19. Die unangekündigten Besucher

Als Chuuya in seinem Büro angekommen war, warf er die Tür hinter sich ins Schloss und ließ sich an dieser herabgleiten. Er benötigte unbedingt einen Moment Ruhe und etwas Zeit für sich, sonst würde er definitiv durchdrehen. Einerseits war er wütend auf Mori, da dieser Misaki bedroht und ihn selbst dazu benutzt hatte, sie zu erpressen. Andererseits aber auch auf sich selbst, da er nichts unternommen hatte, auch wenn er wusste, dass es dadurch nur schlimmer geworden wäre. Dennoch tat es ihm leid, denn er hatte gesehen, wie sehr sie innerlich wegen all dem gelitten hatte. Und dann war da auch noch ihre Mission. Wie konnte Mori von ihm verlangen, erneut mit seinem ehemaligen Partner zusammenzuarbeiten, nachdem dieser den Rothaarigen damals einfach verraten und im Stich gelassen hatte? Bis heute hatte Dazai ihm nie erklärt, weshalb er gegangen war und selbst eine lächerliche Entschuldigung hatte er nie bekommen. Nicht, dass das irgendetwas geändert hätte. Höchstwahrscheinlich hätte Chuuya dem Braunhaarigen dennoch einige Schläge verpasst, um seine Wut an ihm auszulassen. Jedoch hätte er zumindest eine Erklärung erwartet, wenn dieser Bastard schon ohne ein Wort des Abschieds einfach spurlos verschwand. Vor allem nach all dem, was sie zusammen durchgemacht und erlebt hatten; was sie alles miteinander geteilt und dem anderen offenbart hatten. Dazai war der einzige Mensch gewesen, dem der Rothaarige vollkommen vertraut und dem er sich geöffnet hatte – und das in jeglicher Hinsicht.
Wütend schlug Chuuya mit der Faust gegen den Boden, bevor er sich seufzend erhob. Es hatte ohnehin keinen Sinn, sich hier zu verkriechen und wie ein bockiges Kind zu wüten. Das würde ihm weder helfen, noch etwas an dieser Situation ändern. Der Rothaarige wusste auch gar nicht, wie lange er hier schon gesessen hatte und es wäre ihm gleichgültig gewesen, wenn Misaki nicht auf ihn gewartet hätte. Er hatte sie definitiv schon lange genug warten lassen, also holte er die Weinflaschen – welche er immer in seinem Büro aufbewahrte – und machte sich auf den Weg.

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Entgegen Misakis Erwartungen, griff Akutagawa sie nicht an, sondern lehnte sich einfach gegen die Fahrstuhltüren und beobachtete sie. Sie hob fragend eine ihrer Augenbrauen und verschränkte die Arme vor der Brust, während sie sich an die hintere Wand lehnte. Ihr war klar, dass er sie nicht angreifen würde. Denn wenn er das gewollt hätte, dann hätte er es wohl schon längst getan. Dennoch war Misaki gleichermaßen neugierig und verwirrt, was diese Aktion zu bedeuten hatte. Wollte Akutagawa ihr etwas sagen? Hatte er vielleicht eine Frage? Oder wollte er bloß sehen, wie sie reagieren würde? Da der Schwarzhaarige bisher keine Anstalten gemacht hatte sich zu erklären, durchbrach sie selbst die unangenehme Stille.

„Was soll das werden, Akutagawa-san? Wenn du etwas zu sagen hast, dann raus damit!“, forderte Misaki genervt.

„Was genau war das gestern? Weshalb haben deine Augen plötzlich rot geleuchtet und was hat das zu bedeuten?“

„Das geht dich nichts an, aber eines solltest du wissen: wenn Chuuya-senpai nicht eingegriffen hätte, dann wärst du jetzt vermutlich tot", antwortete sie flüsternd, während sie ihren Blick auf den Boden richtete.

Akutagawa zischte bloß genervt und betätigte anschließend erneut den Knopf, damit der Fahrstuhl seinen Weg fortsetzen konnte. Misaki war froh, dass er es dabei beließ und nicht weiter nachfragte. Es war schon schlimm genug, dass Mori es nun wusste, da würde sie es nicht auch noch weiter herumerzählen. Umso weniger Leute davon wussten, desto besser und sicherer war es. Sie war sichtlich erleichtert, als der Fahrstuhl endlich im Erdgeschoss ankam und sie aussteigen konnte. Doch während Misaki an dem Schwarzhaarigen vorbeiging, sagte er noch etwas zu ihr:

„Du bist nicht so schwach, wie ich zu Anfang dachte. Meinen Schutzschild konnte – abgesehen von Chuuya-san und dir – bis jetzt nur ein anderer durchbrechen. Du ähnelst diesem verdammten Menschentiger auch auf eine gewisse Art und Weise, das ist echt nicht auszuhalten“, sagte er kalt.

Noch bevor Misaki etwas erwidern konnte, hatten sich die Türen des Fahrstuhls bereits geschlossen und Akutagawa war fort. Sie war sich absolut sicher, dass er mit letzterem Atsushi gemeint hatte. Jedoch beschäftigte sie seine erste Aussage etwas mehr. Ob das wohl seine Art war, jemand anderen zu loben? Oder wollte der Schwarzhaarige ihr einfach nur seine Feststellung mitteilen? Selbst wenn Misaki noch die Chance gehabt hätte ihn zu fragen, hätte sie bestimmt keine Antwort erhalten. Dieser Mann war zwar nicht so schwer zu durchschauen, wie Dazai oder Mori, jedoch war er ziemlich verschlossen und das erschwerte es ihr doch sehr.
Während Misaki dem Ausgang immer näher kam, war sie so tief in ihren Gedanken versunken, dass sie das Geschehen um sich herum vollkommen ausgeblendet hatte. Doch sie dachte nicht nur über Akutagawas Worte nach, sondern auch darüber, was vorhin in Moris Büro geschehen war; wozu sie gezwungen worden war. Sie hatte zwar geahnt, dass er eine Vorführung wollen und Bloodlust für seine Zwecke missbrauchen würde, aber diese Situation traf sie dennoch unerwartet. Misaki hatte versucht sich zu widersetzen, doch als er gedroht hatte Chuuya dafür zu bestrafen, hatte sie einfach nachgeben müssen. So sehr sie diese Tat auch verachtete und so sehr es sie auch quälte, würde sie dennoch absolut alles tun, damit der Rothaarige nicht zu schaden kam und das wusste Mori offenbar ebenfalls.
Da Misaki so in ihren Gedanken versunken war, merkte sie erst nicht, das Chuuya indessen nach ihr rief. Erst als er direkt neben ihr stand und eine Hand auf ihre Schulter legte, zuckte sie erschrocken zusammen und lächelte den Rothaarigen entschuldigend an. Er kommentierte ihr Verhalten nicht, da er sich nur zu gut denken konnte, weshalb sie sich nun so verhielt. Stattdessen ließ er sie mit einem Kopfnicken in Richtung des Ausgangs wissen, dass sie jetzt gehen konnten und die Erleichterung war ihr dabei deutlich anzusehen. Misakis angespannte Haltung lockerte sich etwas und auch ihr schwaches Lächeln wirkte nun viel ehrlicher, als zuvor. Wenn sie ehrlich war, wollte sie einfach nur nach Hause und mit Chuuya Wein trinken. Inzwischen war es für sie auch zur Gewohnheit geworden und sie musste zugeben, dass es tatsächlich ziemlich entspannend war. Ob das nun bloß am Wein oder einfach an der Atmosphäre lag, wenn sie ihn zusammen tranken, wusste sie nicht, aber sie genoss es jedes Mal sichtlich.

[Drei Stunden zuvor]

„Dazai-san, warte doch… das können wir nicht tun!“, rief Atsushi, während er dem Braunhaarigen hinterherlief.

„Keine Sorge, Atsushi-kun. Ich habe das schon öfter gemacht und es ist ganz einfach! Außerdem macht es Spaß, diesen Hutständer wütend zu machen und mit ihm zu spielen. Und abgesehen davon können wir so auch Misaki-chan wiedersehen und vielleicht stimmt sie endlich einem Doppelsuizid mit mir zu", trällerte er fröhlich vor sich hin.

Atsushi seufzte bloß langgezogen, während sie nun offensichtlich vor der richtigen Tür angekommen waren und Dazai sich an deren Schloss zu schaffen machte. In wenigen Augenblicken hatte er dieses auch schon geknackt und die Tür öffnete sich. Mit einem breiten Grinsen und einer einladenden Handbewegung signalisierte er dem Weißhaarigen, dass er das Apartment betreten solle. Widerwillig kam er dieser Aufforderung nach und zuckte zusammen, als der Braunhaarige die Tür hinter ihnen einfach ins Schloss fallen ließ. Atsushi konnte schon vom Eingangsbereich aus sehen, dass das Wohnzimmer riesig sein musste und ließ seinen Blick erstaunt umherwandern, als er dieses betrat. Die Einrichtung sah ziemlich luxuriös aus und der Ausblick durch die Glaswand war einfach wundervoll, dennoch wäre er am liebsten sofort wieder gegangen. Immerhin waren sie in das Apartment, welches einem der Unterbosse der Port Mafia gehörte, eingebrochen und würden auch noch auf dessen Rückkehr warten. Auch wenn der Weißhaarige sich freute, Misaki wiedersehen zu können, war dies dennoch eine schlechte Idee gewesen und das hatte er Dazai mehrmals mitgeteilt. Jedoch ließ sich dieser weder davon beeindrucken, noch abschrecken.
Während Atsushi noch immer still im Wohnzimmer stand, war der Braunhaarige bereits auf dem Weg zu Chuuyas Schlafzimmer. Denn dies war der einzige Raum gewesen, den er bei seinem letzten Besuch nicht durchsucht hatte und das wollte er sogleich ändern. Bevor er jedoch in diesem Zimmer verschwand, rief er dem Weißhaarigen noch zu, dass dieser sich währenddessen einfach auf die große Sitzlandschaft setzen solle. Danach schloss er die Tür hinter sich und ging schnurstracks auf eines der Nachtkästchen, welches sich neben dem großen Bett befand, zu. Dazai setzte sich auf den Rand des Bettes und wäre aufgrund der seidigen Bettwäsche beinahe auf dem Boden gelandet, jedoch konnte er dies noch rechtzeitig verhindern. Er konnte sich noch genau daran erinnern, dass ihm damals, vor langer Zeit, dasselbe schon einmal passiert war und bei dem Gedanken daran musste er schmunzeln. Der Braunhaarige öffnete die erste Schublade des Nachtkästchens und war nicht überrascht, dass er darin bloß ein Messer und einige Schmerztabletten vorfand. Das hatte sich nach all der Zeit wohl genauso wenig geändert, wie die Bettwäsche. In der zweiten Schublade befand sich jedoch ein kleines, schwarzes Notizbuch, welches sofort Dazais Aufmerksamkeit auf sich zog. Als er dieses öffnete, fielen ein paar Fotos heraus und landeten direkt vor seinen Füßen. Neugierig hob er diese auf und betrachtete sie nacheinander. Auf den meisten davon war der Rothaarige mit Kouyou zu sehen, welche wie immer einen traditionellen Kimono trug. Doch auf einem war er selbst mit seinem ehemaligen Partner abgebildet, welches zu dessen siebzehnten Geburtstag entstanden war. Sie trugen beide einen dieser albernen Partyhüte und der Braunhaarige lächelte breit, während der Kleinere wegen dessen fester Umarmung rot angelaufen war und leicht schmunzelte. Dazai war überrascht, dass Chuuya dieses Foto all die Jahre behalten und nicht einfach weggeworfen hatte. Während sein Blick darauf verharrte, schlich sich ein wehmütiges Lächeln auf seine Lippen. Denn dieser Tag war für sie beide damals auf eine gewisse Art besonders und speziell gewesen, auch wenn das keiner von ihnen je aussprechen oder gar zugeben würde.
Im nächsten Moment öffnete sich die Tür des Schlafzimmers und Atsushi, der ziemlich genervt war und sich sichtlich unwohl fühlte, betrat den Raum. Er hatte in jedem Zimmer nach Dazai gesucht und natürlich fand er ihn erst hinter der letzten Tür. Der Braunhaarige legte die Fotos zurück in das Notizbuch und verstaute es wieder in der Schublade, ehe er sich vom Bett erhob und auf seinen jungen Kollegen zuging. Sie verließen gemeinsam den Raum und begaben sich wieder in das Wohnzimmer, wo sie auf der großen Sitzlandschaft Platz nahmen.

„Dazai-san, wir sollten besser gehen! Das war eine wirklich schlechte Idee, die uns bloß in Schwierigkeiten bringen wird“, wiederholte Atsushi zum gefühlt tausendsten Mal.

„Sei doch nicht so ängstlich, Atsushi-kun. Dabei habe ich dich extra mitgenommen, damit auch du Misaki-chan wiedersehen kannst und sie wird sich darüber bestimmt sehr freuen!“

Nachdem Dazai das gesagt hatte, zwinkerte er Atsushi zu, worauf dieser bloß rot anlief und den Blick abwandte. Der Braunhaarige hatte sofort erkannt, dass sein junger Kollege ohne Zweifel mehr für Misaki übrig hatte, als er sich selbst eingestehen wollte. Dazai hatte auch das Gefühl, dass es ihr ähnlich erging, jedoch konnte er das nicht genau sagen. Immerhin war sie ihr Leben lang eingesperrt gewesen und dadurch in jeglicher Hinsicht unerfahren, was das betraf. Nicht zu vergessen, dass sie ebenfalls nie Zeit dazu gehabt hatte, auch bloß darüber nachzudenken und eine Gelegenheit hatte sie auch nie gehabt. Da hatte es zwar diese zwei anderen Jungen gegeben, doch diese waren für sie immer wie Brüder gewesen und zählten dadurch nicht. Auch wenn Misaki die beiden sehr geliebt hatte, war dies eine andere Art von Liebe gewesen und somit nicht vergleichbar. Woher sollte sie also wissen, wie es sich anfühlte verliebt zu sein? Außerdem deutete nichts wirklich eindeutig darauf hin, dass sie Atsushi auf dieselbe Art mochte, wie er sie. Dennoch verriet Dazais Intuition ihm, dass es auch von ihrer Seite aus mehr war, als bloß eine normale Freundschaft. Und auch Misakis Reaktion damals am Strand, nachdem er ihr etwas ins Ohr geflüstert hatte, war ein Anzeichen dafür. Der Braunhaarige hatte sie da nämlich absichtlich gefragt, ob er sie mit Atsushi alleine lassen solle, damit sie sich noch etwas näher kommen konnten. Natürlich hatte er bloß ein wenig mit ihr spielen wollen, dennoch war die Art, wie sie reagiert hatte, sehr interessant für ihn gewesen.

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Der Heimweg war größtenteils ruhig verlaufen, da Chuuya und Misaki die meiste Zeit einfach schweigsam nebeneinander im Auto gesessen hatten. Der Rothaarige war erneut überrascht gewesen, wie scharfsinnig sie doch war, denn sie hatte offenbar bemerkt, dass er sich schlecht fühlte. Denn das Einzige, was sie während der gesamten Fahrt gesagt hatte, war: > Du musst dich nicht schlecht fühlen, Chuuya-senpai. Ich weiß, dass du nichts dagegen tun konntest und bin dir auch nicht böse. Es tut mir leid, dass ich dich beinahe in Schwierigkeiten gebracht hätte. < Er war einerseits froh gewesen, das zu hören, doch andererseits grämte es ihn dennoch weiterhin. Chuuya war selbstverständlich loyal seinem Boss gegenüber, auch wenn er seine Handlungen nicht immer gutheißen konnte. Gleichzeitig wollte er aber auch Misaki beschützen, da sie ihm ans Herz gewachsen war. Doch das Eine war in diesem Fall nur möglich, indem er das Andere außer Acht ließ. Wieso musste diese Situation auch so verdammt kompliziert sein?
Als sie das Apartment betraten, hörte Misaki ein leises Geräusch und signalisierte Chuuya, dass er stehenbleiben solle. Er stellte die beiden Weinflaschen langsam und leise auf der Kommode ab, ehe er – genau wie sein Schützling – ein Messer hervorzog. Sie hatte es allerdings bloß gezogen, um sich in ihre linke Handfläche zu schneiden und ihr blutrotes Katana erscheinen zu lassen. Auch der Rothaarige aktivierte seine Fähigkeit, wodurch ihn sogleich eine rot schimmernde Aura umhüllte, ehe beide vorsichtig auf das Wohnzimmer zugingen. Chuuya wollte eigentlich vorausgehen, doch Misaki nahm ihn diesen Part ab, als sie plötzlich einfach hineinstürmte. Sie hatte gerade mit dem Katana ausgeholt und war bereit zuzuschlagen, als sie bei der Küche zwei bekannte Gesichter entdeckte und seufzend ihre Fähigkeit auflöste. Anschließend teilte sie dem Hutträger mit, dass keine Gefahr drohte.
Als er ebenfalls ins Wohnzimmer trat und die beiden Eindringlinge erblickte, ballte Chuuya wütend die Fäuste. Misaki ging indessen auf Atsushi und Dazai zu, die ihr nun entgegenkamen. Ihre Lippen zierte ein breites Lächeln, während sie den beiden fröhlich winkte. Doch bevor einer der drei etwas sagen konnte, stürmte der Rothaarige auf Dazai zu und packte ihn am Kragen.

„Was machst du schon wieder hier, du Bastard und wieso bringst du auch noch einfach jemanden mit?“, fauchte er wütend.

„Es ist auch schön dich wiederzusehen, Chibi! Allerdings ist es noch viel schöner, die bezaubernde Misaki-chan zu sehen", antwortete Dazai vergnügt, während er die eigentlichen Fragen ignorierte.

„Du… beantworte gefälligst meine Fragen, Makrele!“, knurrte Chuuya und stieß ihn anschließend von sich.

„Nur, wenn du endlich diesen scheußlichen Porkpie-Hut abnimmst. Dann siehst du auch weniger, wie ein wandelnder Hutständer aus.“

Bevor die beiden sich die Köpfe einschlagen würden, ging Misaki dazwischen und bat sie, sich zu setzen. Chuuya zischte bloß genervt, kam ihrer Bitte aber dennoch, wenn auch widerwillig, nach. Er wusste, dass ihr Tag schon unangenehm genug verlaufen war und tat ihr auch nur deswegen diesen Gefallen. Auch Atsushi und Dazai setzten sich ihr zuliebe sogleich auf die Sitzlandschaft, indessen sie den Wein aus dem Eingangsbereich holte und anschließend in der Küche verschwand. Misaki wusste, dass der Rothaarige nun erst recht unbedingt ein Glas seines liebsten Getränks gebrauchen könnte und wollte es ihm deshalb sofort bringen. Aus Höflichkeit fragte sie auch die anderen beiden, ob sie etwas trinken wollten, doch sie lehnten dankend ab. Dazai würde ohnehin bloß Whisky akzeptieren, den Chuuya allerdings nicht vorrätig hatte und Atsushi lehnte ab, da er ihr keine Umstände bereiten wollte. Deshalb kehrte Misaki schließlich nur mit zwei gefüllten Weingläsern zu den Männern zurück, wovon sie dem Hutträger sogleich das vollere überreichte und sich neben ihn setzte. Dieser nickte ihr dankend zu und genehmigte sich einen etwas größeren Schluck, ehe er sich den zwei Detektiven erneut zuwandte und fragte, weshalb sie hier waren. Jedoch bekam er von Dazai bloß ein selbstgefälliges Lächeln als Antwort, während der Weißhaarige stumm blieb und seinen Kollegen ansah. Misaki seufzte schwer und rollte mit den Augen, bevor sie sich an Atsushi wandte.

„Atsushi-kun, kannst du uns bitte sagen, weshalb ihr unangemeldet hier seid?“, fragte sie ruhig.

Angesprochener richtete seinen Blick kurz genervt auf den Braunhaarigen, ehe er eine Hand auf dessen Hinterkopf legte. Atsushi entschuldigte sich aufrichtig für den Einbruch, während er seinen Kopf senkte und den seines Nebenmannes einfach mit runterdrückte, was recht ulkig aussah, da er um einiges kleiner und jünger als sein Vorgesetzter war. Chuuya schnaubte bloß belustigt, da Dazai andere immer gegen ihren Willen in so etwas hineinzog und er schon beinahe Mitleid mit dem jungen Mann hatte. Er wusste nämlich selbst zu gut, wie es war, mit seinem ehemaligen Partner zusammenzuarbeiten. Als Atsushi dann jedoch sagte, dass sie ihnen etwas über den gestrigen Vorfall mitteilen mussten, wurde es still und die Aufmerksamkeit aller Anwesenden richtete sich unverzüglich auf ihn. Etwas nervös begann er Misaki und Chuuya von den Informationen, die sie herausgefunden hatten, zu erzählen.

„A-Also wir haben uns den Unfallort angesehen und ihn genauestens untersucht, dabei sind wir auch auf diese kleine Spritze gestoßen, die du erwähnt hattest. Und wir haben auch den Ort ausfindig gemacht, von dem diese abgefeuert wurde. Die Untersuchung der Spritze selbst hat nicht viel ergeben, da die Zusammensetzung des Inhaltes niemandem bekannt ist, aber wir haben das hier an der Stelle gefunden, von der aus die Angreifer euch aufgelauert hatten.“

Atsushi zog einen Plastikbeutel aus seiner Hosentasche und überreichte diesen Misaki, welche den Inhalt geschockt betrachtete und ihn anschließend dem Rothaarigen überreichte. Auch er erkannte sofort, um was es sich handelte und von wem es stammte. Fluchend warf Chuuya den Plastikbeutel auf den Tisch, ehe er seufzte und seinen Blick besorgt auf seinen Schützling richtete, die wütend und mit den Tränen kämpfend etwas zu ihm sagte.

„Sie werden mich nie in Ruhe lassen und jetzt haben sie auch noch dich mit hineingezogen. Du wärst wegen diesen verdammten Bastarden beinahe gestorben und auch dafür werden sie büßen, denn jetzt ist das Maß endgültig voll. Ich werde sie alle umbringen, jeden einzelnen von ihnen und dann werde ich endlich vollkommen frei sein!“

Nachdem Misaki das gesagt hatte, stürmte sie eilig davon und verschwand in ihrem Zimmer, während die drei Männer überrascht zurückblieben. Chuuya hatte zwar damit gerechnet, dass sie nicht gelassen reagieren würde, doch so hatte er sie noch nie gesehen. Und auch dass sie auf diese Art und Weise fluchte, war eigentlich ungewöhnlich für sie. Doch vielleicht war das, genau wie ihre Vorliebe für Wein, etwas, was sie sich durch den Rothaarigen angewöhnt hatte. Er konnte ihre Reaktion nachvollziehen und auch den Fakt, dass sie nun endgültig genug davon hatte. Immerhin hatte Misaki ihr Leben lang viel zu viel ertragen müssen und auch die Ereignisse seit ihrer Flucht waren unglaublich belastend für sie gewesen.
Dazai wandte sich sogleich Atsushi zu und schickte ihn Misaki hinterher, damit er nach ihr sah und er selbst mit Chuuya allein sein konnte. Denn der Braunhaarige hatte die ein oder andere Frage, die er seinem ehemaligen Partner stellen wollte. Der Weißhaarige nickte bloß und stand unverzüglich auf. Doch er bewegte sich erst von der Stelle, nachdem er das Weinglas – welches der Rothaarige ihm seufzend reichte – entgegengenommen hatte. Vor der Tür zu ihrem Zimmer angekommen, klopfte er erst vorsichtig und wartete auf eine Antwort, ehe er sie öffnete und langsam eintrat.

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Kleine Anmerkung: Den Hut, welchen Chuuya trägt, nennt man tatsächlich Porkpie-Hut. Als ich das herausgefunden hatte, musste ich es einfach einbauen und witzig fand ich es ebenso. Porkpie bedeutet übersetzt nämlich > Schweinefleischpastete < und das ist echt genial. xD

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