Kapitel 13

Marc stand vor dem Bürogebäude und beobachtete, wie Melissa auf ihn zulief. Schnell streckte er seine Hand nach ihr aus und küsste sie kurz auf die Lippen. Verstohlen blickte sie sich um. „Es ist bereits spät, Süße. Beinahe alle Mitarbeiter sind weg und die, die so fleißig sind, dass sie immer noch arbeiten, sind bestimmt in ihre Arbeit vertieft." Damit zog er sie fester an sich und spazierte mit ihr zu seinem Auto. Die Fahrt über schwieg ihn Melissa an. Nur hin und wieder wies sie ihm den Weg.

In der Kneipe angekommen zog sie ihn an der Hand zu einem Tisch. Dann stellte sie sich ihm gegenüber. Jedoch ging er sofort zu ihr, setzte sich, genauso wie sie, auf einen Barhocker und zog sie an sich. „Es soll doch offensichtlich sein, dass etwas zwischen uns läuft oder nicht?" Sie lächelte nickend. „Ist dein Ex-Freund denn schon hier?" Wieder nickte sie und er folgte ihren Blick zu einem dunkelblonden, jungen Mann. Auch er war bestimmt zehn Jahre jünger als Marc. Sofort hatte er wieder das Gefühl, er würde gar nicht so gut zu Melissa passen. Schnell verdrängte er den Gedanken. Sie hatte ihm ganz unverblümt gesagt, dass sie mit ihm angeben wollte und darauf war er seltsamerweise ziemlich stolz. Deshalb waren sie überhaupt hier. Es war immerhin seine Idee gewesen zu kommen.

Kaum hatte er den Gedanken zu Ende gebracht, fing er den Blick des Kerles auf, der anscheinend Melissas Ex war. Eine junge, dunkelhaarige Frau rempelte Marc währenddessen von der Seite an und wurde rot, als er sich nach ihr umdrehte. Sie entschuldigte sich stotternd und Marc triumphierte innerlich. Er war froh, dass er wohl auch auf die jüngere Generation immer noch eine gewisse Anziehungskraft hatte. Möglicherweise war das Alter doch nicht so wichtig. Von der Seite beobachtete er, wie Melissa die Frau böse anfunkelte und beinahe hätte er losgelacht. War sie etwa eifersüchtig?

Aus dem Augenwinkel erkannte er, dass der dunkelblonde Mann geradewegs auf sie zukam. Kurz beugte er sich zu ihr hinüber und gab ihr ein kleines Küsschen auf die Lippen, dann zwinkerte er: „Kein Grund, die Kleine gleich mit deinen Blicken zu töten, Süße. Ich gehöre nur dir." Melissas Augen leuchteten für eine Sekunde auf, verdüsterten sich aber sofort wieder, als sie ihren Ex wahrnahm, der jetzt vor ihnen stand.

„Hey Melissa!", sagte er. „Wie geht es dir?"

„Hey Eric! Mir geht es gut, danke und dir? Das ist übrigens mein Freund, Marc."

Marc erhob sich von seinem Barhocker und überragte Eric um einen halben Kopf. Er hielt ihm die Hand vor die Nase und sagte: „Hey Eric. Es freut mich Sie kennenzulernen."

„Sie? Mann, wie alt sind Sie? 50?", Eric blickte ihn belustigt an und beinahe hätte Marc für eine Sekunde auf sein Pokerface vergessen. Sofort hatte er sich wieder gefangen und wollte antworten, als plötzlich die Dunkelhaarige zurückkam. „Entschuldigen Sie, ich möchte nicht unhöflich sein", stammelte sie. Na klasse, noch jemand der Marc mit Sie ansprach. Hinter ihr stand eine kleine Blondine, die ihn ganz offensichtlich anschmachtete. „Sie sind doch Mr. Fischer, nicht wahr?" Verdutzt blickte er sie an: „Richtig, warum wollen Sie das wissen?" „Wissen Sie, ich habe mich um einen Platz für ein Praktikum in ihrer Firma beworben und habe bisher noch keine Antwort erhalten. Vielleicht können Sie ja ihre Unterlagen ein zweites Mal durchsehen", mit roten Wangen blickte sie an ihm vorbei. Noch eine Praktikantin? Warum eigentlich nicht. Melissa hatte doch ohnehin gesagt, sie wollte keine Beziehung mit ihm. Warnend blickte ihn Melissa von der Seite an, was ihn jedoch nur amüsierte. Sie wollte keine Beziehung mit ihm, also sollte sie ihn auch nicht von den jungen, hübschen Dingern fernhalten.

„Möglicherweise hat meine Assistentin Sie übersehen. Wissen Sie, wir haben ziemlich viel zu tun bei Jennings Inc.. Ich bin zwar nicht sicher, ob bereits alle Praktikumsplätze vergeben sind, aber Sie können es gerne nochmals versuchen. Schicken Sie ihr doch bitte abermals eine E-Mail und weisen Sie darauf hin, dass Sie mich getroffen haben." Er holte eine seiner eigenen Visitenkarten heraus, machte seine Telefonnummer mit dem Kugelschreiber unkenntlich und schrieb Isabellas Mailadresse darüber, bevor er sie der Dunkelhaarigen überreichte.

„Vielen Dank!", sagte sie, drehte sich um und grinste ihrer Freundin zu, die etwas zu laut flüsterte: „Verdammt, für den möchte ich auch gerne arbeiten."

Schockiert sah Eric, den beiden Frauen hinterher. Marc kicherte in sich hinein. „Also Eric, es tut mir leid, in meinen Kreisen ist es irgendwie üblich, etwas hochgestochener zu sprechen, aber du kannst mich natürlich Marc nennen. Kann ich dir ein Bier spendieren?"

Melissa blickte Marc böse an und auch Eric schien sich nicht besonders wohl zu fühlen. Als auch ihr Ex ihren Gesichtsausdruck bemerkte, sagte er: „Nein, Danke. Ich denke, ich werde mich jetzt wieder dem Spiel widmen." Mit verschränkten Armen stand Melissa nun da, wippte mit dem Fuß ungeduldig hin und her und blickte von den beiden weg. „Du tust mir leid, Bruder", flüsterte Eric, bevor er in die andere Richtung wegging.

Marc grinste Melissa an, doch sie hatte einen wutverzerrten Ausdruck auf dem Gesicht. „Was ist los, Süße?" „Frag doch deine neue Praktikantin, vielleicht weiß die was los ist", fauchte sie. Lauthals fing Marc an zu lachen: „Du hast doch nicht etwas Angst um deinen Job, Süße. Das ist vollkommen unbegründet. Ich werde niemandem deinen Job geben. Außer natürlich du würdest gerne befördert werden, aber auch für den Fall, finde ich, dass die Praktikantenstelle überflüssig ist."

„Du findest also, dass ich gar nicht gebraucht werde, bei Jennings Inc.?", schrie sie empört. Marc schnaubte entsetzt. Er hatte keine Ahnung wie ihm gerade geschah.

„Weißt du was, Süße, können wir das nicht im Auto klären? Die Leute sehen uns schon an und du wolltest doch nicht auffallen."

Energisch nickte sie. Immer noch versuchte sie ihn mit ihren Blicken zu töten. Er legte ein paar Scheine am Tisch ab und griff dann nach ihrer Hand, die sie ihm aber sofort wieder entzog. Resignierend zuckte er mit den Schultern, während er auf den Ausgang zulief. Melissa blieb einfach stehen. „Kommst du?", fragte er liebevoll. „Bist du sicher, dass du nicht die Dunkelhaarige mit nach Hause nehmen willst?" Er verdrehte die Augen. „Um ehrlich zu sein ... Nein", hörte er seine innere Stimme sagen. „Komm schon, Süße. Ich werde dir heute noch ausgiebig zeigen wie sehr ich dich will." Als sie einfach nicht antwortete fügte er hinzu: „Nur dich." Er ertappte sich dabei, wie er sich selbst als Lügner bezeichnete. Diese Eifersuchtsszene machte Melissa äußerst unattraktiv und er sah mindestens zwanzig Frauen in dieser Bar, die er in diesem Moment lieber mit in sein Bett genommen hätte. Doch nun setzte sie sich endlich in Bewegung.

Bei seinem Auto angekommen, hielt er ihr ganz gentlemanlike die Beifahrertür auf, was sie nur mit einem verächtlichen Schnauben quittierte. Als er sich am Fahrersitz niederließ fauchte sie: „Wie viele Praktikantinnen gibt es eigentlich bei Jennings Inc.?"

Er zuckte mit den Schultern: „Keine Ahnung. Das müsstest du Isabella fragen. Ich denke, die weiß das."

Schnell warf er ihr einen Blick von der Seite zu und wusste sofort, dass das ganz sicher nicht war was sie hören wollte.

„Und wie viele Praktikantinnen vögelst du, außer mir?"

Er stieß die Luft aus. „Das kann nicht dein Ernst sein, Melissa. Ich hab dir doch angeboten meine Freundin zu sein, aber das wolltest du nicht. Wieso denkst du jetzt, ich habe dir gegenüber irgendwelche Verpflichtungen?"

Die Tränen flossen ihr über die Wangen und Marc fühlte sich augenblicklich schlecht, weswegen er das Auto auf einem Hotelparkplatz parkte und sich ihr zuwandte. Vorsichtig streichelte er ihr über die Wangen und griff ihr anschließend mit beiden Händen in das Haar.

„Melissa, ich habe mit niemanden geschlafen, seitdem was zwischen uns im Schwimmbad passiert ist. Davon ganz abgesehen, habe ich, außer mit dir, noch niemals mit einer Praktikantin geschlafen", beruhigend redete er auf sie ein.

„Aber ich habe doch gesehen, wie du diese dunkelhaarige Bitch in der Bar angesehen hast. Nicht nur du, auch Eric. Sie war wunderschön und ihr beide hättet lieber sie in eurem Bett gehabt, als mich." Sie war also nicht nur wegen ihm eifersüchtig, sondern auch wegen ihrem Ex? Na klasse, da hatte er sich ja eine tolle Frau ausgesucht.

„Das kommt davon, wenn du eine Frau nur nach ihrem Aussehen bewertest", teilte ihm seine innere Stimme mit.

„Wenn du doch noch so an Eric hängst, warum kämpfst du dann nicht um ihn?", fragte er. Entsetzt blickte sie ihn an: „Du willst mich also nicht? Du willst, dass ich zurück zu Eric gehe?" Jetzt hatte er wirklich genug von diesem Drama.

„Melissa, ich will nicht mit einer Frau zusammen sein, die eigentlich ihrem Ex nachtrauert. Du sagtest, du willst nur Sex, dann benimm dich aber bitte nicht, als wären wir in einer Beziehung. Ehrlich, du musst dich entscheiden. Gerade verhältst du dich ziemlich unreif. Das gefällt mir nicht. Ich bin ein erwachsener Mann und ich hätte gerne eine selbstbewusste Frau an meiner Seite."

„Du hast recht, es tut mir leid. Ich möchte wahrscheinlich doch mit dir zusammen sein, denn ich bin ziemlich eifersüchtig, wenn es um dich geht", stotterte sie und blickte ihn dabei hoffnungsvoll an.

„Ich denke, wir sollten das ganz langsam angehen lassen, bevor wir eine feste Beziehung miteinander eingehen. Keine Angst, es liegt nicht daran, dass ich dich nicht will, aber ich befürchte, du weißt im Moment selbst nicht so genau was du willst", sagte er einfühlsam, startete den Wagen wieder und fuhr in Richtung seines Büros.

„Das heißt, wir sind jetzt nicht zusammen?", fragte sie traurig.

„Ich werde dich ganz offiziell jedem, als meine Freundin vorstellen, sobald ich das Gefühl habe, dass du wirklich an einer festen Beziehung mit mir interessiert bist. Und keine Sorge, bis dahin werde ich keine anderen Praktikantinnen vögeln."

„Versprochen?", flüsterte sie.

„Versprochen", sagte er.

Am Mitarbeitergebäude der Jennings Inc. angekommen parkte er sein Auto. „Willst du noch mit hochkommen?", fragte er. Sie nickte und zog ihre Mundwinkel leicht nach oben.

Gut, dann hatte das ganze Drama wenigstens irgendetwas Gutes.

Er reichte ihr die Hand und zog sie zum Aufzug. Hastig drückte er sie hinein und küsste sie fordernd, während er das 47. Stockwerk auswählte. Jetzt hatte er keine Lust mehr darauf, mit ihr reden zu müssen, er wollte ihr das Kleid abstreifen und ihren nackten Körper an seinem spüren. Auf der richtigen Etage angekommen drängte er sie hinaus. Kurz ließ er von ihr ab, um sie zu seiner Wohnung zu ziehen. Während er die Tür aufschloss, kam Gwendoline gerade aus ihrem Apartment.

„Hallo, Marc", sagte sie kurz und warf dann einen schnellen, abwertenden Blick auf Melissa, „Wie ich sehe, arbeitet du und Mrs. Johnson. Etwas ungewöhnlich für diese Uhrzeit, findest du nicht?" Melissa wurde knallrot.

Gwen klatschte sich die Hand gegen den Mund, sie wusste nicht, warum sie das gesagt hatte. Wenn sie etwas noch weniger interessierte, als der Tratsch und Klatsch in der Firma, war es das Privatleben ihres Bosses. Zumindest versuchte sie sich das einzureden.

„Das geht mich nichts an", sagte sie schnell. „Sie brauchen sich keine Sorgen machen, ich werde sofort wieder vergessen, dass ich sie hier getroffen habe, Mrs. Johnson."

„Entschuldigung", flüsterte sie in Marcs Richtung und rannte dann förmlich zum Aufzug.

Marc amüsierte die Situation, weswegen er sich umdrehte und über seine Schulter rief: „Schönen Abend noch, Gwen. Wir sehen uns morgen."

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