21. Die Ruhe vor dem Sturm
Diese Nacht gehörte wohl zu den anstrengendsten meines bisher kurzen Lebens. Nachdem ich das Bild der Fomori nicht mehr aus meinem Kopf bekommen hatte, war an Einschlafen kaum mehr zu denken. Zu viele Gedanken schwirrten umher, die viel zu große Ungewissheit ließ das Adrenalin nur so durch meinen Körper strömen und es machte mich fertig. Insgesamt hatte ich vielleicht zwei, drei Stunden geschlafen, die aber auch nicht wirklich erholsamer waren, denn in diesen Stunden plagten mich grausame Albträume, in denen ich starb, verstümmelt wurde oder nur wieder erneut als Geisel leben musste. Jedes Mal schreckte ich aus ihnen auf, schweißgebadet und noch mehr am Ende als das Mal davor. Ganz verhindern konnte ich es nicht, dass meine Augen vor Schwäche und Müdigkeit einfach zu fielen. Den Rest der Zeit lag ich jedoch wach auf dem Heu, starrte die Decke an und verlor mich mehr und mehr in endlosen Gedankenschleifen. Es war so viel unklar, es gab so viele Möglichkeiten wie es ablaufen würde und die meisten endeten eher schlecht. Würden wir überleben oder in Stücke gerissen werden? Was würde passieren, wenn wir es tatsächlich schaffen würden? Könnte ich Theo entkommen und ein neues Leben beginnen oder würde ich bis zum Ende meiner Tage seine Marionette sein und unvorstellbar viel Leid über die Menschheit bringen?
Mein Bauchgefühl ließ mich nur das schlimmste erwarten und das machte mir Sorgen. Oft war in dieser Nacht kurz vor einem Nervenzusammenbruch gewesen und hatte auch manchmal einfach aus Verzweiflung angefangen zu weinen, wie immer. Ich hatte das Gefühl nicht stark genug zu sein, dem Druck nicht standhalten zu können und von der Last auf meinen Schultern in mich zusammenzufallen. Hätte ich einen Wunsch frei, würde ich alles rückgängig machen. Ich würde mir wünschen den Anhänger nie gekauft zu haben.
Kurz dachte ich noch einmal darüber nach. Denn es würde auch bedeuten, dass ich Peter nie getroffen hätte. Er wollte zwar nichts von mir als Person, aber trotzdem hatte ich mit ihm eine Zeit voll mit Freude und Spaß. Ich hatte mich nie lebendiger gefühlt und mir das wieder zu nehmen, würde mich traurig machen. Dann hatte ich in Theo meine erste große Liebe gefunden. Ja, er war definitiv der Falsche für mich, aber auch das würde ich nie vergessen. Und letztendlich hätte irgendeine andere Person die Triskele gefunden und hätte das gleiche durchmachen müssen wie und das sollte keiner jemals. Es machte mich glücklich, andere glücklich zu sehen, selbst wenn es mir schlecht ging. Und es machte mich traurig, andere leiden zu sehen, auch wenn es mir gut ging.
Genau und das war eine meiner größten Schwächen. Erst an alle anderen denken, dann komme ich. Ich war innerlich geteilt. Ohne all das hier wäre ich vielleicht besser dran gewesen, jedoch würde mir auch einiges fehlen. Die ganze Lebenserfahrung, Action, und Liebe.
Ach, das war alles viel zu viel! So kompliziert nachzudenken und das Geschehene in Frage zu stellen brachte mir nichts, es änderte nichts. Mir rauchte der Kopf, er tat nach einer Weile weh und ich konnte schon die Zahnräder in meinem Gehirn rattern hören. Ich brauchte Ruhe, Schlaftabletten oder einfach ein paar Drogen, um alles etwas entspannter zu sehen, auch wenn ich nicht wusste, was man an meiner Situation entspannt sehen konnte. Eine Therapie wäre gut oder ein Pause-Knopf. Doch weder das eine, noch das andere wäre jetzt möglich. Ich würde wohl nie mit dem, was ich erlebt hatte, abschließen können.
Schließlich überkam mich dann doch noch ein Quäntchen Erschöpfung und ich tauchte erneut, von einer auf die andere Sekunde, in die Finsternis meiner Selbst. Grade hatte ich meine Halbschlafphase erreicht und war kurz davor tief in die Dunkelheit zu sinken, da hörte ich Theo's verniedlichte Stimme, die nur gedämmt an meine Ohren gelang. Dabei begann meine Nase komisch zu kribbeln, sodass ich nicht anders konnte, als sie rümpfen.
"Kleine Wölfin, der große Tag ist da."
Nur schwer konnte ich meine müden Augen öffnen, spürte wie angeschwollen sie waren und blickte auf den durchgeknallten Braunhaarigen, der kopfüber über mit kniete und mit einem Halm Stroh meine Nase kitzelte. Ich musste erstmal mehrfach blinzeln, um wirklich sicher zu sein, nicht zu träumen.
"Was zum Teufel tust du da?", wollte ich wissen, stöhnte erschöpft auf und rieb überanstrengt über mein Gesicht. Nachdem ich mich ausgiebig gestreckt und ein, zwei Mal lautstark gegähnt hatte, richtete ich mich gequält auf und sammelte etwas Heu aus meinen zerzausten Haaren.
"Man siehst du beschissen aus.", stellte Theo erheitert fest. "Hat dich eines der Pferde überrannt?"
"Haha, wirklich verdammt witzig." Ich seufzte auf und verdrehte genervt die Augen. "Ich hab kaum geschlafen und fühle mich jetzt wie Matsch, mehr nicht."
"Egal wie es dir geht, du wirst nicht hierbleiben. Es gibt keinen Ausweg aus meinen Plänen. Wenn es sein muss schleife ich dich sogar durch Sand, bis wir den Tempel erreicht haben."
"Ja, schon klar. Es wird schon irgendwie gehen. Ein starker Kaffee und ich bin wieder fit. Hoffentlich...", meinte ich schlicht, wo bei ich den letzten Teil nur leise murmelte, denn mir ging es echt mies. Vielleicht sogar schlimmer, als ich es mir eingestehen wollte, aber ich durfte nicht schwächeln. Nicht wenn so viel auf dem Spiel stand.
Also raffte ich mich, so gut es ging, auf die Beine und kletterte ihm hinterher die Leiter hinunter. Unten warteten bereits Milo und Roxy, die ausgeschlafen schienen und mir fröhlich einen guten Morgen wünschten. Kein Wunder, für die beiden war ebenfalls ein toller Tag. Spätesten morgen früh würden sie zum stärksten Rudel aller Zeiten gehören. Sie müssten keine Angst mehr vor niemandem haben, denn nichts könnte sie aufhalten. Schön für sie, doch ich konnte mich kein Stück darüber freuen. Das war wirklich das erste Mal, dass mich gute Laune bis unter die Haut anwiderte.
Es war noch sehr früh, die leichten Winde eher kühl und die Sonne streckte ihre ersten Strahlen hinter den Hügeln hervor. Wenigstens würde mein letzter Tag in Freiheit einer mit gutem Wetter werden. Als wir durch das große Scheunentor nach draußen liefen, sahen wir bereits Nate an den Pferdekoppeln, der den Tieren frisches Wasser in die Tränken füllte. So schön ein Ranch-Leben auch sein mochte, das frühe Aufstehen wäre mir viel zu Stressig. Dazu die ganze Knochenarbeit, die Tiere pflegen, so gut wie alles selbst bauen... Nein, das war zu anstrengend für mich.
Als der Blonde uns bemerkte, legte er sofort seine Arbeit beiseite und kam lächelnd auf uns zu. So sympathisch ich ihn auch fand, ich konnte nicht noch mehr positive Energie gebrauchen. Heute machte es mich einfach wütend glückliche Menschen zu sehen, da ich genau wusste, dass ich selbst vielleicht nie wieder so lebensfroh durch die Welt stolzieren konnte. Natürlich war es ungerecht wütend auf ihn zu sein, weil er nichts für meine Probleme konnte, geschweige denn etwas davon wusste, aber wenn ich es zurück hielt, würde irgendwann alles auf einmal aus mir herausplatzen und ich würde den gesamten Planeten zusammen schreien.
"Guten Morgen alle miteinander. Haben euch die Stroh-Flöhe aus dem Bett gescheucht?", begrüßte Nate uns scherzend.
"Nein, wir haben nur etwas sehr 'wichtiges' zu tun und brauchen alle Zeit, die wir kriegen können.", begann ich etwas zu genervt klingend, bevor jemand anders hätte etwas sagen können. Ich bemerkte sofort, dass er mich mit einer etwas verwunderten Miene betrachtete und unsicher zu grinsen anfing. Ich stöhnte entschuldigend auf und kratzte mich zusammenreißend am Hinterkopf. "Tut mir leid. Ich bin wohl mit dem falschen Fuß aufgestanden." Auch Theo hatte meine schlechte Stimmung bemerkt, weshalb er hinter mir hervor kam und mich etwas unsanft hinter sich schob, damit wir es uns nicht mit Nate's Gastfreundschaft verscherzten.
"Ja, haha, wie auch immer. Wir müssen auf jeden Fall schon früh los, leider. Es war wirklich sehr nett von dir und deiner Familie, uns über Nacht aufzunehmen. Könntest du uns nur vielleicht einen letzten Gefallen tun?", fragte er unschuldig. Der Versuch ihn um den Finger zu wickeln war offensichtlich und trotzdem sprang der gutgläubige Blonde auf sein Getue an.
"Aber natürlich. Was braucht ihr?"
"Wäre es in Ordnung, wenn wir uns ein paar deiner Pferde leihen? So würden wir schneller vorankommen und unsere Energie in der Hitze sparen."
"Klar doch. Für euch mache ich auch ein Sonderangebot. Vier Pferde im Preis von zweien. Spätestens morgen Abend könnt ihr sie dann wieder zurück bringen. Achtet nur darauf, dass sie genug zu trinken und zu fressen bekommen.", meinte Nate großzügig und lächelte ihn an.
"Das ist wirklich nicht nötig. Wir zahlen voll."
"Nein.", erwiderte er und legte seine Hand auf Theo's Schulter. "Für Freunde tue ich sowas gerne."
Theo nickte dankend und ließ sich dann den Weg zu den Pferden zeigen, während wir anderen drei hinter ihnen her trotteten. Ich war schon ein bisschen sauer, dass er mich quasi auf Stumm geschaltet hatte, doch wahrscheinlich war es besser so gewesen. In meinem Zustand hätte ich es wohl eher dazu gebracht, dass man uns rausgeschmissen hätte und dann wären wir den ganzen Weg weiter durch die Wüste zu Fuß gelaufen. Als wir am Eingangsbereich des Hauses vorbeigingen, kam Ava etwas verwirrt aus der Tür gestürmt. Sie lief gradewegs auf uns zu und schien etwas enttäuscht zu sein.
"Oh, verlasst uns ihr schon? Wir konnten uns ja kaum richtig kennenlernen.", fiel ihr niedergeschlagen auf, doch Milo schaffte es sie doch noch etwas zum grinsen zu bringen.
"Es tut uns wirklich sehr leid, aber das hier muss ja nicht das letzte Treffen gewesen sein. Man sieht sich immer zweimal im Leben." Zwar konnte ich an seinem Herzschlag hören, dass er log und es für ihn nicht von Bedeutung war, sie alle noch einmal wieder zu sehen. Warum auch, wenn sie mich hatten? Aber für den Moment reichte es ihr.
"Ja, da hast du recht.", stimmte Ava ihm glücklich zu. "Dann werde ich euch aber wenigsten noch ein paar Lunchpakete vorbereiten. Da gibt es keine Widerrede."
So ging sie also wieder ins Haus zurück. Diese Menschen waren eindeutig zu freundlich für meine Begleiter. So viel Liebe und Gutherzigkeit hatten sie nicht verdient. Nicht nach all den grausamen Taten. Dabei war ich mir nicht mal sicher, ob sie ihre Aufmerksamkeit überhaupt richtig wertschätzten oder es ihnen völlig gleich war.
Na ja, auf jeden Fall brachte uns Nate zu seinen Tieren und bot uns sogar an, dass jeder sich seines aussuchen durfte. Vorher erklärte er, mit welchen man leicht umgehen konnte und welche etwas Reiterfahrung benötigten. Schon bevor ich jedes Pferd gesehen hatte, war für mich klar, dass ich das weiß - braun gescheckte Tinker nicht mehr aus dem Kopf bekommen konnte. Groß, stark und graziös. Das Reiten würde sich anfühlen wie Fliegen. Sie waren meine absolute Lieblingsrasse. Dass Theo den großen, schwarzen Hengst nehmen würde, war mir auch von Anfang an klar gewesen. Nichts passte besser zu ihm, als die gefühlskalte Dunkelheit, die Macht und den Edelmut, welche er wahrscheinlich damit verband.
Nach einer kurzen Einweisung, umarmten wir Nate und Ava zum Abschied und steckten die Lunchpakete und genügend Wasser in die Satteltaschen. Wir schwangen uns auf die Pferde und den winkten der Familie zu, als wir durch das Eingangstor der Ranch ritten. Ich hoffte, dass sie nach dem heutigen Tag weiterhin glücklich gemeinsam alt werden konnte. Mehr als ihnen das zu wünschen, was ich für mich gewollt hatte, konnte ich nicht. Doch ob Theo sie verschonen wollen würde, war für mich ein Rätsel. Es war klar, dass er nichts Gutes im Sinn hatte, absolut nicht, und er hatte auch oft genug deutlich zu erkennen gegeben, dass er mit seiner Macht die Welt verändern wollte. Trotzdem waren da zu viele offene Fragen. Wen würde er verschonen, wenn überhaupt? Wollte er den Staat Kalifornien unterwerfen oder hatte er viel größere Pläne? Würde eine Revolution anstehen oder vielleicht sogar eine neue Weltordnung? Aber was mich am meisten beschäftige: Was würde er mit mir anstellen und würde er mich je wieder gehen lassen?
Über all das nachzudenken ließ die Angst des Ungewissen wieder in mir aufbrodeln. Vor mir könnte eine Zukunft voller Leid, Schmerz und Zerstörungen liegen, die ich nicht retten konnte, wenn er mich unter Kontrolle hatte. Leute würden versuchen das Übel zu vernichten, das offensichtlich ich darstellte, und wahrscheinlich hätten sie nicht mal eine Chance. Der Tod könnte an jede Tür klopfen, Familien könnten sich vor Panik Wochen in ihren Häusern verschanzen und alles wäre dem Untergang geweiht. Vielleicht würde Theo sich auch zu Beginn nur an denen rächen, die ihn verletzt hatten. Doch wie jeder wusste, konnte der Rachedurst nicht gelöscht werden und das Verlangen nach noch mehr Macht würde wachsen.
Eines war klar: Ich musste ihm um jeden Preis entkommen, Liebe hin oder her. "Sei stark. Reiß dich zusammen und ignorier deine Gefühle für ihn! Die ganze Welt könnte auf dem Spiel stehen.", rief ich mir immer und immer wieder ins Gedächtnis, während ich stumm auf Roxy's Rücken starrte und mich einfach nur vom Geschaukel des Pferdes hin und her wiegen ließ. Wie im Gänsemarsch ritten wir in einer Reihe an Kakteen und Hügeln vorbei. Es gab natürlich keinen Fußweg, der uns in die Richtung des Tempels führte. Milo's Aufgabe war es, uns ganz vorne zu lotsen, so viel Vertrauen wurde ihm dann doch geschenkt. Roxy und ich bildeten die Mitte und Theo war wie erwartet das aufpassende Schlusslicht. Egal wie oft ich ihm auch sagte, dass ich nicht vor hatte abzuhauen, schien er misstrauisch zu bleiben, was ich zwar irgendwie nachvollziehen konnte, jedoch absolut nicht notwendig war.
Pausenlos und schweigsam lief unsere Reise recht unspektakulär voran. Ewigkeiten quälten wir uns durch die brennende Sonne und die schattenfreie Gegend. So lange, dass die Sonne bereits wieder am untergehen war. So viel Langeweile hatte ich noch nie durchmachen müssen und bis jetzt war auch keine Aussicht auf den Tempel.
"Sicher, dass du in die richtige Richtung gehst?", fragte Roxy Milo schnippisch, der sich genervt zu ihr umdrehte und aufstöhnte.
"Ja, Miss Ungeduldig, ich bin sicher. Wenn du es besser weißt, dann komm hier her und führ die Gruppe an. Aber dann trägst du die Verantwortung und kannst von Theo in Stücke gerissen werden, wenn du's vermasselst."
"Ach, nein nein. Schon gut, du machst das prima.", war das einzige, was sie daraufhin antwortete. Wenn es um Ärger ging, war sie die erste, die einen Rückzieher machte.
Trotzdem musste ich ihr zustimmen. Ich war mir so langsam auch nicht mehr sicher, ob wir hier richtig waren. Dazu kamen große Sorgen wegen des Vollmonds heute Nacht. Noch war die Sonne nicht komplett untergegangen, aber ich spürte bereits so ein komisches Gefühl in meinem Magen und es war kein Hunger. Eher ein aufbrausendes Gefühl, ein leichtes Wut-Kribbeln oder sowas in der Art. Diese Nacht konnte ja mal was werden.
"Werden viele von diesen Fomori da sein?", wollte ich wissen, um mich abzulenken und wandte mich deshalb an Theo.
"Na ja,", begann er und zuckte mit den Schultern. "Ein Spaziergang wird es auf jeden Fall nicht. Ich schätze, es sind entweder mehr als wir erwarten oder es sind relativ wenige, dafür aber verdammt stark."
"Klingt ja... beruhigend.", murmelte ich ironisch und spürte wie sich meine Atmung verstärkte. Wir würden sterben.
"Ich sag es gerne nochmal, Prinzessin. Keine Sorge, ich kriege meinen Ring schon."
Auch ohne mich noch einmal zu ihm zu drehen, fühlte ich sein sarkastisches Zwinkern in meinem Rücken und schüttelte den Kopf. Sein Optimismus war an sich eine gute Sache, er machte sich wahrscheinlich nicht so verrückt wie ich es tat, aber er war sich ein Stückchen zu sicher. Der Kampf, um an den Ring zu gelangen, würde ohne Frage hart und blutig werden. Dazu stand der Vollmond an, der mich jetzt schon langsam etwas hibbilig machte, und auch Roxy hatte mit seiner Macht noch keine Erfahrung. Also standen zwei Chimären, die sich perfekt unter Kontrolle hatten, und zwei andere Werwölfe, die mit hoher Wahrscheinlichkeit austicken würden, einer Horde wilder Wächter gegenüber. Da konnte ja rein gar nichts schiefgehen...
Die Sonne war lägst hinter dem Horizont verschwunden und allmählich suchte sich der runde, helle Mond seinen Platz am klaren Sternenhimmel. Wenn heute nicht mein letzter Tag in Freiheit gewesen wäre, hätte ich ihn genießen können. Ich wäre auf unser Hausdach geklettert und hätte in die Weiten des Alls geblickt, Sternbilder gesucht und nach Sternschnuppen Ausschau gehalten. Doch diese Nacht lief anders.
Wir hielten auf Theo's Befehl hin an und verschanzten uns hinter einem großen Fels. Als er erwähnte, er hätte etwas grummeln gehört und etwas halb Mensch, halb Tier mäßiges gerochen, konnte auch ich die Fährte aufnehmen. Dort lagen wir nun, alle vier nebeneinander und streckten nur leicht die Köpfe hinter dem Stein hervor. Das, was ich erblickte, raubte mir den Atem.
Nicht weit von uns entfernt türmte ein gigantischer, Azteken ähnlicher Tempel aus edlem Sandstein in den Himmel empor. Der Eingang ragte etwas ins Innere herein und wurde von einem massiven, Gold glänzenden Tor versperrt. Dass ich sowas jemals zu Gesicht bekommen würde, hätte ich nicht gedacht. Vor allem nicht in der Wüste. Er hatte etwas bedrohliches an sich, wie eine undefinierbare Aura, die ihn umgab. Ein kalter Schauer überkam mich, bei dem Gedanken, dort hinein spazieren zu müssen. Doch leider Gottes, war das nicht das erschreckendste.
Nein, es war das Duzend Fomori, die um das gesamte Gelände Patrouille liefen. Sie wirkten mit ihren leichten Gewändern aus Fell und Federn und den spitzen Knochenspeeren sogar noch gefährlicher, als Theo es beschrieben hatte. Selbst die Viecher ohne Hörner auf dem Kopf waren reine Muskelpakete und fast doppelt so groß wie ich. Soweit ich es erkennen konnte, baumelten kleine Schädel als Schmuck die Röcke herunter und ihr Oberkörper war mit bunten Farben bemalt. Ich würde lügen, wenn ich sage, ich hätte keine Angst gehabt. Ich hatte sogar verdammt nochmal Angst hoch tausend!
"Okay, aufgepasst. Hier ist der Plan.", begann Theo, nachdem er mich in meiner Schockstarre nach unten hinter den Felsen zu den anderen gezogen hatte. "Es sind ungefähr ein Duzend, also zwölf Stück. Vier davon sind die sehr starken Hörnertypen. Die müssen zuerst beseitigt werden. Versucht sie so zu trennen, dass jeder von uns einen von denen und zwei von den anderen hat. Falls es nicht klappen sollte, geht einfach nicht drauf. Soweit klar? Roxy, Tandy? Schafft ihr das?"
Roxy nickte. Zwar unsicher und wenigstens halb so verängstigt wie ich, aber sie nickte. Ich hingegen war wie eingefroren. Steif und mit geweiteten Augen schielte ich an allen vorbei in die Leere. Es war nicht nur die Panik, die mich in diesem Zustand verharren ließ, sondern auch der spürbare Einfluss des Mondes. Ich hörte nur noch meinen eigenen Herzschlag in meiner Brust pulsieren, fühlte meinen Körper mittlerweile komplett kribbeln und meine Atmung saß schwer. Alles zusammen ließ mich innerlich wüten, total durchdrehen, und ich wusste, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis alles aus mir herausplatze und ich wie ein tollwütiger Hund jeden kurz und klein schlagen würde. Es war eine andere Reizbarkeit, die ich so noch nicht kannte. Ich wusste nicht, wie ich es kontrollieren sollte, was es aus mir machen würde und das bereitete mir Sorge.
"Tandy?", fragte Theo erneut und schnipste vor meinem Gesicht umher.
"Ich weiß nicht, wie lange es noch dauern wird. Ich kann es nicht zurückhalten.", stellte ich kopfschüttelnd und keuchend klar. Mein Blick fiel auf den Vollmond, der schon fast seinen Höhepunkt erreicht hatte. Seine Augen folgten ihm und als er sich zurückdrehte, stand seine Entscheidung fest.
"Gut. Dann heißt es jetzt auf in den Kampf..."
Hallo 👋🏻
Kapitel 21 ist da und im nächsten geht es dann richtig zur Sache. Was denkt ihr wie es ausgehen wird?
Und außerdem kann ich gar nicht oft genug sagen, wie dankbar ich bin, dass ihr meine Geschichte lest!😍 Es sind schon sooo viele neue Reads dazu gekommen♥️
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