte ich ein zwanghaftes Lächeln drauf.
„Dauert noch."
Das sagte ich, denn ich ahnte, dass er bei mir stand, um zu checken, wie weit ich bereits war. Das tat er mit jedem...
Er legte den Kopf schräg, als er verarbeitete, was ich sagte.
„Dauert noch? Lass mich mal sehen.", lockerte er seine Arme und kam auf mich zu.
Etwas überfordert weitete ich die Augen, dabei schüttelte ich den Kopf. Doch das einzige, das Changbin tat, war, mich von meinem Patz zu schieben. Noch immer auf dem Rollstuhl gesessen, presste ich die Lippen aufeinander. Er wiederum stemmte die Hände auf den Schreibtisch und überflog den Bildschirm meines Computers.
Anhand seiner schweren Ausatmung wusste ich direkt, er konnte mit meiner Leistung nicht zufrieden gewesen sein. Das war ziemlich offensichtlich, denn... Auf dem Computerbildschrim konnte nichts gesehen werden. Ich hatte meine Arbeit schließlich nicht einmal angefangen.
„Sagte ich doch...", murmelte ich und sah auf meine Hände nieder.
Ehrlich gesagt fühlte ich mich nicht gut hierbei. Ich wollte nicht, dass Changbin sah, ich hing hinterher. Schließlich beleidigte er mein Geschlecht gestern! Mein Geschlecht und mich!
Von wegen, ich sollte mir Mühe geben... Hinzu kam all der Druck, den er mir zusprach. Vergaßen wir mal meine vorlaute Klappe nicht, die solche Dinge natürlich nicht akzeptieren wollte.
Nur... Um mir am Ende einzugestehen, dass er recht gehabt haben könnte.
Idiot... Diese Genugtuung wollte ich ihm nicht geben.
Wieder zu ihm gesehen, erkannte ich einen nachdenklichen Blick in seinen Augen. Im nächsten Moment griff er nach meinem Collegeblock. Das war dann auch mal der Moment, an dem ich begriff, dass ich Beine besaß.
„Hey! Das gehört mir!", erhob ich mich schlagartig.
Ich wollte nach meinen Unterlagen greifen, als Changbin sich aufstellte, um den Arm nach mir auszustrecken.
Er wagte es allen Ernstes mich von sich zu drücken und mein Collegeblock fern zu halten!
Knurrend versuchte ich meine- Ich wiederholte nochmal: MEINE! Unterlagen zu fassen, die er mir weiterhin dreist vorenthielt. Dabei las er sich meine Seite durch! Um es aber so richtig dreist zu gestalten, fing er an zu grinsen. Damit setzte er noch einen drauf.
„Du kannst ja schreiben..."
Das sagte er. Den Satz ließ er so im Raum stehen. Der Mann, der mich bis vor zwei Tagen nicht dabei haben wollte, sagte mir gerade, dass ich schreiben konnte.
Total davon überrumpelt, Schritt ich von ihm weg.
„Was?!", schüttelte ich den Kopf.
Er nickte, worauf er meinen Collegeblock auf den Tisch schlug.
„Es heißt nicht was. Es heißt. Ich weiß", sah er mich ernst an, bevor er mit dem Finger auf eine Zeile zeigte. „Das. Baue etwas darauf auf."
Mit rasendem Herzen blickte ich seinem Arm entlang. Ich wusste auch nicht genau, weshalb ich plötzlich so aufgeregt war. Vermutlich... Weil das erste mal jemand meine Texte zu Gesicht bekam? Vielleicht... Weil mich das erste Mal jemand komplimentierte?
Ich schluckte, als ich auf den Finger sah, die mir die Zeile zeigte, an der er Gefallen fand.
Worrying is like praying for something that you don't want to happen . . .
Mein Herz zog sich zusammen.
Den Satz mochte er? Dieser gehörte nämlich zu meinen Favoriten. Das lag vermutlich an der Situation, mit der ich den Vers verband. Dieser erinnerte mich an eine schwere Zeit in meinem Leben, in der ich hoffte, dass diese sich bessern würde. Dabei fragte ich mich insgeheim, an wen meine Hoffnung bzw. Mein Ruf gerichtet sein könnte, wenn nicht an Gott?
Da fiel mir schließlich dieser Satz ein, weshalb ich mir diesen direkt notierte... Durch den Satz wurde mir nach einigen Tagen auch klar, dass es wohl einen Gott geben müsste, wenn ich indirekt doch immer betete. Oder? Vom Gegenteil konnte man mich sowieso nicht mehr überzeugen.
„Oder aber, darauf...", meldete sich Changbin wieder zu Wort und verschob seinen Finger, dem ich stumm folgte.
You're careless while I got lost in a heart full of emptiness. Think I should just laugh over it then . . .
Wieder ein Vers, der mich in eine dunkle Zeit in meinem Leben zurück katapultierte, den ich aber versuchte zu verdrängen.
Offensichtlich bedeutete das, dass Changbin auf die emotionalen Texte abfuhr.
„Weißt du was? Kombiniere beides doch einfach.", zuckte er plötzlich die Achseln.
Daraufhin landeten seine Augen bei mir. Auf der Stelle wurden meine kugelig.
Was sagte er? Ich sollte auf beide Verse einen Text aufbauen, indem ich sie kombinierte?
Oh... Nicht schlecht, dachte ich. Das brachte mich auf ziemlich gute Ideen.
Doch... Die Wahrheit war einfach, dass ich heute nicht unbedingt zu den Selbstbewusstesten gehörte.
Aber Changbin's Blick blieb standhaft und ernst. Das ließ mich leise seufzen, bevor meine Schultern sackten.
Die Reaktion meinerseits gefiel ihm natürlich, weshalb er nur in die Richtung meiner Zettel nickte, bevor er kehrt machte. Ohne ein weiteres Wort zu sprechen, ging er wieder.
Als wäre er nie da gewesen.
Erschöpft schmiss ich mich wieder in den Rollstuhl, nur um im nächsten Moment den Kopf auf meine Arme zu legen, die ich über meinen Collegenblock ineinander verschränkte.
Er... Erwartete zu viel von mir.
So ganz auf einmal, nachdem er zu Beginn zu wenig von mir erwartete...
———
Hi! 💪🏼
Paradox oder nicht? Changbin will, dass Y/N nun richtig reinhaut. Naja... Vielleicht hat er ihr Potenzial ja endlich entdeckt, nicht?
Jajaaaaa. Kürzeres Kapitel, aber die kommenden werden dann wieder fülliger.
Viel Spaß beim Weiterlesen!
In love, N 🤍🐥
Ps: Erinnert euch der zweite Vers, den Changbin mochte, an ein Lied? 😏
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top