20. Eine neue Bedrohung


"Da seit ihr ja endlich. Wir warten schon seit über einer Stunde auf euch.", nörgelte Milo, als Theo und ich am verabredeten Treffpunkt ankamen. Mit Rucksäcken voll mit Wasser, Verpflegung und sonstigem Schnickschnack um alte Gebäude zu durchforsten, stand er mit verschränkten Armen neben Roxy und schien ungeduldig auf eine plausible Erklärung für unser Zuspätkommen zu warten.

Ich würde jedoch nicht antworten, dazu war ich zu sehr neben der Spur. Gleich nachdem ich aus Theo's Umarmung gegangen war und er mich nochmals liebevoll angelächelt hatte, fühlte ich mich durcheinander. Ich wusste nicht, ob ich etwas sagen sollte und wenn ja, was genau, also blieb ich still. Meine Gefühle für ihn waren nun noch ausgeprägter, sodass ich tatsächlich kurz am überlegen war ihn einfach zu küssen, weil alles ihn mir danach verlangte, doch dann wäre ich ihm wieder hingeben, erneut blind vor Liebe und deshalb hatte ich es schweren Herzens unterlassen. Als sich unsere Körper berührten, spürte ich das Verlangen nach mehr, nach so viel mehr als bloß meinem Gesicht auf seiner Schulter und seinen Armen, die sich um mich umschlangen. Es tat fast schon weh mir, wie schon so oft, einzugestehen, dass es für uns keine Zukunft zu zweit gab.

Er war das komplette Gegenteil von mir, was vielleicht auch der Grund dafür war, dass ihn um so mehr wollte, denn Gegensätze zogen sich ja bekanntlich an. In diesen Augenblicken verlor ich mich in meinen glücklichen Fantasien, fragte mich, was wohl passiert wäre, wenn wir uns auf eine andere Weise getroffen hätten, wenn wir normale Menschen wären und keine übernatürlichen Wesen. Doch das war alles bloß Wunschdenken und somit unmöglich.

Nur nach dieser aufbauenden Geste war mein Kopf nur noch Matsch. Es standen ein Engelchen und ein Teufelchen auf meinen Schultern, die sich ununterbrochen zankten. Beide brüllten gleichzeitig in meine Ohren, hatten schlüßige Argumente, doch brachte mich all das nicht weiter. Sie machten es eher noch schlimmer und verstärkten meine Unentschlossenheit. Jetzt wusste ich nicht, wie ich mit ihm umgehen sollte. Oder doch, ich wusste es sogar genau, ganz tief in mir drinnen. Ich musste ihn loslassen, so wie ich es mir vorgenommen hatte, nur so würde ich überleben. Aber es war unfassbar schwer mir das endgültig klarzumachen oder es umzusetzen, da ich mich in seiner Gegenwart nun wieder fühlte wie am ersten Tag. Nervös, unruhig und total verliebt.

"Es ist etwas passiert. Jemand ist hinter Tandy her. Sie hört Dinge, die wir nicht hören können und da sie keine Banshee ist, vermute ich, dass Jemand oder Etwas versucht sie zu finden. Deshalb müssen wir so schnell wie möglich den Tempel erreichen, bevor wir entdeckt werden.", erklärte Theo unser weiteres Vorgehen, woraufhin sich Milo's Haltung lockerte und er verständnisvolle nickte.

Ich währenddessen stand bloß schüchtern daneben, schaute den steinigen Boden an und kaute auf meiner Unterlippe. Das einzige was mir durch den Kopf ging waren seine Worte von vorhin, die Chimären beachtete ich gar nicht. Deshalb bemerkte ich auch nicht, das Theo angefangen hatte mit mir zu reden, bis er jedoch vor meinen Augen hin und her winkte und meinen Namen sagte.

"Was? Ich höre zu!", log ich total aus meinen Gedanken gerissen und blickte auf.

"Ja, natürlich tust du das.", bemerkte er ironisch. "Wie auch immer, wir brechen auf. Kommst du?"

Ich sagte nichts zur Antwort, ich lächelte ihn bloß breit an und folgte den ihnen auch schon in die Wüste. Ich würde sagen interessiert, nicht besorgt, lief er hinter mir her und fragte mich, ob alles in Ordnung sei oder ob mich die Sache von grade eben doch tiefer traf, als ich zugeben wolle. Ich meinte zu ihm stockend, dass nichts wäre, weil ich ja kaum erwähnen konnte, dass seine Nähe mich verrückter machte, als die Stimmen aus dem toten Telefon. Natürlich machte es mir Angst, was hier passierte. Vor allem weil ich keine Ahnung hatte was genau. Aber nicht zu wissen, wie ich mich vor Theo verhalten sollte, stresste mich extrem.

Um einem peinlichen Gespräch aus dem Weg zu gehen, rannte ich zu Roxy, die die Landkarte vor sich hielt, und versuchte mich abzulenken. So richtig zuhören tat ich ihr jedoch nicht, als ich bemerkte wie Milo sich zu Theo gesellte und fragte:

"Ist alles gut mit ihr? Sie wirkt angespannt."

Ich wusste sofort, dass er mit sie mich meinte. Deshalb lauschte ich weiter.

"Na ja, wie würdest du dich fühlen, wenn dir Leute mich weißen Augen begegnen und du Stimmen hörst, die keiner hört?", stellte Theo ihm als Gegenfrage, doch er schien sich missverstanden zu fühlen.

"Nein, das meine ich nicht. Ich glaube, da ist noch mehr."

"Was sollte da denn sonst noch sein?"

"Das kann ich dir auch nicht sagen. Deswegen hab ich dich ja gefragt, ob du was weißt.", meinte Milo, woraufhin Theo mit "Keine Ahnung" antwortete.

Mir war es schon echt unangenehm, dass mein komisches Verhalten Milo auf mich aufmerksam gemacht hatte und er wusste, dass es nicht nur der Schock war, der mich beschäftigte. Obwohl hier jeder, wirklich jeder, wusste, dass ich Gefühle für diesen Werkojoten empfand, hatte ich es nie so deutlich wie jetzt vor ihnen gezeigt. Vorher hatte ich es hinter meinem Hass versteckt. Schlimm wäre es nicht, wenn er es herausfinden würde, ich stand dazu, aber ich wollte nicht schon wieder ausgelacht und enttäuscht werden.


Mittlerweile stand die glühend heiße Mittagssonne am Zenit des Himmels und erschwerte uns die anstrengende Reise durch den ungeschützten Sand. Wir hatten so wenige Pausen wie möglich eingelegt, um keine Zeit zu verschwenden, ich hatte mich bestimmt schon zehn mal mit Sonnencreme eingeschmiert, da mein Schweiß alles innerhalb von Minuten wegwusch und wir alle waren mit unseren Kräften fast am Ende. Auch das Wasser wurde knapper, aber verdursten würden nicht, denn alles war bewachsen mit grünen, wenn auch oft vertrockneten, Pflanzen und jeder Menge Kakteen, die Wasser speicherten.

Stunden irrten wir schon hier herum, schienen jedoch auf dem richtigen Weg zu sein, so oft wie Theo unseren Standort mit der Karte verglich. Trotzdem zweifelte ich langsam daran, dass es hier sowas wie einen Tempel geben sollte. Die Hitze war nicht auszuhalten, meine Beine machten allmählich schlapp und die Sonne knallte so stark auf meinen Kopf, dass ich langsam nicht mehr klar denken konnte. Deshalb schlug ich vor nur einen Moment anzuhalten und uns auszuruhen, bevor noch irgendwer vor Schwäche umkippen würde. Wenn auch etwas wiederwillig stimmten alle zu, denn ihnen erging es scheinbar nicht besser als mir. Mit knallroten Köpfen und völlig außer Atem, setzten wir uns also auf einen großen Fels an einem Hang eines Hügels.

"Ich bin am verdursten.", brachte Roxy gequält hervor und wischte sich überdramatisierend mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn.

Genervt von ihrem Gejammer stöhnte Milo auf. "Dann trink doch einfach was."

"Damit ich für später nichts mehr habe? Nein danke.", meckerte sie daraufhin. "Wer weiß wie lange wir noch brauchen."

Kurz hatte ich überlegt, ihr meine Flasche zu geben, doch ich merkte, dass auch ich kaum noch etwas übrig hatte. Wir alle waren durstig und deshalb gereizt. Jeder noch so kleine Kommentar machte uns aufbrausend, vielleicht auch weil Vollmond anstand, aber wir mussten Ruhe bewahren. Leider war das nicht grade Milo's Stärke. Nachdem Roxy ihn nach etwas Wasser gebeten hatte, rastete er nämlich leicht aus und knurrte sie mit leuchtenden Augen an. Auch ihr gefiel es eher weniger, weshalb sie ihre Krallen zückte und ihm drohte. Wäre Theo nicht dazwischen gegangen, hätte es in einem Massaker geendet.

Als beide sich wieder beruhigt hatten und Roxy beleidigt in die Ferne blickte, bemerkte ich, wie sie sich nach etwas zu strecken schien, als würde sie etwas entdeckt haben. Plötzlich schrie sie da auch schon los.

"Wasser! Leute, dahinten ist Wasser! Ein riesige Oase mit Palmen!"

"Palmen?", fragte ich verwundert nach. Wir waren in der Sonora-Wüste, hier wuchsen keine Palmen, nur Büsche, die vielleicht halb so groß waren, wenn überhaupt. Sie musste halluzinieren. Der Durst ließ sie verrückt werden und schon stürmte sie los. Auch Theo und Milo konnten nichts erkennen und versuchten ihr noch hinterher zu rufen.

"Roxy, warte! Wir müssen zusammen bleiben! Du bildest dir das alles nur ein! Komm zurück!"

Aber es war zu spät. Theo gab Milo die Anweisung bei mir zu bleiben und auf mich zu achten, während er der halben Kitsune hinter lief und sie tatsächlich einholen konnte. Durch diese kleine dumme Aktion, hatten die beiden nun noch mehr Kraft verbraucht und benötigten dringender Wasser als zuvor. Auch wenn Roxy eigentlich nichts für die Halluzination konnte, wurde sie runtergemacht und mehrfach ermahnt, es kein zweites Mal zu wagen und so die Mission in die Länge zu ziehen. Sie tat mir wirklich leid, aber sich einzumischen würde auch nichts bringen.

Um den Streit nicht weiter anhören zu müssen, entschied ich mich auf den Hügel zu steigen, um mir einen besseren Überblick über die Weiten zu verschaffen. Oben angelangt suchte ich die Gegend ab und konnte meinen Augen nicht trauen. In der Ferne war eine kleine Pferde-Ranch zu sehen.

"Leute, hört auf euch zu zoffen und kommt lieber mal hier rauf! Halluziniere ich auch, oder seht ihr das gleiche wie ich?"

"Was? Wovon redest du?", grölte Theo zurück, folgte mir jedoch mit den anderen hinauf."

"Dahinten. Könnt ihr die Ranch auch erkennen?", fragte ich gespannt, als er neben mich trat und unsere Hände sich zufällig berührten. Sofort zog ich sie schreckhaft weg, schluckte stark und versuchte cool zu bleiben.

"Ja, du hast Recht. Gut gemacht kleine Wölfin.", lobte er mich, was mein Herz gleich zum rasen brachte. Ich hatte es immer gehasst, wenn er mir blöde Spitznamen geben hatte, doch jetzt fand ich es irgendwie niedlich. Wäre mein Gesicht nicht schon von der Wärme so rot wie eine Tomate gewesen, hätte ich mich dafür in Grund und Boden geschämt zu erröten, weil er mich so pries.

Eilig klettern wir auch schon von dem Hügel hinunter und liefen in die Richtung, in der die Ranch lag. Der Weg war weiter als erwartet und die Sonne stand bereits deutlich tiefer, als wir vor dem großen Bogen des Eingangstors ankamen. Es würde zwar noch ca. drei Stunden dauern, bis sie endgültig untergehen würde, doch die Zeit reichte wahrscheinlich um Längen nicht aus, um den Tempel zu finden. 

Wir gingen durch das Tor unter einem großen Holzschild entlang, auf dem "Willkommen auf dem Sonora-Hof" stand. Obwohl sich wahrscheinlich nicht viele Leute hierher verirrten, schien es sehr einladend und sauber zu sein. Nachdem wir den Hof betreten hatten, kam uns ein junger Mann mit offenen Armen entgegen.

"Hallo und herzlich Willkommen auf meiner Ranch.", begrüßte der ende Zwanzigjährige uns eingehend. "Ich bin Nate Walker, der Eigentümer und Leiter des Geländes und des Pferdeverleihs. Was führt euch junge Leute denn hierher?"

Er legte seine natürlich gebräunte Hand an den blonden Haaransatz seiner Stirn, um uns durch das Licht der immer weiter sinkenden Sonne sehen zu können und lächelte uns breit zu. Ich hatte wirklich mit vielem gerechnet, aber nicht mit einen so freundlichen und gut aussehenden Kerl, der hier mitten im Nichts zu wohnen schien. Hinter ihm stand eine große rote Scheune mit einem weiß-blauen Familienhaus aus Holz daneben. An der Seite war eine Reitbahn neben ein paar Wassertränken und fast der ganze Rest der Ranch war für die Pferde als Koppel eingezäunt. Dieser Ort war wunderschön.

Ich ging als erste auf Nate zu und hielt ihm wohlwollend meine Hand entgegen, die er sanft annahm.

"Hi, ich bin Tandy. Meine Freunde und ich wollten uns die Wüste etwas genauer ansehen, hatten aber nicht an genügend Wasser gedacht. Zufällig haben wir Ihren Hof entdeckt und wollten frage, ob wir unsere Flaschen neu auffüllen dürften?", fragte ich höflich, als sich auch die anderen zu mir gesellten.

"Freut mich sehr dich kennenzulernen Tandy, aber dutz mich doch bitte, sonst komme ich mir so alt vor.", antwortete er und zwinkerte mir liebreizend zu. "Natürlich könnt ihr euer Wasser auffüllen, das ist gar kein Problem. Jedoch solltet ihr um diese Uhrzeit nicht mehr weiter wandern. Eine Nacht da draußen zu verbringen könnte euch euer Leben kosten. Es werden viele Geschichten von Leuten erzählt, die hier noch spät unterwegs waren. Keiner ist je zurückgekehrt. Angeblich sollen Monster sie verschleppt und umgebracht oder verstümmelt haben. Wenn ihr wollt könnt ihr diese Nacht hier bleiben."

Es war schon echt gruselig, was Nate da erzählte. Früher hätte ich ihm wahrscheinlich kein Wort geglaubt, aber seitdem ich wusste, dass es das Übernatürliche wirklich gab und ich zu ihnen gehörte, war es vermutlich besser vorsichtig zu sein und auf ihn zu hören. Ich war ihm verdammt dankbar, dass er uns Fremden eine Unterkunft gewährte.

Wie nicht anders zu erwarten, drängelte sich daraufhin Theo neben mich und ich wusste, dass er jetzt auf furchtlos machen würde. Ich hoffte wenigstens, dass er dabei sein Ego zurückschrauben konnte und nicht arrogant auf mutig tat. Falls doch, würde Nate seine Meinung bestimmt schnell ändern und wir müssten uns mit diesen Monstern vergnügen.

"Vielen Dank, wir nehmen das Angebot gerne an. Aber du solltest wissen, dass wir keine Angst vor diese Viechern haben. Ich wette, dass wir stärker sind und sie vor uns die Flucht ergreifen würden.", meinte er schon ziemlich ernst und mit einem kalten Gesichtsausdruck.

Nate ging es jedoch total ruhig an, begann zu Lachen, genauso wie Theo und sie begrüßten sich mit einem festen Handschlag. Manchmal fragte ich mich wirklich, was in den Köpfen der Jungs vorging. Mädchen hätten sich gegenseitig zur Weißglut gebracht und so lange rumgezickt, bis sie schließlich hochnäsig auseinander gegangen wären.

"Hey, was geht? Ich bin Theo", stellte er sich währenddessen vor.

"Wow, du bist ganz schön tough, was? Ich muss trotzdem sagen, dass ich in dieser Situation eher gegen die kleine Gruppe aus Teenagern wette. Ich glaube kaum, dass ihr eine Chance hättet."

"Wenn du wüsstest...", murmelte ich leise vor mich hin und war überzeugt, dass wir aus irgendeinem Grund noch herausfinden würde, wer tatsächlich stärker war.

"Was hast du gesagt?", fragte Walker da kurzerhand nach, woraufhin ich nur schrill mit "Nichts" antwortete. "Ist ja auch egal. Kommt doch mit rein. Ihr müsst bestimmt hungrig sein."

Er führte uns über den Hof in sein großes Haus. Auch die Inneneinrichtung war sehr ländlich und es wurden Western und Moderne kombiniert. Die offen gestalteten Räume waren sehr hell und ordentlich und mit verschiedensten Reittrophäen, Bildern und Dekoration geschmückt. Er zeigte uns den Weg in seine'Farmer-Küche', in der ebenfalls alles aus Holz bestand. Zu unserer Überraschung trafen wir dort auf eine wunderhübsche afrikanisch-amerikanische Frau, die am Herd stand und kochte und auf zwei Kinder mit karamellfarbener Haut, die mit einer Spielzeug-Lokomotive auf dem Boden spielten. 

Schon mein ganzes Leben hatten mich dunkelhäutige Menschen und Mischlinge fasziniert, denn egal wie alt sie auch waren, sie alle waren wunderschön, die hübschesten Menschen auf diesem Planeten. Deshalb hasste ich es so sehr, wie sie von anderen Weißen diskriminiert und schlecht gemacht wurden, sodass sie ihre Schönheit gar nicht mehr erkannten. Umso glücklicher machte es mich, dass sich diese vier gemeinsam ein friedliches Leben aufbauen konnten.

"Wenn ich vorstellen darf...", begann Nate da auch schon, als er die Frau von hinten Umarmte, sie liebevoll auf die Schulter küsste und ihr ins Ohr flüsterte, dass sie Besuch hatten. "Das ist meine Ehefrau Ava und die beiden Knirpse da unten sind meine älteste Tochter Cady und ihr kleiner Bruder Eli."

"Oh, Hallo alle zusammen. Wir bekommen so selten jungen Besuch. Das Essen ist grade fertig. Setzt euch doch zu uns.", lud uns Ava begnügt ein und stellte vier weitere Teller auf den großen Esstisch.

Nachdem ich ein paar Worte mit den süßen Kindern gewechselt und sie direkt in mien Herz geschlossen hatte, nahmen alle Platz und genossen den Eintopf. Es war eine Ewigkeit her seitdem ich das letzte mal so gut gegessen hatten, was ich am Tisch auch ehrlich zugab und gleich ein dankbares Lächeln zurückbekam. Während wir aßen, lernten wir uns alle etwas besser kennen. Theo erzählte von unserem Leben in Beacon Hills, natürlich größtenteils nur von ausgedachten Geschichten, und sie erzählten uns von ihrem kleinen aber feinen Aufenthalt hier auf der Ranch. Nate und Ava lachten so viel, berichten alles so enthusiastisch und schienen wirklich wunschlos glücklich zu sein. Auch wenn die Begegnung zwischen uns allen nicht lange anhalten würde, wäre diese Familie eine Freundschaft auf Ewig. So eine Familie hatte ich mir immer gewünscht. Ich wollte mit meinem perfekten Ehemann und meinen perfekten Kindern in einem perfekten Haus zusammen leben. Und auch, wenn mich der Gedanke, das hier nie haben zu können, sehr traurig machte, spendete mir ihr Glück den Trost, den ich brauchte.

Bei all dem Spaß hatte ich schon fast unseren eigentlichen Grund der Reise verdrängt, doch als wir alle aufstanden und den Tisch abräumten, stupse Theo mich kurz an der Seite und merkte an: „Gewöhne dich nur nicht zu sehr an diese Stunden hier. Wenn alles vorbei ist, wirst du dich sowieso nicht mehr an sie erinnern." und der Rest des Abends war gelaufen. Schwer seufzte ich auf und reichte Nate das restliche besteckt, bevor er uns in die riesige, warme Scheune brachte.

"Tut mir leid, wir sind auf übernachtende Gäste nicht vorbereitet, aber ich denke, hier können wir's euch gemütlich machen. Mit ein paar Decken und Kissen werdet ihr euch oben auf dem Heuboden wie auf Wolken fühlen.", schlug er vor und deutete auf eine Leiter, die nach oben zu einem gigantischen Berg Heu führte.

"Mach dir keine Sorgen, es ist wunderbar. Ich kann dir gar nicht genug danken.", meinte ich lächelnd, hörte aber dabei, wie jemand sich hinter mir räusperte.

"Wir.", krätzte Theo's Stimme in mein Ohr und ich verdrehte innerlich die Augen.

"Natürlich. Ich meine, wir können dir gar nicht genug danken."

Bescheiden nahm Nate das Danke an und eilte los, um unser Schlafzeug zu besorgen. Mittlerweile war es schon dunkel draußen und deutlich kälter, weshalb ich mich erschöpft in das weiche Heu kuschelte, der ganzen Familie gute Nacht sagte und Ava das Licht ausschaltete. Bevor ich jedoch versuchen konnte einzuschlafen, robbte Theo an meine Seite. Nie, wirklich NIE hatte ich Ruhe vor ihm, was mich zur Zeit besonders kirre machte, da meine Gefühle noch immer verrückt spielten. Und grade brauchte ich es gar nicht neben ihm im kuscheligen Stroh in einer romantischen Scheune zu liegen.

"Wir sind ganz in der Nähe vom Tempel. Morgen werden wir ihn auf jeden Fall finden.", flüsterte er leise, weil Roxy und Milo bereits schliefen. Dabei spürte ich seinen Atem auf einer Haut, was mich zusammenzucken ließ und mich total wuschig machte.

"Was macht dich da so sicher?", fragte ich zurück, ohne mir etwas anmerken zu lassen und ich schloss konzentriert die Augen, um meinen nervösen Herzschlag zu kontrollieren.

"Dieser Nate hat doch von Monstern gesprochen, die die Menschen verschleppen. Das sind die Fomori, die Wächter des Tempels. Sie haben ein missgestaltetes und gewalttätiges Wesen. Viele haben nur einen Arm oder ein Bein, sind aber verdammt stark und gnadenlos. Manche haben auch ein tierisches Aussehen, wie Hörner oder reptilienartige Klauen oder Zähne. Die sind am schlimmsten."

Ich schluckte stark und konnte bereits die Angst in mir aufbrodeln fühlen. Was hatte Theo gesagt? Wir wären stärker? Vielleicht wenn wir es mit einem von ihnen aufnehmen mussten, aber wer wusste schon wie viele dort herumlaufen würden? Es war die schlimmste Idee aller Zeiten gewesen, mich auf ihn einzulassen und die Sache hier durchzuziehen. Das war unser Ende, eine verdammte Selbstmordmission!

"Und du hast nicht dran gedacht mir das zu erzählen, bevor wir Beacon Hills verlassen haben!?", quietschte ich schrill und hatte da auch sofort seine Hand vor meinem Mund.

"Sssccchhh, nicht so laut.", meckerte er augenblicklich. "Ich hab nichts gesagt, weil du dich dann garantiert geweigert hättest mitzukommen. Ich hatte keine Lust auf Gewalt."

"Natürlich hätte ich mich geweigert! Wir werden draufgehen verdammt und der Tod ist nicht so schön wie manche denken!"

"Spar dir deine Kraft lieber für morgen, wir werden sie brauchen. Der Vollmond wird nicht nur uns stärker machen, sondern auch sie. Also ruh dich lieber aus und schlaf."

"Schlafen? Wie soll ich denn jetzt noch ein Auge zu kriegen?", beschwerte ich mich ernst und fühlte mich hellwach.

"Das schaffst du schon Prinzessin. Also, gute Nacht."

"Das kann nicht dein Ernst sein! Theo!", aber er war bereits weiter weg gerutscht und ignorierte mich.

So blieb mir keine andere Wahl als die Augen zu schließen und mein bestes zu geben. Doch jedes Mal, wenn meine Augenlider mir die Sicht nahmen, erschienen die grausamsten Vorstellungen dieser Fomori vor mir. Ich konnte nicht einschlafen, nicht wenn ich von diesen Bildern gequält wurde. Deshalb blieb ich wach und starrte an die finstere Scheunendecke, in der Hoffnung, vielleicht doch irgendwann zur Ruhe kommen zu können.



Hallo 👋🏻 

Tut mir so unendlich leid, dass ich schon wieder so lange gebraucht habe. Bitte verzeiht mir😖

Aber ich denke, das warten hat sich gelohnt und über die Zeit haben wir die 350 geknackt! Viele vielen Dank dafür!😍🙏🏻

Machte euch weiterhin eine schöne Zeit und bleibt gesund.

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