18: staring

—  ☼ ☽ —
Möget Ihr nun mein königliches Selbst ins Licht geleiten?

Die Stadt, die sich nach mehreren weiteren Minuten vor uns auftat, raubte mir kurz schlichtweg all die gehässigen Gedanken, die ich zuvor noch für meine Begleiter empfand. Meine Augen versuchten durch das Gewirr aus Federn und Metall hindurchzuspähen und als mir dies nicht gelang, trat ich aus ihren Reihen hinaus und sie ließen mich gewähren.

Ich wusste nicht genau, was ich erwartet hatte. Unterirdische Verliese, kalt gehauene Schlösser aus Stein oder monströse Vogelnester mit abgenagten Knochen vielleicht aber ganz sicher nicht das, was sich vor meinem geistigen Auge nun auftat.

Ich befand mich auf einer Anhöhung, von welcher ich meinen Blick über eine Stadt schweifen lassen konnte, die so strahlend schillerte, dass ich glatt vergaß, in welch einer Dunkelheit ich zuvor umhergeirrt war.

Sie erstreckte sich in einer harmonischen Mischung aus antiker Schönheit und moderner Eleganz. Die Straßen und Wege waren mit Laternen beleuchtet in dessen Verglasungen kleine Feuer züngelten, die einen warmen Kontrast zum kalten Himmel lieferten. Kristallklare Flüsse durchzogen die Umgebung und vereinzelte Brücken, die ebenfalls von Flammen erhellt waren, verbanden die einzelnen abgetrennten Bezirke miteinander. Ein Anblick der mich verwirrte und zugleich faszinierte.

War das nur eine visuelle Täuschung oder war es tatsächlich möglich, dass Monster ein Faible für Schönheit besaßen?
Eine Frage, die immer wieder in meinem Kopf umher wanderte, als die Krieger voran gingen und mich wieder in ihrer Mitte einschlossen, als wollten sie mich von der Außenwelt abkapseln.

Nur hin und wieder erhaschte ich durch die schmalen Lücken ihrer Formatierung einen Blick auf Wesen, die ich noch nie zuvor gesehen hatte und Häuser sowie Türme dessen Wände kunstvolle Verzierungen schmückten. Türme und kleine Paläste ragten hoch über die Köpfe meiner feindlichen Begleiter auf und ich bereitete mich mit tiefen Atemzügen auf das Gespräch vor, dass ich gleich wahrscheinlich vor versammelter Mannschaft führen musste.

Finde den Prinzen und erzähl ihm von deinem Plan.

Dies war leichter gesagt, als getan. Denn als wir im nächsten Moment Treppen erklommen und durch die breiten Türen eines Palastes schritten rutschte mir beinahe der Mut wieder in die Hose, als ich die unzähligen geflügelten Kreaturen der Nacht betrachtete, die eine Gasse bildeten und uns betrachteten, als wären wir das Erschreckendste, was sie jemals gesehen hätten. Die Metalltraube löste sich und ich musste mich schmerzlich verbessern. Ein uns gab es nicht. Sie starten mich alleine aus Augen an, die bloße Abscheu versprachen.

»Ich bin wirklich gespannt, was Ihr jetzt zu sagen habt. Hoffentlich lohnt es sich, denn wenn nicht, reiß ich Euch das liebliches Gesicht vom Leib und spinn mir aus Euren Strähnen ein schickes neues Gewand.«
Die drohende Stimme, dessen Dusker zuvor noch an meiner rechten Seite gestanden hatte, ließ meinen gefesselten Körper erschaudern und ich warf ihm einen scharfen Blick zu, ehe sich meine Aufmerksamkeit zum wiederholten Male auf den Gelbäugigen festsetzte.

Er stand immer noch am Kopf der aufgelösten Formatierung und war der Einzige, der sich nicht zur Menge gesellte.
Hinter ihm, majestätisch wie auf dem Silbertablett angerichtet, stand ein Thron auf einer Plattform aus poliertem Marmor, umgeben von fein gearbeiteten Säulen, die kunstvoll in filigrane Muster gehüllt waren. Das hohe Rückenteil des Thrones war ein Kunstwerk aus vergoldetem Edelholz, reich verziert mit kunstvollen Schnitzereien, die eine Geschichte erzählten. Das Holz schimmerte in warmen Erdtönen und fing dabei das Licht ein, während es einen Hauch von antiker Eleganz ausstrahlte und die Sitzfläche mit einem königsblauem Samt bezogen war, der in sanften Wellen fiel und dem Sitz eine Aura verlieh, die mir wieder den unterschied unserer Reiche klar machte. Hier gab es einen strikten Herrscher. Einen Anführer und Befehlshaber.

Mein Blick glitt misstrauisch weiter durch den riesigen Thronsaal, musterte die von Fackeln erhellte vergläserte Decke, bevor er wieder seine schirr andere Gestalt erreichte. Warm erhellt vom Schein des Feuers.
Ich war mir nicht völlig klar wie ich mir ein solches Schattenwesen, dass unseren größten Feind der Geschichte darstellte, vorgestellt hatte aber ganz sicher nicht... so.
Wie jeder andere im Raum überragte auch er mich und nur ein einziger Blick reichte, um mir klar zu machen, was mit der 'mächtigen Muskelstärke' gemeint war, die unsere Magie ausgleichen sollte. Er war kein einzelner Muskelberg - wenn man es so nahm, sogar recht schmal gebaut - und dennoch sah ich es ihm an. Das Geschenk ihrer Göttin; die pure Kraft und Macht die von ihm Aufstieg, als stünde er verschwitzt im kalten Schnee.

»Schön, dass auch Ihr mich nun betrachten könnt. Das habe ich weitaus unauffälliger in der Dunkelheit vonstatten gehen lassen aber wie könnte ich es einem nachtblinden Kind übelnehmen? Schenkt mir so viel Aufmerksamkeit wie Ihr zu glauben für mich übrig habt.« Er deutete eine elegante Verbeugung an und ich schnaubte abfällig in dem stillen Versuch herauszufinden, wie weit er sich über mich lustig machte. Sein welliges Haar fiel ihm dabei vereinzelnd ins Gesicht und ich brauchte eine Weile um das Funkeln in diesem als goldene Strähnen zu enttarnen. Es stach einfach sofort ins Auge in einem Meer aus Schwarz und beleuchtet durch den warmen Schein der Flammen.

Abwartend neigte er den Kopf zur Seite und ich musterte nun ein weiteres Merkmal seiner Art, das mich einfach nicht loszulassen schien. Lange, zarte Federn entsprangen verwachsen seinen Armen, wurden halb von der Rüstung verdeckt und endeten in langen dunklen Schwingen die zu Flügeln anwuchsen. Sie schmiegten sich an seinen Körper wie eine zweite Haut und schimmerten hell meliert im Schein der Fackeln.

Ein Räuspern brachte mich wieder seinen Augen nah, bevor er erneut ansetzte und sagte: »Ich unterbreche diese Bewunderung ja nur ungern, aber Zeit ist Gold, also auf ein Neues.« Er breitete die flügelbesetzten Arme aus und blickte schweifend in die Runde, ehe seine Augen wieder meine trafen und verwunschen funkelten, wie flüssiges Gold. »Was verschafft uns die Ehre Eurer liebenswürdigen Anwesenheit, Dawner?«

Ein Murmeln ging durch den königlichen Saal, als ich mich aufrichtete und ein abwertendes Lachen meinen Lippen entschlüpfte. Woher ich so viel Mut in diesem Moment zusammennahm, wusste ich selbst nicht so genau. »Unsere Abmachung bestand darin, mich dem Prinzen vorzuführen. Ich sehe ihn nicht. Ohne seine Mitwirkung bleibst du weiterhin im Dunkeln bezüglich meiner Beweggründe.«

Nun lag es an meinem Gegenüber mit einem geringschätzigen Schnauben die Stille zu füllen. Er verdrehte genervt die Augen und machte auf dem Absatz kehrt. Seine langen Federn raschelten als er die Arme an den Leib zog und wenige Treppen erklomm, die ich bislang gar nicht hinter ihm wahrgenommen hatte.
Alle Augen lagen auf ihm doch meine waren es, die sich überrascht weiteten, als der Gelbäugige sich wieder zu mir umdrehte und so geschmeidig auf dem Thron Platz nahm, als hätte ihn die Luft selbst getragen.

»Möget Ihr nun mein königliches Selbst ins Licht geleiten?« Seine Geduld fing an zu reißen, doch ich war viel zu geschockt von der Tatsache, die er mir soeben offenbart hatte.
»Du? Ernsthaft?!« Meine Stimme hallte noch mehrere Sekunden im Thronsaal wider, nachdem ich völlig begriffen hatte, dass mein Ziel von Anfang an vor meinen Augen lag.

Sein Kopf neigte sich schweigend und als er ein Bein über das andere schlug und sich selbstgefällig im Thron zurücklehnte, durchflutete das Klimpern seiner Rüstung meinen kochenden Verstand.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top