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Es fühlte sich relativ gut an, alles rauszulassen, was man rauszulassen hat. Meine Tränen waren zwar schon längst getrocknet, aber ich war die ganze Zeit kurz davor wieder zu heulen. Ich redete mir aber die ganze Zeit ein, dass nur Heulsusen heulen und ich definitv keine bin, denn ich bin immer noch Draco Malfoy. Ich bekam Gänsehaut, als ich mich daran erinnerte, wie mein Vater mich immer schlug, als ich damals weinte. Ich durfte nicht weinen. Nur meine Mutter tröstete mich ab und zu, aber grundsätzlich war Weinen im Haus der Malfoys verboten. Ich schämte mich bei dem Gedanken, was sich mein Vater jetzt denken würde, wenn er mich so sehen würde. Ich atmete tief ein und schloss die Augen. Ich wollte nichteinmal dran denken. Ich schob meine Probleme immer beiseite. Das war immer noch die beste Taktik mit Problemen umzugehen.
Tatsächlich wusste ich nicht, wie lange ich hier schon saß, aber es war sehr kalt, da ich auf dem kalten Steinboden saß. Ich hatte allerdings keine Kraft, ganz zu schweigen von Motivation, aufzustehen. Am liebsten würde ich das letzte Jahr, was ich noch zu leben hatte, hier auf dem Boden verbringen, wo mich niemand finden konnte.
Plötzlich hörte ich Schritte. Ich riss wieder die Augen auf. Nein. Nein, das kann nicht sein. Ich dachte dieser Gang wäre wie ausgestorben. Ich hielt die Luft an, denn die Schritte wurden langsamer. Natürlich konnte ich nichts sehen, weil es hier stockdunkel war. Es gab keine Fackeln hier. Ich überlegte kurz ob ich Lumos benutzen sollte, aber dann würde mich die Person auf jeden Fall bemerken. Wenn es ein Lehrer ist, dann würde ich Anschiss bekommen. Vielleicht sogar Nachsitzen. Aber wenn es ein Schüler ist, dann kann ich mir zumindest noch eine Ausrede ausdenken. Aber würde die Person nicht in beiden Fällen selber ihren Zauberstab für Licht benutzen?
Die Schritte kamen immer näher und näher. Wurde ich schon gesucht? Hat jemand bemerkt, dass ich fehlte und wurde deshalb nach mir gesucht? War ich wirklich schon so lange weg? Das kann doch gar nicht sein.
"Lumos." Ein grelles Licht schien direkt in meine Augen und ich konnte die Person dahinter gar nicht erkennen. Langsam entfernte die Person den Zauberstab aus meinem Gesicht und und erkannte wuschige Haare.
"Was machst du denn hier?" Dieser Satz rutsche gleichzeitig aus meinem und Grangers Mund. Wir starrten uns gegenseitig verwirrt an. Sie sah gar nicht gut aus. Wenn ich richtig lag, sah sie verheult aus, ihr Gesicht war blass, sie hatte tiefe Augenringe und ihre Haare waren chaotischer als sonst. Aber ihr kalter Blick mir gegenüber war derselbe wie immer. Hass kriechte meinen Hals hoch. Blanker Zorn ihr gegenüber. Wieso sie? Warum? Es hätte wirklich jede andere sein können. Aber Granger? Wieso?
Ich sprang wütend auf. "Was möchtest du hier?", knurrte ich.
Ihre rechte Augenbraue sprang hoch. "Dasselbe könnte ich dich fragen. Ich bin Schulsprecherin, also könnte ich dir Punkte abziehen. Leider hat das Schuljahr erst heute angefangen, also gibts keine Punkte zum Abziehen."
Seht ihr. Genau deshalb hasste ich sie. Genau deshalb. Wieso musste sie immer so gebieterisch sein? Ich verdrehte die Augen, bevor ich sprach. "Nur weil du Schulsprecherin bist, heißt es nicht, dass du dich in den Gängen nachts rumschleichen darfst."
Sie blieb still. Offenbar hatte sie kein Argument dagegen, weshalb sie mich nur anstarrte. Es war wie ein Starrwettbewerb. Der, der zuerst wegschaut, hat verloren. Aber plötzlich sah sie nicht mehr wütend, sondern müde aus und schaute weg. "Geh einfach. Ich zieh dir keine Punkte ab, aber schleich dich nicht nochmal nachts so rum. Und lass dich nicht auf dem Weg zurück erwischen."
Ich hob die Augenbrauen. "Was, wenn ich hier bleiben möchte?", antwortete ich fast schon zickig. Eben, ich war zuerst hier. Wenn sie Zeit alleine verbringen möchte, wieso sucht sie sich dann nicht einen anderen Platz. "Wieso gehst du nicht zu deinen erbärmlichen Freunden? So wie ich gesehen habe, bist du jetzt auch noch mit dem Blutsverräter zusammen."
Ich erwartete einen wütenden Blick oder einen fiesen Spruch, aber ihr Blick wurde einfach nur traurig und sie sah mich nicht an. Ihr Blick schweifte an mir vorbei. Sie hatte doch absolut keinen Grund traurig zu sein? Ihr Leben war ausnahmslos perfekt. Sie hatte keine dumme Aufgabe, die von dir verlangte jemanden zu heiraten, den du hasst und der dich ebenso hasst, sie hatte eine Familie, einen Freund, ansich Freunde. Wieso war sie traurig? Ich neigte leicht den Kopf. "Kann dir Weasley doch nicht mehr als ein auseinander gefallenes Etwas von Haus bieten, oder was glotzt du so traurig?", lachte ich voller Hohn.
Wieder erwartete ich zumindest einen einfachen Spruch, aber es kam nichts. Sie drehte sich von mir weg und ich sah von hinten, dass sie sich über das Gesicht wischte. Sie weinte. Oh gott, wieso weinte sie? Ich hasste es, wenn jemand weinte. Genauso wie mein vater es mir verboten hatte zu weinen, sollte niemand sonst in meiner Umgebung weinen. Ich verdrehte nochmal meine Augen. "Komm runter Granger, du hast dir deinen Freund doch selber ausgesucht-"
"Kannst du dich endlich verpissen?" Sie drehte sich wieder um und diesmal war ihr Wut ins Gesicht geschrieben. Trotz alle dem konnte ich einen Funken Trauer hinter ihrer Fassade erkennen. Aber ihre Augen funkelten mich böse an.
Ich hatte keine Lust mehr auf diese Konversation, vor allem weil sie auf meine Gemeinheiten gar nicht erst einging, also machte es nicht einmal Spaß mich über sie lustig zu machen.
"Wie du wünschst Granger, viel Spaß hier noch beim Rumheulen", grinste ich fies und verließ den Gang. Ich hatte meine Hände in der Hosentasche und dachte zumindest ich hätte mein Leben wieder im Griff. Sich wie in damaligen Zeiten über die Gryffindors und Schlammblüter lustig machen und es genießen. Aber leider war es nicht so wie damals. Ich fühlte mich schon nach ein paar Metern niedergeschlagen und fragte mich insgeheim was denn mit Granger los war. Wieso war sie kurz davor zu heulen?
Was auch immer. Ist nicht mein Problem. Jedenfalls noch nicht.
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