2. Gefangen


Dunkelheit... Alles war Schwarz. War ich tot? Würde so ein Leben nach dem Tod aussehen, ein Leben im dunklen Nichts?

Ich blickte mich um. Es war nicht ein Quäntchen Licht zu sehen. Ich wollte glauben nicht tot zu sein, suchte in der Schwärze weiter nach einem Lebenszeichen. 

Als ich die Hoffnung schon fast verloren hatte, bemerkte ich ein leichtes Schimmern in der Ferne. Neugierig lief ich auf das blitzende Lichtlein zu und erkannte, dass es ein alter goldener Spiegel war, der hier mitten im Endlosen stand. Ich trat näher an ihn heran und betrachtete mein Spiegelbild. 

Zuerst sah ich bloß mein normales Ich, doch nach einiger Zeit, veränderte sich die Spiegelung. Auf einmal schaute ich in gelb glühende Augen und erschrak vor meinen blutüberströmten Körper.


Ich schreckte luftholend auf und schaute mich panisch um. Erleichtert stellte ich fest, dass tatsächlich noch am Leben war. Was genau das bedeutete und ob es wirklich gut war lebendig zu sein, konnte ich jedoch nicht beantworten. 

Beim genaueren beobachten, stellte ich fest, dass ich auf einem morschen Holzfußboden saß, der bei jeder Bewegung knatschte und ich mich anscheinend in einem Raum eines alten Gebäudes befand. Ich blinzelte vorsichtig mit den Augen, als ich in die kleine Glühbirne über mir erblickte, die mich etwas blendete. Weder Fenster, noch Möbel waren im Raum zu finden. Die Tapete war am zerfallen und begann sich zu kräuseln. Überall waren Spinnweben und ich konnte Staub in der Luft schweben sehen. An einer Wand stand nur ein Heizkörper, an dem ich, mit einer schweren Eisenketten, angebunden war. Immerhin war sie so lang, dass ich jeden Winkel des Zimmers erreichen konnte, so auch die Tür. In ihr befand sich ein kleines Gitterfenster, durch das man leider nichts erkennen konnte.

Ich versuchte die Klinke hinunter zu drücken und die Tür zu öffnen, doch natürlich war sie abgeschlossen. Gleichzeitig schmerzte mein Arm und ich konnte ihn pochen spüren. Schlagartig fiel mir die Bisswunde wieder ein und verängstigt starrte ich auf die blutig verklebte Bissspur. Sie war tief, bedeckte fast meinen halben Unterarm und hörte nicht auf zu bluten. Was hatte das alles nur zu bedeuten? War ich nun auch ein Werwolf?

Für einen kurzen Moment hoffte ich wieder, alles wäre bloß ein Traum gewesen, doch dann ging die schwere Eisentür auf und Peter trat herein.

"Ich hab' dich ziemlich erwischt, was?", bemerkte er schon fast belustigt.

Ich verspürte plötzlich aufs Neue diese schreckliche Angst vor ihm, wurde nervös und begann hektischer zu atmen. Je näher er kam, desto weiter versuchte ich mich von ihm zu entfernen und mich enger gegen die Wand zu drücken. Ich kauerte mich auf den Boden, vergrub mein Gesicht in meinen Händen und schloss die Augen. Ich wollte nach Hause, Peter vergessen und dieses Gefühl von Todesangst aus meinem Leben vertreiben.

Er kniete sich zu mir hinunter und griff nach meinem verwundeten Arm.

"Lass mich in Ruhe!", schrie ich ihn an und entzog mich seinem Griff. "Was willst du von mir?"

Er lächelte.

"Deine Kräfte."

"Du hast doch selbst gesagt, du kannst sie mir nicht nehmen. Lass mich doch einfach gehen, wenn sie dir sowieso nichts nützen."

Hatte ich das wirklich gesagt? Hatte ich bestätigt diese Macht zu besitzen? Ich konnte diese ganze Werwolf Sache immer noch nicht glauben, vielleicht wollte ich das ja auch gar nicht. Aber jetzt blieb mir nichts anderes übrig, denn ich konnte sehen, dass Peter ein Monster war. Ich konnte meinen verletzten Arm sehen und ich konnte sehen, dass ich nicht zu Hause war. Nie wäre ich auf die Idee gekommen, dass die Märchen und Gruselgeschichten wahr sein könnten.

"So schnell gebe ich nicht auf, Kleine. Ich kann dir zwar deine Kette nicht wegnehmen, aber nützlich bist du trotzdem. Wenn deine Verwandlung vollendet ist, wirst du zu den mächtigsten aller Wesen gehören."

Aller Wesen? Es gab noch mehr? Und dieser Biss sollte mich tatsächlich verwandeln?Es fühlte sich eher so an, als würde er mein Leben beenden, denn sie Schmerzen waren qualvoll und kaum auszuhalten.

All diese Information waren einfach zu viel. Ich konnte nicht klar denken. Doch ich wusste, ich würde lieber sterben, als ein Werwolf zu werden und mich von Peter benutzen zu lassen.

"Bevor du jetzt anfängst, dich zu weigern,", sagte er dann, "hör dir doch erst einmal an, wozu du überhaupt fähig wärst. Ich bin mir sicher, das wird deine Meinung ändern."

Eigentlich wollte ich nicht wissen, was wäre wenn. Meine Entscheidung stand fest und trotzdem redete Peter ununterbrochen weiter.

"Wenn du dich verwandelt hast, wirst du besser hören können und wirst stärker sein, als ein wahrer Alpha. Und der ist fast so schwer zu finden wie du.", erzählte er mit einer kindlichen Stimme, die wohl irgendwie die erdrückende Atmosphäre auflockern sollte und damit es für mich ˋkleines Mädchen' auch verständlich genug war.

"Und deine Sinne werden intensiver sein, als bei jedem anderen. Deine Augen können die Aura eines jeden übernatürlichen Wesens sehen. Du wirst erkennen was sie sind, ob Werwolf, Droide, Banshee und was sich sonst noch alles in deiner Umgebung verbirgt.

Was mich allerdings am meisten neidisch machen wird, werden deine Krallen sein. Du wirst Elementar-Klauen besitzen. Stößt du sie, braun glühend, in den Boden, entsteht eine unaufhaltsame Schockwelle, glühen sie Weiß , ist deine Schlagkraft so hard, wie die schnellste Windböe und der stärkste Sturm. Sind sie Rot, werden deine Kratzer wie Feuer brennen und leuchten sie Blau, wirst du im Stande sein, durch Flüssigkeiten Stromschläge zu leiten.

Und das alles kann ich kontrollieren, wenn du mir den Triskelentempel im Herzen der Sonora-Wüste öffnest und ich den Ring aus der Schatzkammer um den Finger trage. Dann bist du meine persönliche Marionette."

Er lachte laut auf und mit einem so gehässigen Unterton, dass ich in mich zusammen zuckte. Er war verrückt, total durchgeknallt und eine komplett andere Person. Ich konnte in seinen Augen nichts anderes als Boshaftigkeit erkennen. Der Peter, den ich kannte, war verschwunden.

"Bloß wäre da noch ein kleines Problem.", merkte er an. "Der Ring kann nur von einem Alva getragen werden, alle anderen würden an seiner Macht untergehen. Da ich nur leider ein Omega bin, wirst du mir einen Alva besorgen müssen, dem ich seine Kraft stehlen kann."

Wieder grinste er mich böse an und strich über mein zerzaustes Haar.

„Wieso sollte ich dir helfen?! Mir gehts von Minute zu Minute schlechter, du hast mich belogen und ich werde dir nicht freiwillig mein Leben zur Verfügung stellen! Ich werde dein kleines Spiel nicht mitspielen!"

Ich war selbst von meiner Reaktion überrascht, denn eigentlich, war ich nie so selbstbewusst gewesen. Ich wollte es vermeiden ihm meine Angst zu zeigen und wandte sie stattdessen in Wut um. Mein Vertrauen in ihm war schon lägst vergangen und so leider auch das in andere Menschen. Ich glaubte nur noch mehr, nie wieder bereit sein zu können, neue Kontakte zu knüpfen und Beziehungen aufzubauen. Falls ich überhaupt jemals wieder die Gelegenheit dazu bekommen würde.

"Ich hatte schon erwartet, dass du das sagen würdest. Deshalb habe ich einem Freund den Auftrag geben, deine Eltern den ganzen Tag über zu begleiten."

"Du wagst es nicht sie anzurühren!", hysterisch brach in Tränen aus. Auch, wenn sie nie wirklich für mich da gewesen sind, waren es trotzdem immer noch meine Elter, dieseTatsache stand fest. Ich konnte mir keine Welt ohne sie vorstellen, sie waren alles, was ich hatte.

"Sie sind die einzigen Menschen in meinem Leben, die mir etwas bedeuten. Du Monster wirst sie mir nicht nehmen!"

"Aw, und ich dachte, ich würde dir auch etwas bedeuten. Auf jeden Fall werde ich dir versichern, dass ihnen nichts passieren wird, solange du das tust, was ich will.

Und gewöhne dich schon mal ein meine Anwesenheit als ˋMonster', bald wirst du dieses Schicksal mit mir teilen!"

Damit verschwand er. Die Tür fiel knallend in den Ramen und ich war allein.

Lange blieb ich dort sitzen weinte und schluchzte vor mich hin. Mein Kopf machte mir Vorwürfe und sagte mir, dass das alles meine Schuld gewesen war. Mein Herz versuchte verzweifelt gegen diese Stimme anzuschreien, wollte mich trösten und mir erklären, dass ich nichts dafür konnte. Doch es kam nicht dagegen an und ich fiel in ein tiefes, dunkles Loch, voll mit Trauer, Wut, Unsicherheit und Selbstverurteilung. Die Zeit verging und obwohl Peter meinte, mir würde es besser gehen, ging es mir nur noch schlechter.

Als ich keinen anderen Ausweg mehr sah, rief ihn zu mir. Ich befand mich in einem schreckliches Zustand. Vor mir stehend, blickte er auf meine schon leichenblass und kalte Haut und auf die noch immer blutende Wunde, mit dem großen Unterschied, dass das Blut nicht mehr rot, sondern tief schwarz war. 

Ich fühlte mich so, als würde ich gleich das Licht der Welt verlassen und in die endlose Tiefe fallen. In so einem Moment hätte ich eigentlich angefangen zu weinen, denn ich wollte nicht sterben, doch ich fühlte mich zu schwach und zu müde, um meine letzte Energie für Tränen zu vergeuden.

"Verdammt!", brüllte Peter und schlug mit der Faust gegen die Wand, die sofort zerbrach.

"Peter, hilf mir..."

Ich versuchte alles mir nur mögliche, um weiter zu atmen und am Leben zu bleiben. Ich war noch nicht bereit zu gehen, hatte alles noch vor mir. Doch mein Körper wollte aufgeben, nicht mehr weiter gegen das Werwolfgift ankämpfen...

Voller Wut schlug Peter weiter auf die, bereits zerbrochene, Wand ein. Er hatte seine Chance auf Macht verloren...


Ein letztes Mal blickte er zu meinem scheinbar toten Körper und war drauf und dran das Zimmer zu verlassen, als die Wunde plötzlich anfing zu heilen und mein Herz wieder zu schlagen begann. Hektisch atmete ich auf und öffnete meine Augen, die jetzt wie helle Bernsteine leuchteten.


Hallo 👋🏻 

Hier ist Kapitel drei und ich hoffe, es gefällt euch. Langsam geht es richtig zur Sache und ich bin mir sicher, dass noch genug Dinge passieren, mit denen man nicht unbedingt rechnen wird😊

Aber ich bin ja erst am Anfang. Seid gespannt auf den nächsten Teil.


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