Kapitel 1 Akari

Hey, ich Lieben. Falls ihr euch fragt, wieso in letzter Zeit nicht so viel von mir kam, dann lag es an diese FF. Alice in Borderland hat mich überrumpelt und süchtig gemacht und dann ist diese FF entstanden. Ich schreibe sie zusammen mit meiner Freundin LadyConall. Ich hoffe ihr mögt es genauso wie meine Kpop FFs und hinterlasst uns ein Feedback :)

Lg Steffi und Aga

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Die Flammen breiten sich immer schneller aus und der kratzige Rauch steigt mir in die Nase. Ich huste und hebe mein T-Shirt an, um mein halbes Gesicht damit zu verdecken. Meine Haut ist durch die Hitze bereits krebsrot und vermutlich würde ich Brandblasen davon tragen. Der Rauch wird immer dichter und schwärzer, was es mir schwer macht, die rettende Tür zu erkennen, hinter der sich die sichere Zone befindet. Nur noch ein paar Meter trennen mich von dem Ziel und damit dem Ende des Spiels. Über der Tür hängt eine große Anzeigetafel. Fünf Minuten. Mehr bleibt mir nicht. Ich schaue mich nicht einmal zu den letzten drei Überlebenden zurück, die mit mir zusammen in diesem Spiel gefangen sind, denn für mich existieren sie nicht. Am Ende kämpft jeder für sich alleine. Der schwarze Ruß bleibt an meiner Haut kleben und frisst sich in die frische Kleidung. Es wird zunehmend schwerer und ich stoppe gerade noch rechtzeitig, bevor die Deckenlampe über mir auf den Boden fällt und krachend in tausend Einzelteile zerspringt. Das Feuer hat sich bereits bis hoch an die Decke gearbeitet und färbt alles um mich herum schwarz. Wenn ich hier nicht schleunigst heraus komme, werde ich wie die anderen auch verbrennen. Aber ich erreiche die Tür, als die Anzeige noch vier Minuten ankündigt. Schnell tippe ich den Code auf der Tastatur neben der Tür ein und atme erleichtert aus, als sie sich öffnet. Ohne zu zögern, quetsche ich mich durch die Öffnung und verschwinde in dem Raum, nur um kurz darauf zu den zwei ausgewählten Knöpfen herumzuwirbeln.

„Auf die anderen warten" oder „Sofort schließen".

Ich schaue auf und erkenne ein Mädchen in meinem Alter, dass die sichere Zone fast erreicht hat. Sie wirkt erleichtert und ruft: „Warte!" Hinter ihr kämpfen sich die beiden Jungen humpelnd durch die Flammen. Sie würden es schaffen, wenn ich ein normaler Teilnehmer wäre. Aber ich bin nicht normal. Ich bin ein Dealer und meine Mission lautet anders, als die der anderen. Sollte auch nur jemand außer mir überleben, zeige ich auch nur einen Funken Mitleid, bläst mir der Laser der Zentrale die Lichter aus, bevor ich den Beach erreiche. Es gilt nicht für jedes Spiel, aber für dieses. Die Kategorie der Karte entscheidet die Überlebenden. Also drücke ich ohne zu zögern den „Sofort schließen" Knopf und die Tür rastet ein, sobald das Mädchen sie erreicht.

„Nein!", brüllt sie. „Mach die Tür sofort wieder auf! Wir werden sterben!" Sie hämmert mit ihrer Faust gegen die Scheibe, bis ihre Fingerknöchel bluten und sie schreit. Laut und markerschütternd. Schwarze Haarsträhnen kleben ihr zusammen mit Ruß und Schweiß an ihrer Stirn und sie sieht mir durch die Fensterscheibe der Tür, direkt in die Augen. Auch die Jungs hinter ihr brüllen laut meinen Namen. Sie fühlen sich verraten, denn genau das habe ich getan. Ich schließe die Augen und wende ihnen den Rücken zu, höre durch das Headset in meinem Kopf, wie die Computerstimme die Zeit herunter zählt.

Eine Minute.

Ich spüre die Hitze in meinem Raum trotzdem, zusammen mit den alles überladenden Schuldgefühlen.

Zwanzig Sekunden.

Ihre Schreie klingeln in meinen Ohren wie ein verzweifelter Ruf nach Rettung. Aber die wird nicht kommen. Nicht in Borderland.

Als die Zeit die Null erreicht, ertönt ein betäubender Knall hinter mir und die Teilnehmer auf der anderen Seite zerfetzt es regelrecht in Einzelteile, während die Flammen den Raum nun komplett einnehmen. Ich zucke zusammen und spüre, wie mir eine Träne die Wange herunterläuft. Daran werde ich mich wohl nie gewöhnen können.

Links von mir ertönt das Klicken eines Schlosses und eine weitere Tür öffnet sich lautlos. Ich trete hindurch und gehe direkt auf den Tisch zu, auf dem sich mein Preis befindet. Eine lächerliche Pik 2. Und dafür habe ich so viele Leben geopfert. Es ist fast schon so traurig, dass ich schnaubend auflache.

„Herzlichen Glückwunsch. Es gibt einen Gewinner", verkündet die Computerstimme. „Dein Visum wird um fünf Tage verlängert." Mein Visum ist doppelt so lang wie das der „Normalen". Es ist einer der wenigen Vorteile, die ich habe. Aber zu welchem Preis? Moralisch gesehen, ist es das wirklich wert? Ich habe schon vor einer Weile aufgehört, mir diese Frage zu stellen. Dafür bin ich einfach schon zu lange hier. Zu viele Menschen sind durch mich gestorben. Aber es hilft niemanden, wenn ich weine. Das bringt die Toten auch nicht zurück. Schnell wische ich die Träne von meiner Wange, greife nach der Karte und verlasse das Gebäude, ohne noch einmal zurückzuschauen.

Sobald ich den Ausgang erreiche, stößt sich eine weibliche Person im dunklen Schatten von der Steinwand ab.

„Oh, Gott sei dank!", empfängt sie mich, eilt auf mich zu und schlingt die Arme um meinen Körper. „Es hat so lange gedauert. Ich dachte fast, dass du nicht wieder herauskommst." Miyu vergräbt das Gesicht in meiner Schulter. Ihr ganzer Körper zittert und mir ist klar, wie groß ihre Sorge gewesen ist. Haltsuchend ziehe ich sie fester an mich heran. Dabei fällt mir auf, wie rot meine Arme sind. Selbst der leichte Windhauch, brennt auf meiner Haut wie Feuer und ich fühle mich, als sei ich in der prallen Sonne am Strand eingeschlafen. Es wird wohl eine Weile dauern, bis ich mich von den Verbrennungen erholt habe.

„Du bist total heiß", bemerkt Miyu und ich verkneife mir eine spöttische Bemerkung von: „Ich weiß, vielen Dank." Sie langt erschrocken nach meinen Armen, ehe sie beide Hände an meine Wangen legt. „Was haben sie mit dir gemacht?"

„Es war eines der Spiele, die wir mitaufgebaut haben. Du weißt schon. Wer ist schneller, das Feuer oder du? Aber ich hatte den Tunnel nicht mehr so lang in Erinnerung."

Miyu und ich kamen damals gemeinsam nach Borderland. Wir waren nicht einmal zwanzig Minuten in diesem Land, virtuellen Realität oder was auch immer das hier war, als wir auch schon mitgenommen wurden. Wir sollten für sie als Dealer arbeiten. Dieser Job beinhaltet nicht nur die Aufgabe, die Spiele zu manipulieren, sondern sie auch zu planen und zu erstellen. Die anderen Dealer kennen wir nicht. Wir wissen, dass wir nicht die Einzigen sind, aber es ist gefährlich die Identität der anderen zu kennen. Es ist schon schwer genug, seine Eigene zu verbergen. Daher haben wir auch keine Ahnung, wer die obersten Spielemacher sind. Wir kennen Mira, die allerdings selbst nur Befehle ausführt und die Zentrale, wo alle Spiele über einen Bildschirm übertragen werden und zur Unterhaltung dienen. Es ist krank, einfach nur krank. Und obwohl wir mehr wissen, als andere gibt es noch so viele offene Fragen. Niemand weiß, wieso wir hier sind, wer dieses Land erstellte und wie man wieder zurückkommt. Es gibt nur Gerüchte. Haufenweise sinnlose Erzählungen, von denen keine bestätigt wurde.

„Durfte noch jemand überleben?"

„Nein, nur ich."

Sie nickt verstehend und stellt keine weiteren Fragen, worüber ich sehr dankbar bin. Besorgt betrachtet sie meine Arme eine Weile, ehe sie ihren Kimono auszieht und ihn mir um die Schultern hängt.

„Komm, ich muss irgendwo in meinem Zimmer noch Kühlsalbe haben."

Der Weg zurück zum Beach kommt mir endlos vor, aber ich bin froh, als wir endlich das Eingangstor erreichen. Ich muss Miyu nicht sagen, dass ich vorher noch woanders hinmuss. Sie weiß auch so, dass ich zuerst die Karte abgeben soll. Der Hutmacher ist recht ... speziell und sollte er den Eindruck haben, ich verstecke eine Karte vor ihm, dann war es das mit meinem Leben. Dann sind all die Opfer heute umsonst gewesen.

„Ich warte in meinem Zimmer." Sie geht die Treppe nach oben, während ich den Hotelflur entlang schlurfe. Völlig erschöpft und mit brennenden Schmerzen, erreiche ich den Raum der Ratsmitglieder. Zwei Wachen des Militärs beäugten mich fragend, als ich wortlos meine Karte in die Höhe halte. Sofort gehen sie beiseite und ich betrete den Raum, nachdem jemand auf mein Klopfen hin: „Herein", erwidert.

Der Hutmacher ist nicht alleine. Offensichtlich bin ich mitten in einer Ratssitzung geplatzt, weshalb ich wie angewurzelt neben der Tür stehen bleibe.

„Hallo, Akari", begrüßt mich das Beachoberhaupt mit einem freundlichen Lächeln.

„Oh", stottere ich, nicht wissend, was ich tun soll. „Soll ich später noch einmal wiederkommen?" Dabei rutscht mir Miyus Kimono von den Schultern und fällt sanft zu Boden. Ich fange Chishiyas Blick auf, der mit einem kleinen Grinsen eine Augenbraue in die Höhe hebt.

„Sieht aus, als hätte man dich gegrillt", sagt er und ich höre einen dezent belustigten Unterton in seiner Stimme heraus. Er ist noch nicht sehr lange im Beach. Allerdings hat er es innerhalb kürzester Zeit in den Rat geschafft, was hauptsächlich an seinem hohen Intellekt liegt. Ich durfte mich selbst bereits zwei Mal von seinem Können überzeugen und dieser Kerl weiß wirklich wie er überlebt, ohne einen Finger zu rühren.

„So fühle ich mich auch", murmle ich und zeige meine Karte in die Höhe, um die Frage zu beantworten, die mir jeder wortlos stellt.

„Rot ist wirklich nicht deine Farbe", bemerkt eine Stimme neben mir. Schon bei seinem abfälligen Tonfall würde ich ihm am liebsten auf die Nase hauen. Aber Niragi trifft man so gut wie nie ohne seine Waffe an und unter so vielen Zeugen wäre es in einer Welt, in der es keine Gesetze gibt, keine gute Idee, jemanden an zu greifen, nur weil man ihn nicht mag.

„Ich werde nächstes mal darauf achten", knurre ich deshalb in seine Richtung, ohne ihn wirklich dabei anzuschauen. „Vielleicht färben mich die Flammen das nächste Mal blau." Schnell hebe ich den Kimono vom Boden auf, ziehe ihn an und laufe selbstsicher auf den Hutmacher zu. Ich möchte wirklich dringend wieder aus dem Raum heraus. Hier fühle ich mich so unwohl. Zum einen, weil der Militärtrupp mit mindestens drei Mitgliedern vertreten ist, und dann wäre da Miras wachsamer Blick, der auf jeden meiner Worte und Bewegungen achtet. Ich lege die Pik 2 vor dem Hutmacher auf den Tisch und verschwinde mit eiligen Schritten wieder aus dem Raum, noch bevor jemand etwas sagen kann. Als ich auf den Flur hinaustrete und mich von den Wachen mit gesenktem Blick entferne, überkommt mich die Erleichterung. Der heutige Tag ist geschafft, ich habe erneut überlebt und für einen Moment genieße ich die Stille auf den Gängen. Die meisten Bewohner des Beaches scheinen noch in den Spielen zu sein und nur dumpf dröhnt der Bass von draußen gegen die Wände. Seufzend schleppe ich mich die Treppe hinauf und klopfe beinahe schon lustlos gegen Miyus Zimmertür, die sich zwei Sekunden später öffnet.

„Das ging schnell", stellt meine Freundin fest und ich ziehe genervt die Augenbrauen in die Höhe.

„Ich bin in eine Ratssitzung geplatzt", stöhne ich und trete ein. Meine müden Füße tragen mich automatisch zu dem großen Bett und mit einer dramatischen Geste fällt mein Körper auf die weiche Matratze. Im nächsten Moment bereue ich die Tat, als ein brennender Schmerz meinen kompletten Körper entlang fährt. Zischend setze ich mich wieder auf und betrachte meine rote Haut.

„Niragi?", fragt mich Miyu wissend und kramt aus dem Kühlschrank eine weiße Dose heraus.

„Wäre dieser Kerl nicht an seinem Gewehr festgeklebt, würde ich ihm die Zähne alle einzeln rausschlagen", murmel ich vor mich hin und schaue auf, als meine Freundin kichernd neben mir Platz nimmt.

„Aguni und der Hutmacher wären dir sicherlich dankbar." Ein zustimmendes Grummeln entweicht mir, dann wandert mein Blick zu Miyu, die nun mit konzentriertem Blick die Salbe auf meine verbrannten Körperteile aufträgt. Kurz ziehe ich die Luft ein, als die Creme wie Messerstiche durch meine Haut fährt und ein prickelndes Gefühl zurücklässt.

„Wie lief dein Spiel?", presse ich hervor, um von den Schmerzen abzulenken.

„Gut. Ich musste nicht sehr viel machen. Die meisten Spieler haben sich gegenseitig aus dem Rennen genommen", nuschelt Miyu trocken und trägt eine weitere Schicht der Salbe auf. Ich bin immer wieder erstaunt, wie gefasst meine Freundin in diesen Dingen ist. Manchmal wirkt sie noch emotionsloser als ich, wenn es um unseren Job als Dealer ging, doch die Taten muss auch sie innerlich zerreißen. Zumindest hoffe ich das. Mit einem Lächeln blickt Miyu auf, schraubt den Deckel auf die Dose und streicht sich danach eine schwarze Strähne aus dem Gesicht.

„Aguni war heute sehr erbarmungslos. Er hat einen seiner Anhänger mal wieder geopfert, Yamato." Nachdenklich ziehe ich die Augenbrauen zusammen, als der Name fällt.

„Ist das nicht der Kerl, der vor zwei Tagen bei der Party wild um sich geschossen hat?" Nickend stimmt mir meine Freundin zu. „Dann hat er es ja verdient."

„Das scheint sich Aguni auch gedacht zu haben", schmunzelt sie und auch meine Lippen heben sich ein wenig. Dann wandert mein Blick nach draußen, wo es bereits finster war. In der Ferne kann man noch vereinzelt helle Bildschirme erkennen, die die Spiele anzeigen, oder mehrere Laser schossen vom Himmel herab und knipsen jemanden das Licht aus. Schwerfällig vor Müdigkeit erhebe ich mich von dem Bett, strecke meine steifen Muskeln die nach Erholung schreien und drehe mich zu Miyu um.

„Ich sollte gehen. Morgen wird wieder ein anstrengender Tag werden", sage ich erschöpft.

„Dann schlaf gut", erwidert meine Freundin mit einem weiteren Lächeln und ich verlasse ohne weitere Worte das Zimmer. Mich trennen nur wenige Schritte von meinem geliebten Bett, als ich die Tür erreiche. Doch bevor ich sie einen Spaltbreit öffnen kann, schlägt eine Hand neben mir sie wieder zu. Erschrocken von dem lauten Geräusch und der Aktion zucke ich zusammen. Na großartig, der hat mir gerade noch gefehlt. Nachdem ich nur knapp dem Tode entrungen bin, meine Haut total rot und berührungsempfindlich ist und ich eigentlich nur noch in mein Bett will, um die grauenhaften Szenen vor meinen Augen zu verdrängen, ist das Letzte, was ich jetzt gebrauchen kann, eine Auseinandersetzung mit Niragi.

Langsam drehe ich mich zu ihm herum und setze meinen besten feindseligen Blick auf, den ich drauf habe.

„Was willst du", fauche ich in einem genervten Tonfall und ignoriere die Tatsache, wie nah er vor mir steht. Ausnahmsweise hat er seine heiß geliebte Waffe nicht dabei, die er sonst nie aus der Hand gibt.

„Müsstest du nicht irgendwo Patroullie laufen?"

„Hatte keine Lust dazu", gibt er mit einem überheblichen Gesichtsausdruck zum Besten und mustert mich dann eindringlich von oben bis unten. Meine Nasenflügel blähen sich auf und ich wende mit einem lauten Ausatemzug den Blick ab. Hoffnungsvoll schaue ich den Hotelflur entlang, dass jemand auftauchen und mich aus meiner Lage retten könnte, aber natürlich ist genau in diesem Moment niemand hier. Niragi beugt sich etwas zu mir nach unten und fährt mit seiner Zunge die Kante seiner rechten oberen Zähne entlang.

„Außerdem muss ich vorher noch was anderes erledigen. Du bist vorhin nämlich frech geworden und ich mag es nicht, wenn man frech wird." Seine freie Hand, die nicht an meiner Tür lehnt, greift nach meiner Hüfte und zieht mich dichter an sich heran. Herausfordernd legt er den Kopf schief und hebt dabei die Augenbrauen, als wolle er sagen: „Na, was wirst du jetzt tun?"

Anders als die anderen Frauen in diesem Beach, die sich jedem Mann an den Hals werfen, als wäre es ihr letzter Tag oder die Frauen, die sich wimmernd vor Leuten wie Niragi verstecken, gehöre ich zu denen, die sich wehren. Ohne auch nur eine Sekunde ins Wanken zu geraten, hebe ich beide Hände und stoße ihn mit aller Kraft von mir weg. Niragi wirkt nicht im Geringsten beeindruckt, als er zwei Schritte zurückweicht und damit den Kontakt zu mir und der Tür verliert. Es ist nicht das erste Mal, dass er übergriffig wird und dieses Katz und Maus Spiel zwischen uns, scheint ihm von Anfang an zu gefallen. Noch bevor er etwas sagen kann, und er ist kurz davor, hebe ich meinen Arm in die Höhe auf dem noch Spuren von Miyus Salbe zu finden ist. Mein Arm glänzt in dem Licht der Deckenlampe und kleine Hautfasern beginnen bereits sich abzupellen. Ich würde damit einige Tage zu tun haben, aber meine Haut wird wieder ganz genesen und das beruhigt mich.

„Wie du siehst habe ich gerade andere Sorgen. Also was auch immer du vor hast, lass mich zuerst schlafen. Morgen ist auch noch ein Tag."

„Bilde dir bloß nichts ein", faucht Niragi und lässt seine Zunge schnalzen. „Du bist überhaupt nicht mein Typ! Ich kann jede haben. Sie werfen sich mir hier alle an den Hals!"

„Du meinst, du zwingst sie."

Meine Äußerung bringt ihn kurz ins Wanken, ehe er mit den Schultern zuckt und sich ein kleines gefährliches Lächeln auf seinen Lippen bildet.

„Es gibt kein Gesetz, dass es mir verbietet."

„Aber es gibt so etwas wie Anstand und Moral. Ich hoffe wirklich dass dir eines Tages das Karma eiskalt in dein Gesicht schlägt!"

Sein Gesichtsausdruck verfinstert sich schlagartig und ich weiß, dass ich ihn mit dieser Aussage provoziere. Aber mein loses Mundwerk kann ich leider nicht mehr kontrollieren, wenn ich erst einmal beginne. Deshalb rutschen mir die nächsten Worte achtlos heraus, bevor ich auch nur ahnen kann, in welche Gefahr ich mich damit begebe.

„Ich habe von der Sache mit Yamato gehört. An deiner Stelle würde ich mich zurückhalten, sonst beseitigt dich Aguni auch, wenn sich die Gelegenheit ergibt." Noch bevor ich den Satz ganz beendet habe, macht Niragi einen Satz nach vorne und zieht sein Taschenmesser mit einer geschmeidigen Bewegung aus seiner Tasche. Ich pralle mit dem Rücken gegen meine Tür und spüre die Klinge der Waffe an meiner Kehle, was mein Herz zum Stillstand bringt. Okay, das war es also. Machs gut du grausame Welt. Ich hoffe, dass Miyu auch ohne mich zurechtkommt.

Doch Niragi führt den letzten Schritt nicht aus. Seine Hand, die das Messer umschlingt zittern und sein Gesicht ist meinem so nah, dass ich seinen Atem auf meiner Haut spüre. Wütend presst er die Lippen aufeinander und schaut mir eindringlich in die Augen. Ich habe es eindeutig zu weit getrieben, das weiß ich. Trotzdem kann ich jetzt keinen Rückzieher machen. Ich darf ihm nicht zeigen, dass er mir Angst macht. Sobald er es bemerkt, habe ich verloren. Deshalb muss er denken, dass ich ein ebenbürtiger Gegner bin. Nur so überlebt man in diesem Land. Zeige niemals deine Schwächen.

„Ich würde aufpassen was du sagst", zischt er. „Aguni würde mich niemals verraten. Ich bin sein engster Vertrauter. Pass du lieber auf, dass wir uns nicht in einem Spiel begegnen. Sonst kannst du dich darauf verlasse, dass du mir nicht einfach davon kommst, so wie jetzt." Sein Blick wandert an meinen Armen herab, die schon wieder fürchterlich Brennen. Die Wirkung der Salbe lässt langsam nach. Niragi schaut mir in die Augen und für einen kurzen Moment sehe ich, wie die Wut verschwindet. Dann holt er tief Luft und tritt einen Schritt zurück, während er das Messer in seiner Hand sinken lässt. Danach dreht er sich um und geht eilig den Flur entlang. Ich sacke mit dem Rücken an der Tür herab auf den Boden und lasse wieder Sauerstoff in meine Lungen strömen. Die Erleichterung sorgt dafür, dass meine Muskeln beginnen zu zittern und ich endlich wieder einen klaren Verstand bekomme. So sehr ich diesen Typen auch hasse, in seiner Nähe handle ich niemals überlegt und das ist nicht gut. Ganz und gar nicht. Mein Verstand und mein Mut ist in diesem Land meine größte Waffe. Aber würde ich Niragi weiter provozieren, dann wird es nicht gut für mich ausgehen.

Schnell stehe ich von dem kratzigen Teppichboden auf und verschwinde in mein Zimmer. Sobald die Tür hinter mir ins Schloss fällt, fühle ich mich etwas Sicherer und krieche unter schmerzklagenden Lauten in das große Hotelbett. Für den Moment ist es alles, was ich jetzt brauche.

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