Kapitel 6 Miyu


Die Sonne brennt beinahe unerträglich auf uns herab. Nur der Fahrtwind, der einer milden Brise gleicht, bringt etwas Erfrischung und ich lege meinen Kopf in den Nacken, um den blauen Himmel über mir zu beobachten. Es war keine Wolke zu sehen. Neben mir streckt Kiko ihre Arme in die Luft und ein breites Lächeln ist auf ihrem geröteten Gesicht zu sehen, als ihre braunen, langen Haare vom Wind nach hinten gezogen werden.

„Gut, dass die Jungs sich für das Caprio entschieden haben", sagt sie und wirft mir einen freundlichen Blick zu, den ich nickend erwidere. Ich war nicht gerade begeistert gewesen, als Mira mich ebenfalls in eine Gruppe zuteilte, doch viel mehr Sorgen mache ich mir um Akari, die regelrecht gezwungen wurde. Was plante diese Hexe und wieso möchte sie meine Freundin bei den Ärzten haben?

„Hey, Miyu." Verwundert hebe ich meinen Kopf an und schaue in die braunen Augen von Sota, der sich zu mir herum gedreht hatte. Seine schwarzen, gewellten Haare stehen durch den Wind in alle Richtungen ab und und die bereits braun gebrannte Haut schimmerte in dem grellen Sonnenlicht. „Das gestern Abend, du hast echt einen starken Tritt. Ich glaube Momoka wird jetzt einen großen Bogen um dich und Akari machen."

„Da stimme ich Sota zu. Ich hätte nicht gedacht, dass du so austeilen kannst", sagt Kiko begeistert und ich merke, wie meine Wangen zu glühen anfangen.

„Wo hast du das gelernt? Du bist doch eher die Schüchterne von euch beiden."

„Ya! Jetzt lasst sie doch in Ruhe", murrt Raidon mit tiefer Stimme und wirft mir einen kurzen Blick durch den Rückspiegel zu, ehe er das Auto um die nächste Kurve lenkt. Schweigend rutschen sowohl Sota, als auch Kiko zurück in ihre Sitze und ich bin Raidon dankbar für sein Einschreiten. Es wunderte mich, dass er nicht dem Militärtrupp angehörte, als ich zum Beach kam. So viel ich weiß, ist Raidon in der Marine gewesen und weiß mit Waffen umzugehen und dennoch weigerte er sich, sich Aguni anzuschließen. Unbeabsichtigt wandert mein Blick über sein scharfes und kantiges Gesicht, bis zu dem muskulösen Körper und das Tattoo, was seinen rechten Arm komplett einnimmt. Neben ihm sieht Sota winzig und gebrechlich aus, doch hinter seinem schlaksigen Bau versteckt sich Schnellig- und Wendigkeit, wie ich sie noch nie zuvor gesehen hatte. Dazu kommt sein hübsches, fast perfektes Gesicht, dass nur durch die Brille an Schönheit etwas abnimmt. Kein Wunder, dass viele Mädchen im Beach laut über ihn schwärmen, während Raidon im stillen bewundert wurde. Selbst Kiko scheint begeistert von Sota zu sein, denn ihr Blick bleibt öfters an dem braungebrannten Jungen hängen, wie ich feststelle. Im Beach gibt es die sogenannten Top10 bei den Männern, als auch bei den Frauen, was begehren und Aussehen anging. Dass sich Raidon und Sato in dieser Liste mit befinden, ist mir von vornherein klar. Doch auch Niragi steht weit oben in den Rängen, was Akari damals einen Hustenanfall bescherte, da sie sich an ihrem Wasser verschluckt hatte bei den Neuigkeiten.

„Der ist auf Platz 2?!", hatte sie gekeucht.

„Er ist bei den Frauen sehr begehrt, sein Talent in den Spielen ist bemerkenswert und seine Ausstrahlung gemixt mit diesem Aussehen gibt den Mädels einen gewissen Kick", hatte uns Kiko erklärt.

„Wir sind da", reißt mich Raidon aus meinen Gedanken und ich löse den Gurt aus der Halterung, ehe ich die Tür öffne. Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie Sato einfach aus dem Cabrio herausspringt und den riesigen Lebensmittelladen vor sich begutachtet. Selbst nach all den Wochen fühlt es sich noch immer seltsam an, die leergefegten Straßen und Läden zu sehen, und ich ziehe den leeren Rucksack etwas enger an meinen Rücken.

„Nimmt alles mit was sich lange hält und essbar aussieht. Haltet vor allem Ausschau nach Dosenfutter, Nudeln und Reis", gibt Raidon die Befehle, während seine schmalen Augen uns behutsam musterten.

„So schwer wird das schon nicht", sagt Kiko und hakt sich bei mir ein.

„Wir gehen nicht alle in den selben Laden. Sato, du und Miyu ihr geht die Straße weiter unten in das Lebensmittelgeschäft." Protestierend öffnet Kiko neben mir den Mund, wird aber mit einem fragenden Blick von Raidon zum Schweigen gebracht und sie lässt mit einem Schmollmund meinen Arm los.

„Er wird dich schon nicht fressen", scherzt Sato beim vorbeilaufen und tätschelt der Braunhaarigen den Kopf, die daraufhin nur die Zunge herausstreckt.

„Du scheinst dich gut mit ihm zu verstehen", sage ich, als wir die Straße hinunter schlendern, während die Sonne uns zu rösten scheint.

„Raidon und ich?", fragt er, was ich nickend bejahe. „Er ist ein sehr netter Kerl. Als ich damals frisch in das Beach kam, hat er mich unter seine Fittiche genommen. Auch wenn er recht einschüchternd wirkt, besitzt er ein warmes Herz." Ein Lächeln umspielt meine Lippen, als Sato regelrecht von Raidon schwärmt.

„Man könnte meinen du stehst auf ihn", scherze ich daher.

„Glaub mir, wenn ich homosexuell wäre, würde ich ihn definitiv daten."

„Ihr wärt auf jedenfalls das hübscheste Paar im Beach."

„Du findest uns also attraktiv?", fragt Sato mit hochgezogenen Augenbrauen und einem schelmischen Grinsen, was mich nervös macht.

„So meinte ich das nicht", versuche ich mich zu verteidigen, während er in Lachen ausbricht und mir auf die Schulter klopft.

„Ich mache nur Spaß, Miyu." Und mit diesen Worten biegt Sato in den Laden ein und schwingt sich mit Leichtigkeit über die kleine Schranke, die den Eingang blockiert. Ich mache es ihm nach und sah mich dann genauer um. Die Regale sind zum Teil noch gut gefüllt, doch an manchen Stellen gähnt uns eine Leere entgegen, die erschreckend war.

„Nimm etwas von den Cornflakes mit", sagt Sato und ich stopfe einige Packungen in den Rucksack. Wir haben zwar keine Milch aber solche Sachen kann man auch trocken essen, Hauptsache sie füllten den Magen. Als ich mich wieder aufrichte, entdecke ich einige Packungen Glasnudeln, die in einem der fast leeren Regale liegen. Ohne zu Zögern nehme ich sie mit und setze meine Suche fort. Dosen, sowie Reis waren bereits geplündert, während das abgepackte Fleisch in den Tiefkühltruhen bereits zu schimmeln beginnt und uns letztendlich aus dem Laden hinaustreibt, da der Geruch einfach widerlich ist.

„Gehen wir noch eine Straße weiter?"

„Wir sollten so viele Geschäfte wie möglich abgehen", sage ich und schultere meinen Rucksack erneut. Ich merke, wie mir der Schweiß von der Stirn läuft, als wir weiterlaufen und erschrecke, als das Gewicht auf meinem Rücken plötzlich leichter wird.

„Ich trage das für dich", sagt Sato lächelnd und wischt sich im gleichen Moment die Haare aus dem Gesicht.

„Das musst du nicht."

„Ich bin gerne ein Gentleman", scherzt er. „Außerdem bin ich warmes Wetter gewöhnt."

„Du kommst nicht aus Japan, oder?", frage ich, als ich erneut seine dunkelbraune Haut betrachte.

„Mein Vater ist Japaner, meine Mutter Halbjapanerin und Halbhawaiianerin. Ich bin bis zu meinem sechszehnten Lebensjahr in Hawaii aufgewachsen, ehe wir zurück nach Japan gezogen sind. Zehn Jahre lebe ich schon in Shibuya und habe als Model gearbeitet, und du?" Seine Gegenfrage überrascht mich etwas, zumal ich seine Vergangenheit interessanter finde als meine eigene.

„Ich bin hier aufgewachsen und studiere Zahnmedizin", erkläre ich kurz angebunden. Ich rede nicht gerne über mich oder meine Familie und das scheint auch Sota zu verstehen, als er mir ein Lächeln zuwirft und dann den Blick nach vorne richtet.

Wir erreichen den nächsten Supermarkt an der Ecke und müssen uns nicht einmal dabei anstrengen die Glasschiebetür aufzubrechen, da es jemand vor uns bereits erledigt hat. Mühelos schlüpfen wir in den Laden und teilen uns in den Gängen auf. Ich öffne den Reißverschluss des Rucksacks und packe rein, was ich in die Finger bekomme. Sehr viel gibt es hier nicht mehr. Der Laden ist fast komplett ausgeraubt und das beunruhigt mich ein wenig. Was tun wir irgendwann, wenn es keine Lebensmittel mehr in den Supermärkten gibt? Oder die Kleidungsgeschäfte leer geräumt sind? Was machen wir dann?

„Hast du noch etwas gefunden?", ruft Sota aus der anderen Ecke des Ladens zu mir herüber.

„Nicht viel", entgegne ich und greife nach der letzten Büchse Erbseneintopf. Doch in dem Moment, in dem meine Finger die Dose berühren, legt sich eine Hand über meine.

„An deiner Stelle würde ich sie loslassen. Sie gehört mir."

Vor Schreck reiße ich meine Hand herunter und wirble herum. Hinter mir steht ein Mann mit drei Tage Bart und längeren schwarzen Haaren. Sein Basecap sitzt verkehrt herum auf seinem Kopf und die Klamotten die er trägt stinken nach Schweiß. Angewidert von dem Geruch verziehe ich das Gesicht, kann meinen Blick jedoch nicht abwenden.

„Na Süße", grinst er mich mit einem Lächeln an, bei dem es mir eiskalt den Rücken herunterläufr. Noch dazu steht er nah vor mir. Sehr nah. Mein Herz rast einen Marathon, da ich keine Ahnung habe, was mich jetzt erwarten wird. Aber meinem Gefühl nach zu urteilen ist es nichts gutes.

„Was macht ein Mädchen wie du so alleine hier?", fragt er mit rauer Stimme und greift schnell nach der Büchse im Regal. Ohne den Blick von mir abzuwenden, wird er sie einem Mädchen zu, die in einer Hand einen Baseballschläger hält und in der anderen einen Beutel, mit dem sie die Dose auffängt. Kaugummikauend schaut sie genervt von ihm zu mir und wieder zurück.

In der nächsten Sekunde reißt mir jemand den Rucksack vom Rücken. Ich bekomme dabei einen Herzinfarkt und schaue wie gelähmt dabei zu, wie ein weiterer Mann mit kahlrasiertem Kopf den Inhalt in den Beutel des Mädchens kippt.

„Du hast unser Abendessen gerettet." Der schmierige Kerl vor mir neigt sich zu mir herunter. „Vielen Danke, meine Süße." Er beißt sich auf die Lippe und das ist der Moment, in dem ich wieder zu mir komme.

„Schieb dir das Süße sonst wohin!" Mit einem kräftigen Stoß schubse ich den Kerl von mir weg, der einige Schritte zurücktaumelt, ehe er sich fängt.

„Hey!", brüllt er wütend. „Was fällt dir ein, du kleine -" Weiter kommt er nicht, denn Sato taucht hinter ihm auf und verpasst ihm einen kräftigen Schlag mit der Faust, woraufhin der Kerl rückwärts in eines der Regale fällt und alles mit sich herunter reißt. Schnell lässt Sato den Blick zu mir und meinem Rucksack in der Hand des Glatzkopfes wandern. Innerhalb von Sekunden hat er meine Lage erkannt. Ich bin so erleichtert ihn zu sehen. Trotzdem frage ich mich, was hier gerade passiert. Außerhalb der Spiele greifen sich die Menschen eigentlich nicht gegenseitig an. Es ist das erste Mal, dass ich es erlebe, und es gefällt mir gar nicht, denn es beantwortet meine vorigen Gedanken. Was passiert, wenn die Lebensmittel knapp werden? Die Leute versuchen, sich gegenseitig zu vernichten.

„Wo zur Hölle bin ich gelandet?", murmle ich vor mich hin. „Sind wir hier in einer verdammten Zombieapokalypse oder was?!"

Sota nickt mir kurz zu und ich begebe mich in Kampfposition.

„Ich will meinen Rucksack zurück", verlange ich mit fester Stimme und hebe genervt eine Augenbraue, als der Glatzkopf mir den leeren Rucksack vor die Füße wirft.

„Ich meinte mit Inhalt." Ich stöhne frustriert auf und zeige auf die blöde Kuh in der Schuluniform, die das Treiben noch immer kaugummikauend beobachtet.

„Komm und hol ihn dir", erwidert sie höhnisch und lässt den Beutel vor sich auf den Boden fallen, ehe sie ihn mit dem Fuß sanft beiseiteschiebt. Sato greift in seine Jacke und zieht ein Messer hervor, während das Mädchen lässig ihren Baseballschläger schwingt. Auch der Glatzkopf kramt ein in seiner Jackentasche nach etwas. Doch als er es nicht findet, seufzt er auf und hebt stattdessen kampfbereit seine Fäuste.

Und dann, wie auf ein unsichtbares Kommando hat der Kampf begonnen. Das Mädchen stürmt mit ihrem Schläger auf mich zu, doch ich weiche ihr gekonnt aus, wirble herum und verpasse ihr in einem Moment der Unaufmerksamkeit einen kräftigen Schlag ins Gesicht. Ihr Kopf fliegt zur Seite, doch dann dreht sie ihn langsam wieder in meine Richtung und ihr Blick ist wütend und rachsüchtig.

„Oh, oh", murmle ich schnell, wirble herum und laufe an Sota und dem Glatzkopf vorbei, die mitten in ihrem Nahkampf sind. Schnell biege ich um die nächste Ecke der Regalreihe und greife nach einem Besen, der mir vorhin beim Suchen aufgefallen ist. Ihre Schritte kommen näher. Nur noch ein kleines bisschen, sage ich mir und drehe mich zu ihr herum. In diesem Moment sehe ich, wie ihr Schläger direkt auf mich zufliegt. Ich weiche dem aus, rutsche auf dem Boden an ihr vorbei und verpasse ihr mit dem Besenstiel einen kräftigen Schlag in die Kniekehlen, während ich gleichzeitig wieder auf die Beine springe. Sie schreit auf und sackt nach unten, doch genauso schnell hat sie den Schmerz wieder unter Kontrolle und dreht sich um sich selbst, als sie sich wieder aufrichtet. In diesem Moment erwischt mich ihr Tritt unvorbereitet. Ich taumle zurück und krümme mich nach vorne, vor Schmerzen und Luftnot.

„Nicht übel", keuche ich anerkennend und sehe ihren Baseballschläger erneut auf mich zufliegen. Ich schiebe den Schmerz beiseite und blockiere ihren Angriff mit dem Besen. Unsere Augen funkeln sich über die Waffen hinweg kampflustig an und ich erwische mich dabei, wie mir ein kleines Lächeln über die Lippen huscht. Es ist schon gruselig, wie schnell ich mich an die Welt, in der es nur ums Überleben geht, gewöhnt habe.

„Das ist erst der Anfang", grinst sie und spuckt ihren Kaugummi in eines der leeren Regale. „Niemand stellt sich uns in den Weg."

„Lustig", erwidere ich höhnisch. „Denn ihr seid mir in die Quere gekommen." Mit einer schnellen Bewegung trete ihr ihr den Schläger aus der Hand, wirble herum und schlage ihr gleichzeitig den Besen ins Gesicht. Sie fliegt in das unstabile Regal neben uns und wirft es mit sich zu Boden. Krachend splittert es auseinander und begräbt den Glatzkopf unter sich. Über das Regal hinweg, schaue ich Sota überrascht an, der beeindruckt einen Daumen hebt.

„Ernsthaft", erwidert er und klaubt schnell meinen Rucksack und den Beutel der Angreifer vom Boden auf. „Du bist wirklich der Wahnsinn!"

Ich grinse stolz von dem Kompliment und schaue dann zu dem Kerl mit Basecap, der langsam wieder zu sich kommt. Sofort huscht mein Blick zurück zu Sota, der alarmiert ruft: „Weg hier!"

Wir stürmen aus dem Laden. Sota wirft mir lachend meinen Rucksack zu, den ich mir auf den Rücken schnalle und den Beutel, den ich fest an meine Brust drücke, während wir die Straße hinauf zu den anderen rennen. Sie winken uns fröhlich zu, als sie gerade ihre Vorräte in den Kofferraum verstauen, als Sota ihnen zubrüllt: „Schmeißt den Wagen an! Wir müssen hier weg!"

Zuerst sehen sie verwirrt aus, doch dann höre ich bereits das Fluchen der drei Angreifer, die sich aus dem Supermarkt schleppen und uns nachrennen.

„Schneller!", rufe ich Sota zu und nehme selbst die Beine in die Hand. Raidon ist der Erste, der begreift, was los ist. Sofort springt er in das Auto und wirft den Wagen an, während er der erstarrten Kiko zubrüllt, dass sie endlich ihren Hintern in das Auto schwingen soll. Sobald Sota sie erreicht, wirft er seine Sachen auf die Rückbank und springt in das Auto hinein. In diesem Moment bin ich wirklich froh über das Cabrio. Außer Atem werfe ich Sota meine Sachen zu und hüpfe ebenfalls auf die Rückbank, als Raidon auch schon auf das Gaspedal tritt und wir mit quietschenden Reifen davon sausen. Schnaufend presst es mich in den Sitz und mit aufgerissenen Augen beobachtet Kiko, wie die zwei Verrückten hinter dem Wagen her rennen, ehe sie keuchend aufgeben.

„Was ist passiert?", fragt Raidon nach einer kurzen Zeit des Schweigens und ich bin erleichtert, als Sota das Wort ergreift und über den Vorfall berichtet.

„Miyu, dein Arm", gibt Kiko erschrocken von sich und mein Blick wandert verwirrt nach unten, während sie mit aufgerissenen Augen auf die Stelle deutet.

„Oh", gebe ich leise von mir und begutachte den riesigen Bluterguss, der sich über meinen linken Unterarm gebildet hat. An einigen Stellen war die Haut aufgeschürft und ich merke den pochenden Schmerz, der sich langsam ausbreitet. Mir war nicht bewusst, wie stark der Baseballschläger auf die Stelle aufgeschlagen ist und durch das ganze Adrenalin musste ich wohl den Schmerz ausgeblendet haben.

„Bist du verletzt?", fragt mich Sota ebenfalls erschrocken und dreht sich auf dem Sitz zu mir nach hinten.

„Es ist nur ein Bluterguss. Nichts schlimmes", versuche ich ihn zu beruhigen und setze schnell ein Lächeln auf. Doch so wirklich scheint das nicht zu funktionieren, denn auch Raidon wirft mir nun einen Blick durch den Rückspiegel zu und runzelt die Stirn.

„Das sollte sich jemand anschauen. Nicht dass es gebrochen ist", gibt er mit tiefer Stimme wieder.

„Gebrochen wird nichts sein. Ich kann ihn ohne Probleme bewegen." Zum Beweis hebe ich den Arm und bis auf ein unangenehmes ziehen und pochen schien wirklich alles in Ordnung zu sein.

„Raidon, du hättest Miyu sehen sollen! Sie hat das Mädel in dem Laden fertig gemacht!", fängt Sota daraufhin an und auch Kiko scheint über den Themenwechsel erleichtert zu sein. Ich möchte nicht, dass sie sich Sorgen um mich machen und ein warmes Gefühl durchfährt mich, als mir bewusst wird, dass es doch noch Menschen gibt, die fürsorglich und hilfsbereit sind.

Als Raidon den Wagen vor dem Beach parkt, schimmerte das Gebäude bereits golden. Wir waren den ganzen Tag unterwegs gewesen und ich sehnte mich nach einer erfrischenden Dusche, die mich von dem Schweiß befreien würde.

„Ich bringe dich zu Rizuna", flötet Kiko und hakt sich bei mir ein, während die Jungs die Lebensmittel aus dem Auto hieven.

„Ich glaube nich-"

„Nichts da. Lass dich untersuchen. In den Spielen musst du fit sein", ruft Sota vom Cabrio aus und schenkt mir ein aufmunterndes Lächeln, als ich widerwillig weggezogen werde.

„Tut mir leid, wenn ich so aufdringlich bin", beginnt Kiko, die ihren Blick auf den Boden richtet. „Ich habe damals im vierten Spiel meine Freundin verloren, die ebenfalls verletzt war. Ich möchte vermeiden, dass so etwas nochmal passiert."

„Das tut mir leid", murmel ich schuldbewusst und drücke ihre Hand kurz, die sich auf meinem rechten Arm befindet. Viele im Beach haben unschöne Situationen erlebt, einige wegen Akari und mir und ich möchte nicht wissen, wie viel Blut bereits an unseren Händen haftet. Vielleicht sogar das von Kikos Freundin.

„Mach dir keine Sorgen. Ich werde auf mich aufpassen und das solltest du auch", sage ich mit einem Lächeln. Nickend schaut sie mich an und ihre braunen Augen scheinen bei meinen Worten erleichtert zu funkeln.

„Was machst du denn hier?", fragt mich Akari erschrocken, als wir in die provisorische Krankenstation eintreten.

„Ich hatte eine Auseinandersetzung mit einem Baseballschläger", sage ich halb im Scherz und halte den mittlerweile angeschwollenen Arm in die Höhe.

„Autsch. Das müssen wir kühlen." Schnell wirft meine Freundin Kiko einen Blick zu, der ihr deutlich macht, dass sie nun gehen kann, und führt mich zu einem Stuhl.

„Wie kommst du zurecht?", frage ich, als Akari am Waschbecken kaltes Wasser herauslässt.

„Noch habe ich niemanden umgebracht also scheine ich mich nicht allzu dumm anzustellen", scherzt sie und legt mir einen kalten Lappen auf den Arm. Zischend ziehe ich die Luft ein und sehe aus dem Augenwinkel, wie sich jemand aufrichtet und in meine Richtung schaut.

„Was macht Chishiya hier?", flüster ich Akari entgegen, die augenverdrehend neben mir Platz nimmt und die Luft ausstößt.

„Hör mir bloß auf mit dem. Er redet mir ständig rein. Sein Vater ist wohl Arzt und er selbst sei Medizinstudent oder sowas in die Richtung." Genervt streicht sich meine Freundin eine Strähne aus dem Gesicht, während ich das Gesagte verarbeite. Medizinstudent? Chishiya? Muss man dazu nicht gut mit Menschen umgehen können?

„Da kann ich ihn mir eher als Schlachter vorstellen", murmel ich zu mir selbst und lachend beugt sich Akari über meinen Arm, um den Lappen zu erneuern.

„Das habe ich mir auch gedacht." Gerade, als ich etwas erwidern will, öffnet sich erneut die metallische Tür und ein uns allzu vertrautes Gesicht betritt den Raum.

„So, welches Püppchen will meine Verbände erneuern?", fragte Niragi laut in den Raum, seine Waffe auf der gesunden Schulter tragend und bleibt mit dem Blick an Akari hängen, die wie versteinert in ihrer Bewegung steht. Hass funkelt in ihren Augen wieder, als Niragi sich ihr nähert, und ich rutsche etwas tiefer in meinen Stuhl, als die Spannung im Raum regelrecht spürbar ist.

„Der hat mir jetzt noch gefehlt", knurrt meine Freundin. 

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