1. Wahre Geschichten
Wir trainierten schon seit 2 Monate miteinander und ich wurde immer selbstbewusster, fröhlicher und vor allem kräftiger.
"Ich glaube, du bist so weit, stark genug, damit es funktioniert.", sagte Peter nach meinem zehnten Klimmzug.
"Bereit wofür?" Verwirrt lies ich die Klimmzugstange los, stellte die Musik leiser und wischte mir den Schweiß mit einem Handtuch ab. Keuchend griff ich nach meiner Wasserflasche und drehte mich zu ihm. Er ging gar nicht auf meine Frage ein und begann zusammenhangslos wirres Zeug zu reden. Na ja, in meinen Augen wirres Zeug, denn er schien sehr von seinen Worten überzeugt zu sein.
"Wusstest du eigentlich, dass die Triskele das Zeichen der Werwölfe ist? Es steht in einigen Rudeln für Alpha, Beta und Omega, in anderen für die drei Dinge, die nicht lange versteckt werden können. Die Sonne, der Mond und die Wahrheit.", fragte er nämlich und deutete auf meinen Anhänger. Mir war klar, dass, wenn ich meine Frage wiederholen würde, ich sowieso keine Antwort bekam und beantworte deshalb seine.
"Ja, hab' davon gelesen. Aber das sind ja alles bloß Mythen, weil sowas wie Werwölfe gibt es doch nicht. Oder glaubst du etwa an diesen Quatsch?" Ich musste schmunzeln, denn eigentlich war Peter nicht der Typ für solche Gruselmärchen.
"Das ist kein Quatsch", antwortete er beleidigt. "Nur weil etwas einem Mythos entspringt, bedeutet es nicht, dass es auch wirklich einer ist."
Plötzlich wurde er zorniger. "Wieso müsst ihr Menschen nur immer so verschlossen und stur sein?"
Diese Aussage brachte mich nur noch mehr durcheinander und irgendwie machte ich mir sorgen. Er war wie ausgewechselt.
"Wir Menschen? Peter, was ist auf einmal los mit dir?"
Nur einen Moment drehte ich mich weg von ihm, um die Musik endgültig auszuschalten, damit ich mich nur auf ihn konzentrieren konnte.
"Tandy, du kommst jetzt mit mir mit.", knurrte er auf einmal hinter mir. Ich war total verwundert über seinen schlagartigen Persönlichkeits- und Tonfallwechsel. Alle seine Worte waren aus dem Zusammenhang gerissen.
"Aber wohin denn, Peter? Wieso bist du grade so komisch?", fragte ich genervt. Ich drehte mich wieder zu ihm zurück und als ich dann sah, wie er dort vor mir stand, erschrak ich...
Seine Augen glühten in einem hellen Blau, seine Eckzähne, oben und unten, waren lang und spitz, und seine Fingernägel waren keine mehr. Lange scharfe Krallen wuchsen aus seinen Fingerkuppen.
"Pe...Peter?", stotterte ich ihm entgegen. Er hatte sich in ein Monster verwandelt! Tausende Gedanken schossen durch meinen Kopf. Ich konnte nicht fassen, was hier grade geschah. Ich musste träumen, denn wie ich schon sagte, es gab keine Monster. Es konnte nicht real sein, dass Peter in diesem Zustand schnaubend vor mir stand. Panik, Angst und Unfassbarkeit stauten sich in mir an. Ich wusste nichts mit mir anzufangen, wusste nicht, was ich tun sollte. Ich wollte schreien, weglaufen, doch ich war zu geschockt, als dass ich nur ein Wort sagen oder mich von der Stelle bewegen konnte.
Doch als er dann immer näher kam, taumelte nach hinten und ging langsam, Stück für Stück, zurück, bis mein Rücken gegen die Wand stieß und ich nicht mehr weiter konnte. Ich war gefangen, ihm ausgeliefert und glaubte nun sterben zu müssen.
"Süß, du hast ja Angst vor mir.", entgegnete er mit einem bösen Lächeln. "Ach Tandy, komm schon. Ich dachte, wir wären Freunde."
Mein Herz raste und ich atmete heftig ein und aus. Meine Angst war so groß, dass ich immer noch keinen Mucks heraus bekam. Unterbewusst machte ich mir große Vorwürfe. Es war ein Fehler gewesen, mein sicheres Umfeld zu verlassen und zu glauben, dass Kontakt zu anderen Menschen die Lösung für all meine Probleme wäre. Einmal wollte ich das Richtige tun und mein Leben verbessern. Nur einmal wollte ich geliebt werden und dachte, ich hätte in Peter einen wahren Freund gefunden. Jemanden, der mich unterstützte und für mich da war. Jedoch sah es jetzt so aus, als hätte er mir nur etwas vor gemacht und das verletzte mich zu tiefst.
Er schlug seine rechte Hand, direkt neben meinem Gesicht, gegen die Wand und brachte mich so zum zusammenzucken. Seine Linke wanderte an meine Kehle und drückte mir leicht die Luft ab, während seine Krallen in meine Haut stachen. Ich schnappte hoffnungslos nach Luft und konnte das alles hier einfach nicht realisieren. Jede Sekunde hoffte ich aus diesem Albtraum aufzuwachen und meinen langweiligen, trostlosen Alltag wiederzuerlangen. Leider musste ich bemerken, dass ich nicht aufwachen würde, weil es eben kein Traum war.
"Hör mir mal genau zu... Du weißt gar nicht wie wichtig du für mich bist. Ich habe 17 Jahre lang auf dich gewartet und nur durch Zufall deinen Anhänger entdeckt, als wir uns im Café begegnet sind. Es war sehr leicht, durch deine unsichere Art, dein Vertrauen zu gewinnen und dich, auf das, was jetzt gleich kommen wird, vorzubereiten. Du warst so motiviert deine Kraft zu steigern und hast schnell Gefallen an unserer Freundschaft gefunden. Die Kette hat dich auserwählt der nächste besondere Werwolf zu sein. Wenn ich könnte würde ich sie dir einfach wegnehmen, aber wie du siehst...", er berührte die Triskele und verbrannte sich an ihr. Ruckartig zog er sie zurück und verzog sein Gesicht. "...kann ich sie nicht anfassen."
"A...Aber ich bin kein Werwolf.", versuchte ich ihm stotternd klarzumachen, doch er lachte nur. Mich diesen Satz sagen zu hören, war fast genauso verrückt, wie die Tatsache, dass ein richtiger Werwolf vor mir stand, mit dem ich so viel Zeit verbracht hatte, ohne es zu bemerken. Ich war reichlich mit dieser Situation überfordert.
"Das weiß ich, deshalb muss ich dich erst verwandeln.", sagte er und verdrehte die Augen. Für ihn war das alles hier ein riesengroßer Spaß. Im Gegensatz zu ihm, war mir weniger nach Späßen zu Mute. Amüsiert setzte er seine Erklärung fort.
"Der Biss wird nur furchtbar doll wehtun. Aber keine Sorge, deine Überlebenschance steht bei 35%. Falls es nicht funktioniert, warte ich eben nochmal 17 Jahre."
35%!? Auch unter diesen Umständen konnte ich deutlich schlussfolgern, dass das alles andere als viel war. Tränen strömten meine Wangen hinunter. Ich würde sterben, da war ich mir sicher.
Einzig und allein die Frage ˋWieso ich?' füllte die Leere meines Kopfes. Ich konnte mir nicht erklären, warum ausgerechnet mir dieses Schicksal zugeschrieben wurde und warum ich mich so sehr in Peter täuschen konnte. Mein ganzer Körper zitterte, hörte nicht mehr auf und ich fühlte mich so, als würde ich jeden Moment vor Schwäche und Angst zusammenbrechen.
Peter lachte laut und ohne zu zögern, stieß er seine großen Fangzähne in meinen Unterarm. Er löste seine Hand von mein Kehle und ich schrie, lauter, als ich je für möglich gehalten hatte. Ein stechender Schmerz zog sich durch jeden einzelnen Nerv. Dieses Gefühl war unbeschreiblich und meine Tränen flossen nur noch mehr.
Es gab kein Zurück, keine Chance auf ein normales Leben. Das einzige, was ich sah, war Blut, überall. Hier und jetzt sollte es enden. Nie würde ich meine eigenen Kinder großziehen können, nie würde ich die Schule beenden und nie würde ich die Welt bereisen. Es gab so viel, was ich hätte tun wollen, was ich hätte sehen wollen und ich bereute es, nicht früher den Versuch, aus meinem Haus zu gehen, um etwas zu erleben, gewagt zu haben.
Ein Stechen im Nacken unterbrach meine Gedankengänge, die mich in Selbstmitleid baden ließen und plötzlich wurde alles Schwarz...
Hallo 👋🏻
Hier ist das erste richtige Kapitel meiner Geschichte mit über 1000 Wörtern. Schonmal ein großes Danke, an alle, die auf den Prolog geklickt haben und sich vornehmen auch weiterhin dranzubleiben😊
Endlich geht etwas Aktion los und ich kann euch versichern, dass die Spannung auf jeden Fall gehalten wird.
Viel Spaß beim Lesen!
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