16: arguing

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Euer Wunsch befolgt meine Regeln.

Ich spannte mich an und griff mit der freien Hand an meinen Gürtel; bereit meine Waffe zu entriegeln, sollte er in den Angriff übergehen. Wieder verengten sich die Augen belustigt und verschwanden dann völlig als er sie schloss. Einzig seine Kleidung war zu hören und ich riss den Blick blind durch die Dunkelheit. Mein Griff verfestigte sich und ich wollte gerade meine Peitsche lösen, als sein gelb gleißender Blick wieder auftauchte. Er stand nun zu meiner linken Seite, wesentlich näher als zum Anfang, sah an mir hinab und schien einen heiden Spaß zu haben.

»An Eurer Stelle würde ich das nicht tun.«
»Und an deiner Stelle würde ich nicht zu nah kommen und es herausfordern«, gab ich mit einigermaßen fester Stimme zurück und funkelte mein Gegenüber an.
»Ich meins ernst. Der Archer hinter Euch sondert ein Gas ab, das uns alle in die Luft jagt, wenn Ihr auch nur einen Funken springen lasst.«
Der was? Hätte ich am liebsten gefragt, doch da drang das unirdische Klicken erneut zu mir durch, wie als wollte das Monster ihm zusprechen.

Ich vertraute ihm nicht. Vertrauen würde ich keinem einzigen Wesen auf dieser Seite schenken und dennoch wollte ich kein Risiko eingehen. Meine Hand sank und ich spürte wie mir sein Blick folgte, als ich einen weiteren Dolch aus meinem Umhang holte und nun beide auf ihn richtete.
Ein abfälliges Schnauben ertönte, ehe seine Stimme erneut die kühle Luft durchdrang: »Also, was wollt Ihr hier.. Dawner?« Fast schon abfällig spuckte er die Worte hervor und zum ersten Mal fiel mir auf wie resonant seine Stimme klang. Jeder gesprochene Ton schien in seiner Brust zu vibrieren, war kraftvoll und bestimmt.
Ich atmete tief durch.

»Auch das geht dich nichts an, Dusker.«
Jener schnaubte leise und das er keinen Einspruch erhob, war mir schon Antwort genug auf meine stille Vermutung. Mich überkam eine Gänsehaut und dies lag diesmal nicht an der Kälte. Mir war, als würde das Eis, das hinter diesen glühenden Augen verborgen lag, alleine durch unseren Blickkontakt mein Innerstes erfrieren. Langsam aber stetig.
Ich presste den Kiefer zusammen, als der Feind vor mir Luft holte und seinen Blick durch die Umgebung schweifen ließ.

»Um Euch herum hocken tausende Kreaturen, die nur darauf warten, dass ich verschwinde. Einige begehren, Euch zu verschlingen, andere streben lediglich danach, Euch das Leben zu nehmen, wieder andere hegen den Wunsch, mit Eurem Wesen zu spielen. Selbst für Eures Gleichen würde ich bei Tenebra beten, dass es nicht Letzteres ist, dem Ihr zum Opfer fallt. Wenn ich Ihr wärt würde ich mich also bei Laune halten und mir Eure Beweggründe erzählen, die mich dazu veranlassen hier zu bleiben und Euch nicht den Kreaturen zu überlassen«, murmelte er scharf aber leise und dennoch hörte ich jedes gesprochene Wort.

Meine Stimme bebte vor Anspannung, als ich fragte: »Und was ist mit dem Ding hinter mir?«
Seine Augen glitten in die Ferne und er musterte gerade jene Gestalt, während ich einzig nur das Gold seiner Augen erkannte, ehe er sagte: »Das wollt Ihr gar nicht wissen.«

Für mehrere Sekunden starrte ich ihm einfach nur entgegen, beobachtete, wie die Herausforderung in seinen Augen zu lodern begann und entschied mich dann schlussendlich für das Vernünftigste. Umso schneller ich mich dem Feind stellte und diese verdammte Tafel finden würde, desto früher würde ich das ganze auch wieder hinter mir lassen. Meine Sturheit brachte mich nicht weiter, genauso wenig wie die maßlose Angst, die an meinen Beinen zerrte. Es gab somit nur einen Weg.

»Also schön«, presste ich dann schließlich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und ließ die Dolche sinken, während ich die Worte wiederholte, welche die Schattenfrau mir in den Mund legte, »ich verlange mit dem Prinzen zu sprechen. Bring mich zu ihm.« Seine Augen weiteten sich kurz überrascht, ehe er erneut die gleiche Kühlheit in seine Worte legte.
»Und was wünscht Ihr ihm zu sagen?«
»Wäre dann nicht die ganze Spannung dahin? Ich dachte, dass du noch hier stehst liegt nur daran, weil du um meinen Grund interessiert bist. Sollte er dir nicht gefallen, verschwindest du einfach, und lässt mich mit denen hier zurück?« Ich hob fast schon theatralisch meine Arme und wies auf meine stockfinstere Umgebung. »Ich verzichte. Bring mich zu ihm und du erfährst den Anlass.«

Als ich endete blieb es eine Weile lang still und ich musste meine rasende Atmung beruhigen, um ihm nicht meine blanke Panik zu offenbaren. Ich war von meinem größten Feind abhängig, konnte es da denn noch schlimmer kommen?

Ich sah wie das Gold in seinen Augen finsterer wurde und er sie schmal stellte, als würde er über die Sätze nachdenken, die ich in den Raum stellte. Sein Blick glitt abschätzig über meinen Körper und ich steckte die Messer zurück in die Scheiden, um den Umhang enger um gerade diesen zu ziehen. Das Wesen hinter mir rasselte erneut mit irgendeinem Teil seines Körpers und als die Augen wieder das Blau meiner eigenen erreichten, stand tief in ihnen etwas anderes geschrieben. Eine Art Lodern, dass mich fast wieder zu meinen Waffen greifen ließ.

»Ihr solltet nicht mit Eurem Feind spielen, Dawner«, gab er dann wieder von sich und kam ein Stück näher, sodass ich den Kopf anheben musste, um seinen Blick erwidern zu können. Er musste viel größer sein als ich und trotz, dass dies allgemein bekannt war, erschütterte es mich.
»Ich spiele nicht. Ich verhandle.«

Diesmal lachte er leise, sodass das Metall an seinem Körper klirrte, ehe er mich erneut seufzend musterte und dann kapitulierend meinte: »Nun gut, ich bringe Euch zum Prinzen. Dreht Euch um und verschränkt die Hände hinter dem Rücken.«
Ich blinzelte irritiert und zögerte, als er einen weiteren Schritt näher trat. »Nur weil wir Verhandlung führen, bedeute das nicht, dass ich dir vertraue.«
»Genauso wenig wie ich Euch und jetzt tut was ich Euch sage.«

Verbittert presste ich die Lippen zusammen. Dann gehorchte ich und drehte mich langsam um. Der Archer vor mir - so wie ihn der Dusker genannt hatte - gab leise Geräusche von sich und auch wenn ich ihn nicht sehen konnte, spürte ich doch seine tausenden, gierigen Augen auf mir liegen.

Ich verzog angewidert das Gesicht und lauschte auf, als ich hörte, wie das Schattengesindel näher an mich herantrat. Absolut alles in mir sträubte sich gegen diese Nähe und doch blieb ich ruhig, drehte einzig den Kopf und blickte über meine Schulter; verschluckte mich fast an meiner eigenen Spucke, als ich sah wie nah er war.

Das wenige Licht meiner Haare strahlte nun auf ihn ab und ich konnte schemenhaft dunkle Federn an meiner Seite erkennen, sowie vage Umrisse einer eng anliegenden Rüstung die im dumpfen Licht schimmerte wie Glas. Mein Blick zuckte weiter hinauf und ich zog scharf die Luft ein als ich sein spärlich beleuchtetes Gesicht erkannte und bemerkte, dass er mich ebenfalls anstarrte. Sein Mund war zu einer schmalen Linie zusammengepresst und die scharfen Konturen seines Gesichtes warfen nur noch mehr Schatten auf die restliche, blasse Haut.

Nur eine einzige Berührung würde ausreichen um...

»Denkt nicht mal dran«, fauchte er mir zwischen die Gedanken und ich zuckte so abrupt zusammen, dass selbst er ein wenig von mir abwich - wohl aus Angst, dass ich ihn doch berührte. Das Material seiner Kluft knisterte gedämpft und ich sah bebend wieder nach vorn, verschränkte meine Hände so fest, dass ich mir selbst mit den Nägeln in meine Haut stach.

Erneut kam er wieder näher und bevor ich mich überhaupt darauf einstellen konnte, spürte ich plötzlich etwas an meinen Handgelenken. Ein festes Band zog sich um diese zusammen an welchem er meine Hände anhob und sie miteinander verknotete.

»Du fesselst mich«, stellte ich nach einiger Zeit nüchtern fest und sah über meine Schulter wieder hinauf, wo sich unsere Augen kreuzten. Aus nächster Nähe betrachtet sahen sie gar nicht mehr so identisch aus, wie es aus der Entfernung den Anschein machte. Während sein linkes Auge stechend gelb in meines sah, schien sein rechtes tatsächlich aus purem Gold zu bestehen, selbst seine Pupille.

Irritiert kniff ich die Augen zusammen und keuchte erschrocken auf, als er das Band fester als nötig zusammenzog, den Blick jedoch nicht von mir abwendete.
»Habt Ihr tatsächlich geglaubt ich ließe Euch freihändig unter mein Volk?« Er hob eine Augenbraue und zog einen weiteren Knoten an, der mich keuchend die Zähne zusammenpressen ließ. Ein abfälliges, leises Lachen erklang, ehe wieder der kühle, berechende Ton seiner Stimme die Finsternis durchschnitt: »Und jetzt dreht Euch wieder um und lauft vorwärts.«

»Ich laufe ganz sicher nicht vor dir gefesselt durch die Dunkelheit«, knurrte ich scharf und musste mich ansträngen meinen Schwanz ruhig zu halten, um ihn nicht berühren zu müssen.
»Und ob Ihr das tun werdet, wenn Ihr zum Prinzen wollt«, zischte er mir genauso giftig entgegen und weitete herausfordernd die ungleichen Augen, »Euer Wunsch befolgt meine Regeln und jetzt dreht Euch um und lauft vorwärts!«

Der Archer vor mir rasselte erregt und mir stieg abermals dieser ekelhafte Geruch in die Nase, als wir uns für weitere Sekunden anstarrten und ich schlussendlich wütend schnaubend seinen Worten folge leistete. Ich drehte mich fort von dem stinkenden Biest und stapfte aufgebracht durch die Schwärze, gefolgt von dem Dusker dessen langsamere Schritte hinter mir widerhallten.

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