Kapitel 13 Akari
Hey ihr Lieben! Ich weiß, unsere Pausen werden immer größer. Aber das liegt nicht daran, dass wir die Story nicht weiterschreiben sondern, dass wir kaum bis gar kein Feedback bekommen und uns deshalb etwas demotiviert fühlen. Da wir die Story wirklich mögen, werden wir sie definitiv beenden.
Aber es liegt an euch, ob wir es auch veröffentlichen <3
Steffi und Aga
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Als ich die Augen öffne, fühle ich mich, als könnte ich noch viele Stunden weiterschlafen und selbst das wäre noch nicht genug. Mein Körper ist völlig erschöpft. Selbst die Anstrengung, den Kopf zur Seite zu legen, bringe ich nicht auf. Das Herz in meiner Brust schlägt schwach und funktioniert auf Sparflamme. Auch meine Atmung ist nicht sonderlich tief. Ich liege einfach nur da und genieße die Ruhe. In meinem Kopf herrscht völlige leere. Ganz offensichtlich habe ich noch immer hohes Fieber und ich spüre ein leichtes Brennen an meinem Bauch, aber mehr nicht. Isamu muss mich unter Schmerzmittel gesetzt haben und das finde ich gut. Mit körperlichen Schmerzen bin ich nicht zu ertragen.
„Du bist wach." Erleichterung durchströmt mich bei Miyus schwacher Stimme und obwohl es mir unfassbar schwerfällt, drehe ich meinen Kopf in ihre Richtung. Das helle Licht, welches durch das Fenster hineinscheint, blendet mich in den Augen und ich kneife sie schmerzhaft zusammen.
„Geht es dir gut?", fragt sie, ehe ich sie zu jemand anderen sagen höre: „Kannst du die Vorhänge zuziehen? Sie wird geblendet?" Kurz darauf wird es etwas dunkler und ich öffne wieder die Augen.
„Danke", murmle ich nur mit viel Mühe und schaue von meiner besten Freundin, die meine Hand fest umklammert, hoch zu Isamu, der mit dem Rücken und verschränkten Armen an der weißen Wand lehnt.
„Wie schön", lächelt er beruhigt. „Ich bin froh, dass du aufgewacht bist."
„Isamu hat alles getan, um dich zu retten. Dein Fieber war so hoch, du hattest Wahnvorstellungen und konntest dich nicht auf deinen eigenen Beinen halten. Niragi musste dich hertragen." Miyus Stimme klingt noch immer schwach und sie ist blass um die Nase. Getrocknetes Blut klebt an ihrer Lippe von den aufgeplatzten Rissen und ihre Hand fühlt sich rau und trocken an.
„Du lebst", hauche ich und spüre eine Welle der Erleichterung durch meinen Körper strömen. Miyu ist wie eine Schwester für mich. Ich weiß wirklich nicht, was ich ohne sie tun würde. Ich will den Druck an meiner Hand erwidern, aber ich schaffe es einfach nicht. Dazu bin ich noch zu schwach.
„Ja", lächelt sie leicht und seufzt. „Dank dir und Isamu. Ich bin zwar immer noch nicht richtig fitt, aber das Schlimmste ist, denke ich, überstanden." Sie dreht sich zu ihm herum, als er an sie herantritt und ihr eine Hand freundschaftlich auf den Rücken legt. Doch seine Aufmerksamkeit gilt mir.
„Du hast uns wirklich Sorgen gemacht", sagt er und schüttelt fassungslos den Kopf. „Wir haben Niragi nur zu zweit aus der Krankenstation bekommen. Ich dachte immer, er sei egoistisch aber er steckt voller Überraschungen."
Ich schließe die Augen blende die Szenen aus, die augenblicklich in meine Gedanken strömen, sobald Isamu Niragis Namen erwähnt. Das Spiel war schrecklich, eines der schlimmsten, in die ich je musste. Überall war Blut und die Schreie meiner Mitspieler schallen mir in den Ohren wieder. Ich erinnere mich an Niragi und an seinen entschlossenen Blick, als er mich vom Boden hochreißt, meine Hand nimmt und mich in den nächsten Raum zieht. Sota ist dicht hinter uns geblieben, um uns Deckung zu geben. Ich weiß nicht, wie es möglich war, aber die beiden haben mich fast unversehrt dort heraus bekommen. Die meiste Zeit lief dieses Spiel vor meinen Augen wie eine verzerrte Realität ab. Als wäre ich nicht wirklich dort und alles sei nur ein Traum. Aber das lag an dem Fieber. Ohne Niragi und Sota, wäre ich dort niemals heraus gekommen. Und auch nicht ohne Dai, der dort sein Leben ließ, was allerdings daran lag, dass Niragi ihn geopfert hat.
„Ich gehe dir mal etwas zu trinken holt", sagt Isamu und lächelt meiner besten Freundin und mir zu, ehe er uns alleine lässt.
„Erinnerst du dich an etwas?", fragt Miyu besorgt, als ich die Augen wieder öffne. Ich nicke schwach und seufze.
„Es war ein Kreuzspiel", beginne ich. Es kostet mich große Anstrengung die Worte auszusprechen und ich glaube, dass mein Fieber wieder ansteigt, denn in meinem Kopf beginnt es zu dröhnen. „Es gab eine Gebäude mit mehreren Etagen und jeder von ihnen hatte ein Boss." Ich huste und spüre den Schmerz in meiner Brust bei jedem zu tiefen Atemzug. „Wir mussten ihn töten, um in die nächste Etage zu kommen. Am Anfang waren wir zehn, zum Ende nur noch drei."
„Das haben wir nicht entwickelt", flüstert Miyu mir erschrocken zu, als sie die Erkenntnis trifft.
„Nein. Und da ist noch etwas." Ich huste erneut. „Sie haben mein Visa verkürzt. Ich muss in zwei Tagen wieder in ein Spiel."
„Sie wissen es wirklich", murmelt Miyu und drückt meine Hand so fest, dass es schon weh tut. „Denkst du, sie versuchen uns loszuwerden?"
„Ja, wahrscheinlich."
Langsam lässt sie ihren Kopf auf meine Matratze sinken und murmelt ein leises: „Fuck." Sie atmet tief durch und verweilt eine Weile in der Position. „Was sollen wir jetzt tun?"
„Ich weiß es nicht."
Dann schaue ich auf und sehe Niragi im Eingang der Krankenstation. Erleichterung spiegelt sich in seinem Gesicht wieder, als er, ohne die gewohnte Mordwaffe, langsam auf mein Krankenbett zugeht und am Fußende stehenbleibt. Auch Isamu erscheint wieder an meiner anderen Seite und stellt ein volles Wasserglas auf meinen Nachttisch. Ich bin so froh, dass es ihm gut, und erschrecke gleichzeitig bei dem Gedanken, dass es mich kümmerte. Aber die Art und Weise, wie er auf mich aufgepasst hat, hat etwas mit mir gemacht. Er kümmert sich um niemanden, aber anscheinend hat er eine Schwäche für mich. Ohne, dass ich es mitbekommen habe, habe ich die Anweisung des Hutmachers befolgt.
Er schaut kurz zu Miyu und Isamu, die offensichtlich sofort verstehen, was er damit sagen will. Miyu steht auf und wirft mir einen: „Was hast du denn mit dem angestellt" – Blick zu, ehe sie meine Hand loslässt und von dem Stuhl aufsteht. Sie schwankt ein wenig und legt sich eine Hand an ihren Kopf. Ich will nach ihrem Arm greifen, um sie zu stützen, damit sie nicht umfällt, aber Isamu ist sofort zur Stelle und hilft ihr zu ihrem Bett herüber.
Unter Niragis Blick komme ich mir blöd vor so herumzuliegen. Deshalb nehme ich meine ganze Kraft zusammen und stütze mich mit den Ellenbogen von der Matratze hoch. Doch sofort zieht sich ein stechender Schmerz von der linken Seite meines Bauchen hoch, bis in mein Zwerchfell. Stöhnend lasse ich mich zurückfallen und atme tief durch. Das hatte ich ja total vergessen. Beim Kampf in dem Spiel hat mich ein Wurfstern am Bauch erwischt. Nicht schlimm genug, dass ich verblutet wäre, aber ich musste genäht werden und der Schmerz war fies. Es wird eine Weile dauern, bis es verheilt ist.
Niragi zieht mit Schwung den Vorhang zu und schottet mich damit von allen anderen auf der Krankenstation ab.
„Bist du jetzt zufrieden!", schreit er mich herrisch an und stützt sich mit den Händen auf dem Geländer am Fußende ab. „War es das wert? Du wärst ohne mich in diesem verdammten Spiel gestorben! Die Endbosse waren wie auf dich fixiert, als hätte sie jemand auf dich angesetzt. Willst du wirklich so dringend hier herauskommen, dass du so weit gehen musstest?"
Ich halte den Atem an und lasse seine Worte in meinem Kopf wiederholt ablaufen. Moment, was hat er da gerade gesagt?
„Was ist?", faucht er mich an. „Fragst du dich, woher ich es weiß? Du hast in deinem Fieberwahn geredet. Zuerst dachte ich, dass es nur wirres Zeug ist aber du hast deutlich gesagt, dass sie dich umbringen wollen, weil du zu weit gegangen bist. Was sollte das?" Er neigt sich über das Fußende, dichter zu mir herüber. „Was hast du damit gemeint?"
Ich verstehe nicht, wieso er so wütend auf mich ist. Niragi schert sich um niemanden. Warum führt er sich dann plötzlich so auf?
„Du hättest ja nicht mitkommen müssen", brumme ich und fühle schon wieder die Kopfschmerzen in hinter den Schläfen stärker pochen.
„Nicht mitkommen?" Niragi schnaubte vor Wut. „Nicht mitkommen?! Du warst in meinen Armen zusammen gebrochen! Wie hätte ich dich alleine gehen lassen können?"
Ich richte mich wieder von der Matratze auf, dieses Mal viel vorsichtiger, um mich besser von ihm unterhalten zu können. Oder in diesem Fall, besser anschreien zu lassen.
„Was interessiert es dich?", frage ich verständnislos. „Du kümmerst dich doch sonst auch nicht um anderen."
„Du bist aber nicht wie die anderen!"
„Bin ich nicht?"
„Nein!"
„Wieso nicht?"
„Weil ich mir Sorgen um dich mache, verdammt! Aber denkst du, ich will das? Glaube mir, ich kann mir auch Besseres vorstellen! Also sieh gefälligst zu, dass du wieder fitt wirst, weil ich nicht ständig dafür sorgen kann, dass man dir in dem nächsten Spiel nicht den Arsch wegschieß!"
„Hör auf rumzubrüllen, Niragi", ertönt Isamus Stimme von der anderen Seite des Vorhangs. „Ich kann dich am anderen Ende der Station hören."
„Halt dich gefälligst da raus und geh deine fucking Tabletten zählen." Dann wendet er sich wieder an mich. „Ich weiß nicht was es ist", fährt er ruhiger fort. „Und ich bin noch dabei es herauszufinden. Aber du gehst mir nicht aus dem Kopf, Akari und das gefällt mir nicht. In einem Land wie Borderland macht es mich angreifbar und das kann ich nicht gebrauchen. Also sorg dafür, dass du nicht wieder in so eine Situation gerätst, weil ich nicht weiß, was ich tun werde, wenn dir etwas passiert. Was auch immer du vergeigt hast, bring es wieder in Ordnung!" Dann stößt er mit den Händen gegen das Bettgeländer am Fußende und tritt noch einmal kräftig dagegen. Schließlich dreht er sich schnaubend um und stürmt fluchend aus der Krankenstation.
Ich weiß nicht, worüber ich zuerst nachdenken soll. Die Tatsache, dass ich mich in meinem Fieberwahn anscheinend verquatscht habe und Niragi mit ganz vertraulichen Informationen zugetextet habe, die Miyus und meine Flucht betreffen oder darüber, dass Niragi beginnt Gefühle für mich zu entwickeln, genauso wie der Hutmacher es wollte.
***
„Gut gemacht", lobt mich der Hutmacher einige Tage später und lächelt zufrieden von seinem luxuriösen Sofa zu mir herüber. Die grüne Flüssigkeit schwappte über dem Rand des Martiniglases in seiner Hand, während er mir damit in der Luft zuprostet. Sein rechter Mundwinkel zieht sich einseitig nach oben, ehe er das Glas an die Lippen setzt und auf Ex herunter kippt. Ich verziehe angewidert das Gesicht und schaue schnell zu Mira hinauf, die hinter seinem Sessel steht und stolz ihre Hände auf die hohe Rückenlehne gelegt hat. Ihr Gesichtsausdruck ist undurchdringlich. Obwohl sie lächelt, kann ich nie sagen, was wirklich in ihrem Kopf vor sich geht. Ich frage mich, ob sie von Miyus und meinem Plan weiß? Hat sie etwas damit zu tun, dass wir beide auf der Krankenstation gelandet sind? Uns ist klar, dass es jemanden gibt, der über ihr steht und im Hintergrund die Fäden zieht, während sie das Gesicht der Herrscher von Borderland ist. Aber weder Miyu noch ich wissen, ob Mira auch nur die Funktion einer Handpuppe erfüllt oder ob sie weiß, wer all die Spiele lenkt?
„Ich wusste, dass sie genau die richtige Wahl ist", sagt sie mit ihrer ruhigen Stimme, wie ich sie von ihr gewohnt bin – irgendwie hypnotisch. „Wie erwartet hat sie uns nicht enttäuscht." Mira nickt mir kurz zu und mustert den Hutmacher geduldig, bis er das leere Glas vor sich auf den Tisch abstellt.
Er gibt ein genussvollen Laut von sich, als der Alkohol brennend seine Kehle herunter fließt, und grinste mich dann breit an.
„Wie immer hattest du Recht, meine Liebe." Er tätschelt kurz Miras Hand, die sich auf seine Schulter legt und lässt sich dann lässig in seinen Sessel zurücksinken. Ich schaue unwohl zwischen ihnen hin und her. Wenn ich nur hier bin, um ihnen dabei zu zuhören, wie sie sich selbst loben, dann kann ich doch wieder gehen oder nicht? Ich kann meine Zeit durchaus sinnvoller nutzen, als sie hier zu verschwenden. Immerhin muss ich in fünf Stunden in das nächste Spiel. Miyus und meine Strafe ist noch lange nicht abgesessen. Und nur, weil wir mittlerweile ohne Fieber und anderen seltsamen Anfällen aufrecht stehen können, heißt es nicht, dass wir aufgeben. Die Wunde an meinem Bauch ist noch immer nicht verheilt und mein Visum verlängert sich nach wie vor nur auf zwei Tage. Da unsere Freunde bereits wissen, dass uns jemand loswerden will, lassen sie Miyu und mich niemals gemeinsam in ein Spiel, weil sie befürchten, dass es einer von uns nicht überleben wird. Daher haben sie sich aufgeteilt, um uns zu helfen. Der einzige, der in den letzten Tagen mit Abwesenheit glänzt, ist Chishiya. Niemand hat ihn seit einer Woche gesehen.
Während also Marko und Sota mit Miyu gehen, begleiten mich Isamu und Niragi. Obwohl man Niragi nicht wirklich als eine Begleitung bezeichnen kann. Seit dem Vorfall ... dem Moment ... was auch immer das auf der Krankenstation war, ging er mir aus dem Weg. Er wusste in welche Spiele ich ging und kam mit hinein, räumte mir den Weg frei und verschwand wieder, sobald das Spiel vorbei war. Wir hatten niemals darüber gesprochen, was er mit dem Satz gemeint hatte, als er sagte, dass ich ihm nicht aus dem Kopf ging. Aber offensichtlich hielt er es für das Beste mir aus dem Weg zu gehen. Isamu dagegen, ist der festen Überzeugung, dass Niragi Gefühle für mich hat, was in meinen Ohren völlig lächerlich klingt.
„Niragi soll jemanden lieben?", hatte ich ihn eines Abends gefragt, als er sich meine Wunde am Bauch genauer anschaute. Sie hatte sich etwas entzündet, weil ich mir selbst keine Ruhe gönnte, aber die Fäden waren noch drin und das war ein gutes Zeichen. „Das wird niemals passieren. Er liebt sich selbst zu sehr und er liebt das Töten."
„Und trotzdem lässt er dich nicht aus den Augen, sobald wir die Linie überqueren bis zu dem Moment in dem es vorbei ist." Isamu hatte gelacht, als mir bei seinem Worte sämtliche Gesichtszüge entglitten. Wo er recht hatte ...
Ich schüttel die Gedanken ab, gerade noch rechtzeitig, denn der Hutmacher fährt fort:
„Aguni berichtete mir letztens, dass Niragi derzeit seine Befehle befolgt, ohne Widerspruch zu geben. Auch die Übergriffe an den Frauen im Beach haben sehr stark abgenommen."
„Und das, obwohl er sich die gesamte Nacht nach den Spielen in der Bar betrinkt", fügt Mira interessiert hinzu.
„Bewundernswert." Der Hutmacher lacht, wobei es mir eiskalt den Rücken herunterfährt. „Du hast ihm so sehr den Kopf verdreht, dass er mit seinen Gefühlen nicht mehr zurechtkommt. Ein Mann der nie geliebt wurde, eine tödliche Kampfmaschiene, lernt plötzlich, was es heißt jemand anderen zu lieben. Natürlich überwältigen ihn da seine Emotionen. Die leere Hülle, die er war, existiert nicht mehr. Es ist so faszinierend!" Er gibt erneut einen begeisterten Laut von sich. „Und das alles verdanken wir dir!"
Im Grunde habe ich überhaupt nichts getan und verdiene diese Lobeshymne auch nicht. Es ist ja nicht so, dass ich mich an ihn herangeworfen habe. Und trotzdem ist es irgendwie einfach passiert. Ich bezweifle zwar, dass er wirklich in mich verliebt sein soll, aber ich weiß, was ich fühle, wenn ich ihn sehe. Diese Gänsehaut, wenn er mich berührt. Die Sorge in den Spielen, dass ihm etwas passiert. Seine Gedanken, die ich einfach nicht durchschaue und trotzdem will ich in seiner Nähe sein, um sicher zu sein, dass es ihm gut geht. Warum fragt niemand, wie es mir geht? Warum kann sich niemand vorstellen, dass ich mich in ein Raubtier verliebe? Ganz einfach, weil es unmöglich ist. Genauso wie es unmöglich ist Niragis Natur zu ändern. Und trotzdem ist es irgendwie passiert. Das macht die Sache noch viel komplizierter, als am Anfang, denn Niragi wird Borderland niemals verlassen und ich will hier unbedingt heraus. Was soll ich also tun? Vermutlich ist es das Beste, wenn ich meine Gefühle weiterhin ignoriere, denn nur so können Miyu und ich einen Weg nach draußen finden.
„Wir haben noch gar nicht über deine Belohnung gesprochen", sagt der Hutmacher, als ich mich von dem Sofa erhebe. „Was möchtest du haben?"
Verwundert schaue ich zwischen Mira und ihm hin und her. Was ich möchte? Mir war nicht klar, dass ich mir etwas aussuchen kann?
„Kann ich mir alles wünschen?", frage ich hoffnungsvoll und spüre, wie mein Herz einen Sprung macht, als der Hutmacher selbstgefällig nickt.
„Alles, was du willst, Schätzen."
„Dann möchte ich raus aus Borderland."
„Abgesehen davon."
Verdammt.
„Wie wäre es, wenn wir ihren Rang erhöhen und sie in den Rat befödern?", schlägt Mira nachdenklich vor. Oh, Mist. Im ersten Moment klingt es wirklich gut. Einen Teil der Leitung zu sein bedeutet, dass ich mehr Einfluss habe bei dem, was im Beach geschieht. Noch dazu erfahre ich alles als Erstes und vielleicht komme ich so besser an wichtige Informationen über Borderland heran. Aber es bedeutet auch, dass Mira mich viel besser im Auge behalten wird. Ihr Vorschlag ist keine Belohnung, es ist ein Warnsignal. Sie weiß es, schießt es mir durch den Kopf, und das ist gar nicht gut.
„Eine hervorrangende Idee!", ruft der Hutmacher begeistert heraus. „Wie nicht anders von dir zu erwarten." Er schaut über seine Schulter und lächelt stolz zu ihr herauf. Mira antwortet ihm geehrt, indem sie ihre Augenlider langsamer, als einen normalen Wimpernschlag, schließt und wieder öffnet, während das Lächeln auf ihren Lippen noch breiter wird. Dann fällt ihr Blick auf mich, ausdruckslos und undurchdringlich. Mir dreht sich der Magen um. Was auch immer sie plant, es ist nichts Gutes.
„Dann ist es beschlossen", nickt der Hutmacher und klatscht in die Hände. „Akari wird in den Rat befördert. Morgen Abend ist deine erste Sitzung, also lass dich heute bei dem Spiel nicht umbringen."
„Ich gebe mein bestes", erwidere ich halbherzig und verbeuge mich zum Abschied leicht, ehe ich ohne einen letzten Blick zu Mira das Büro verlasse.
***
Ich habe Miyu versprochen direkt nach dem Gespräch zu ihr in unser Geheimversteck zu kommen. Nachdem die ganze Sache ziemlich ernst wurde und wir herausfanden, dass man wirklich nur dann aus Borderland kam, wenn man alle Karten von jeder Sorte sammelt. Da die Gefahr im Beach entdeckt zu werden jedoch zu groß ist, haben wir es riskiert und uns eine leere Wohnung in der Innenstadt von Shibuya gesucht. Dort wird Miyu auf mich warten.
Doch als ich über den Hotelflur eile, höre ich ein das Kichern einer Frau. Kurz bevor ich um die Ecke biege, mischt sich ihr Lachen mit der tiefen Stimme von Niragi. Augenblicklich bleibe ich stehen und drücke mich eng an die Wand heran. Doch dann schießt mir ein Gedanke ein, bei dem ich doch vorsichtig um die Ecke schiele.
Hat er etwa eine Frau bei sich?!
Und tatsächlich. Eng umschlungen lehnt das rothaarige Mädchen mit dem Rücken zur Wand, während Niragi sich mit seinem gesamten Gewicht gegen sie presst. Seine Hand an ihrer Hüfte zieht sie noch fester an sich heran. Sie knutschen herum, als würden sie sich gegenseitig auffressen wollen und ganz ehrlich, dieser kleine Stich in meinem Herz lässt sich nicht verleugnen. Offensichtlich liegen alle falsch. Niragi liebt niemanden, nur sich selbst und Frauen sind nach wie vor sein Zeitvertreib. Wenn er mich nicht in seiner Nähe hat, dann baggert er eben eine andere an, denn genauso läuft es bei ihm.
Die Wut in meinem Inneren ist nicht zu leugnen. Bis zu diesem Moment ist mir gar nicht bewusst gewesen, dass ich tatsächlich Hoffnung hatte. Hoffnung darauf, dass er vielleicht doch so empfinden könnte wie ich. Aber warum lässt er mich dann nicht einfach in den Spielen drauf gehen? Warum begleitet er mich? Warum hat er mich gerettet? Er hätte mich einfach zurücklassen sollen! Aber das hat er nicht. Verdammt, ich verstehe diesen Kerl einfach nicht. Was geht nur in seinem Kopf vor?
Ich halte den Atem an, als Niragi sich für einen kurzen Moment von dem Mädchen löst, um die Tür neben ihnen zu öffnen. Mit einem anzüglichen Grinsen zieht er sie hinter sich in den Raum, dann knallt die Tür in das Schloss.
Ich stehe noch immer da wie angewurzelt und weiß nicht, wie ich diese ganzen Gedanken und Gefühle in meinem Inneren richtig einordnen soll. Ich bin verwirrt, unendlich verwirrt. Es ist doch gut, dass alle sich geirrt haben und Niragi sich nicht geändert hat. Wer kann jemanden wie ihn schon lieben? Aber wieso tut es so weh, ihn mit einer anderen Frau zu sehen? Das hatte mich doch vorher auch nicht gestört.
Plötzlich wandelt sich die Enttäuschung in Wut. Ich ärgere mich, dass ich für einen kurzen Moment an so einen Unsinn geglaubt habe und ihn so sehr missverstand. Niragi war egoistisch, grausam und ohne Mitgefühl. Wer auch immer dieses Mädchen ist, morgen wird es eine andere sein. So ist er nämlich. Zwischenmenschliche Beziehungen bedeuten ihm nichts und genau deshalb hat er nicht einmal Freunde.
Ich mache auf dem Absatz kehrt und verschwinde so schnell es geht aus dem Beach.
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