14

"Was. Hast. Du. Gemacht?!", flüsterte Hermine entsetzt. Und plötzlich fing sie an zu schreien: "Geht es dir eigentlich noch gut?! Was für Sachen machst du da! Weswegen, warum, weshalb, WIESO verdammt nochmal?! Ich weiß, dass es schwer ist, ich weiß dass es an die Unmöglichkeit grenzt, aber ich dachte wir schaffen das zusammen! Mir ist auch bewusst, dass es dir gerade nicht gut geht, aber so brauchst du das nicht zu lösen, Draco Malfoy!" Hermine deutete mit ihrem zittrigen Finger auf den tiefen Schnitt.

Draco senkte den Kopf. "Es tut mir leid."

Hermine keuchte. "Draco, ich helfe dir. Ich werde dich beschützen. Ich werde immer bei dir sein."

Oh nein, das wird dieses Schlammblut nicht tun!

"Das brauchst du nicht", brummte Draco und zog den Arm weg, woraufhin er den Ärmel runterzog.

"Aber Draco!", protestierte Hermine. "Ich will dir helfen!"

Gib ihr eine Abfuhr!

"Hermine, Nein! Ich kann auch selber auf mich aufpassen!", fauchte Draco.

"Dann hör auf damit!" Hermine warf einen Blick auf seinen Ärmel.

Draco antwortete nicht. Langsam näherte er sich ans Fenster und öffnete es. Frische Luft peitschte im entgegen und er atmete sie erleichtert ein.

Sein Blick wanderte gedankenverloren zu dem Quidditch-Feld, das einsam in der Ferne ruhte. Er versuchte sich abzulenken, aber vergeblich. Seine Gedanken wanderten immer zu dem Geschehen davor. Wieso hatte er das gemacht?

Wieso?!

Weil du es verdient hast. Opfer.

'Hast recht.'

Du bist es nicht wert zu leben. So einer wie du verdient kein Leben.

'...'

Das Schlammblut verabscheut dich.

'Nein, tut sie nicht.'

Sie will dich nicht sehen. Wahrscheinlich liebt sie jemanden anderen.

'Sie sagte, dass sie mich liebt.'

Das hat sie gesagt. Heißt nicht, dass sie es auch tut.

'Hermine Granger würde nicht lügen.'

Das denkst du? Wie naiv du doch bist ...

'...'

Irgendwann wirst du von ihr enttäuscht. Irgendwann wird alles ein tragisches Ende nehmen und du wirst bereuen nicht schon früher gestorben zu sein.

'Lass das. Bitte.'

Als Draco meinte es nicht mehr aushalten zu können, drehte er sich zu Hermine und seufzte. "Wir müssen was unternehmen."

Und scheitern.

"Das habe ich schon vorher gesagt", gab Hermine trocken zurück.

"Ich weiß. Ich habe mir gedacht, dass wir vielleicht Harry mit jemanden zusammenbringen, es sei denn er hat schon eine Freundin. Dann müssen wir uns eine andere Person suchen", meinte Draco.

Hermine nickte. "Ja, das wäre wohl die beste Lösung."

"Komm. Wir müssen Harry finden. Und vergiss nicht so zu tun, als ob alles ganz normal wäre", sagte Draco bestimmt. Er schloss das Fenster wieder und mit einem letzten Blick nach draußen folgte er Hermine, die ihn mit einem besorgten Blick beäugte.

"Wir müssen zu den Gryffindorschlafsälen. Dort müsste Harry sein", sagte sie entschlossen.

Draco nickte. "Und was ist mit der fetten Dame? Ihr habt doch so ein Porträt, dem ihr ein Passwort sagen sollt, oder nicht? Woher sollen wir das Passwort herbekommen?"

Hermine überlegte einen Moment lang. "Ehrlich gesagt, habe ich keine Ahnung."

"Super", murrte Draco schlecht gelaunt. "Echt jetzt, super."

"Draco, ich kann doch nichts dafür! Hör auf die ganze Schuld auf mich zu schieben! Ich mache mir die Mühe und helfe dir und du hast nichts besseres zu tun, als mich zu demütigen! Sei froh, dass ich dir überhaupt helfe!", zischte Hermine.

Draco bekam leichte Gewissensbisse. Er wusste nicht was er antworteten sollte. "Okay", murmelte er bloß.

Sie hasst dich, Idiot.

'Nein tut sie nicht. Sie ist nur sauer.'

"Ist 'okay' das einzige Wort, dass du jetzt sagen kannst?!", fauchte Hermine empört.

"Was willst du denn noch hören?!", knurrte Draco genervt. Für einen Moment wollte er alles vergessen, wieder der alte Draco sein.

Mach es. Das erste mal bin ich deiner Meinung!

"Ganz ehrlich, Hermine, du weißt, dass es mir schlecht geht, dass ich gerade meinen halben Arm aufgeschnitten habe und trotzdem hampelst du auf mir rum?! Kannst du nicht einfach mal deine Fresse halten?! Ich kann deine unerträgliche Stimme nicht mehr hören, Hermine Granger! Lass mich einfach in Ruhe! Ich werde alles alleine machen und glaub mir, ohne dich wird alles besser! Du zerstörst einfach nur alles, du meinst immer klugscheißen zu müssen, als ob du die schlauste wärst. Mag sein, dass es so ist, aber mal ehrlich, jeder hasst das!"

Hermine starrte Draco mit offenem Mund an. "Das hast du jetzt ni it gesagt ...", flüsterte Hermine. Plötzlich kam sie näher und keine Sekunde später hörte man ein lautes schmerzhaftes Klatschen.

Jetzt war es Draco, der Hermine entsetzt anstarrte. "Du hast mich - ge- geschlagen?!"

Verdient. Gib's ihr dennoch zurück.

"Wonach fühlt es sich an?!", fuhr Hermine ihn an.

Gib es ihr zurück!

Draco näherte sich dem Mädchen, das plötzlich verängstigt zurückwich. Er packte sie brutal am Kragen, woraufhin Hermine schrill aufschrie.

"Niemand, ich wiederhole - niemand schlägt Draco Malfoy und schon gar nicht ein Schlammblut wie du!" Dracos Körper war vor Wut angespannt.

Hermine zitterte. Sie sah ihn schockiert an.

'Was mache ich da?!'

Draco ließ Hermine sofort los, die in Panik versetzt zurücksprang. Sie starrten sich einen Moment lang an. Dann flüsterte Hermine: "Geh." Sie klang nicht kalt oder wütend, in ihrer Stimme hörte man deutliche Angst heraus.

Draco wusste nicht was er machen sollte. Unentschlossen stand er da. Als sich ihre Blicke trafen, hielt er es nicht mehr aus, drehte sich abrupt um und rannte, ohne sich wieder umzusehen, davon.

Er musste wieder das Klassenzimmer finden.

Das ist richtig. Noch nicht genug Schmerzen.

'Nein.'

Draco machte sich auf den Weg, der ihn wieder zu dem verlassenen Klassenzimmer führte. Rasch betrat er ihn.

Die Glasscherben lagen immer noch auf dem Boden verteilt.

Er hob eine Scherbe auf.

Dann betrachtete er sie.

'Ist sie scharf genug?'

Ja.

Mit voller Wut krempelte er seinen Ärmel hoch und mit voller Wucht rammte er sich die Glasscherbe in den Arm.

Er keuchte auf.

Nicht genug!

"Es reicht!", brüllte Draco zornig. Plötzlich brach er in schmerzerfüllte Schluchzer aus und ließ sich auf den Boden sinken. "Hermine ... Hermine ... Bitte. Bitte, bitte verzeih mir."

Er flüsterte die ganze Zeit diesen einzigen Namen. Während er wimmernd in seinem eigenen Blut lag und vor sich hin schluchzte, wurde ganz langsam alles schwarz um ihn herum. Seine linke Wange lag auf dem kalten Boden, ganz von Blut verschmiert.

Zum ersten mal in seinem Leben spürte er kein Mitleid.

Verdient. Und du weißt, dass ich dich am Ende vollkommen zerstören werde. Bleib dir treu, solange du noch lebst.


Draco lag hilflos und schluchzend auf dem Boden, unfähig aufzustehen. Er wollte nicht aufstehen. Er hatte aufgegeben.

Vielleicht würde ja Hermine kommen?

Vielleicht aber auch nicht, Idiot. Sie ist sauer auf dich. Und sie wird dir nicht so schnell verzeihen.

'Lass mich einfach nur in Ruhe, bitte.'

Das hättest du wohl gern.

'Bitte ...'

Sie wird dich bis ans Lebensende hassen. Sie wird dich verabscheuen wie niemand anderen.

'...'

Draco versuchte seine Innere Stimme auszublenden. Langsam wurde es kalt und unbequem. Sollte er nicht-?

Nein sollst du nicht! Bleib gefälligst liegen!

'Mach ich.'

Draco schloss die Augen. Sein Arm brannte wie die Hölle, aber er verkniff sich seinen Kummer und stattdessen versuchte er einen klaren Gedanken zu fassen. Vergeblich.

Es war so, als ob er alles vergessen hätte. Er hatte selbst das Zeitgefühl verloren.

Wie tief kann man eigentlich noch sinken?!

'Du hast mich doch dazu gebracht!'

Verdient.

'Geschenkt.'

Draco fing an zu zittern und ganz langsam und schmerzhaft das Bewusstsein zu verlieren.

"Bitte ... Hermine ... Hilf mir doch, bitte. Bitte ..."

Doch Draco wusste, dass niemand hier zufällig vorbeikommen würde. Nicht mal Hermine wusste, in welchem Klassenzimmer Draco war. Doch ihm war auch klar, dass wenn Hermine wissen würde, wo er steckte, dass sie ihn auch dort alleine lassen würde.

Nach Minuten, oder vielleicht sogar Stunden wurde alles schwarz vor seinen Augen. Tiefe und leere Dunkelheit.

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Ein schriller Schrei, polternde Schritte und Draco wurde von irgendjemanden gerüttelt. Erschrocken riss er die Augen auf und sah sich nach dem Täter um. In seinem Kopf nannte er nur den einzigen Namen: Hermine.

Doch es war nicht Hermine.

Pansy Parkinson.

Die hat ihm gerade noch gefehlt.

Sie starrte ihn an. "Was hast du gemacht?!"

"Wonach sieht es denn bitte aus?!", fauchte Draco und rappelte sich auf. Zum Glück hatte er noch nicht ziemlich viel Blut verloren.

"Ach du - SCHEIßE. Draco Malfoy, geht es dir noch gut?!", schrie sie. Es war eine ähnliche Reaktion, wie bei Hermine.

Hermine ...

Hermine ...

...

...

Pansy fing an zu weinen, was Draco nicht besonders überraschte.

"Ist ja gut, beruhig dich!", zischte Draco.

Pansy sah ihn an. "Ich muss dich in den Krankenflügel bringen. Komm mit!"

Bevor Draco auch noch irgendetwas sagen konnte, wurde er von Pansy am (gesunden) Arm weggezerrt.

"Wa- Pansy, nein!" Er riss den Arm auf der ihrer Hand und starrte sie wütend an.

"Draco Malfoy, du kommst jetzt sofort mit!", rief Pansy. Sie war sichtlich durcheinander.

"Ganz bestimmt nicht!", fauchte Draco.

Pansy schien nicht zu wissen, was sie machen sollte. Nach einer Weile, in der sie sich ohne Pause angestarrt hatten, sagte Pansy ruhig, aber mit einem drohenden Ton: "Dann gehe ich eben ohne dich und sage Dumbledore bescheid!"

Draco zog eine Augenbraue hoch. "Das wirst du nicht tun." Langsam. ganz langsam zog er aus der Innentasche seines Umgangs den Zauberstab immer mehr raus, ohne dass es Pansy bemerkte.

"Doch, natürlich werde ich das und niemand wird mich aufha-"

"Petrificus Totalus!", rief Draco, wobei er den Zauberstab auf Pansy gerichtet hielt.

Pansy fiel krachend wie ein Brett um, die Arme und Beine an den Körper gepresst.

Draco spazierte an ihr vorbei und warf ihr einen äußerst schadenfrohen Blick zu. "Ich werde jetzt alles wieder in Ordnung machen, Parkinson. Und du wirst mir dabei nicht in die Quere kommen, nicht wahr?"

Draco drehte sich noch das letzte mal um, schwang sein Zauberstab mit einem "Ratzeputz" und die riesige Blutspfütze verschwand von selbst.

Er nickte zufrieden und verließ eilend das Klassenzimmer, Pansy allein lassend.

Und was willst du jetzt tun, damit sie dir verzeiht? Egal was, du wirst es eh nicht schaffen.

"Sei dir nicht so sicher", knurrte Draco zornig. "Und jetzt verschwinde!"

Die Natur wird euch beide nicht akzeptieren. Ihr seid nicht dazu bestimmt zusammen zu sein. Ihr seid zu unterschiedlich.

'Hieß es nicht immer, Unterschiede würden sich anziehen?'

... Aber bei euch ist es anders.

'Hör auf zu lügen! Du willst nur, dass es mir schlecht geht!'

Draco bemühte sich die Stimme nicht mehr zu beachten, stattdessen konzentrierte er sich auf das, was er gleich zu Hermine sagen würde.

Doch als er um die Ecke bog, wurde alles schwarz und haarig. Jemand schluchzte in seine Schulter und die Haare rochen nach Blumen.

"Hermine!", rief Draco und ließ sie los. "Hermine, es tut mir wirklich leid, ich hätte nicht-"

"Draco", flüsterte Hermine, was ihn sofort zum Schweigen brachte. "Ich weiß, vielleicht hast du etwas falsch gemacht, aber lass es uns vergessen. Bitte."

Draco sah sie einen Moment lang an, dann nickte er vorsichtig. Plötzlich fiel ihr Blick auf Dracos Arm und er bemerkte zu spät, dass er vergessen hatte den Ärmel runter zu ziehen.

"Oh Draco ... Genau das hatte ich befürchtet!", sie brach in heftigen Schluchzern aus und fiel Draco wieder um den Arm.

Draco strich ihr besänftigend den Rücken und drückte sie noch näher an sich. Hermine fuhr ihm durch die Haare.

Draco lächelte.

Hermine lächelte.

Alles war in Ordnung.

Nicht.

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