Bad Girls
Solea
Mit einem Kuss, den ich nicht weiter vertiefe, verabschiedet sich Raphael von mir, während Giulia mit einem tonlosen Schrei meine Wohnung betritt.
Ich schließe die Tür und lehne mich erschöpft und mit geschlossenen Augen gegen selbige.
"Omg Sollyyyy!!"
Obwohl die Stimme meiner besten Freundin gedimmt ist, kann ich ihre Begeisterung für das was sie gerade mitbekommen hat deutlich heraushören.
"Ihr habt euch geküsst, bedeutet dass.." –"Es bedeutet gar nichts!" Mit diesen Worten drücke ich mich von der Wohnungstür ab und laufe in Wohnzimmer, wo ich weiter meine Klamotten für den Job zusammenpacke.
Es fühlte sich nicht gut an Raphael zu belügen, aber ich konnte ihm die Wahrheit nicht sagen. Er reagierte schon bei der Annahme ich würde mich mit einem anderen Kerl treffen so seltsam, was soll das werden, wenn er erfahren würde, dass ich mich genau genommen mit mehreren Männern treffe, die auch noch für eine Gegenleistung zahlen.
Ich musste ihm also die Notlüge, ich würde Klamotten die mir nicht mehr passen aussortieren, erzählen.
Ich schmeiß den letzten Slip, in die Tasche und lass mich gestresst auf das Sofa nieder. Als mein Blick auf die runtergefallen Kissen fällt, fahre ich mir mir beiden Händen angestrengt und seufzend über das Gesicht.
"Ist alles in Ordnung?"
Giulia hat sich neben mich gesetzt und streichelt mir nun liebevoll über den Arm.
Schnaubend nehme ich die Hände runter und blicke in die schilfgrünen Augen meiner besten Freundin.
"Ich hätte beinahe mit ihm geschlafen. Wenn du nicht gekommen wärst, dann hätte ich Sex mit Raphael gehabt."
Meine Stimme klingt weinerlich und genauso miserabel fühle ich mich nach dieser Erkenntnis auch.
Was habe ich mir nur dabei gedacht, mich auf diesen Kuss einzulassen?
Es ist Jahre her, seit ich das letzte Mal einen Mann geküsst habe, denn in meinem Beruf gibt es grundsätzlich keine Küsse. Auch wenn viele in unsere Branche gegen Aufpreis bereit dazu sind, kam es für mich nie in Frage.
Für mich ist es ein Unterschied gefühllosen Sex mit jemandem zu haben, oder jemanden zu Küssen, für den ich nichts empfinde.
Der Sex mit meinen Freiern bedeutet mir nichts. Ich weiß, dass es mein Job ist, diese Männer zu befriedigen und deshalb hat es mit Gefühlen nichts zu tun. Sie spielen in diesem Akt keine Rolle.
Anders als es bei einem Kuss wäre. Beim Kuss existieren keine Stellungen, Muster und es gibt auch kein abspulbares Vorspiel. Ein Kuss ist für mich viel intimer als durch Triebe geleiteten Sex zu haben.
Auch wenn Raphael's Kuss ziemlich überraschend und unerwartet kam, fühlte es sich auf merkwürdige Art und Weise berauschend an. Ich genoss es sogar.
Trotzdem hätte ich diesen Kuss zwischen uns beenden sollen, anstatt mich mit ihm wenig später halbnackt auf diesem Sofa wiederzufinden.
"Wow, das ist.. ich mein, tut mir leid, wenn ich das gewusst hätte, dann wäre ich später gekommen."
Als Giulia auch noch ihre typisch entschuldigende Schnutte zieht, stehe ich frustriert auf und beginne damit die am Boden liegenden Kissen auf ihren ursprünglichen Platz zu legen.
"Nein, schon gut. Du hast das schlimmste gerade noch so verhindert."
"Also ich glaube nicht, dass Sex mit Raf Camora das schlimmste ist, aber.."
Nach einem strengen Blick meinerseits, beendet Giulia ihren genuschelten Satz und steht mit seltsamen Fingergesten in Richtung Küche von der Couch auf.
"Ich gehe mir mal was zu trinken machen. Willst du auch einen Tee?"
Als die Kissen wieder an ihren Ort platziert sind, lass ich mich erneut auf das weiche Polster fallen.
"Ja, den Roten oben links im Schrank."
Das klimpern von Porzellan ist zu vernehmen, als Giulia zwei Tassen aus dem Schrank holt, ehe sie den neu befüllten Wasserkocher einschaltet und dir von mir genannte Schranktür öffnet.
"Ähm Solly, das ist Wein."
"Ich weiß. Genau das was ich jetzt brauche!"
Lachend schließt sie die Tür wieder und kommt wenig später mit zwei Tassen Tee in der Hand zu mir gelaufen und stellt beide auf den kleinen runden Tisch vor uns ab. Sofort erfüllt der Geruch von Früchtetee den Raum.
Als ich die verstohlenen Blicke und die hibbelige Art meiner besten Freundin nicht mehr aushalte, stöhne ich resigniert auf.
"Frag schon!"
Entgegen meiner Erwartung dreht sich Giulia nicht total euphorisch zu mir herum und fängt an ihre Fragen runterzurasseln, als hätte sie bereits vor dem Eintreffen hier gewusst was sie erwartet. Im Gegenteil, sie zögert und scheint zu überlegen, ob sie wirklich etwas sagen soll.
"Also.. wie kam es denn überhaupt dazu?"
Ich spiele gedankenverloren mit dem Bändchen des Teebeutels herum, während ich antworte.
"Es hat geklingelt. Ich dachte du wärst es, deshalb habe ich einfach aufgemacht und hab mich dann wieder meiner Arbeit gewidmet. Als ich gerade dabei war meine Klamotten für heute Abend in die Tasche zu packen, stand er plötzlich hinter mir. Er dachte wohl aufgrund des Höschens in meiner Hand, ich hätte jemand anderes erwartet oder würde mich mit einem Mann treffen. Naja, zumindest mit ersterem lag er nicht so falsch."
Ich lege eine kurze Pause, in der ich tief durchatme ein, bevor ich mit meiner Erzählung fortfahre.
"Er hat mich sogar direkt gefragt ob ich mit einem anderen treffen würde und als ich das verneinte, hat er mich plötzlich geküsst."
Das jetzt nochmal laut auszusprechen lässt es nur noch realer werden, weshalb ich mich nach hinten fallen lassen und mir eins der viele Kissen schnappe, um es mir über das Gesicht zu legen.
"Gott Giulia, das ist so falsch. Genau deshalb wollte ich mich von ihm fernhalten."
"Im Grunde genommen hast du dich ja von ihm ferngehalten, nur kann Herr Ragucci wohl nicht die Finger von dir lassen."
Wegen ihrer feixenden Bemerkung, trifft sie ein Kissen am Arm, wodurch sie fast etwas von ihrem Tee verschüttet hätte.
"Hey, ich hab doch recht." Protestiert meine beste Freundin lachend, bevor sie wieder ernster wird.
"Hat es sich denn falsch angefühlt?Wenn nicht, dann war es das auch nicht."
Ich wende meine Blick ab und denke über diese Frage nach.
Der Moment in dem er seine Lippen auf meine legte, fühlte sich so an, als würde jemand für einen Moment die Zeit anhalten. Es passiert so schnell, dass ich erst gar nicht wusste wie ich reagieren soll, doch es verselbständigte sich sowieso von allein.
Ich ließ mich fallen und fing an das was Raphael mit mir tat zu mögen. Ich ließ mich ohne darüber nachzudenken darauf ein, warum auch nicht, es fühlte sich gut an.
Erst hinterher, als es klingelte und ich somit aus meiner betörenden Trance erwachte, konnte ich mir die 'warum auch nicht'- Frage beantworten.
Ich sollte mich nicht auf Raphael einlassen, weil er etwas besseres als eine Frau, sie dich für Geld von Männern ficken lässt verdient hat.
_
Am selben Abend sitze ich knapp begleitet wie gewohnt auf einem Hocker vor der Tür eines Zimmers und warte wie jeden Freitag auf einen Kunden.
Die immer wieder aufkommenden Gedanken rund um Raphael, sein plötzliches auftauchen und unseren Kuss schiebe ich immer wieder beiseite.
Ich darf mir vor einem Freier nicht anmerken lassen, dass ich nicht 100% bei ihm bin. Die Illusion für diese Zeit in der er Bezahlt nur ihm zu gehören muss aufrecht erhalten bleiben.
Etwas erleichtert, dass Taio und kein fremder den Gang entlang kommt, gleite ich von meinem Sitzmöbel und öffne mit einem verführerischen Lächeln die Tür, um in das rot beleuchtete Zimmer zu gehen.
Auch das ist nach all den Jahren Routine geworden.
Ich würde behaupten, dass ich das Schauspiel, welches ich den Männern hier biete besser beherrsche als irgendwelche Darsteller einer Daily Soap.
"Schön siehst du aus Nayra."
Ich spüre Taio's Atem an meinem Ohr und darauffolgend auch seine Hände, wie sie sich am Verschluss meines gold-glitzernden Neckholders zu schaffen machen.
Als er offen ist, drehe ich mich zu meinem Kunden um, und lege ihm meinem Finger auf die Lippen, bevor ich mich von ihm abwende und mein Oberteil langsam zu Boden gleiten lasse.
Ich bin nicht hier um zu reden und außerdem bedeuten mir Komplimente von Freiern nichts.
Als er sich das T-Shirt über den Kopf zieht, kommt sein muskulöser Oberkörper zum Vorschein.
Unwillkürlich muss ich daran zurück denken, wie es sich anfühlte über die trainierte Brust von Raphael zu fahren.
Erschrocken schüttel ich den Kopf, als mir klar wird, dass es denkbar ungünstig ist, mir in dieser Situation über vorzustellen wie es war Raphael zu berühren.
Fertig ausgezogen kommt Taio - der zum Glück nichts mitbekommen zu haben scheint - auf mich zu und mustert mich. So wie er es immer tut, bevor wir Sex haben.
"Ich will es dir doggy geben!"
Dass das mehr kostet muss ich Taio nicht sagen, immerhin kommt er nicht das erste Mal zu mir. Oder in mir.
Ich nehme ein Kondom aus der präparierten Schale und reiche es meinem Gegenüber, der es ungeduldig aufreißt und sich das Gummi über seinen bereits harten Schwanz rollt.
Die Männer kommen oft mit solch einer Fantasie hierher, dass man als Prostituierte gar nicht mehr viel Vorspiel leisten muss. So ist es mir aber sowieso am liebsten.
Erst als ich mich versichert habe, dass er das Kondom ordentlich übergestülpt hat, lass ich meine Hände an den Saum meines Strings gleiten und ziehe diesen in langsamen Bewegungen nach unten. Auch von dem bereits offenem Top befreie ich mich.
Lediglich in meinen High Heels begebe ich mich auf das große Bett in Stellung und warte, dass auch Taio sich in Position begibt.
Der Afrikaner ist niemand, der lange fackelt, weshalb er nur wenige Sekunden später tief in mich eindringt.
Unser Stöhnen hallt an den vier Wenden ab und erfüllt den Raum, als er immer wieder hart zustößt. Seine Hände krallen sich dabei fest in das Fleisch meiner Hüfte. Meine, in die Laken unter mir.
Nichts davon ist gefühlvoll. Wir wissen beide was wir wollen. Er will Sex. Ich das Geld. Es in ein stetiges nehmen und geben.
Ich bin froh, dass er sich heute für die 'Doggy-Variante' entschieden hat. In diesem Beruf gehört es zu meiner Lieblingsstellung, weil ich in dieser Position mein Gegenüber nicht ansehen muss.
Ich spüre wie Taio's Rythmus immer schneller und unser Stöhnen immer laut wird. Der Unterschied besteht jedoch darin, dass sein darauffolgender Höhepunkt echt ist, während meiner nur zugunsten seiner Zufriedenheit gestellt ist.
Als seine Atmung ruhiger wird, zieht er sich erschöpft aber offensichtlich glücklich aus mir zurück und rollt sich das benutzte Kondom ab, um es in den kleinen dafür hervorgesehenen Mülleimer zu werfen.
Nachdem Taio das vierte Mal bei mir war, haben wir uns darauf geeinigt, dass er die obligatorische Zigarette danach hier rauchen darf, bevor er geht, weshalb es mich nicht wundert, dass er sich nachdem er sich angezogen hat, seine Schächten aus der Hosentasche zieht ins sich einen Glimmstängel anzündet.
Währendessen bin ich in einen der dünnen, seidenen Bademantel geschlüpft, die wir als Frauen immer im Zimmer liegen haben.
Es ist absurd, denn obwohl ich mich von den Männern anfassen und sogar ficken lasse, möchte ich nicht länger als nötig nackt vor ihnen sein.
Taio drückt seine Zigarette aus und frimelt dann etwas umständlich etliche Scheine aus seiner Jeans, bevor er sie auf den Nachtschrank neben dem Aschenbecher legt.
"Weil du heute mal wieder besonders gut warst."
Mit diesen Worten zieht er einen Fünfziger aus dem Bündel und legt diesen mit zu dem Rest.
Als er bereit ist zu gehen, begleite ich ihn noch zur Tür wo er sich noch einmal zu mir herumdreht um sich zu verabschieden.
"Ich freu mich schon auf's nächste mal, Nayra."
"Du weißt wo du mich findest."
Ist meine schlichte Antwort.
Mit einem dreckigen Grinsen verschwindet Taio den Gang entlang, den er vor ungefähr einer Stunde gekommen ist.
Die Tür hinter mir schließend, gehe ich zurück zum Bett und nehme das Geld vom Beistelltisch, um es zu zählen.
Tatsächlich hat Taio viel zu viel bezahlt, aber beschweren darüber werde ich mich nicht. Als allein erziehende Mutter hat man neben Miete, Strom und Nebenkosten auf einen ganzen Haufen anderer Dinge zu zahlen.
Trotz der hohen Bezahlung, setze ich mich niedergeschlagen an den Rand des weichen Bettes.
Zum ersten Mal, seitdem ich diesen Job ausführe, erfasst mich ein Gefühl, dass ich nicht einmal nachdem Laia auf der Welt war hatte, weil ich wusste für was wen ich all das hier hat.
Ich hatte ein schlechtes Gewissen.
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Hey ihr Schönen! (:
Was sagt ihr zu diesem Kapitel?
Vielleicht hat es aufgrund der Leser die beim vergangen Kapitel etwas überumpelt vom plötzlichen Kuss waren, für etwas Erklärungen gesorgt, zB wieso sie tatsächlich ein Höschen in ihrer Hand hatte. :D
Ich bin gespannt was ihr zu diesem Kapitel zu sagen habt, deshalb lasst mir sehr sehr gern eure Meinung da. (:
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