Klarheit
Kapitel 6 - Klarheit
"Heute bist du wenigstens pünktlicher wieder da." sagte Kirishima, als ich die Tür zu meinem Zimmer öffnete, vor der er stand.
"Ja ja..." meinte ich nur.
"Ich will alles wissen!" rief er danach auch schon, meinen genervten Unterton ignorierend.
"Bakugou-san? Ich soll Ihnen ausrichten, dass es nun Abendbrotzeit ist. Der Tisch ist bereits gedeckt."
Ich nickte der jungen Frau freundlich als Dank zu und sie entfernte sich wieder.
"Ich erzähl dir nachher alles." sagte ich zu Kirishima.
Murrend stimmte er diesem zu und wir liefen zum Speisesaal. Eigentlich hatte ich gar keine Lust darauf, mit meinen Eltern an einem Tisch zu sitzen. Es würde sowieso nur darauf hinauslaufen, dass das Ganze im Streit ausartete und ich in mein Zimmer stürmen würde.
Es war schon anstrengend, jeden Tag mit dem Wissen zu seinen Eltern zu gehen, dass man sich streiten würde. Aber ich wollte auf keinen Fall, dass sie dachten, ich würde mich langsam mit der Verlobung abfinden. Denn wenn mein Vater dieser Überzeugung wäre, würde er mein Hausarrest streichen und ich könnte nicht mehr jeden Tag ungesehen verschwinden.
Doch die Zeit mit Shoto wollte ich auf keinen Fall verlieren.
"Hallo, Katsuki. Schön, dass du da bist." sagte meine Mutter, als wir den Speisesaal betraten.
Kirishima verbeugte sich leicht und stellte sich dann an die Seite, um uns nicht zu stören. Ich setzte mich an meinen Platz und ein Mann wollte mir Wasser in mein Glas füllen, als ich ihn davon abhielt.
"Lassen Sie mich das machen."
Ich nahm selbst die Wasserkaraffe und machte mein Gals voll. Der Mann, der das eigentlich machen wollte, schien sehr überfordert damit, dass ich das gerade selbst gemacht hatte. War das denn echt so unwarscheinlich, dass man so überrascht darüber war?
"Katsuki, was machst du da?" fragte mein Vater.
"Ich mache gar nichts. Ich hab mir nur Wasser eingeschenkt." sagte ich schulterzuckend.
"Wofür bezahle ich die Leute denn hier, wenn du ihnen dann die Arbeit abnimmst? Lass sie gefälligst ihre Arbeit machen."
Mein Vater machte eine Handbewegung und der Mann verbeugte sich schnell, bevor er den Saal verließ.
"Als ob es jetzt so schlimm ist, dass ich mir selbst Wasser eingeschenkt habe? Das werde ich ja wohl noch dürfen! Wenn ich schon nicht selbst entscheiden darf, wen ich heirate." meinte ich und meine Laune begann schon wieder zu sinken.
Na das war ja ein super Start.....
"Gut, dass du das ansprichst!" rief meine Mutter da fröhlich und klatschte in die Hände. "Wie du ja weißt, wird die Verlobung erst ein paar Tage vor der Hochzeit bekannt gegeben, das wollte der Vater von Ochako so. Aber wir dachten uns, dass es sicher doof wäre, wenn ihr euch erst da das erste Mal treffen würdet. Also kommen sie morgen vorbei, damit ihr euch kennenlernen könnt."
"Wann kommen sie?" fragte ich sofort.
"Sie haben ein Stückchen Weg vor sich, sie werden sicher erst am späten Nachmittag kommen und auch über Nacht bleiben." erklärte mein Vater.
Ich spürte Kirishimas Blick auf mir und wusste, woran er dachte. Natürlich wäre es klug, morgen nicht zu Shoto zu gehen. Das Risiko, dass sie morgen doch schon früher kamen oder dass ich es einfach nicht rechtzeitig zurück schaffte, war einfach zu groß.
Aber er hatte sich so gefreut, als ich ihm sagte, dass ich ihm morgen noch viel mehr Küsse schenken könnte als heute. Und er wollte mir sein Haus zeigen, was ich unbedingt sehen wollte. Ich wollte sehen, wie er lebte und ihn so besser kennenlernen....... Ich musste morgen zu Shoto.
"Und es gibt kein aber. Du wirst Ochako treffen, ob du willst oder nicht."
Missmutig sah ich kurz unauffällig zu Kirishima, der mich besorgt ansah. Ich hatte ihm noch nicht erzählt, was heute bei Shoto passiert war. Ich hoffte einfach, dass er morgen nochmal Wache stehen würde.....
-
"Du willst ernsthaft morgen wieder zu ihm, obwohl du weißt, dass es auffliegen könnte?!" fragte Kirishima, als ich ihm davon erzählte.
"Ja.... Hör zu, ich weiß, das klingt total bescheuert, aber ich muss morgen zu Shoto."
"Und warum? Was ist heute vorgefallen?"
"Wir haben uns geküsst...." gab ich beschämt zu. "Und.... Es war so atemberaubend gut! Da ist dieses Feuerwerk in mir explodiert und mein Herz hat unglaublich schnell geschlagen...... Es war so... so.... unglaublich....."
Mein bester Freund sah mich an.
"Ich weiß, ich wiederhole mich, aber du bist eindeutig in ihn verknallt."
"Das stimmt doch gar nicht. Er ist nur ein guter Freund, der mir unglaublich wichtig ist. Er ist eben süß, hübsch, eigentlich wunderschön, bezaubernd, heiß, nicht unbedingt selbstbewusst, tollpatschig, ehrlich....-"
Ich brach mitten in meinen Schwärmereien ab, als Kirishma mich an den Schultern packte und mich ernst ansah.
"Katsuki, wenn du das wirklich für ihn aufs Spiel setzen willst, dann stehe ich für dich Wache. Aber ich will, dass dir vorher klar ist, was du für ihn empfindest."
Ich biss mir auf die Lippe.
"Du bist verlobt und ich wette mal, du hast ihm das noch nicht erzählt. Aber wenn du wirklich willst, dass das zwischen euch jemals was ernstes wird, dann musst du mit offenen Karten spielen. Also, bist du in ihn verliebt oder nicht?"
Ich dachte an all unsere gemeinsamen Momente. Die peinlichen, als auch die schönen. In einem halben Jahr gab es da ganz schön viele. Und nicht zuletzt unser Kuss..... Wie er mich danach angesehen hatte und ich spürte eine gewisse Aufregung darauf, ihn wiederzusehen und wieder küssen zu können......
"Ja..... Ja, ich liebe Shoto."
Der Rothaarige lächelte und nahm seine Hände von meinen Schultern.
"Ich bin stolz auf dich! Und jetzt will ich jedes Detail wissen. Ihr habt euch also geküsst?"
-
Wach lag ich in meinem Bett und starrte an die Zimmerdecke. Immer wieder dachte ich an den Kuss mit Shoto und die Gefühle, die dieser in mir ausgelöst hatte...
Ich hatte mich also wirklich in ihn verliebt?
Ich berührte meine Lippen mit meinen Fingern. Shotos Lippen waren so weich und zart gewesen. So unschuldig... Ob es wohl auch sein erster Kuss war? Auch wenn ich erwachsen war, hatte ich vorher noch nie jemanden geküsst....
Mir war schon früh klar, dass ich auf Männer stand. Deshalb habe ich immer Abstand zu irgendwelchen Dienstmädchen gehalten. Auch Prinzessinen, die uns besuchten, ließ ich nicht wirklich an mich ran, was meinen Eltern nicht sonderlich gefiel, da das nicht einem Prinzen entsprach.
Aber dieses Leben kotzte mich sowieso an. Nie durfte ich etwas selber entscheiden, immer wurde mir alles vor die Füße gelegt und ständig musste ich mich an irgendwelche Etikette halten.......
Dahingegen war Shoto Leben viel einfacher und normaler. Er konnte selbst entscheiden, wen er heiraten wollte. Er konnte selbst seine Wäsche waschen, einkaufen, kochen...... Und er musste sich nicht an irgendwelche Regeln halten.
Wieso musste ich denn auch ausgerechnet in diese Familie geboren werden?! Meine Position machte es zwischen Shoto und mir nur noch komplizierter. Mal abgesehen davon, ob meine Eltern meine Sexualität akzeptieren würden, eine Beziehung zu einem einfachen Dorfbewohner würden sie niemals akzeptieren.
Und dann war da ja auch noch diese scheiß Verlobung! Bisher hatte ich Shoto noch nichts davon erzählt, aber die Hochzeit war schon in einem halben Jahr...... Wenn ich das nicht ändern konnte, dann würde ich einem halben Jahr diese Ochako heiraten und Shoto könnte ich niemals wiedersehen...... Bei diesem Gedanken zog sich alles in mir zusammen.
Irgendwie musste ich diese Hochzeit verhindern...
1217 Wörter
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