PROLOG
❝ ASPEN ❞
11 Jahre zuvor
Um mich herum ist es stockdunkel.
Zitternd atme ich tief ein und aus, aber ich bin nicht der einzige, der laut Luft holt. Die Hitze, die das Monster vor mir ausstrahlt, wärmt mich in dieser eiskalten Gefängniszelle und trotzdem bekomme ich eine Gänsehaut, als glühende Funken aus den Nasenlöchern des elerischen Drachen zu sehen sind.
Ich gebe einen wimmernden Laut von mir und presse mich gegen die Gitterstäbe, die es einem unmöglich machen zu fliehen. Alles, was ich tun kann, ist warten ― auf ein verdammtes Wunder.
Die Königin von Eleria steht nur wenige Meter von mir entfernt und wenn ich mich nicht irre, dann lächelt sie sogar. Als würde ihr meine Angst gefallen. Als würde sie es kaum erwarten können gleich einen unschuldigen Jungen sterben zu sehen, denn ihre riesigen schneeweißen Flügel zucken in diesem Moment vorfreudig.
Trotzdem rührt sich der Drache nicht vom Fleck.
Er wartet auf ein Zeichen der Königin.
»Aspen«, flüstert diese und legt dabei den Kopf leicht schief. Mein Name aus ihrem Mund klingt wie Frage und Antwort zugleich. »Willst du eine Geschichte hören?«
Ich wage es nicht den Kopf zu schütteln.
Königin Kessa fliegt mit schnellen starken Flügelschlägen auf mich zu, bis sie vor dem Gitter stehen bleibt und ich ihr unheimliches Lächeln nun besser erkennen kann.
Am liebsten wäre ich vor ihrem jungen, makellosen Gesicht zurückgewichen.
»Es waren einmal drei Könige und Königinnen ...«
Der Drache atmet zischend aus.
Kessa redet unbeirrt weiter. »Sie regierten die drei großen Königreiche der Engelswelt ― Andros, Eleria und Naymen. Als jedes Königspaar Kinder zeugte, war es klar und deutlich, dass sie ihre Macht an ihre Nachkommen abgeben mussten. Aber niemand von ihnen war bereit dafür. Willst du wissen, was dann passiert ist?«
Mit Tränen in den Augen schüttele ich den Kopf.
Kessa lächelt. »Sie töteten ihre Kinder, ahnungslos, dass die Kraft in deren kleinen Flügeln auf die Herrscher übergehen würde. Diese Kraft machte sie jung und unsterblich und wunderschön. Es hielt jedoch nie lange an.«
»Warum ... warum erzählt Ihr mir das?«, wispere ich so leise, dass ich für einen Moment glaube, die Königin hätte mich nicht gehört.
Doch das hat sie. »Weil du ein dummer, kleiner Junge mit schwarzen Flügeln bist und ich dich einfach nicht umbringen kann, egal wie sehr ich es auch versuche.«
Mein ganzer Körper zittert nun so stark, dass ich nicht mehr stillstehen kann.
»Du bist eine Schande«, flüstert sie.
Ich entgegne nichts, weil Königin Kessa in diesem Augenblick zwei Hände zwischen die Lippen nimmt und laut pfeift. Der elerische Drache reißt sofort das Maul auf und speiht Feuer, dem ich im letzten Moment ausweichen kann.
Schweratmend dränge ich mich gegen zwei Gitterstäbe und versuche meinen ausgemergelten Körper dazwischenzuschieben. Jeder Schritt des Monsters hallt laut an den Steinwänden wider und verschluckt mein stetiges Schluchzen. Die Königin verlässt das Verlies, ohne sich zu mir herumzudrehen, ohne nur ein bisschen Reue zu verspüren.
Mit dieser letzten Erkenntnis rutsche ich plötzlich durch die Gitterstäbe hindurch und lande unsanft auf dem Boden. Obwohl das Monster in der Zelle mir nun nichts mehr anhaben kann, bin ich keineswegs beruhigt. Wenn, dann verspüre ich jetzt noch mehr Angst als davor.
Denn diese Geschichte, die Kessa mir erzählt hat ― sie handelt von ihr.
Von ihr und den anderen Herrschern der drei großen Königreiche.
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