Bad Liar
Solea
Wie angekündigt meldete sich Raphael einige Tage später bei mir. Und weil wir es nach dieser Zeit noch immer nicht geschafft haben unsere Nummern zu tauschen, stand er eines Nachmittags vor meiner Tür und lud Laia und mich zu einem Eis ein.
Ich fand die Idee süß, auch weil er dabei an meine kleine Tochter dachte. Trotzdem ließen mich diese Zweifel nicht los. Wenn er wüsste, dass ich mich vor ein paar Tagen von einem Mann für Sex bezahlen lassen habe, würde er sicher nicht auf solch schöne Einfälle kommen.
Die Gedanken verdrängend versuche ich gerade der vor Freude zappelnen Laia ihre dünnen Sommerschuhe anzuziehen, während Raphael uns sichtlich amüsiert vom Sofa aus beobachtet.
"Du findest das also lustig, ja?"
Sein Grinsen wird breiter, weshalb ich aufstehe und auf ihn zugehen, um ihm die kleinen Stoffschuhe mit einem Schmunzeln in die Hand zu drücken.
"Dann wünsch ich dir jetzt viel Spaß dabei den Wirbelwind anzuziehen. Ich bin mich fertig machen. "
Ohne Raphael die Change zum Antworten zu geben, verschwinde ich im Badezimmer. Dabei spüre ich dieses angenehme Kribbeln im Nacken, welches mir verrät, dass sein Blick auf mir liegt.
Als ich die Tür hinter mir schließe, stütze ich mich Kopfschütteln am Waschbecken ab und schenke meinem Spiegelbild ein dümmlichen Grinsen.
Was macht dieser Mann nur mit mir?
Fast über drei Jahre ist es her seit ich ähnliches für eine andere Person empfand und eigentlich dachte ich, dass ich seitdem auch keine innigen Gefühle mehr zulassen könnte. Doch irgendwas stellt Raphael mit mir an.
Es gefällt mir, aber gleichermaßen fürchte ich mach davor. Ich weiß wie es damals mit Laia's Erzeuger lief. Ich will die Beiden keineswegs miteinander vergleichen, dafür sind sie charakterlich schon grundverschieden, aber ich glaube, dass die Reaktion ähnlich ablaufen würde.
Das Lachen meiner Tochter holt mich aus diesen Gedanken zurück. Bevor ich jedoch zurück ins Wohnzimmer gehe, verrichte ich mein Geschäft, wasch mir dir Hände und bürste mir meine langen Haare durch.
Ich schmelze bei dem Anblick der sich mir im Wohnraum bietet dahin. Laia hat sich den Haarreif, welchen Raphael trägt, um sich seine Haare aus dem Gesicht zu halten, geschnappt und versucht gerade sich dieses selbst in die Haare zu stecken.
Als mein Blick auf ihre Füße fällt, verzieht sich meine Augenbraue ungläubig nach oben.
"Mit was hast du sie bestochen, hm?"
Raphael sieht mir hinterher, als ich an ihm und Laia vorbei gehen, um in der Küche eine kleine Tasche für unterwegs zu packen.
Ich bin gerade dabei, etwas von meinem selbstgemachten Erdbeerwasser in Laia's Trinkflasche zu geben, als sich von hinten zwei Hände an meine Hüfte legen. Sofort halte ich in meiner Bewegung inne und versuche dem Impuls mich an ihn zu schmiegen nicht nachzugeben.
"Glaubst du echt dass ich es nötige hätte jemanden zu bestechen?"
Sein Atem streift mit jedem Wort mein Ohr, wodurch sich eine Gänsehaut auf meiner Haut bildet.
Obwohl diese Berührung nichts unanständigen an sich hat, ist es mir vor den Augen meiner 2-Jährigen Tochter irgendwie unangenehm.
Laia hat mich noch nie in einer derartig Situation mit einem Mann zusammen gesehen und ich will nicht, dass sie sich unwohl fühlen könnte.
Vielleicht ist das aber auch nur eine miserable Ausrede, um mein eigentlich schlechtes Gewissen Raphael gegenüber einzudämmen.
"Da ihr euch ja so gut zu verstehen scheint, hast du sicher nichts dagegen Laia einzucremen."
Ich nehme die Tube mit der Sonnencreme aus der Tasche und reiche sie ihm mit einem zuckersüßen Lächeln.
Tatsächlich nimmt er mir die Verpackung mit einem schiefen Grinsen aus der Hand und begibt sich zurück zu meiner Kleinen.
Tief durchatmend fahre ich mit meinem vorheringen Handlungen fort und packe alles nötige ein.
Anschließend schlüpfe ich im Flur in meine flachen, silbernen Sandaletten und schnapp mir meine Sonnenbrille von der Komode.
"Mama bin fertiiiig!"
Ich nehme die freudestrahlende Laia mit meinem Armen in Empfang und drücke ihre einen Schmatzer auf die Wange, nur um ihr kurz darauf mit meinem angefeuchteten Daumen den Lippenstift von selbiger zu wischen.
"Gut, können wir dann los?"
"Sofort."
Amüsiert rolle ich mit den Augen, während ich Raphael dabei beobachte, wie er sich im kleinen Flurspiegel die unordentlichen Haare richtet.
Erst als er offenbar zufrieden mit dem Ergebnis ist, verlassen wir zu dritt meine Wohnung und machen uns zu Fuß auf den Weg in ein nahegelegenes Eiscafe.
_
Tatsächlich kommen wir auch ohne großen Vorkommnisse dort an. Gerade mal eine kleine Gruppe Jugendlicher sprach Raphael an. In der Zeit wir er Autogramme und ein paar Fotos mit seinen Fans machte, stellte ich mich etwas abseits. Ich habe nicht das Bedürfnis auf irgendwelchen Handybildern zu sein und dasselbe gilt vor allen Dingen für meine Tochter.
Unnötigerweise entschuldigte Raphael sich dafür, dabei musste er das gar nicht. Ich hab es mir ehrlicherweise schlimmer vorgestellt, aber entweder sie erkannten ihn nicht - was ich mir bei seiner optischen Erscheinung eher weniger vorstellen konnte - oder aber sie trauten sich nicht an ihn ran, oder respektieren sogar seine Privatsphäre.
Wir auch immer es sein mag, ich war froh, dass es nicht wie von mir erwartet kam.
Das Eiscafe, welches Raphael aussuchte ist ziemlich süß. Es erinnert mit den eher rot/weiß - farbenen Akzenten ein bisschen an ein amerikanisches Diner. Ich kannte dieses Geschäft bisher nur von außen, denn wenn Laia und ich Eis essen gingen, dann immer in das Stammlokal von den Mädels und mir.
Es gibt nicht viele Sitzmöglichkeiten, aber weil die meisten Gäste es sich sowieso draußen auf der Terrasse gemütlich machen, oder sich nur eine Kugel Eis kaufen und den Laden anschließend wieder verlassen, ist das innere ziemlich leer. Erleichtert darüber, fange ich langsam an mich zu entspannen.
"Was wollt ihr haben?"
Nach Raphael's Frage werde ich einen kurzen Blick auf die Anzeigetafel über den Tresen und entscheide mich für einen 'Coppa Fantasia'.
"Mama ich will das."
Mit ihren kleine Patschepfoten zeigt Laia auf die Sorte mit dem Geschmack Schokolade. Nichts neues, denn was das angeht ist meine Tochter ziemlich unkompliziert.
"Okay, dann setzt euch schonmal hin."
Gesagt - getan. Nachdem ich Laia von der Scheibe weggeholt habe, sind wir auf die roten Sitzpolster zugegangen und haben uns dort niedergelassen.
"Möchtest du was trinken, mein Schatz?"
Während meiner Frage streiche ich ein paar der dunklen Locken aus ihren Gesicht.
Ihr Antwort ist ein Kopfschütteln, weshalb ich die Flasche zurück in die Tasche stecke und darauffolgend ein kurzen Blick auf mein Handy werfe.
Es überrascht mich nicht, dass sich einige Nachrichten von Layla und Giulia in unserem Gruppenchat angesammelt haben, immerhin hab ich ihnen vorhin geschrieben, was Raphael mit uns vor hat. Während Giulia total begeistert davon war, hielt Lay sich etwas zurück.
Selbiges spiegelt sich auch in ihren jetzigen Nachrichten wieder. Während Giulia schon beinahe dabei ist unsere - in ihren Augen zukünftige - Hochzeit in Auftrag zu geben, ist unsere Ältere da schon realistischer, indem sie sagt, dass es bevor es zu einer vermeintlichen "Hochzeit" käme, erstmal reiner Wein eingeschenkt werden müsste. Mir ist sehr wohl klar, was sie damit meint und sofort sind die Zweifel, ob das was ich hier tue auch richtig sei.
Seufzend schließe ich WhatsApp und lege das Handy zurück in meine Tasche.
"Alles gut?"
Ich erschrecke, als sich eine warme Hand auf meine freie Schulter legt und ich kurz darauf in Raphael's dunklen Augen blicke.
"Hm, ja klar alles okay. Hat mit der Bestellung alles geklappt?"
Raphael setzt sich auf den freien Platz mir gegenüber. Dabei fällt mir wieder einmal auf wie attraktiv Raphael auf mich wirkt. Obwohl er wie bei unseren vorherigen Treffen nur ein Shirt mit irgendeinem Brand und eine dazu passende Jogginghose in kurz. Die Sonnenbrille, welche er auf den Weg hierher trug, klemmt jetzt am Kragen seines Oberteils und die silberne Halskette funkelt mit seiner auffälligen Uhr um die wetten. Er sollte öfter auf eine Kopfbedeckung verzichten, denn ich finde, dass ihm das so wie es gerade trägt, echt gut steht.
"Solea?"
Raphael einprägsame Stimme holt mich aus meiner Trance und erst als ich das verschmitzte Grinsen auf seinen Lippen erkenne, wird mir klar, dass er mich beim starren erwischt hat.
Ich bin froh, dass in diesem Moment unser Eis serviert wird und ich so aus diesem peinlichen Vorkommnis gerettet werde.
Die ältere Frau mit dem grauen Dutt stellt meinen gewünschten 'Coppa Fantasia' und einen Pistazieneisbeecher auf den Tisch ab. Hinter ihr taucht plötzlich ein jüngerer Herr in Kellneruniform und einem großen Teller Eis auf. Noch größer werden nur Lais Augen, als der Kellner diesen vor ihr abstellt.
Erst als uns einen guten Appetit gewünscht wurde und wir wieder unter uns sind, deute ich auf Laia's Eis und wende mich leise an mein Gegenüber.
"Raphael was ist das?"
Der Angesprochene blickt von seinem Eisbecher auf und sieht zu meiner Tochter, die gerade dabei ist, die Smarties aus dem Eis zu pulen.
"Schoko-Eis. Das wollte sie doch."
"Ja, aber ein kleiner Becher hätte es auf getan."
Schmunzeln steckt Raphael sich mit etwas von seinem grünen Eis und den Mund, bevor er mir eine Antwort gibt.
"Ja ne, aber das ist viel cooler, oder Principessa?"
Sofort nickt Laia freudestrahlend.
Schmunzelnd verdrehe ich die Augen und widme mich meinem eigenen Becher.
"So viel zum Thema, du hättest es nicht nötig jemanden zu bestechen."
_
Der Nachmittag mit den Beiden war echt total schön. Ich kann nicht verleugnen, dass ist es genossen habe, auch wenn hin und wieder dieser bittere Beigeschmack aufkeimte. Beispielsweise als er mich fragte, ob wir uns Freitag bei mir treffen könnten, um die Serie, die wir begonnen haben, weiter zu schauen. Ich weiß, dass das nur ein Vorwand war um gemeinsam Zeit miteinander zu verbringen und vielleicht hätte ich trotz meiner Zweifel sogar zugestimmt, wenn es nicht ausgerechnet an einem Tag, an dem ich abends Arbeiten muss wäre.
So kam es sowieso nicht infrage und ich speiste ihn mit der Ausrede, dass die Mädels und ich da unseren Weiberabend nachholen wollen ab.
Wieder erfasste mich das schlechte Gewissen.
Aber es sollte noch schlimmer werden. Wir sind gerade auf den Heimweg und in ein Gespräch darüber wie er zum Rap kam vertieft, als jemand in mich hinein läuft.
"Oh Entschul.. Nayra?"
Bei der Erwähnung diesen Namens versteift sich mein Körper sofort und dass es sich bei der Person die mich so nennt um einen Freier handelt, macht dies nicht besser.
Der Blick des Mannes, der bisher nur vier mal bei mir war, fällt auf Raphael. Ein beeindruckendes Schnauben entfährt ihm, als seine Augen weiter zu meine Tochter, die sich an meiner Hand befindet weitergleiten.
"Wow, du hast Familie. Damit hätte ich nicht gerechnet. Weiß er von.." –"Entschuldigung, aber sie müssen mich verwechseln."
Mit diesen Worten laufe ich mit laut klopfendem Herzen an dem jungen Mann mit dunklem Undercut und Vollbart vorbei.
"Solea. Hey..was war das gerade?"
Ich ignoriere Raphael's Frage, laufe stattdessen weiterhin zielstrebig die Fußgängerzone entlang.
"Kanntest du den Typen?"
"Ich sagte doch, dass er mich verwechselt haben muss, ich hab diesen Mann noch nie gesehen!"
Meine Stimme klingt bissiger als beabsichtigt, doch mir sitzt der Schock beinahe aufgeflogen zu sein noch tief in den Knochen. Das war echt verdammt knapp.
Mir entgeht Raphael's misstrauischer Blick nicht, gehe allerdings nicht darauf ein. Er selbst fragt zu meiner Erleichterung auch nicht weiter nach.
Trotzdem ist nach dieser unfreiwilligen Begegnung von der guten Stimmung, des herlichen Nachmittags nicht mehr zu spüren.
Den weiteren Weg nach Hause verbringe ich damit Laia ihre Fragen was dies und jenes sei zu beantworten. Ich bin froh, dass mein kleiner Sonnenschein von dieser plötzlich seltsamen Stimmung nicht viel mitbekam. Zumindest wirkte sie nach wie vor gut gelaunt. Raphael lief stillschweigend neben uns her und wirkte nachdenklich.
Ich würde ihm so gern alles erklären, aber die Gefahr, dass er dann nichts mehr mit mir zu tun haben will ist zu groß. Und nach diesem Tag ist mir klar geworden, dass ich dieses Risiko nicht eingehen darf. Viel zu sehr genieße ich seine Nähe.
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Hey ihr Schönen! (:
Ich weiß nicht aber ich finde den Umgang der Drei so unsagbar süß. :D Leider wurde die Stimmung hinterher etwas getrübt. Was findet ihr, sollte sie ihm nach dieser Begegnung die Wahrheit sagen? Könnt ihr sie verstehen?
Schreibt mir sehr sehr gern eure Meinung. (:
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