kapitel vier - hall of fame
halls of fame dienen als battleort und treffpunkt für writer. oft liegen sie im verborgenen.
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VIER TAGE WAREN INS LAND gezogen und Yoongi hatte den Jungen mit den verwaschenen, pastellbunten Haaren noch immer nicht vergessen.
Er sah ihn in allem, was ihm begegnete: in den neongrellen Reklametafeln an den Wolkenkratzern, in den amateurhaft schlechten Graffiti-Bildern in den U-Bahn-Unterführungen, sogar in der bunten Aufschrift auf seiner Kaffeetasse—namentlich Ich bin nicht schlecht gelaunt, das ist mein Montagsgesicht—die ihm seine Kollegen vom Revier zum Geburtstag geschenkt hatten.
Er konnte keinen Schwarztee aus ihr auf seinem Balkon bei Meerblick genießen, wenn er bei jedem Schluck an Jimin und sein unverschämtes Grinsen erinnert wurde.
Es war lächerlich, er war lächerlich, das wusste Yoongi. Selbstreflexion musste immerhin der erste Schritt zur Besserung sein, redete er sich verbissen ein, während er am Freitagabend den weichen Bühlsand am Strand verließ und über die Promenade joggte. Widerspenstige Haarsträhnen hatten sich aus seinem Zopf gelöst, fielen ihm verschwitzt und wirr ins Gesicht. Yoongi drosselte sein Tempo nicht, viel eher zog er es an. Wenn nur Seitenstechen und Wadenkrämpfe ihm die Flausen aus den Kopf treiben konnten, wollte er ganz Haeundae ablaufen, um sich endlich wieder richtig auf seine Arbeit konzentrieren zu können.
Langsam wurde seine Unfähigkeit, sich für länger als dreißig Minuten auf seine Aufgaben zu fokussieren, nämlich zu einem ernst zu nehmenden Problem, das nicht nur ihm ins Auge gestochen war. Aran hatte ihn am Mittwoch in ihrer Mittagspause verdutzt gefragt, weshalb er so interessiert an den kleinkriminellen Fällen des Tages sei, von denen das Streifenkommando oftmals nach ihren Kontrollfahrten durch Dongnae berichtete. Yoongi konnte nicht guten Gewissens—oder gar mit einer geladenen Pistole an der Schläfe—zugeben, dass er insgeheim darauf hoffte, dass ein gewisser Graffiti-Künstler wieder auf frischer Tat bei einer politischen Revoltbewegung ertappt und in ihr Revier gebracht worden war. Es kratzte schon hart genug an seinem Stolz, sich eingestehen zu müssen, dass er nur noch den schlichten Silberring an seinem Ringfinger trug, weil er Jimin gefallen hatte. Wenn er jetzt einknickte und sich mit dem wirklichen Ausmaß seiner Anziehung für den rotzfrechen Jungen konfrontierte, könnte er einpacken.
Das Gedrängel auf der Promenade von Touristen zwischen Verkaufsständen drehte seinem Dauerlauf den Hals um. Yoongi sah sich dazu gezwungen, hinter den Menschenaufläufen hinterherzutrotten und die Zeit auf seiner Uhr zu stoppen. Seine persönliche Bestzeit bisher. Vielleicht ließ sich eine Verknüpfung zwischen seinem heutigen Läuferhoch und seiner Angewohnheit, vor den Gefühlen in seinem Leben immerzu davonlaufen zu müssen, ziehen. Er wischte sich die Schweißperlen mit dem Saum seines langärmligen Sportshirts von der Stirn, atmete tief durch und joggte dann genauso gnadenlos mit seinen tauben Füßen wie zuvor weiter.
Eine halbe Stunde und eine heiße, lange Dusche später hatte Yoongi sich umgezogen und stocherte lustlos in einer aufgewärmten Portion Bibimbap vom Vortag herum, die ihre Würze verloren hatte. Dunstig kräuselten sich die Haarsträhnen auf seiner glänzenden Haut, fielen ihm vor die Augen, wann immer er so viel Selbstkontrolle über seinen weltentrückten Körper wiedererlangte, um einen Blick zur angeschalteten Hintergrund-Bemalung am Fernseher zu werfen. In den Nachrichten berichteten sie von anstehenden Wahlen. Er wechselte das Programm, schaute einer Weile lang beim Essen gegen die Kücheninsel gelehnt einer Seifenoper zu und schaltete dann das Gerät aus, als sie Werbung von Disney-Filmen sendeten.
Sollte er jetzt noch an seine Rolle als angebliche Politesse erinnert werden, käme ihm der Reis wieder hoch.
Am Wochenende war er weder für den Tag- noch für den Nachtdienst eingeteilt worden und zum ersten Mal in seiner dreijährigen Laufbahn am Revier in Dongnae wünschte Yoongi sich, sie hätten ihm noch mehr Überstunden um die Ohren gehauen. Er brauchte verzweifelt Ablenkung von seinen eintönigen Gedanken, die sich seit vier konsequenten Tagen immerzu um dieselbe Farbkombination drehten—pink, lila, blond.
Es war, als hätte Jimin mit einem Fingerschnipsen seinen Verstand gekapert, mit seinem Gesicht geradezu infiltriert. Hätte er am Vorabend des verhängnisvollen Montags nicht so viel Alkohol getrunken, hätte vielleicht nicht diejenige Synapse in seinem Hirn einen Kurzschluss erlitten, die für seinen gesunden Menschenverstand verantwortlich war. Jetzt erschien es Yoongi nämlich, als flöge jedes Mal die Sicherung in seinem Urteilsvermögen raus, wenn er darüber sinnierte, wie perfekt Jimin sich in sein Beuteschema einfügte.
Weil er durchtrieben, kühn und gerissen war und Yoongi beinahe an dem Wissen hatte verzweifeln lassen, für einen Jugendlichen schwach geworden zu sein—und die Falsifizierung dieser Befürchtung die ganze Sache dann auch nicht unbedingt wieder genug aufwertete, um sich in geistigem Frieden auf sein loses Mundwerk einen runterzuholen.
Yoongi stand auf verlorenem Posten. Für einen Jungen, der ihre Begegnung am Tag höchstwahrscheinlich als amüsante Anekdote mit seinen kriminellen Kreisen teilte und in der Nacht zu beschäftigt damit war, verlassene Zugwaggons zu besprühen, um Schlaf über ihn zu verlieren.
Wenn es einen Preis für Erbärmlichkeit gäbe, hätte Yoongi ihn schneller abgesahnt als den Orden des Kommissars, auf den er schon so lange hinarbeitete. Er würde sich zweifelsfrei hübsch in seiner minimalistisch eingerichteten, in schwarz und braun gehaltenen Wohnung im vierten Stockwerk eines Wohngebäudes machen.
Was ätzte, war, dass sie sich dieselbe Aussicht teilten. Früher hatte Yoongi Ruhe in der Betrachtung der Wellen gefunden, die sich endlos und blau bis zum Horizont hinter seinem Fenster erstreckten. Jetzt kreisten seine Gedanken in einem ewigen Karussell gefangen nur um das Wissen in seinem spöttelnden Hinterkopf, dass Jimin derselbe Strand zu Füßen lag und er wahrscheinlich genauso oft von seinem besänftigenden Anblick Gebrauch machte wie Yoongi es in den letzten vier Tagen besorgniserregend häufig tat. Falls er überhaupt Zuhause war.
Als er Jimin nach Hause gebracht und am Straßenrand aus Misstrauen abgewartet hatte, bis der Junge im Hausflur verschwunden war, hatte Yoongi das Licht im Dachgeschoss des heruntergekommenen Hauses anknipsen sehen. Im Nachhinein ärgerte er sich darüber, nicht mehr über seinen nervenaufreibenden, aber wahrlich unterhaltsamen und einnehmenden Beifahrer in Erfahrung gebracht zu haben.
Im Grunde genommen wusste Yoongi nur, dass Jimin malte. Nicht einmal echte Bildnisse wollten sich vor seinem geistigen Auge zusammenfügen, wenn er sich vorzustellen versuchte, wie Jimins Handschrift im Kapitel über die Moderne im großen Wälzer der Kunstgeschichte aussehen mochte.
Die farbenfrohe Vogelschwinge hatte sein Komplize gesprayed und, wenn man Jimins Worten Glauben schenken durfte, am verheerenden A.C.A.B.-Schriftzug war er auch nicht beteiligt gewesen. Damit besaß Yoongi also eigentlich nichts, was seine Fantasie über Jimins Verständnis von Kunst beflügeln könnte. Und das beschäftigte etwas ganz tief in ihm.
Denn er wollte mehr wissen. Er wollte wissen, wie Jimin zum belächelten Schaffen von Graffitis gefunden hatte, warum er überhaupt malte, was ihn antrieb und wo er sprühte. Die Mauer entlang des Oncheoncheon-Flusses oben in Dongnae wäre eine Anlaufstelle für seine tausenden Fragen. Aber auf ihren Ziegeln prangten mindestens genauso viele Werke wie ihn die Gedanken wachhielten. Sie alle abzulaufen, in der bloßen Hoffnung, zufällig Jimins Federführung unter den zahllosen Tags, Paintings und Murals zu erkennen, die sich über die Jahre dort angesammelt und den Launen des Wetters standgehalten hatten, glich einer Unmöglichkeit.
Yoongi meinte, einen anderen Weg zu kennen, um Geschlossenheit zu finden.
Die Sonne stand gerade so noch orange und pink am Horizont, als er mit in den Hosentaschen vergrabenen Händen am Bürgersteig der Jaeban-ro Halt machte. Oberhalb seines schwarzen Mund-Nasen-Schutzes war Yoongis Augenmerk auf dasjenige Bildnis gerichtet, das sich zwischen einer Casino-Spielstätte und einem heruntergekommenen Mehrfamilienhaus auftat. Am Montag war ihm die Unscheinbarkeit des Gehäuses beinahe auf der Nase herumgetanzt; zugenagelte Fenster, einsame, alte Graffitis.
Jetzt pulsierte in dem Kellerschacht, wie der Polizist auf der anderen Seite der leeren Straße vermutete, die Aorta des Checkpoints im Rhythmus von Sprühdosen und Mischkugeln.
Vor der mit Efeu umrankten Treppe hinunter zum vermeintlichen Treffpunkt standen drei Kapuzengestalten, die rauchten und sich im unverkennbaren Busan-Satoori miteinander unterhielten. Nicht nur eine von ihnen trug einen ausgebeulten Rucksack, der nachlässig über eine Schulter gezogen war; als zögen sie noch eine Abschiedszigarette, bevor jeder Künstler in der aufziehenden Nacht nach seiner eigenen Leinwand suchen würde.
Gedämpfte Musik tönte aus der offenen Tür zum Kellergeschoss. Neben dem gefliesten Kachelboden konnte Yoongi Putzwände erkennen, die mit alter Farbe besudelt worden waren—schwarz, rot, blau, die undeutlichen Linien verworren ineinander, gaben sich aber nicht die Blöße, zuerst abzubrechen. Er wollte seine Füße zum Anhalten zwingen, zum Umdrehen bekehren, als der erste Fremde sich einen Moment lang zu ihm, dem naiven Neuankömmling wandte. Yoongi blieb mit Sicherheitsabstand am Straßenanfang stehen.
Ehrlicherweise wusste er selbst nicht, was ihn hierher geführt hatte—Neugierde, wahrscheinlich, wahrhaftig gekeimte Pietät für eine Kunstform, die er vorher nie als solche wahrgenommen hatte und ihn nun tagtäglich mit ihrer Unbegreiflichkeit und Ungreifbarkeit triezte. Frustration. Langeweile. Eine Ausrede, um Jimin wiederzusehen. Motivationen gab es viele, legitime Daseinsberechtigungen... eher weniger. Er lehnte sich gegen die Wand des Casinos, wandte seinen Blick von der auffällig still gewordenen Gruppe ab und hinunter auf sein Smartphone, über dessen Display seine Daumen nutzlos kreisten.
Vier Minuten und ein graduell ins Kippen geratenes Sicherheitsgefühl später, schrieb Yoongi seiner erbärmlichen Suche—wonach suchte er überhaupt?—ab und scrollte sich durch die Buspläne, um der Demütigung seiner Verfallenheit schleunigst zu entkommen.
Irgendwo klirrten Flaschen und dröhnten Bässe. Als er noch einmal den Kopf zur Seite neigte, nahm er wahr, dass sich eine Figur aus der Formation von Writern gelöst hatte und auf ihn zuging—nicht wie jemand, der ihm mit Gewalt androhen wollte, ihre Domäne zu verlassen, sondern wie jemand, der einen wartenden Freund abholen kam.
Jimin trug die Haare fransig und gegen alle Traditionen mit pastellfarbenen Nuancen aufbegehrend. Er hatte seine rote College-Jacke gegen ein hellblaues, ähnliches Modell eingetauscht, in dessen Taschen er beide Hände versteckt hielt. Verspielt, gar tänzerisch kam er vor ihm zu einem unzeremoniellen Halt, den Kopf eine Idee in die Schräglage gebracht, die Augen funkelnd—als hätte er immer gewusst, dass sie sich genau hier, genau so ein zweites Mal begegnen würden.
Der Atemzug, den Yoongi entnervt hatte ausstoßen wollen, verkroch sich vor Ehrfurcht in seinem Rachen.
Zwischen Jimins betörenden Lippen klemmte der Stümmel einer fast aufgerauchten Zigarette. „Du solltest dich lieber nicht an diese Wand lehnen, Mister Cop Sir."
Fuck, Yoongi hatte seine samtige, stets ein wenig spöttelnde Stimmfarbe vermisst.
Er zog an der Zigarette. „Sie ist noch nass."
Erst jetzt bemerkte Yoongi die Farbe in seinem Rücken. Er drehte sich, warf einen Blick auf das Piece, das er vermutlich verfälscht hatte, nur weil er geistig nicht mehr auf der Höhe war, seitdem er Jimin kennengelernt hatte. Jimin grinste schief, als Yoongi die pinken Farbkleckse auf seinen Fingerspitzen mit hochgezogenen Augenbrauen betrachtete. „Sag ich doch", schmunzelte er amüsiert, bevor er die Zigarette unter seinem Fuß austrat. „Das ist eigentlich keine Gegend, in der gut-situierte Cops herumstreunern sollten."
„Woher wusstest du-?"
Jimin deutete nachlässig auf ihn. Seine Augen wanderten so zäh, so schwerfällig an ihm herab wie beim ersten Mal, als Yoongi das Verhörzimmer betreten hatte. Ein Schauer kroch über seinen Rücken.
„Welcher Bewohner hier trägt Rolex und Valentino und ist dämlich genug, sich damit an helllichtem Tag zu zeigen?", stellte Jimin ganz selbstverständlich, fast schon gelangweilt von der Einfachheit des zu lösenden Falls heraus.
„Du kennst dich mit Marken gut aus." Überrascht nahm Yoongi den überflüssig gewordenen Mund-Nasen-Schutz ab.
Jimins Blick fand wieder seinen und ging ihm mit seiner Intensität durch Mark und Bein. „Ich hab eben ein Auge für die schönen Dinge im Leben", säuselte er mit einem wachsenden, halbseitigen Grinsen; zu betont, um von mehr Bedeutung entladen zu sein. „Hast du das etwa schon vergessen?"
Wie zur Antwort—oder Kapitulation vor dem Sog seiner Hingerissenheit—hob Yoongi seine Hand an. So diebisch wie eine Elster, die Funkelndes und Glänzendes erspäht hatte, fixierte Jimin den eleganten Silberring an seinem Finger. Er lachte. Die tropfenförmigen Ohrringe der Marke Chanel baumelten gegen seinen Schwanenhals.
„Wie könnte ich", atmete Yoongi leise und nicht ganz unsarkastisch aus, noch einen Seitenblick zum Checkpoint von Jimins Writer-Crew werfend.
Eine Hand, die präzise an seinem Sichtfeld vorbei geradewegs das Ziel seiner Pupillen beanspruchte und sich gegen die Wand lehnte, lenkte seinen Fokus überrascht zurück zu Jimin.
Dieser war ihm bedrohlich nah gekommen; so nah, dass Yoongi jede Sommersprosse auf seinen Wangen zählen konnte.
Selbst die düsterste Warnung klang in seiner Stimmfarbe wie ein süßes Kokettieren mit Gefahr und Risikofreude. „Schau lieber nicht hin." Jimin schaute ihn mit einer erwartungsvollen Form von Herausforderung an. Yoongi konnte nicht abschätzen, ob er vielleicht doch nur testen wollte, ob er mutig genug für seine Sorte Lebensstil war. „Die anderen mögen keine Neuzugänge und erstrecht keine Fremden, die ihre Komplizen verknackt haben. Es wäre eine Schande, wenn sie deine hübsche Uniform besudeln würden."
„Ich trag keine Uniform", war das einzige, was Yoongis geistlosem Gehirn in dieser Nähe einfiel.
„Schade eigentlich", zwitscherte Jimin wie der letzte, neckischste Vogel des Tages. „Ich hatte mich an ihren süßen Anblick gewöhnt. Sag an, Mister Cop Sir, bekomme ich jetzt Ärger, weil ich gegen diese Häuserwand gesprayed und deine teuren Klamotten ruiniert habe?"
„Du warst das?" Yoongi wollte sich umdrehen und einen Blick auf das Kunstwerk werfen.
„Deswegen bist du doch hier, oder nicht?" Jimins Grinsen nahm wissende Züge an. „Das solltest du schnell waschen, sonst gehen die Flecken nicht mehr raus."
Es war Yoongi egal. Pinke Farbspritzer, die sich ewiglich in die Fäden seines Shirts gefressen hätten, passten sowieso besser zur Jahreszeit. Er wäre der letzte, der ausschlagen würde, eine Hommage von Jimin an Jimin auf der Haut zu tragen. Sollte das Prickeln unter den Stellen, wo der Stoff nass und klamm gegen seinen Rücken presste, aus einer allergischen Reaktion herrühren, könnte er auch checken lassen, ob seine Verfallenheit wie ein bösartiges Geschwür in andere Areale seines Gehirns auswuchern würde. Zutrauen würde er es seiner Weichheit für den pastellfarbenen Schopf vor ihm.
An Jimins Fingerspitzen klebten pinke und violette Farbränder, wahrscheinlich Überbleibsel vom Drücken auf Sprühventile. Sie fühlten sich warm an seiner Hand an, fuhren den schlichten Silberring nach. Yoongi hoffte, dass ein, zwei Kleckse auf dem Metall zurückbleiben würden.
„Gewissermaßen", hob Jimin in einem säuselnden, leisen Ton an, „bist du jetzt Teil meiner Kunst geworden, das ist ziemlich... beflügelnd."
Yoongi spürte, wie sich seine Kehle zuschnürte. „Du bist wirklich 21, oder?", krächzte er mit schwacher, rauer Stimme.
Jimin lachte glockenhell. „Mister Cop Sir", grinste er breit. „Würde ich dich je anlügen?"
Seine kleinen Hände fühlten sich neckisch und fordernd zugleich auf seiner Haut an, als sie dreißig Minuten später in Yoongis dunkle Wohnung taumelten; ein Bekenntnis in Jimins Fingerspitzen, dass seine triezende Verspieltheit nicht echt war und er selbst offenbaren wollte, was für ein Werk er aus Provokation und Sturheit geschaffen hatte. Yoongi stieß die Tür seines Schlafzimmers fahrig zu, bevor er außer Atem zu Jimin schaute, der von den Lichtern der Stadt hinter dem Fenster ätherisch illuminiert wurde und sich auf seinem Bett wie eine Katze räkelte. Er schloss kompromisslos zu ihm auf, erstickte Jimins selbstgefälliges Lachen mit seinen Lippen, die sich hungrig und geschwollen gegen das plumpe, sinnliche Paar des Jüngeren bewegten.
Yoongi war es gewesen, der die letzte Distanz zwischen ihnen auf der Jaeban-ro geschlossen und seiner Angezogenheit nachgegeben hatte, aber Jimin war derjenige, der das Spiel vorantrieb. Er entledigte ihn seines Shirts, ließ seine Finger über seine blasse Haut wandern, vergrub sie in seinen rabenschwarzen Strähnen als gehörte er ihm. Irgendwo tat Yoongi das; ganz tief in den unerklärlichen Gefilden seiner Schwäche war er hoffnungslos für den Anspruch an die Absolutheit in Jimins Händen verloren.
Sein Stöhnen klang lasziv in seinen Ohren, als Yoongi die Lippen um seine Mitte schloss. Es fühlte sich blasphemisch an, Jimin dabei zuzusehen, wie er auf seinen Höhepunkt hintaumelte; wie etwas Verbotenes, Himmlisches, gegen das irdische Augen nicht gefeit waren. Sein Kopf war zwischen die Kissen gebettet, sein Adamsapfel wurde schweren Schluckbewegungen unterzogen und seine flache, in Ansätzen muskulöse Bauchdecke spannte unter den Wogen seiner aufbrausenden Lust. Er trug Tinte unter seiner Haut, auf der feine, kaum sichtbare Schweißperlen im Mondlicht glänzten.
Nevermind stand in Großbuchstaben auf seinem Rippenbogen. Yoongi glaubte, dass es keinen passenderen Schriftzug für ihn gegeben hätte.
Er schmeckte Salz und Verlangen auf Jimins Lippen, die träge, beinahe spöttisch von sich selbst kosteten. Fingernägel hinterließen ein Kunstwerk aus roten, brennenden Striemen auf seinem breiten Rücken, bohrten in sein Fleisch, als trüge ihr Federführer die Sorge—oder Ungeduld—zu lange auf die Folter gespannt zu werden. Als Yoongi seine mit Gleitgel ummantelten, sehnigen Finger aus Jimin zog, flatterten dessen Lider, der Ausdruck in seinen Augen ein dunkler, auf den Geschmack gekommener, weggetretener. Verschwitzte Haarsträhnen hingen vor seinen Wimpern, verfälschten allerdings nicht die Begierde in seinen geweiteten Pupillen.
Er nahm, nahm, nahm und Yoongi war bereit, ihm alles zu geben, geben, geben was er besaß.
Seine Enge umschlang ihn süß und süchtig-machend; entlockte sowohl Jimin als auch Yoongi einen Laut der Erfüllung. Rhythmisch erklang das Klatschen von verschwitzten Körpern in seinem dunklen Schlafzimmer, außer Atem und am Rande seiner Sinne das Keuchen von Jimin, der die Beine um Yoongis Hüften geschlungen hatte und die schnellen, gierigen Stöße mit vor Genuss zusammengeschobenen Augenbrauen abfing.
Yoongi konnte nicht genug davon kriegen, wie seine abrupten Regungen in Jimin Schauder der Lust durch dessen Körper sandten; wie es im strammen Fleisch seiner Schenkel nachklang; was für Töne er aus seinem betörenden Mund herauskitzeln konnte. Er war gefangen von der Weise, wie perfekt Jimin sich anfühlte; um ihn und unter ihm; wie geradezu für ihn geschaffen; wie Jimin jeden Tropfen seiner Begierden auswrang und unersättlich austrank, aber dennoch wusste, wie er um ihn spannen musste, um Yoongis Hüften in ihrem Bewegungsfluss zum Stottern zu bringen. Die Hitze, die in und von ihm ausging, brachte Yoongi um den Verstand. Sie staute mehr von dem Druckgefühl in seinem Bauch an, der jetzt schon gefährlich gespannt gegen seine Ambitionen, diese Nacht ewiglich zu machen, presste. In Kombination mit Jimins sündhaftem Erscheinungsbild zwischen den weißen Laken und der Enge in seinem prallen Hintern erkannte Yoongi im Rausch seines Hochs, dass er zwar tatsächlich auf verlorenem Posten stand, aber nur gewinnen konnte.
Tief in dem Jungen vergraben kam er, musste einen Augenblick lang die Augen vor der Macht seines Blisses schließen. Jimins Beine zitterten, als er sie anzog. Er atmete schwer, ein dünner Schweißfilm auf seiner bronzefarbenen Haut im verschwommenen Schimmern seiner Augen erschöpften Anklang findend. Yoongi nippte an seiner plumpen Unterlippe und Jimin grinste gegen seinen Mund, streifte mit der Zunge neckisch sein Lippenrot, fast als wollte er höhnen Schon müde, Mister Cop Sir?
Er lag auf seinem Bauch, als Yoongi zurück ins Zimmer kam, die Bettdecke nachlässig über seine Nacktheit geworfen. Die Lichter von Busan fielen sanft in die Kuhle seines unteren Rückens, illuminierten die Kurve seines Hinterns und seiner Beine, deren Knöchel er verspielt überschlagen hielt. Jimin beobachtete ihn aus Argusaugen dabei, wie er sich neben ihn ins Bett fallen ließ. Dann lachte er leise über etwas, das sich Yoongis benebeltem Verständnis entzog, wandte sich ihm zu und malte mit den Fingern imaginäre Kreise auf seinen Brustkorb.
Wenn das bedeutete, dass Jimin tatsächlich ein Kunstwerk aus ihm machte, dachte Yoongi, während er den Jungen bei sich hielt und feuchte, verwaschene Haarspitzen seine Haut kitzelten. Dann wollte er als Leinwand für alle Ideen, die in seinen Fingerkuppen gesponnen wurden, herhalten.
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