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Zum Abend hin war mein Koffer gepackt und stand griffbereit in der Ecke meines Zimmers. Obwohl unsere Villa ziemlich groß war, befand ich mich eigentlich meistens nur in meinem Zimmer. Hier fühlte ich mich am wohlsten. Das Leben ohne Eltern war anders als erwartet. Ich musste mir mein Essen selber kochen, meine Wäsche selber waschen und selber aufräumen. Aber das war nicht das schlimmste. Das schlimmste war die drückende Einsamkeit. Als meine Eltern noch hier waren, war ich oft alleine in meinem Zimmer und wollte nicht gestört werden. Jetzt bereute ich es. Ich konnte die Zeit natürlich nicht zurückdrehen, also musste ich mit dieser Situation irgendwie klar kommen. Was nicht einfach war.
Ich beschloss mich früher schlafen zu legen, denn ich musste morgen früh aufstehen. Auf dem Weg zu meinem Bett riskierte ich einen Blick in den Spiegel. Ich hatte mich verändert. Vor einigen Wochen hatte der Draco Malfoy vor mir noch ein höhnisches Grinsen im Gesicht, sein Gesicht war voll und sah gesund aus. Die Haare lagen genau richtig. Von dem ganzen war nicht mehr viel übrig. Der Draco dem ich jetzt in die Augen schaute, hatte Augenringe, die Haare durcheinander, das Gesicht blasser als je zuvor und ausgemergelt. Ich seufzte und ließ mich ins Bett fallen. Zur Decke starrend atmete ich tief ein. Was ist bloß aus mir und meiner Familie geworden? Meinen Eltern ging es natürlich noch schlimmer. Sie waren in Askaban eingesperrt. Für sie war das Leben vorüber. Und das war der Moment, in dem ich realisierte, dass ich meine Eltern womöglich nie wieder sehen würde und in einem Jahr mein Leben genauso miserabel wie deren sein wird. Drao malfoy weinte nie. Aber in dem Moment rollte mir eine Träne die Wange runter.
Der nächste Morgen fing mit wundervollen Kopfschmerzen an. Glücklicherweise wachte ich rechtzeitig genug auf, um mich schnell zu duschen und fertig zu machen, aber auf das Frühstück musste ich verzichten. Naja in letzter Zeit sah es sowieso nicht gut mit dem Essen aus. Ich hatte selten Hunger und aß genauso selten. Vielleicht sollte ich das ändern, dachte ich mir. Während ich mich rasch anzog und meine Haare kämmte, ging mir die ganze Zeit meine Aufgabe durch den Kopf. Heute würd es anfangen. Heute würde ich diese Granger sehen. Und ich Trottel hatte immer noch keinen Plan. Ich schätze, ich werde spontan handeln müssen.
Eine halbe Stunde später erreichte ich Kings Cross, noch rechtzeitig vor der Abfahrt. Wie immer wartete ich bei der Abgrenzung, bis keine Muggel hinsahen und ließ mich auf die andere Seite zum Gleis Neundreiviertel fallen. Der vertraute Anblick des Hogwarts-Express erleichterte mich ein wenig. Wieder ein wenig Normalität in meinem Leben würde definitiv nicht schaden. In Hogwarts hatte ich wenigstens die Möglichkeit mich zumindest ein wenig zu entspannen.
Ich hatte keine Lust auf schiefe Blicke anderer, obwohl ich denen spätestens in Hogwarts begegnen würde, weshalb ich rasch in den Hogwarts-Express stieg und mir ein freies Abteil suchte. Da sich noch alle auf dem Bahnsteig befanden, war die Suche nach einem komplett freien Abteil nicht gerade schwer und schon bald wurde ich fündig. Seufzend ließ ich mich auf einen der Sitze fallen, nachdem ich die Tür zugeschlossen hatte. Ich zog auch die kleinen Vorhänge an der Tür runter, denn heute hatte ich wirklich keine Lust auf fragende Blicke. Sonst kürde ich mich nicht zurückhalten können und würde sie alle so verhexen, dass sie nach Hogwarts kriechen müssen.
Gelangweilt starrte ich aus dem Fenster. In fünf Minuten würde der Zug abfahren. Ich wusste nicht, ob ich mich freuen sollte oder nicht. Die Sache mit Hermine Granger war genauso erfolgslos wie vor einem Tag. Und ich bezweifelte kaum, dass sich etwas ändern würde. Aber dennoch musste ich irgendwas unternehmen. Aber nicht jetzt. Nicht heute und auch nicht morgen. Ich hatte noch genügend Zeit.
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