20: avenging
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Willkommen in Nocturnia.
Ich zitterte am ganzen Körper und starrte wie gebannt auf meine Hände hinab die mit jedem Blinzeln mehr vor meinen Augen verschwammen. Es gab absolut keinen Grund für meine Tränen und dennoch fühlte ich mich so elendig wie nie zuvor.
»DU VERDAMMTES KIND!«
Die Stimme des kreischenden Mannes riss an meinem Trommelfell und ich drehte mich ruckartig um, als Metall auf Metall schlug. Die Krieger die mich zuvor durchs Reich geführt hatten, hielten nun einen Dusker in ihren Armen der sich ungezähmt gegen sie lehnte und mich mit gefletschten Zähnen fokussierte. In seinen Augen standen ungeweinte Tränen und seine Stimme war so voller Schmerz und Abscheu, dass ich mir wünschte nie hergekommen zu sein.
Seine enge, braune Lederkluft knirschte in den Griffen seiner Verbündeten und sein Haar das exakt dem des Kupferauges glich klebte ihm nass im Gesicht, als hätte man ihn mit Farbe übergossen. Ich ging noch einen Schritt Richtung Treppe und Thron.
»SIE IST EIN MONSTER! SIE HAT IHN UMGEBRACHT! SIE HAT SAM UMGEBRACHT!«, schrie er erneut durch die Stille und ich spürte die Wut und den Schmerz die von seinem Körper ausgingen. Und wohin ich mich auch umsah blickte mir und der Leiche nur blankes Entsetzen entgegen und auf einmal erfasste mich erneut eine Kälte, die ich zuvor nur im Wald auf die Art wahrgenommen hatte.
Ich schlang die Arme bebend um meinen Körper und blickte zum Thron hinauf; fühlte mich dabei so hilflos und nackt wie noch nie zuvor, während ich ihn ansah.
Seine Augen erwiderten meinen Blick und als er seinen toten Verbündeten zu meinen Füßen betrachtete, erkannte ich ebenso den Schreck und die Fassungslosigkeit in ihnen. Seine Unterlippe zitterte leicht und seine behandschuhten Finger krallten sich in die Lehne des erhabenen Sessels, als abermals der Dusker neben mir den Saal belebte.
»Jharo!«, schrie dieser unter Tränen seinen Namen und schien sich seinem Schicksal hingegeben zu haben, in den Armen seiner Mitstreiter in Zaum gehalten zu werden. »Tu etwas verdammt! Irgendwas! Er ist tot!«
Ein Schaudern überkam mich und ich fixierte den Prinzen vor mir instinktiv während ich mir selbst das Wasser aus den Augen wischte und versuchte, mein Zittern zu unterdrücken. Er presste den Kiefer aufeinander und taxierte mich mit seinen glühenden Augen, aus denen jegliche Wärme gewichen war.
»Das war doch ihr Plan! Unheilige Lügnerin!«, schrie eine weibliche Stimme aus der Menge, die ich zuvor noch nicht gehört hatte. »Sam wusste es!«, schluchzte sein Zwilling zeitgleich und versuchte noch einmal sich zu mir durchzukämpfen.
»Ich habe nicht.. ich mein.. ich wollte nicht..« Meine zitternde Stimme war nur ein Echo ihrer Worte und ich hätte mich am liebsten selbst geschlagen, als ich hörte wie schwach ich klang. »Ich vergaß-«
»Du hast es vergessen?« Seine Worte, die zuvor noch so schelmisch und ruhig klangen waren nun so kalkuliert und scharf wie sein Schwert an der Hüfte. »Vergessen was für eine abgrundtief, zerstörerische Macht du besitzt?«
Ich biss die Zähne zusammen. Wenn ich nun die Wahrheit sagen würde - dass ich erst vor zwei Tagen erfahren hatte, dass ich diese überhaupt besaß - würde mir keiner der Anwesenden glauben. Es würde als schwacher Versuch gelten mich herauszureden und getötet hatte ich ihn nun mal. Sein Blut klebte an meinen Händen.
Mein Atem ging stoßhaft und immer noch hing der Gestank des Kriegers in der Luft, als ich vorsichtig sagte: »Ich bin nur hergekommen um zu verhandeln. Dein Soldat hat zuerst Hand an mich gelegt. Dies hier hätte nicht passieren müssen. Ich bitte nicht darum willkommen geheißen zu werden, einzig um eine Anhörung meiner Worte.«
Ein abfälliges Lachen brach durch die Stille zu meiner Rechten und mir war, als würde jeder Anwesende meinen rasenden Herzschlag hören. So laut hallte er in meinen eigenen Ohren wider, während die Augen des Toten in meine Seele starrten.
Der Prinz jedoch wiegte nur leicht den Kopf zur Seite und bedachte mich aus schmalen Augen, ehe er sich wieder auf seine Beine stützte und sie durch den Thronsaal schweifen ließ.
Jeder Anwesende erwiderte seinen Blick gebannt. Manch einer mit Tränen, andere bewegten ihre Lippen, als würden sie mit unsichtbaren Worten flüstern. Sein Blick galt jedem einzelnen von ihnen und traf zum Schluss wieder mein helles Wesen.
Seine Flügel schimmerten im Licht der brennenden Flammen und als er sich schwungvoll erhob und die Arme ausbreitete, sah er tatsächlich aus wie jemand der ein ganzes Reich im Griff hielt. Dann sprach er mit einem Lächeln in der Stimme, das nicht seine Augen erreichte.
»Oh aber willkommen werden wir dich dennoch heißen, Kind des Malkaths. Es ist mir eine Ehre.« Er ließ die Arme erhoben und funkelte mich süffisant an, als ich misstrauisch einen Schritt zurücktrat und ihn nicht aus den Augen ließ. »Bereitet ihr einen Empfang, der meinem Thronsaal alle Ehre erweist!«
Schritte erklangen doch mein Blick hing wie gebannt an dem dunklen Fürsten der sich nun elegant vor mir verbeugte und mich allein mit seiner Art und Weise an Ort und Stelle fesselte.
»Willkommen in Nocturnia.«
Der erste Schlag traf mich völlig unvorbereitet und brachte mich erstickt ins Taumeln, als das harte Leder meine Schläfe traf. Mein Schädel knirschte in meinen Ohren und der darauffolgende Schmerz war nichts im Vergleich zu der Angst die mich erfasste, als der nächste Schlag sein Ziel ebenfalls nicht verfehlte.
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