I Don't Need A Man
Solea
Auch einige Tage später konnte es Giulia noch nicht fassen, dass ausgerechnet wir beide Raf Camora und Bonez MC im örtlichen Supermarkt getroffen haben.
Natürlich sind mir die Zwei ein Begriff, denn obwohl ich - beispielsweise beim Putzen meiner Wohnung - immer Latin Pop laufen habe, kam man um einige Songs von ihnen nicht drumherum.
"Du hättest sehen müssen wie er sie angesehen hat. Ich sag's dir, der steht sowas von auf Solly." Um ihre Worte zu untermauern, wackelt Giulia mit ihren Augenbrauen auf und ab.
Sie, Layla und ich haben uns heute in unserem Lieblingscafé zum Frühstück verabredet.
Es ist ein kleiner süßer Laden, der sich in der Innenstadt befindet, dennoch ist es ein schöner Ort zum Entspannen.
Über eine verwunschene Wendeltreppe gelangt man in die kleine hippe Wunderwelt des Ladens. Mit vielen Pflanzen und bunten Holzmöbeln wurde hier eine Atmosphäre geschaffen, in der man sich sofort wohlfühlt.
Weil ich die japanisch angehauchte Küche nur allzu gerne zum Frühstück mag, komme ich am liebsten am Morgen hier her.
"Er war nur nett."
Speise ich sie seufzend ab und schiebe mir etwas von dem eingelegten Gemüse in den Mund. Schon seit dieser Begegnung besteht Giulia darauf, dass Raphael mich toll gefunden haben muss. Dass das Unsinn sei, will sie nicht hören.
"Außerdem, wie willst du seine angeblich so eindeutigen Blicke gesehen haben? Wenn ich mich Recht zurück erinnere, hast du die ganze Zeit auf dein Telefon gestarrt."
Unsere Jüngste stellt die Tasse mit ihrem Wachmacher auf die Untertasche zurück und leckt sich zufrieden über die lila geschminkten Lippen, bevor sie mich mit einem ' willst - du - mich - auf - den - Arm - nehmen' - Blick bedenkt.
"Dass der auf dich steht, hätte selbst ein Blinder gespürt. Streit es nicht ab, fühl' dich lieber geehrt, dass jemand wie er dich toll findet. Andere würden morden dafür."
Augeneverdrehend, jedoch amüsiert, nehme ich meinen Genmai Tee in die Hand und puste an dem noch heißen Inhalt.
"Was heißt denn hier 'einer wie er'? Nur weil er mit Musik seine Brötchen verdient, ist er doch nicht gleich ein Adliger."
Mir war es noch nie wichtig womit Leute ihr Geld verdienen. Ob Bänker oder Putzpersonal, für mich steht jeder Mensch auf gleicher Höhe.
"Hat er dir denn gefallen?"
Es ist Layla, die bis hierhin unser Gespräch aufmerksam verfolgt hat und nun diese Frage stellt.
Zugegeben, er sah nicht schlecht aus. Seine braunen Augen, erinnerten mich an Kakao, den ich Laia an Wochenenden zum Frühstück zubereite. Sie strahlten Ruhe und Gelassenheit aus. Das gefiel mir, denn wenn ich eins nicht leiden mag, dann ist es Hektik. Seine dunkle Haare konnte ich unter seinem Cap nur erahnen.
Was mir jedoch eine Gänsehaut einbrachte, war sein ehrliches Lächeln in Kombination mit seiner tiefen angenehmen Stimme.
Schon immer war das Aussehen einer Person bei mir zweitrangig. Ich glaube, wenn jemand dieses gewisse etwas hat und charakterlich auffällt, dann finden man den Menschen sowieso schön.
Natürlich ist das Äußere das was man zuerst sieht und wahrscheinlich würde ich in einer Bar niemanden zu einem Trink einladen, der auf mich nicht ansprechend wirkt, dennoch habe ich gelernt, dass man nicht zu schnell Urteilen sollte.
"Erde an Solea?"
Lay fuchtelt Wild mit ihren Händen vor meinem Gesicht herum und holt mich so aus meinen Gedanken.
Als mir ihre Frage wieder einfällt, nehme ich zu erst einen Schluck von meinem nach Popcorn schmeckendes Getränk, bevor ich etwas unschlüssig mit den Schultern zucke.
"Selbst wenn, du weißt, dass.." -"Ein Mann momentan nicht in dein Leben passt, jaja."
Wir führen solch ein Gespräch nicht zum ersten Mal, schon des öfteren haben die zwei Frauen vor mir versucht mir den ein oder anderen Mann schmackhaft zu machen. Vergebens; denn wie Layla bereits festgestellt hat, passt es aktuell nicht.
"Dir würde ein netter Kerl vielleicht ganz gut tun und Laia sowieso. Wie war gleich ihr neu erlerntes Wort?"
Während Giulia vor lachen beinahe ihre braune Flüssigkeit zurück in das Porzellan spuckt, nehme ich die zunehmende Hitze in meinen Wangen wahr. Es ist mir immer noch sehr unangenehm, dass meine 2-Jährige Tochter eine Frage, die das Wort 'ficken' beinhaltete an Raphael gestellt hat.
Er muss denken, sie würde keine gute Erziehung genießen. Dabei hat sie zuvor noch nie ein solch vulgäres Wort in den Mund genommen. Bleibt nur zu hoffen, dass Laia nicht auf Idee kommt, dieses auch in der Kita zu benutzen.
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Als wir uns am frühen Nachmittag verabschiedet haben, bin ich von Zuhause aus meinem Zweitjob als Übersetzerin für die spanische Sprache nachgegangen.
Zu der Zeit in der ich schwanger war, wollte ich nicht untätig sein und informierte mich über Möglichkeiten von Zuhause aus Arbeiten zu können. So kann ich diesen Beruf auch jetzt mit Kleinkind noch weiterführen.
Als das und ein bisschen Haushalt erledigt sind, mache ich mich am Nachmittag auf den Weg in die Kindertagesstätte meiner Tochter.
Das Wetter ist sonnig und warm, also entscheide ich mich dafür diesen Weg zu Fuß zu gehen.
Dort angekommen, begrüßt meine Tochter mich, wie jeden Tag vollkommen überschwänglich.
Als hätte sie mich Jahre nicht gesehen fällt sie mir um den Hals, bevor sich sich von Frida - ihrer Erzieherin - verabschiedet, wir ihre Hausschuhe zu luftigen Sandalen wechseln und anschließend gemeinsam das Gebäude verlassen.
Während Laia mir in abgehackten Sätzen erzählt, dass sie heute mit der Gruppe spazieren waren und sie dabei einen Marienkäfer entdeckte, machen wir uns auf den Weg in die Richtung einer kleinen Eisdiele.
Heute ist Dienstag, das bedeutet, dass ich heute Nacht wieder arbeiten werde.
Nichts ungewöhnliches, doch weil ich mit Leyla vereinbaren konnte, dass sie auch morgen Nacht auf Laia aufpasst, damit ich Dunja den Gefallen mit dem Schichttausch tun kann, Arbeite ich diese Woche zwei Tage hintereinander.
Dass ich dafür an einem Freitag frei habe, kam Giulia nur gelegen. Sie beanspruchte diese Zeit gleich für sich, um mit mir und Ley feiern zu gehen. Auch wenn ich nicht wirklich Lust auf Partys in irgendwelchen Clubs habe, überredete sie mich damit, dass sie ihrer Mama bereits Bescheid gegeben hat, dass sie an diesem Tag auf Laia aufpassen dürfte.
Ich weiß, dass Karen, die kleine sehr gern hat, fast so als währe es ihre eigene Enkelin, weshalb ich dem letztendlich doch zugestimmt habe.
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"Schläft die Kleine?"
Kurz vor 9 Uhr hat Leyla mit einer kleinen Reisetasche meinen Flur betreten, indem sie sich gerade ihre Flip Flops, die perfekt zu dem gelben Sommerkleid welches sie gerade trägt passen, von den Füßen streift.
"Wie ein Stein. Sie war heut viel an der frischen Luft."
Bevor ich die Wohnung verlasse, wende ich mich, mit einem Anflug von schlechtem Gewissen noch einmal an meine beste Freundin.
"Macht dir das wirklich nichts aus zwei Nächte hier zu verbringen? Ich mein, ist Benedikt damit einverstanden?"
Mit einem fast schon mütterlichen Lächeln legt sie mir ihre Hand auf den Unterarm.
"Mach dir mal keine Gedanken. Ben weiß, dass es nicht einfach ist Job und Kind unter einen Hut zu bringen. Außerdem sehe ich ihn ja morgen früh, sobald ich den kleinen Sonnenschein in den Kindergarten gebracht habe. Ich mach das gern, das weißt du. Und jetzt hopp hopp, Ran an den Speck."
In Anbetracht der Tatsache wie ich meine Geld verdiene, ist dieser Spruch fast schon bizarr.
Ich bin froh, dass sowohl Giulia, als auch Layla ganz gut mit meinem Beruf klar kommen. Anfangs war es zumindest für Leyla sehr fragwürdig, doch mittlerweile kann auch sie das ganze lockerer sehen.
Nach einer verabschiedenen Umarmung, verlasse ich nun wirklich meine Wohnung und auch mein Wohnhaus, um in meinem silbernen Flitzer platz zu nehmen.
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Fertig umgezogen, setze ich mich auf einen der Hocker vor der Tür. Jetzt heißt es warten.
Nach vier Jahren habe ich mich an diese Situation gewöhnt.
Vor nicht mal 20 Minuten trug ich noch mein dunkles Jeanskleid, welches ich mit einem buntkarriertem Hemd etwas aufgepimpt habe. Jetzt sitze ich hier in dunkler Lingerie, dass durch glitzernde Akzente das Gewisse etwas bekommt und warte darauf meinen Job erledigen zu können.
Die Frau, die Tagsüber versucht eine gute Mutter für ihr Kind zu sein, gleicht an zwei Nächten einer Illusion.
Erst jetzt wo ich etwas Ruhe habe, verirren sich die Bilder von vergangener Woche in meine Gedanken.
Diese großen braunen Augen und sein Lächeln begleiten mich schon seit diesem Freitag immer mal wieder, doch ich habe mir selbst verboten weitere Gedanken an dieses zufällige Treffen zu verschwenden.
Egal wie gut Raphael mir scheinbar gefällt, ich möchte keinen Mann in meinem Leben. Nein, ich brauche keinen, denn auch wenn meine zwei Mädchen meinen, dass mir eine Beziehung nicht schaden würde, bin ich anderer Meinung.
Es ist nicht nur, dass ich bereits eine Tochter habe, mit der es schwierig genug ist einen Mann zu finden, der damit klar kommt.
Es ist wegen meines Geheimnisses.
Damals, als mich Laia's Erzeuger verlassen hat, nachdem er es herausfand, habe ich mich dazu entschlossen die Männer zu meiden.
Es funktioniert einfach nicht.
Als ich Schritte vernehme, stoppen die Gedanken an die Begegnung mit Raphael.
Erst als die Person vor mir stehen bleibt, blicke ich auf, um ihr schon wie gewohnt freundlich ins Gesicht zu lächeln.
"Hallo Nayra, schön dich zu sehen."
Ich würde lügen, wenn ich das Gleiche behaupten würde, und dennoch bin ich irgendwie froh darüber einen mir mittlerweile bekannten Mann vor mir stehen zu haben.
"Wie immer?"
Mit meinen Worten stehe ich auf und lass' meinen Finger über die Brust meiner heutigen Geldquelle wandern.
"Genau deshalb bist du meine Königin hier. Du weißt, was ich will."
Natürlich weiß ich das, immerhin kommt er seit ungefähr einem Jahr zu mir und will stetig diesen einen Wunsch erfüllt bekommen.
Ich öffne die schwere Tür, welches in das dunkle Zimmer führt. Lediglich das pinke Licht, der Neonröhren erhält diesen Raum minimal. Wissend, dass Taio - ich weiß nicht, ob das wirklich sein Name ist. Jedenfalls stellte er sich mir bei unserem ersten treffen so vor - gefällt was er sieht, bewege ich mich mit schwingenden Hüften auf das große Doppelbett zu.
Doch anstatt mich niederzulassen, drehe ich mich um, und beobachte den Afrikaner dabei, wie er sich die Klamotten abstreift. Erst als er nur noch in Shorts vor mir steht, gehe ich auf ihn zu und lass meine Hand in seinen Schritt gleiten.
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Hey ihr Lieben. (:
Wer hätte es gedacht, schon wieder ein neues Kapitel dieser Story. :D
Danke an alle, die diese Geschichte favorisieren und Kommentare da lassen, das motiviert mich echt ungemein. ❣
Raf und Bonez scheinen gut bei euch anzukommen, doch was ist mit Solea? Was denkt ihr über sie? Und habt ihr schon eine Vermutung, was ihr kleines Geheimnis sein könnte?
Nach diesem Kapitel dürfte es nicht mehr so schwer zu erraten sein, dennoch würdes es mich interessieren was ihr denkt, deshalb lasst mir sehr sehr gern eure Meinung da. (:
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