Kapitel 31
Erst vor dem Mitarbeitergebäude der Jennings Inc. ließ Marc Gwens Hand los. Ab sofort musste er sich in der Öffentlichkeit so verhalten, als wären sie nur Geschäftspartner und es fiel ihm jetzt schon schwer. Auf ihrer Etage angekommen zog er sie in sein Zimmer. „Von nun an wirst du dir mit mir diese Wohnung teilen, Gweny. Mein Apartment hat ganz eindeutig den besseren Ausblick." Eigentlich wusste er nicht, ob das so eine gute Idee war, aber er wollte einfach nicht durch eine Wand von ihr getrennt sein, weshalb er sagte: „Komm, wir holen deine Sachen aus deinem Zimmer."
Ungläubig blickte ihn Gwen an: „Du willst, dass ich bei dir einziehe?" Ihre Stimme war ein Krächzen. Erstaunt sah er auf. Er brauchte ein paar Sekunden bis er verstand, dass es wirklich das war, worum er sie gerade bat. Noch niemals zuvor hatte er mit einer Frau zusammengewohnt. Als er noch an der Uni studiert hatte, hatte er sich eine WG mit zwei anderen Kerlen geteilt, aber das war etwas ganz anderes, denn er wollte, dass Gwen in seinem Bett schlief. Er nickte lächelnd. „Ich ... ich ... weiß nicht", antwortete Gwen. Fragend blickte er sie an. „Naja, wir sind doch nicht wirklich zusammen. Wir können uns doch nicht eine Wohnung teilen, was wenn ... wenn du ... eine Frau kennenlernen solltest, dann kannst du sie nicht einmal mit nach Hause nehmen." Er lachte: „Gweny, ich dachte dieses Thema hatten wir bereits durch? Ich werde ganz bestimmt keine Frau mit nach Hause nehmen, während wir zwei ...", er brach den Satz ab, denn er wusste nicht was er sagen sollte. Was war es denn, was sie miteinander hatten. Von einer vollkommen belanglosen Sexbeziehung konnte man wohl spätestens, ab dem Moment an dem sie ihre Sachen in sein Apartment brachte, nicht mehr sprechen. „Du weißt schon wovon ich rede. Komm schon, packen wir dein Zeug." Er zog sie am Arm aus seiner Wohnung und vor ihre Tür.
Gwens Gedanken überschlugen sich. Das kam eigentlich niemals vor. Normalerweise hatte sie ständig für alles eine Antwort parat, aber im Augenblick wusste sie beim besten Willen nicht was sie tun sollte. Natürlich wollte sie mit ihm zusammenwohnen. Und dann wollte sie heiraten und eine Familie gründen, aber in diesem Plan kamen mehrere Dinge vor, die einfach nicht zusammenpassten und trotz ihrer überragenden Intelligenz, schien sie das vollkommen zu vergessen. Sie waren nicht zusammen, aber ihr kam es so vor, als wären sie genau das. Naja, zumindest wenn sie alleine waren. Es schmerzte, dass er sie vor der Öffentlichkeit verleugnen würde. Aber sie wusste, dass es keine andere Möglichkeit gab. Immer wieder wiederholte sie den gleichen Satz in ihren Gedanken: Wir sind nicht zusammen. Wir sind nicht zusammen. Wir sind nicht zusammen.
Aber die Worte drangen einfach nicht bis zu ihrem Herz vor. Das alles konnte einfach nur schrecklich enden. Trotzdem ignorierte sie die gut gemeinten Ratschläge ihres Verstandes vollkommen. Würde sie die Nächte ohne ihn verbringen müssen, würde es wohl genauso schmerzen. Schnell stopfte sie ihr ganzes Hab und Gut in die zwei Koffer, die sie mitgebracht hatte und Marc trug sie zu seinem Apartment. In Marcs begehbaren Kleiderschrank ließ sie sich auf die Knie fallen und fing an ihre Klamotten einzusortieren. Es kam ihr vollkommen absurd vor. Sie war wirklich gerade dabei ihre Kleidung neben seiner einzuräumen. In seinen ... In ihren gemeinsamen Kleiderschrank. Die Gefühle überwältigten sie. In ihrem Bauch hatte sich ein Schmetterlingsschwarm gebildet, der wild durcheinander flog und sie fühlte sich, als würde sie auf Wolken tanzen. Wieder teilte ihr Verstand ihr mit, dass es umso mehr schmerzen würde, wenn sie die Klamotten wieder aus dem Schrank herausräumen müsste. Aber daran wollte sie einfach jetzt noch nicht denken.
Freudestrahlend lief sie auf Marc zu, nachdem sie fertig war. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und legte die Arme um seinen Nacken. Sofort zog er sie an der Taille näher zu sich heran. Wieder kamen sämtliche Gefühle auf, die sie gerade noch im Schrank verspürt hatte und sie konnte nicht anders, als ihn leidenschaftlich zu küssen. Er erwiderte den Kuss sanft. „Gweny wir sollten langsam wirklich schlafen gehen. Wir müssen morgen arbeiten und da der Phone&Pay-Deal nun unter Dach und Fach ist, erwartet uns wahrscheinlich eine Menge Arbeit bei unserem neuen Projekt."
„Du hast recht, Marc. Mein Boss wird wahrscheinlich wütend, wenn ich unausgeschlafen zur Arbeit komme", kicherte sie. Auch er lachte: „Hast du schon vergessen, du bist ab jetzt der Boss von Digital Solutions. Natürlich musst du dir dann morgen auch Gedanken machen, an welchem Projekt du ab sofort arbeiten möchtest und ich bin wirklich äußerst froh, dass ich diese Verantwortung abgegeben habe, denn wie du weißt, hab ich wirklich überhaupt keine Ahnung von all diesem Computerfachchinesisch."
Sie lachte: „Ja, das habe ich auch schon festgestellt, aber ich bemühe mich doch immer, dass ich es so erkläre, dass du es auch verstehst, Marc."
„Sag das nicht, das ist peinlich", meinte er und vergrub den Kopf in sein Kissen.
„Was ist daran peinlich? Du verstehst eigentlich immer was ich sagen will. Ganz anders als die meisten anderen Menschen. Aber um ehrlich zu sein, muss ich manchmal nicht mal sprechen. Du verstehst mich auch wenn ich den Mund geschlossen habe."
Er blickte auf und sah sie eindringlich an: „Ja das stimmt, Gweny. Zwischen uns beiden gibt es wohl eine ganz besondere Verbindung, die Kommunikation vollkommen überflüssig macht."
„Da fällt mir etwas ein, das ich vollkommen vergessen habe", sie sprang auf, rannte zu ihrem Koffer und öffnete ihn, dann kam sie mit einem kleinen Karton auf ihn zu. „Du wolltest dir doch ein neues Handy besorgen, aber mir ist aufgefallen, dass du das gar nicht gemacht hast. Hier, nimm das. Der Boss von Jennings Inc. kann doch nicht einfach ohne Handy in die Firma kommen." Er lachte, denn eigentlich hatte sie recht. Andererseits wusste sie aber nicht, dass er sich mit Absicht in Las Vegas kein neues Handy besorgt hatte. Er war davon ausgegangen, dass ihn Melissa mehrmals anrufen würde und er wollte ihr aus dem Weg gehen. Hätte ihn jemand unbedingt erreichen wollen, wäre er auf Gwens Telefon oder im Hotel erreichbar gewesen. Am Ende der Reise hatte er jedoch vollkommen vergessen, dass er für die Arbeit wirklich ein Telefon brauchen würde, deshalb nahm er Gwens dankend an, fragte sie aber zur Sicherheit: „Brauchst du das denn nicht?"
„Nein, das ist nur das Telefon auf dem ich die App weiterentwickelt habe. Wenn ich wieder eines brauche, dann hole ich mir ein Neues", sie lächelte. „Natürlich werde ich dir dann ein Neues holen", warf Marc ein, aber sie winkte nur ab: „Die Software ist mit meiner ICloud synchronisiert, du müsstest es also neu aufsetzen, wenn du deine Daten zurückhaben willst." Sofort befürchtete er, sie könnte ihm seine Neugierde ansehen. Er war neugierig, welche Musik sie wohl auf ihrem Handy hatte und hoffte, dass sie auch ihre Bilder mit diesem Telefon synchronisiert hatte. Wahrscheinlich war es falsch in ihrer Privatsphäre schnüffeln zu wollen, aber immerhin hatte sie es ihm angeboten. Er kämpfte gegen den Drang an, sich das IPhone jetzt sofort zu schnappen und zu durchsuchen. Ganz bestimmt würde er einfach nur die Nummer einspeichern, die er brauchte und sonst auf dem Handy alles so lassen, wie es im Moment war.
„Vielen Dank!", sagte er. „Ganz offensichtlich kann ich jemanden brauchen, der für mich mitdenkt." Sie kicherte: „Dafür bin ich ja jetzt da."
Auch er kicherte nun: „Gut, ab sofort bist du mein Gehirn." Damit küsste er sie auf die Lippen und zog ihren Kopf danach auf seinen Brustkorb.
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